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Die Legende lebt - Wild und Hund

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100 JAHRE .30-06 SPRINGFIELD, TEIL 2<br />

<strong>Die</strong> <strong>Legende</strong> <strong>lebt</strong><br />

<strong>Die</strong> 100-jährige Geschichte der .30-06 Springfield war Thema in WuH 16/2006. Im Jubiläumsjahr<br />

starteten fünf jagdliche Werkslaborierungen in eine umfangreiche Revier- <strong>und</strong> Schießstanderprobung.<br />

Claudia Elbing <strong>und</strong> Michael Schmid präsentieren die Ergebnisse.<br />

Seit Jahrzehnten zählt die .30-06<br />

weltweit zu den meist verkauften<br />

Jagdpatronen <strong>und</strong> hat inzwischen<br />

selbst in Deutschland den heimischen<br />

Konkurrenten wie zum Beispiel 8x57<br />

<strong>und</strong> 7x64 den Rang abgelaufen. Keine<br />

Frage, der Springfield-Oldie ist quicklebendig.<br />

Kaum eine Munitions-Neuentwicklung<br />

verzichtet bei der Markteinführung<br />

auf einen Start im populären .30-er-<br />

Kaliber. Der Trendsetter setzt Maßstäbe –<br />

Gr<strong>und</strong> genug, sich einige Laborierungen<br />

näher anzuschauen.<br />

Für den „WuH-Jubiläumstest“ haben<br />

wir vier Bleifreie <strong>und</strong> ein Verb<strong>und</strong>ge-<br />

56 WILD UND HUND 12/2007


schoss ausgewählt. Alle fünf Testlaborierungen<br />

erheben Anspruch auf eine weitgehend<br />

universelle Eignung für deutsche<br />

Schalenwildreviere. Ins Rennen gingen<br />

German Precision Ammunition (GPA)<br />

Jaguar (9,2 g), Kieferle RS (9,8 g), die<br />

RWS-Geschwister Bionic Black <strong>und</strong> Yellow<br />

(beide 10,0 g) sowie das bewährte<br />

Norma Oryx (11,7 g). Mit Ausnahme des<br />

Oryx (Blei/Tombak) sind alle Geschosse<br />

ohne Bleikern.<br />

Ein Team aus Förstern <strong>und</strong> Jägern<br />

fühlte den „Springfields“ neun Monate<br />

lang auf den Zahn. Zur Strecke kamen<br />

dabei vier Füchse, 50 Stück Rehwild, 29<br />

Sauen <strong>und</strong> auf Jagdreisen eine Gams sowie<br />

drei Stück Rotwild. Jeder Abschuss<br />

wurde schriftlich hinsichtlich <strong>Wild</strong>art,<br />

Gewicht, Schussentfernung, Treffersitz,<br />

Pirschzeichen <strong>und</strong> Fluchtstrecke dokumentiert<br />

(siehe www.wild<strong>und</strong>h<strong>und</strong>.de,<br />

Dossiers).<br />

Besonderes Augenmerk galt der Verwertbarkeit<br />

des <strong>Wild</strong>brets <strong>und</strong> der<br />

Fleischhygiene. Dazu wurde ein Großteil<br />

der Strecke von den Testern zerwirkt. Für<br />

verbindliche, abgesicherte Aussagen bezüglich<br />

der Wirkungsweise ist die Jagdstrecke<br />

selbstverständlich zu gering, ein<br />

deutlicher Trend lässt sich aus den Praxisergebnissen<br />

jedoch ableiten.<br />

Gejagt haben die Tester mit folgenden<br />

Büchsen <strong>und</strong> Kombinierten:<br />

98er Repetierer mit Matchlauf (Lauflänge<br />

60 cm), Krieghoff Ultra Bergstutzen<br />

TS (LL 60 cm), Sabatti BBF Leichtmodell<br />

(LL 60 cm), Mauser M 94 (LL 55 cm) <strong>und</strong><br />

98er Nachsuchenbüchse (LL 45 cm). Bei<br />

allen Waffen handelt es sich um präzise,<br />

gepflegte Gebrauchsgewehre. Unterschiede<br />

in der <strong>Wild</strong>wirkung konnten bei<br />

GPA Jaguar 9,2 g<br />

Im Test wurden die außenballistischen<br />

Herstellerabgaben weitgehend bestätigt.<br />

<strong>Die</strong> v o -Ergebnisse aus unserer Testwaffe<br />

(60 cm Lauflänge) lagen nur ein Prozent<br />

unter den Werksdaten.<br />

Aufbau: Das 9,2 Gramm leichte,<br />

aus einer Kupferlegierung<br />

gefertigte Projektil ist als Teilzerlegungsgeschoss<br />

konzipiert.<br />

Eine enge, vergleichsweise lange<br />

Expansionsbohrung soll für<br />

Splitterbildung <strong>und</strong> einen erweiterten<br />

W<strong>und</strong>kanal sorgen.<br />

Der verbleibende, zylinderförmige<br />

Geschossrest (bis zu 85 %<br />

laut Hersteller) ist für den Ausschuss<br />

zuständig. Drei kalibergroße,<br />

schmale Führungsringe, von GPA als<br />

„3-Ring-Technologie“ bezeichnet, dienen<br />

der Geschossführung. <strong>Die</strong> daraus resultierende,<br />

geringe Auflagefläche am Zug/<br />

Feldprofil reduziert Reibung, optimiert Geschwindigkeit<br />

<strong>und</strong> minimiert den Spitzengasdruck.<br />

In Verbindung mit der ogivalen<br />

Geschossform (spitz zulaufender R<strong>und</strong>bogen)<br />

<strong>und</strong> weiteren Leistungsparametern<br />

(Querschnittsbelastung etc.) ergibt das einen<br />

ausgezeichneten Ballistischen Koeffizienten<br />

(BC).<br />

Leistung: Der Name ist Programm – zumindest<br />

auf der Packungsbeilage präsentiert<br />

sich die .30-06 Jaguar als Patrone der<br />

Superlative. Mit einer v o von 934 m/s liegt<br />

die im „Labor für Ballistik“ in Bad Überkingen<br />

verladene Raubkatze an der Springfield-Obergrenze.<br />

Präzision: Mit einem 98er Stutzen streute<br />

der „flotte Flitzer“ wie aus der Gießkanne.<br />

<strong>Die</strong> anderen Testwaffen dagegen lieferten<br />

ausgezeichnete Schussbilder.<br />

Eine Rückfrage bei GPA brachte Licht<br />

ins Dunkel. <strong>Die</strong> 9,2 Gramm schwere Test-<br />

Laborierung war nur für Standard-Läufe<br />

mit 10 Zoll Dralllänge ausgelegt. Der<br />

Stutzen (die Büchse wurde im Praxistest<br />

nicht weiter verwendet) hatte jedoch einen<br />

12er Drall. GPA hat mittlerweile<br />

nachgebessert. Das Geschoss soll jetzt –<br />

wir haben das mit dem Stutzen erfolgreich<br />

geprüft – für alle vorkommenden<br />

.30-06-Läufe geeignet sein.<br />

Praxis: <strong>Die</strong> Wirkung der Jaguar-Laborierung<br />

auf Rehwild gab keinen Anlass zur<br />

Kritik. Von acht erlegten Stücken blieben<br />

vier am Platz, drei verendeten maximal 30<br />

Meter vom Anschuss. Ausschuss <strong>und</strong> zuverlässige<br />

Pirschzeichen waren gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

vorhanden. Bei klassischem Brusttreffern<br />

mit Rippenverletzung betrug die Ausschussgröße<br />

zwischen drei <strong>und</strong> sechs Zentimeter.<br />

<strong>Die</strong> Hämatombildung war, von<br />

zwei Ausnahmen abgesehen (<strong>Wild</strong> war<br />

fluchtbereit), gering.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Wild</strong>bretentwertung durch Druckwelle<br />

<strong>und</strong> Splitterbildung hielt sich in erträglichen<br />

Grenzen. Bei Schwarzwild beeindruckte<br />

die Jaguar durch gute Stoppwirkung.<br />

Von den vier erlegten Stücken<br />

hatten jedoch nur drei einen Ausschuss.<br />

<strong>Die</strong> Praxisergebnisse decken sich mit unserem<br />

„Telekom-Beschusstest“. Das Jaguar-Projektil<br />

spricht sehr schnell an <strong>und</strong><br />

zerlegt sich in der Regel bis zum ersten<br />

Führungsring. Der geringfügig aufgepilzte<br />

(1,2-fache des Kalibers), zylindrische<br />

Geschossrest hielt so eine Masse<br />

von 63 Prozent. Beim Beschuss der Telefonbücher<br />

traten jedoch in zwei Fällen<br />

noch weitere Absplitterungen auf. Das<br />

Restgewicht betrug hier lediglich noch<br />

51 beziehungsweise 56 Prozent. Das<br />

reicht bei Schwarzwild nicht immer für<br />

einen zuverlässigen Ausschuss.<br />

Unser Fazit: Mit der Jaguar hat GPA eine<br />

enorm leistungsstarke Laborierung auf<br />

den Markt gebracht. Ihre Stärken liegen in<br />

der gestreckten Flugbahn, dem hohen Energietransfer<br />

<strong>und</strong> der sehr guten Stoppwirkung.<br />

Ihre Schwäche ist der bei starkem<br />

<strong>Wild</strong> nicht immer zuverlässige Ausschuss.<br />

Vertrieb: Fachhandel. Preis: 36 €/10 Patronen.<br />

FOTOS: CLAUDIA ELBING, MICHAEL SCHMID<br />

WILD UND HUND 12/2007 57


AUSRÜSTUNG<br />

einem Waffenwechsel <strong>und</strong> gleicher Laborierung<br />

nicht festgestellt werden.<br />

Bei der .30-06 Schießstanderprobung<br />

kamen lediglich die Repetierbüchsen<br />

zum Einsatz. Für die Präzisionsermittlung<br />

zogen wir den Match-98er <strong>und</strong> die<br />

Mauser M 94 heran. <strong>Die</strong> Schussbilder<br />

(5er-Gruppen, Entfernung 100 m) wurden<br />

auf einem überdachten Schießstand<br />

(Schützengesellschaft Ebingen 1556 e.<br />

V.), über eine Benchrest-Auflage geschossen.<br />

Mit Streukreisen von 1,8 bis 3,1 Zentimetern<br />

lassen alle fünf Testpatronen<br />

bezüglich der jagdlichen Eignung keine<br />

Wünsche offen.<br />

Als entscheidend für gute Ergebnisse<br />

erwies sich eine peinlich genaue Laufreinigung<br />

vor jedem Laborierungswechsel.<br />

<strong>Die</strong> Mündungsgeschwindigkeiten ermittelten<br />

wir für die Lauflängen 45, 55 <strong>und</strong><br />

60 Zentimeter. Gemessen wurde mit dem<br />

Hochgeschwindigkeitsmessgerät BMC<br />

17 von Werner Mehl. <strong>Die</strong> Messungen<br />

wurden aus Sicherheitsgründen zwei<br />

Meter vor der Mündung durchgeführt.<br />

<strong>Die</strong> daraus resultierenden, minimalen<br />

Abweichungen sind in den weiteren Berechnungen<br />

nicht berücksichtigt. <strong>Die</strong> erzielten<br />

Werte dienten als Eingangsgrößen<br />

für die Schusstafelberechnung (Excel-Kalkulationsprogramm,<br />

Dipl.-Ing.<br />

Johann-Otto Wiemer).<br />

Ein positiver Trend: <strong>Die</strong> bei früheren<br />

Tests oft festgestellte, deutliche Differenz<br />

zwischen Werksangabe <strong>und</strong> Messergebnis<br />

(beide Lauflängen 60 cm) hielt sich bei<br />

<strong>Die</strong> fünf Testlaborierungen:<br />

9,2 g Jaguar von GPA, 9,8 g RS von<br />

Kieferle, 11,7 g Oryx von Norma,<br />

10,0 g Bionic Black <strong>und</strong> Yellow von RWS<br />

Aufbau: Ebenfalls als Teilzerlegungsgeschoss<br />

ist das von Rupert<br />

Scholz entwickelte RS-Projektil<br />

ausgelegt. <strong>Die</strong> über die<br />

Firma Kieferle vertriebenen Patronen<br />

werden ebenfalls in Bad<br />

Überkingen verladen. Das 9,8 g<br />

schwere .30-06-RS-Allzweckgeschoss<br />

ist aus einer relativ harten<br />

Kupferlegierung gefertigt,<br />

auch hier soll ein Expansionskanal die Zerlegung<br />

einleiten. <strong>Die</strong> Bohrung fällt jedoch<br />

deutlich kürzer <strong>und</strong> breiter als beim Jaguar<br />

aus.<br />

Der für den Ausschuss zuständige, zylindrische<br />

Restkörper (laut Hersteller mindestens<br />

85 %) wird dementsprechend<br />

größer. Fünf, zum Teil großflächige Ringe<br />

sorgen für Geschossführung <strong>und</strong> die notwendige<br />

Reduktion von Reibung <strong>und</strong><br />

Spitzengasdruck. Der erste Führungsring<br />

ist als Scharfrand, die nachfolgende Nut<br />

als Splitter-Abrisskante gedacht.<br />

Eine RS-Besonderheit: Mittels speziellem,<br />

in die Expansionsbohrung wahlweise<br />

eingelegtem Stahlstift lässt sich<br />

Kieferle RS 9,8 g<br />

ein Vollmanteleffekt erzielen. Keine Zerlegung<br />

<strong>und</strong> gleichbleibende Treffpunktlage<br />

werden garantiert. Mangels jagdlichem<br />

Nutzen haben wir diese Eigenschaft<br />

im Test nicht weiter überprüft (bei<br />

Großwildkalibern sieht die Sache anders<br />

aus).<br />

Eine einwandfreie Funktion konnten<br />

wir dem Projektil beim Telefonbuch-Beschuss<br />

bescheinigen. Alle Geschosse<br />

splitterten sauber an der Sollbruchstelle<br />

ab, der zylindrische Rest (82 %) blieb unbeschädigt<br />

erhalten.<br />

Leistung: <strong>Die</strong> .30-06 Laborierung von Kieferle<br />

liefert laut Hersteller ebenfalls beeindruckende<br />

Leistungsdaten. Aufgr<strong>und</strong><br />

schlechterem BC ist der Energie- <strong>und</strong> Geschwindigkeitsabfall<br />

jedoch etwas höher<br />

als beim Jaguar. Im Test konnte die RS-Laborierung<br />

die Werksdaten weitgehend halten.<br />

Eine v o -Differenz zwischen Werk <strong>und</strong><br />

Testmessung (Lauflänge 60 cm) von drei<br />

Prozent ist aus unserer Sicht akzeptabel.<br />

Präzision: Mit Streukreisen zwischen 1,8-<br />

<strong>und</strong> 2,7 Zentimetern wurde die RS-Laborierung<br />

Testsieger in dieser Disziplin.<br />

Praxis: Auf Rehwild hatte das „Allzweckgeschoss“<br />

eine gute Wirkung. Von elf beschossenen<br />

Stücken lagen vier im Feuer,<br />

vier weitere machten Todesfluchten von<br />

maximal 30 Metern. <strong>Die</strong> <strong>Wild</strong>bretentwertung<br />

war gering, die Ausschussgröße lag<br />

zwischen zwei <strong>und</strong> sechs Zentimetern. Das<br />

RS-Geschoss liefert ausreichend Schnitthaar,<br />

die Schweißkontrolle auf der W<strong>und</strong>fährte<br />

war in der Regel gut. Auf Sauen (6<br />

wurden damit erlegt) ist die Kieferle .30-06<br />

in ihrem Element. Das Projektil entwickelt<br />

eine hohe Augenblickswirkung, der Geschossrest<br />

garantiert zuverlässigen Ausschuss.<br />

<strong>Die</strong> Gams <strong>und</strong> ein Stück Rotwild<br />

gingen ebenfalls ohne Probleme auf das<br />

Konto der RS.<br />

Unser Fazit: <strong>Die</strong> .30-06 RS von Kieferle ist<br />

ein ausgezeichneter, bleifreier Allro<strong>und</strong>er.<br />

Vertrieb: Kieferle/Fachhandel. Preis: 22 €/<br />

10 Stück.<br />

58 WILD UND HUND 12/2007


Aufbau: Beim Oryx handelt es<br />

sich um ein modernes Verb<strong>und</strong>kerngeschoss.<br />

Der Tombakmantel<br />

ist – mit Ausnahme eines<br />

kleinen Bereichs an der Geschossspitze<br />

– fest mit dem weichen<br />

Bleikern verlötet. <strong>Die</strong> nicht<br />

„gebonderte“ Spitze dient als<br />

Starter. Sie soll, in Verbindung<br />

mit der nach hinten zunehmenden Mantelwandstärke,<br />

einen gleichmäßigen, dem<br />

<strong>Wild</strong>körper angepassten Deformationsprozess<br />

einleiten. Durch Spaltzonen unterstützt,<br />

biegt sich der Mantel dabei in Fahnen<br />

nach hinten. Das Geschoss pilzt bis zur<br />

dreifachen Kalibergröße auf, ein Restgewicht<br />

von 90 bis 95 Prozent wird vom Hersteller<br />

garantiert. Das Oryx ist in Ogivalform<br />

gehalten, Mantel <strong>und</strong> Kern schließen<br />

gemeinsam an der abgeflachten Spitze ab<br />

– eine Beschädigung der empfindlichen<br />

Geschossspitze soll auf diese Weise vermieden<br />

werden.<br />

Unsere Beschussversuche konnten die<br />

Herstellerangaben ohne Abstriche bestätigen.<br />

In allen Fällen steckte ein Blei-Tombak-Pilz<br />

mit etwa 90 Prozent Restgewicht<br />

Norma Oryx 11,7 g<br />

<strong>und</strong> etwa 2,3-fachem Kaliber-Durchmesser<br />

im Telefonbuchstapel.<br />

Leistung: <strong>Die</strong> auf der Packung angegebene<br />

Schusstafel verspricht keine Superlativen,<br />

sondern Hausmannskost in Sachen Universalpatrone.<br />

Im Test (Lauflänge 60 cm) hinkt<br />

die v o der Oryx um knapp fünf Prozent den<br />

Werksangaben hinterher, diese Kröte lässt<br />

sich gerade noch schlucken.<br />

Ganz sicher falsch ist die im Frankonia<br />

Katalog angegebene GEE von 150 m (Auf<br />

der Packung finden sich keine GEE-Werte).<br />

Hier wurde tiefgestapelt, selbst bei<br />

unserer gemessenen deutlich geringeren<br />

v o von 786 m/s errechnet das Programm<br />

eine GEE von 158 Metern. Auch diese<br />

Steigerung macht aus der zahmen Antilope<br />

kein Rennpferd.<br />

Präzision: Mit Streukreisen von 2,8 Millimetern<br />

liegt die Patrone im Mittelfeld unseres<br />

Testsegments.<br />

Praxis: Absolut zuverlässig wirkte die Oryx<br />

auf Rehwild. Fünf Stücke lagen im Knall, sieben<br />

machten noch Todesfluchten zwischen<br />

zehn <strong>und</strong> 30 Metern. Nur drei Stücke mussten<br />

weiter nachgesucht werden. Das Geschoss<br />

spricht auch bei schwachen Kitzen<br />

sehr schnell an <strong>und</strong> gibt genügend Energie<br />

an den <strong>Wild</strong>körper ab. Je nach Treffersitz<br />

maßen die gut schweißenden Ausschüsse<br />

zwischen drei <strong>und</strong> acht Zentimeter. <strong>Die</strong> Zerstörungen<br />

im Bereich des W<strong>und</strong>kanals sind<br />

– vor allem bei Knochentreffern – erheblich.<br />

Das breit aufgepilzte Geschoss schiebt ganz<br />

offensichtlich „Material“ vor sich her. <strong>Die</strong><br />

Neigung zur Hämatombildung ist dagegen<br />

äußerst gering – im Mittel also noch akzeptable<br />

<strong>Wild</strong>bretverluste. <strong>Die</strong> acht erlegten<br />

Sauen hatten alle Ausschuss, die Stoppwirkung<br />

war zuverlässig.<br />

Unser Fazit: Mit der .30-06 Oryx ist man bis<br />

auf mittlere Entfernung im heimischen Revier<br />

gut gerüstet. Das massestarke Geschoss<br />

wirkt zuverlässig vom Kitz bis zum<br />

Keiler, es liefert ausreichend Pirschzeichen.<br />

Gelegentliche Zugeständnisse muss man<br />

bei der <strong>Wild</strong>bretverwertung machen.<br />

Vertrieb: Fachhandel. Preis: 51 €/20 Patronen.<br />

den fünf Laborierungen in moderaten<br />

Grenzen. Interpretiert man die Schusstafel,<br />

kann eine weitere gr<strong>und</strong>sätzliche, für<br />

alle Testlaborierungen gültige Aussage<br />

festgehalten werden: Entgegen der landläufigen<br />

Meinung, „die .30-06 braucht einen<br />

langen Lauf“, reichen kompakte 55<br />

Zentimeter völlig aus. <strong>Die</strong> v o -Verluste liegen<br />

im Vergleich zum 60er-Lauf lediglich<br />

zwischen 0,1 Prozent (Kieferle RS) <strong>und</strong><br />

1,5 Prozent (Bionic Black) – die Patronen<br />

sind also bestens geeignet für führige<br />

Stutzen <strong>und</strong> Kurzgewehre.<br />

Auch in Sachen Zielballistik wollten<br />

wir die vollm<strong>und</strong>igen Versprechungen<br />

der Munitionshersteller nicht ungeprüft<br />

übernehmen. Mit Hilfe von tropfnassen<br />

Telefonbüchern führten wir auf 70 Meter<br />

Entfernung Beschussversuche durch. Das<br />

Zielmedium ist kein vollwertiger Ersatz<br />

für ballistische Gelatine, es liefert jedoch<br />

brauchbare Hinweise bezüglich des Geschossverhaltens<br />

(Zerlegung, Deformation)<br />

im <strong>Wild</strong>körper. Unsere Erfahrung<br />

Waffe:<br />

Mauser 98er<br />

LL 60 cm<br />

Mauser M 94<br />

LL 55 cm<br />

nach mehr als 150 perforierten Telefonbüchern:<br />

Das Funktionsprinzip der Geschosse<br />

wurde bestätigt, vereinzelte<br />

Schwächen liegen in Detail <strong>und</strong><br />

Wirkung.<br />

Präzision/Streukreise in Millimetern<br />

GPA Jaguar<br />

9,2 g<br />

Kieferle RS<br />

9,8 g<br />

Norma Oryx<br />

11,7 g<br />

RWS Bionic<br />

Black 10,0 g<br />

RWS Bionic<br />

Yellow 10,0 g<br />

30 18 28 30 25<br />

24 27 28 31 29<br />

. Überdachter, geschlossener Schießstand, Schussentfernung 100 Meter,<br />

5 Schuss – abgegeben über Benchrest-Auflage.<br />

. Gemessen wurden die am weitesten voneinander entfernten Einschüsse,<br />

von Lochmitte zu Lochmitte.<br />

e<br />

WILD UND HUND 12/2007 59


AUSRÜSTUNG<br />

Patrone Waffe Lauf-<br />

Länge<br />

(cm)<br />

GPA<br />

Jaguar<br />

9,2 g<br />

Kieferle<br />

RS<br />

9,8 g<br />

Norma<br />

Oryx<br />

11,7 g<br />

RWS<br />

Bionic<br />

Black<br />

10,0 g<br />

RWS<br />

Bionic<br />

Yellow<br />

10,0 g<br />

Test-Schusstafel: Vergleich Werksangaben – gemessene Daten<br />

BC GEE (m) v o (v 2 )<br />

(m/sec)<br />

E o (E 2 )<br />

(Joule)<br />

v 100<br />

(m/sec)<br />

E 100<br />

(Joule)<br />

v 200<br />

(m/sec)<br />

E 200<br />

(Joule)<br />

v 300<br />

(m/sec)<br />

E 300<br />

(Joule)<br />

Werk* 60 0,392 192 934 4 041 853 3 367 776 2 789 703 2 291<br />

Mauser 98 60 189 924 3 927 843 3 269 767 2 705 695 2 219<br />

Mauser 94 55 187 914 3 843 834 3 196 758 2 642 686 2 166<br />

Nachs. 98 45 175 850 3 324 773 2 751 701 2 259 632 1 840<br />

Werk* 60 0,319 185 910 4 105 812 3 269 721 2 575 636 2 003<br />

Mauser 98 60 178 883 3 820 787 3 036 698 2 385 614 1 850<br />

Mauser 94 55 178 882 3 812 786 3 029 698 2 379 614 1 845<br />

Nachs. 98 45 168 829 3 367 737 2 660 651 2 075 571 1 598<br />

Werk* 60 0,287 150 823 3 964 722 3 048 628 2 306 541 1 715<br />

Mauser 98 60 158 786 3 614 687 2 761 596 2 076 512 1 535<br />

Mauser 94 55 157 782 3 577 683 2 731 592 2 053 509 1 517<br />

Nachs. 98 45 147 731 3 126 636 2 368 549 1 765 471 1 297<br />

Werk* 60 0,239 173 885 3 916 759 2 880 643 2 067 539 1 453<br />

Mauser 98 60 168 859 3 689 735 2 699 621 1 931 519 1 349<br />

Mauser 94 55 165 846 3 579 723 2 612 611 1 865 510 1 300<br />

Nachs. 98 45 158 804 3 232 684 2 343 576 1 660 480 1 150<br />

Werk* 60 0,239 173 885 3 916 759 2 880 643 2 067 539 1 453<br />

Mauser 98 60 168 862 3 715 737 2 719 624 1 946 522 1 361<br />

Mauser 94 55 168 859 3 689 735 2 699 621 1 931 519 1 349<br />

Nachs. 98 45 156 795 3 160 676 2 287 569 1 617 473 1 120<br />

. BC = Ballistischer Koeffizient (Werksangabe, oder Berechnung basierend auf Werksangaben).<br />

. *Werksdaten wurden von Packungen/Katalogen übernommen.<br />

. <strong>Die</strong> Testwaffen sind nicht mit Messläufen ausgestattet, es handelt sich um gepflegte, präzise Gebrauchsgewehre.<br />

. Geschwindigkeitsmessungen wurden im geschlossenen, überdachten Schießstand mit dem Kurzzeitmeßgerät BMC 17 „NV“<br />

der Firma Werner Mehl durchgeführt. Gemessen wurde aus Sicherheitsgründen zwei Meter vor der Mündung. <strong>Die</strong> Abweichungen<br />

v 2 zu v 0 sind minimal, sie wurden bei Berechnungen vernachlässigt.<br />

. <strong>Die</strong> Messungen wurden auf der schwäbischen Alb durchgeführt, die Klimabedingungen entsprechen nicht der den<br />

Werksangaben zugr<strong>und</strong>e liegenden ICAO-Standardatmosphäre.<br />

. <strong>Die</strong> Schusstafeln wurden mit dem Excel-Programm von Dipl.-Ing. Johann-Otto Wiemer, Tel. 0 40/6 77 27 19, erstellt.<br />

Geschossgewicht,<br />

Werksangabe (g)<br />

Geschossrest<br />

nach Beschuss (g)<br />

Geschoss-Durchm.<br />

Original (mm)<br />

Max.-Durchm.<br />

Geschossrest (mm)<br />

Eindringtiefe,<br />

gemittelt (cm)<br />

Test-Beschuss (Zielmedium nasse Telefonbücher)*<br />

GPA Jaguar Kieferle RS Norma Oryx RWS Bionic Black RWS Bionic Yellow<br />

9,2<br />

Stichprobe (9,23)<br />

9,8<br />

Stichprobe (9,73)<br />

11,7<br />

Stichprobe (11,65)<br />

10,0<br />

Stichprobe (10,05)<br />

10,0<br />

Stichprobe (9,93)<br />

5,78 (63 %) 7,99 (82 %) 10,57 (90 %) 9,94 (99 %) 9,38 (94%)<br />

7,82 7,82 7,82 7,82 7,82<br />

9,2 (118 %) 7,9 (101 %) 17,9 (229 %) 10,1 (129 %) 8,2 (105 %)<br />

41 54 51 64 60<br />

*Schussentfernung = 70 m<br />

60 WILD UND HUND 12/2007


RWS Bionic Black<br />

Aufbau: Abgesehen von den<br />

verschiedenfarbigen Spitzen ist<br />

das äußere Erscheinungsbild<br />

der 10 Gramm schweren Messing-Geschosse<br />

„Black“ <strong>und</strong><br />

„Yellow“ fast identisch. Da sie<br />

auch gleich laboriert werden,<br />

sind Außenballistik <strong>und</strong> Treffpunktlage<br />

der schwarz-gelben<br />

Gesellen gleich.<br />

Im Gegensatz zum „Yellow“ (Teilzerlegung)<br />

ist das Black als massestabiles Deformationsgeschoss<br />

konzipiert. Ein tiefreichender<br />

Expansionskanal mit vergrößertem<br />

Mündungsdurchmesser sorgt, in<br />

Verbindung mit der als Starter fungierenden<br />

schwarzen Kunststoffhaube,<br />

für ein Aufpilzen des Projektils (laut Hersteller<br />

bis zum 1,8-fachem Kaliberdurchmesser).<br />

Dabei soll sich die zähweiche<br />

Wandung nach hinten abrollen.<br />

Der Aufbau des Black ist extrem robust.<br />

Das Geschoss (Restgewicht 99 Prozent)<br />

pilzte schnell <strong>und</strong> zuverlässig, allerdings<br />

nur um das 1,3-fache Kaliber auf.<br />

Eine stärkere Deformation konnten wir,<br />

auch bei einer Reduktion der Schussentfernung<br />

auf 50 Meter, nicht erreichen.<br />

Ein Scharfrand am Übergang zum zylindrischen<br />

Geschossteil verspricht Schnitthaar.<br />

Wie bei den anderen „Bleifreien“ wird<br />

auch bei den Bionics die Geschossführung<br />

mittels entlastenden Ringen gesteuert.<br />

Leistung: <strong>Die</strong> außenballistischen Kenndaten<br />

sind wenig spektakulär <strong>und</strong> liegen im<br />

soliden .30-06-Mittelfeld – für bleifreie Munition<br />

sind die Werte dennoch beeindruckend.<br />

Im Test konnten die RWS-Geschwister<br />

die angegebene v o (Lauflänge 60 cm)<br />

weitgehend halten. Abweichungen von<br />

knapp drei Prozent sind vertretbar. Sowohl<br />

die Werksdaten, als auch die für die Schusstafel<br />

ermittelten Werte, hinken etwas hinter<br />

der bleifreien Test-Konkurrenz her.<br />

Präzision: <strong>Die</strong> Schussbilder des RWS-Duos<br />

waren beeindruckend. Doppelfünfer-Serien<br />

mit einem Gesamt-Streukreis von 4,3<br />

<strong>und</strong> Einzelergebnissen von 2,5 (Yellow) <strong>und</strong><br />

3,0 Zentimeter (Black) sprechen für sich.<br />

Praxis: <strong>Die</strong> Wirkung der Black auf Rehwild<br />

war erstaunlich gut. Von sieben<br />

erlegten Stücken blieb eines im Feuer,<br />

drei machten eine kurze Todesflucht<br />

(10 bis 30 m). Drei mussten, trotz guter<br />

Schüsse, bis zu 150 Meter nachgesucht<br />

werden. <strong>Die</strong> <strong>Wild</strong>bretentwertung<br />

blieb minimal – Küchenschüsse<br />

par excellence. Mit Ausschussdurchmessern<br />

von nur zwei bis drei Zentimetern<br />

<strong>und</strong> wenig Schweiß, werden Nachsuchen<br />

jedoch zum Blindflug.<br />

Bei der Jagd auf Sauen (7) <strong>und</strong> Rotwild<br />

(2 Berghirsche) hatten alle Stücke Ausschuss.<br />

Mit wenigen Ausnahmen waren –<br />

zur Freude unserer H<strong>und</strong>e – kurze Todesfluchten<br />

auch hier die Regel. Schweiß war<br />

spärlich. <strong>Die</strong> Jagderfahrungen decken<br />

sich somit mit den Beschussergebnissen.<br />

Unser Fazit: Das Bionic Black setzt kompromisslos<br />

auf Tiefenwirkung, die Ausschusswahrscheinlichkeit<br />

ist, selbst bei<br />

starkem <strong>Wild</strong>, extrem hoch. Bei der universell<br />

einsetzbaren Patrone müssen Abstriche<br />

bei Augenblickswirkung <strong>und</strong> Pirschzeichen<br />

gemacht werden. Gastwirte <strong>und</strong><br />

<strong>Wild</strong>handel sind begeistert.<br />

Vertrieb: Fachhandel. Preis: 54 €/20 Patronen.<br />

Aufbau: Das als Teilzerlegungsgeschoss<br />

aufgebaute „Yellow“ unterscheidet<br />

sich vom schwarzen<br />

Bruder durch die zusätzliche<br />

Schockrille <strong>und</strong> eine härtere, zur<br />

Splitterbildung neigenden Spitze.<br />

Der in die Expansionsbohrung<br />

gepresste, gelbe Kunststoffstarter<br />

leitet beim Auftreffen einen dynamischen<br />

Zerlegungsprozess ein: Laut Hersteller<br />

endet die Splitterbildung spätestens<br />

RWS Bionic Yellow<br />

am Scharfrand. Der zylindrische Restkörper<br />

soll ein Gewicht von mindestens 55 Prozent<br />

halten. Wie das Black präsentierte sich auch<br />

das Yellow beim Telefonbuchbeschuss von<br />

seiner harten Seite – Splitterwirkung nur bis<br />

zur Schockrille <strong>und</strong> ein extrem hohes Restgewicht<br />

von 94 Prozent.<br />

Leistung/Präzision: siehe oben.<br />

Praxis: Im Test war die Wirkung ausgezeichnet.<br />

Von neun erlegten Rehen blieben vier<br />

am Platz, vier weitere schafften noch Todesfluchten<br />

von zehn bis 30 Metern. <strong>Die</strong> Ausschussgröße<br />

lag zwischen drei <strong>und</strong> maximal<br />

fünf Zentimetern. <strong>Wild</strong>bretverluste <strong>und</strong><br />

Hämatombildung waren minimal – eine<br />

ausgezeichnete Rehwildpatrone. Auch auf<br />

Sauen (4) zeigte die Yellow zuverlässig Wirkung,<br />

ein Ausschuss war immer vorhanden:<br />

Schweiß war bei Rehwild in der Regel ausreichend,<br />

bei Schwarzwild gut bis mäßig.<br />

Unser Fazit: <strong>Die</strong> .30-06 Yellow von RWS ist<br />

eine hervorragende Universalpatrone mit<br />

einer ausgewogenen Ballance aus maximaler<br />

Wirkung bei minimalem <strong>Wild</strong>bretverlust.<br />

Das Ergebnis verweist den Bruder<br />

auf die Ränge.<br />

Vertrieb: Fachhandel. Preis: 54 €/20 Patronen.<br />

e<br />

WILD UND HUND 12/2007 61

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