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Leistungsstörungsrecht: Die Unmöglichkeit

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<strong>Leistungsstörungsrecht</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Unmöglichkeit</strong><br />

• geregelt in den §§ 275, 280 Abs. 3, 283, 311a, 326 BGB<br />

• § 275 BGB regelt dabei die Ausschlussgründe von der Leistungspflicht,<br />

§§ 280 Abs. 3, 283, 311a eventuelle Schadensersatzansprüche und<br />

§ 326 BGB das Schicksal der Gegenleistung bei gegenseitigen Leistungspflichten<br />

im Austauschverhältnis<br />

• Gem. der Regelung des § 275 BGB ist zu unterscheiden zwischen<br />

Echte <strong>Unmöglichkeit</strong><br />

(§275 Abs. 1)<br />

Praktische <strong>Unmöglichkeit</strong><br />

(§275 Abs. 2)<br />

Persönliche <strong>Unmöglichkeit</strong><br />

(§275 Abs. 3)<br />

a) Echte <strong>Unmöglichkeit</strong> (§275 Abs. 1)<br />

• Definition: Leistungshindernis, das objektiv unüberwindbar ist<br />

• Untergruppen:<br />

aa) Naturgesetzliche (physische) <strong>Unmöglichkeit</strong> = Leistungsgegenstand existiert<br />

gar nicht und kann auch von niemandem hergestellt werden<br />

bb) Zweckerreichung = der mit dem Vertrag bezweckte Erfolg ist bereits ohne<br />

Zutun des Schuldners eingetreten<br />

cc) Zweckfortfall = Leistungserfolg ist wegen Wegfalls des vom Gläubiger zu<br />

stellenden Leistungssubstrats oder aus einem in der Person des Gläubigers<br />

liegenden Grund nicht mehr realisierbar<br />

dd) Rechtliche <strong>Unmöglichkeit</strong> (Beachte: ist der Vertrag schon nach §§134, 138<br />

nichtig, so ist ein Rückgriff auf §275 ausgeschlossen)<br />

ee) Objektive und subjektive <strong>Unmöglichkeit</strong> = es genügt, dass allein der Schuldner<br />

außerstande ist, die Leistung zu erbringen („für den Schuldner oder für jedermann“)<br />

ff) Anfängliche und nachträgliche <strong>Unmöglichkeit</strong> = <strong>Unmöglichkeit</strong> kann schon<br />

bei Vertragsschluss oder erst nach Abschluss des Vertrages vorliegen, hieraus<br />

ergeben sich nur unterschiedliche Anspruchsnormen für den Schadensersatz<br />

(§§ 311a, 283)<br />

• Teilbare Leistung: Ist die Leistung teilbar, so kommt darüber hinaus auch eine<br />

teilweise <strong>Unmöglichkeit</strong> in Betracht - auch „quantitative“ <strong>Unmöglichkeit</strong><br />

• den Wortlaut in § 275 BGB: „soweit“<br />

• Bsp.:geschuldet ist eine Sitzgruppe mit 6 Sesseln, von denen 2 durch Brand<br />

zerstört werden; RF: die übrigen 4 Sessel können geliefert werden; vgl. aber<br />

§§ 326 V i.V.m. 323 V BGB - Rücktritt vom gesamten Vertrag möglich, soweit<br />

kein Interesse an einer Teilleistung<br />

1


• Bei zeitweiligen Leistungshindernissen ist zu differenzieren:<br />

aa) Kann die geschuldete Leistung nach ihrer Natur oder dem Inhalt des<br />

Schuldverhältnisses nur zu einer bestimmten Zeit erbracht werden (absolutes<br />

Fixgeschäft), so liegt <strong>Unmöglichkeit</strong> vor<br />

bb) Stellt eine Verzögerung der Leistung hingegen die Verwirklichung des Vertragszwecks<br />

nicht in Frage und ist dem Gläubiger insoweit ein Festhalten<br />

am Vertrag zumutbar, so ist der Leistungsanspruch analog § 275 nur für die<br />

Zeit ausgeschlossen, in der das Hindernis besteht, Gläubiger kann jedoch unter<br />

den weiteren Voraussetzungen der §§280 Abs. 1, 2 i.V.m. 286 BGB seinen<br />

Verzugsschaden verlangen<br />

• Kein Fall der <strong>Unmöglichkeit</strong> ist das relative Fixgeschäft = Gläubiger hat im<br />

Vertrag zum Ausdruck gebracht, dass ihm die Einhaltung einer bestimmten<br />

Leistungszeit besonders wichtig ist = Leistung ist prinzipiell noch möglich<br />

• §323 Abs. 2 Nr. 2<br />

• Bei Gattungsschulden kann <strong>Unmöglichkeit</strong> nur eintreten, wenn die gesamte<br />

Gattung untergeht oder von einem unüberwindbaren rechtlichen Leistungshindernis<br />

betroffen ist (Ausnahme: beschränkte Gattungsschuld/ Vorratsschuld<br />

oder Konkretisierung nach §243 Abs. 2)<br />

• Rechtsfolge der echten <strong>Unmöglichkeit</strong>: Leistungspflicht wird kraft Gesetzes<br />

ausgeschlossen (impossibilium nulla est obligatio)<br />

• Beispiele:<br />

A und B wollen am 17. 2. heiraten. Zu diesem Zwecke haben sie in der Gaststätte<br />

des F den „blauen Saal“ gemietet. Als A und B samt Hochzeitsgesellschaft eintreffen,<br />

ist der „blaue Saal“ aufgrund eines Versehens des F von anderen Gästen belegt. Da<br />

keine zumutbare Ausweichmöglichkeit besteht, fällt die Hochzeitsfeier aus.<br />

A hat sich gegenüber B verpflichtet, ihm ein Haus auf dessen Grundstück gemäß<br />

einem von B erstellten Bauplan zu errichten. Wie sich nach Vertragsschluss herausstellt,<br />

kann für ein solches Objekt auf dem Grundstück des B keine Baugenehmigung<br />

erteilt werden.<br />

G hat sich gegenüber C verpflichtet, dessen Haus in den WM-Farben zu streichen.<br />

Aufgrund einer Unachtsamkeit des C brennt dieses jedoch einen Tag vor Ausführung<br />

der Arbeiten bis auf die Grundmauern nieder.<br />

2


) Praktische <strong>Unmöglichkeit</strong> (§275 Abs. 2)<br />

• Leistungshindernisse, die nur mit völlig unvernünftigem Aufwand überwunden<br />

werden können<br />

• Voraussetzung: der für die Leistung erforderliche Aufwand muss in einem<br />

groben/krassen Missverhältnis zum Leistungsinteresse des Gläubigers stehen<br />

• Erforderlich ist ein Vergleich zwischen den Nachteilen, die der Schuldner für<br />

die Erbringung der Leistung auf sich nehmen müsste und dem Nutzen, den<br />

die Leistung für den Gläubiger hätte Interessenabwägung (auch immaterielle<br />

Gesichtspunkte sind hierbei zu berücksichtigen)<br />

c) Persönliche <strong>Unmöglichkeit</strong> (§275 Abs. 3)<br />

• = Leistungshindernisse, die in den persönlichen Verhältnissen des Schuldners<br />

wurzeln<br />

• ist Sondervorschrift für Schuldverhältnisse, in denen der Schuldner die Leistung<br />

persönlich zu erbringen hat (insb. Arbeits- und sonstige <strong>Die</strong>nstverträge)<br />

• Voraussetzungen:<br />

aa) Persönliche Leistungspflicht<br />

bb) Unzumutbarkeit (Interessenabwägung Festhalten des Gläubigers am<br />

Leistungsanspruch muss sich als rechtsmissbräuchlich darstellen)<br />

• §275 Abs. 3 ist darüber hinaus auf eine Leistungsverweigerung aus Gewissensgründen<br />

anwendbar<br />

• Unmittelbare Rechtsfolge sowohl bei der praktischen als auch bei der persönlichen<br />

<strong>Unmöglichkeit</strong> ist grundsätzlich, wie bei der echten <strong>Unmöglichkeit</strong>,<br />

der Ausschluss der Leistungspflicht.<br />

• Anders als bei der echten <strong>Unmöglichkeit</strong> muss sich der Schuldner hier jedoch<br />

darauf berufen Einrede<br />

• Schadensersatzansprüche sowie das Schicksal einer etwaigen Gegenleistung<br />

werden in den §§280 Abs. 1, 3; 282; 311a; 326 geregelt, vgl. §275 Abs.<br />

4<br />

A hat mit B einen „Konzertvertrag“ abgeschlossen, in welchem sie sich verpflichtet<br />

hat, am 27.11. an der Aufführung Puccinis Turandot als Sopran mitzuwirken. Am<br />

Morgen des 27.11. liegt ihr Kind mit 42°C Fieber im Bett. Sie möchte daher lieber<br />

zuhause bleiben.<br />

P arbeitet für ein Postunternehmen. Eines Morgens erhält er den Auftrag NPD-<br />

Postwurfsendungen in seinem Gebiet auszuteilen. Dem P., einem überzeugten Punk,<br />

missfällt dies, er würde diesen „Auftrag“ gerne ablehnen.<br />

3

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