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Flucht und Asyl in europäischen Migrationsregimen - Oapen

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Polen 283<br />

zur B<strong>und</strong>esrepublik, wo viele Flüchtl<strong>in</strong>ge versuchen, der Isolation <strong>und</strong> den<br />

schlechten Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> den Heimen zu entkommen, ist diese Form der Unterkunft<br />

für Flüchtl<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> Polen die e<strong>in</strong>zige Wohnmöglichkeit. Dies ist – wie<br />

bereits erwähnt – bed<strong>in</strong>gt durch den Mangel an Wohnungen <strong>und</strong> die Höhe der<br />

Mieten auf dem polnischen Wohnungsmarkt. Für Flüchtl<strong>in</strong>ge ist e<strong>in</strong>e eigene<br />

Wohnung überwiegend unerschw<strong>in</strong>glich. Darüber h<strong>in</strong>aus wird die Wohnungssuche<br />

durch rassistische Ressentiments von VermieterInnen stark erschwert – hier<br />

deckt sich die E<strong>in</strong>schätzung der ExpertInnen (K S. 13, M S. 8, Q S. 7) mit Aussagen<br />

von Flüchtl<strong>in</strong>gen. Bei me<strong>in</strong>en eigenen Besuchen <strong>in</strong> den Heimen teilten sich<br />

mitunter zwei Familien e<strong>in</strong> Zimmer – nur e<strong>in</strong>e hatte tatsächlich das Recht dort zu<br />

wohnen, die andere lebte ‚illegal‘ dort. Auch wurde immer wieder berichtet, dass<br />

Flüchtl<strong>in</strong>ge, nachdem sie die Heime im W<strong>in</strong>ter verlassen mussten, von den anderen<br />

nachts durch die Fenster wieder here<strong>in</strong>gelassen wurden. Bislang war der Folgeantrag<br />

für viele e<strong>in</strong>e Möglichkeit, <strong>in</strong> den Heimen bleiben zu können. Diese Strategie<br />

spiegelte sich <strong>in</strong> der gewachsenen Zahl von Folgeanträgen (Kępińska 2006,<br />

S. 3). E<strong>in</strong> <strong>in</strong>terviewtes Mitglied des ‚Flüchtl<strong>in</strong>gsrates‘ (Berufungs<strong>in</strong>stanz gegen<br />

erst<strong>in</strong>stanzliche Entscheidungen) beschreibt die Situation so:<br />

„[…] unser Hauptproblem waren Leute, die negative Entscheidungen erhielten <strong>und</strong><br />

wieder <strong>und</strong> wieder <strong>und</strong> wieder kamen. Manchmal sechs bis sieben Mal, denn solange sie<br />

im Verfahren s<strong>in</strong>d, können sie <strong>in</strong> den Flüchtl<strong>in</strong>gsheimen bleiben. Das liegt am Mangel<br />

an ausreichendem Schutz für Menschen, die den Duldungsstatus erhalten. Wir haben<br />

ke<strong>in</strong> gutes System, was mit diesen Leuten geschehen soll. Sie erhalten e<strong>in</strong>e m<strong>in</strong>imale<br />

Unterstützung, die nicht adäquat ist. Faktisch kann man als Familie von sieben<br />

Personen hier ke<strong>in</strong>e Wohnung f<strong>in</strong>den.“ (N S. 3f.)<br />

Bemerkenswert ist, dass ausgerechnet e<strong>in</strong> Mitarbeiter des ‚Ombudsmanns‘ sich<br />

das Argument zu Eigen macht, dass das Ziel der Gesetzesverschärfung sei, den<br />

Missbrauch sozialer Unterstützung zu verh<strong>in</strong>dern. Er betonte im Gespräch:<br />

„Man muss im H<strong>in</strong>terkopf behalten, dass die praktischen Angelegenheiten dieser<br />

Regelung von den <strong>in</strong>teressierten Personen missbraucht werden, als e<strong>in</strong>e Verlängerung<br />

ihres kostenfreien Aufenthalts <strong>in</strong> Polen.“ (Q S. 9)<br />

Ähnlich sieht es Jan Węgrzyn, der Direktor des UdSC: „Liv<strong>in</strong>g <strong>in</strong> the welfare system<br />

made many foreigners not be able to f<strong>in</strong>d <strong>in</strong>ternal motivation for work or<br />

do<strong>in</strong>g someth<strong>in</strong>g with their life.“ (zit. n. Marczuk/Kosowicz 2006). Gleichzeitig<br />

haben die Flüchtl<strong>in</strong>ge ohne Meldeadresse ke<strong>in</strong>e Möglichkeit, Sozialhilfe zu beantragen<br />

<strong>und</strong> können nur e<strong>in</strong>e symbolische Unterstützung von monatlich 20 bis 70<br />

Złoty (ca. 5 bis 18 Euro) erhalten (vgl. Eßer et al. 2005, S. 17). Inzwischen wird an<br />

e<strong>in</strong>em Integrationsprogramm auch für Geduldete gearbeitet. Doch auch mit ei-<br />

November werden über 1500 Flüchtl<strong>in</strong>ge, hauptsächlich aus Tschetschenien, aus polnischen<br />

Flüchtl<strong>in</strong>gsheimen auf die Straße gesetzt. Das ist das Ergebnis e<strong>in</strong>er Novelle des Flüchtl<strong>in</strong>gsschutzgesetzes.‘)<br />

(vgl. Gazeta Wyborcza vom 29.10.2006).

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