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Flucht und Asyl in europäischen Migrationsregimen - Oapen

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Untersuchungsdesign <strong>und</strong> Methoden 77<br />

Für die ExpertInnen-Interviews wird auf die Systematisierung dieser Methode<br />

durch Michael Meuser <strong>und</strong> Ulrike Nagel (1991; 1997) zurückgegriffen. 55 Das ExpertInnen-Interview<br />

dient der „Rekonstruktion komplexer Wissensbestände“ <strong>und</strong><br />

kann sowohl eigenständig als auch als Teil e<strong>in</strong>es Methodenmix zur Anwendung<br />

kommen (Meuser/Nagel 1997, S. 481). In der Politikwissenschaft wird das ExpertInnen-Interview<br />

<strong>in</strong>sbesondere zur Erforschung politischen Handelns <strong>und</strong> <strong>in</strong> der<br />

Policy-Forschung e<strong>in</strong>gesetzt (vgl. Abels/Behrens 2005, S. 174).<br />

Meuser <strong>und</strong> Nagel beziehen sich „auf diejenigen ExpertInnen, die selbst Teil<br />

des Handlungsfeldes s<strong>in</strong>d, das den Forschungsgegenstand ausmacht“ <strong>und</strong> damit<br />

nicht auf solche, die „von außen – im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es Gutachters“ Aussagen über e<strong>in</strong><br />

Handlungsfeld treffen (Meuser/Nagel 1991, S. 443). Das Verfahren konzentriert<br />

sich auf<br />

„ExpertInnen als FunktionsträgerInnen <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es organisatorischen oder <strong>in</strong>stitutionellen<br />

Kontextes. Die damit verknüpften Zuständigkeiten, Aufgaben, Tätigkeiten <strong>und</strong><br />

die aus diesen gewonnenen exklusiven Erfahrungen <strong>und</strong> Wissensbestände s<strong>in</strong>d Gegenstände<br />

des ExpertInnen<strong>in</strong>terviews“ (Meuser/Nagel 1991, S. 444 sowie ausführlicher<br />

zum ExpertInnen-Begriff 1997, S. 483ff.).<br />

Mit der Erhebung dieser Wissensbestände kann nach Meuser <strong>und</strong> Nagel (1997, S.<br />

489f.) e<strong>in</strong> Beitrag zur Erklärung sozialen Wandels geleistet werden. Die AutorInnen<br />

differenzieren dabei zwischen Arbeiten, <strong>in</strong> denen das ExpertInnen-Interview<br />

e<strong>in</strong>en zentralen Rang e<strong>in</strong>nimmt, wo also die ExpertInnen die Zielgruppe der Untersuchung<br />

(Betriebswissen) oder e<strong>in</strong>e zur Zielgruppe komplementäre Handlungse<strong>in</strong>heit<br />

(Kontextwissen) bilden <strong>und</strong> solchen, wo sie im Untersuchungsdesign eher<br />

e<strong>in</strong>e Randstellung e<strong>in</strong>nehmen. In letzterem Falle verb<strong>in</strong>den sich mit der Durchführung<br />

von ExpertInnen-Interviews eher explorativ-felderschließende Ziele wie<br />

die Beschaffung von H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><strong>in</strong>formationen <strong>und</strong> die „Illustrierung <strong>und</strong> Kommentierung<br />

der Aussagen der Forscher<strong>in</strong>“ (Meuser/Nagel 1991, S. 445).<br />

Das ExpertInnen-Interview ist dem Verfahren nach e<strong>in</strong> qualitatives Interview,<br />

unterscheidet sich aber aufgr<strong>und</strong> anders gelagerter Erkenntnis<strong>in</strong>teressen von anderen<br />

Arten qualitativer Interviews (narrativ, fokussiert, biografisch, problemzentqualitative<br />

Interviews mit e<strong>in</strong>er größeren Zahl an MigrantInnen über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum h<strong>in</strong>weg<br />

könnte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em auf dieser Analyse aufbauenden Projekt folgen.<br />

55 Die Artikel der beiden AutorInnen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der derzeitigen Forschung zentrale Referenzpunkte,<br />

wenn es um das ExpertInnen-Interview geht. In ihrem gr<strong>und</strong>legenden Artikel von 1991 beanstanden<br />

Meuser <strong>und</strong> Nagel, dass das ExpertInnen-Interview zwar vielfach zur Anwendung kommt, die<br />

Methodik jedoch kaum systematisch rekapituliert wurde <strong>und</strong> <strong>in</strong>sbesondere bis dato ke<strong>in</strong>e Verständigung<br />

h<strong>in</strong>sichtlich überzeugender Auswertungsverfahren stattgef<strong>und</strong>en habe. Ebenso weisen Liebold<br />

<strong>und</strong> Tr<strong>in</strong>czek (2005) darauf h<strong>in</strong>, dass es sich beim leitfadengestützten ExpertInnen-Interview<br />

um e<strong>in</strong>es der am häufigsten angewendeten Verfahren handele, woh<strong>in</strong>gegen sich die methodologische<br />

<strong>und</strong> methodische Diskussion eher bescheiden ausnehme. Für e<strong>in</strong>en ausführlichen Überblick<br />

über Theorie, Techniken <strong>und</strong> Anwendungsfelder kann <strong>in</strong>zwischen auf den Sammelband von Alexander<br />

Bogner, Beate Littig <strong>und</strong> Wolfgang Menz (2002) zurückgegriffen werden. Dar<strong>in</strong> wurde der<br />

Meuser/Nagel-Artikel von 1991 als ‚Klassiker‘ unverändert nochmals abgedruckt.

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