handout 17.01.03 (pdf) - Ethnologisches Seminar
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Anthropologists of the British Commonwealth (ASA) ins Leben gerufen. Als Vereinigung, in welchem nur<br />
Berufsethnologen zugelassen waren, war sie besser für das Fund Rising geeignet als das Royal Anthropological<br />
Institute. Nach diesem Aufschwung ziehen sich aber einige britische EthnologInnen bereits in den 50er Jahren<br />
zurück. Sie haben sich u.a. angesichts der afrikanischen Unabhängigkeitsbestrebungen durch die Kolonialregierungen<br />
oder durch die ”technical asstistant teams” (z.B. Lucy Mair, Schülerin Malinowskis) missbraucht gesehen.<br />
Nach Foster war auch das Interesse an der (raschen) Einführung neuer Technologien (z.B. Point Four-<br />
Program, siehe unten) bei den britischen EthnologInnen im Gegensatz zu US-EthnologInnen bescheiden (u.a.<br />
auch wegen des im Funktionalismus innewohnenden verhaltenen Konservatismus? → Befürchtung der Desintegration<br />
bei zu raschem Kulturwandel, siehe oben). US-EthnologInnen übernahmen deshalb noch in den 50er<br />
Jahren bei der Entwicklungsarbeit die Führung. Die Ethnologie hatte in den USA zudem während des 2. Weltkrieges<br />
einen gehörigen Aufschwung als angewandte Wissenschaft erlebt (siehe unten).<br />
3.b. Fazit und Folgen dieser seit 1941 andauernden Phase für das Fach<br />
Mit dem Aufschwung der Angewandten Ethnologie kam im Fach allgemein immer mehr die Mikroperspektive<br />
zum Zug - eine Folge konkreter Entwicklungsprojekte in einzelnen Gemeinden (Community Development). Die<br />
"Gurus" der Nachkriegszeit wurden allerdings schliesslich die Ökonomen und Landwirtschaftsexperten. Mit der<br />
Dekolonialisation verlor die als koloniale Wissenschaft angesehene Ethnologie ihr Terrain an den afrikanischen<br />
Universitäten an die neue Disziplin African Studies, an die Soziologie und an die Geschichtswissenschaft. Für<br />
Adam Kuper ist allerdings klar: ein grosses Verlangen nach Angewandter Ethnologie gab es nie - weder vor<br />
noch nach den Tagen des CSSRC. Seit der Gründung des CSSRC ist aber das Betätigungsfeld der Angewandten<br />
Ethnologie wegen der interdisziplinären Zusammenarbeit (Teamarbeit) sehr vielfältig geworden. Die Angewandte<br />
Ethnologie hat seither eine Rollenausweitung von der reinen Forschungs-, Instruktions- und Beratungsfunktion<br />
(für die Behörden) hinaus zur vermehrt handlungsinvolvierten Wissenschaft erlebt, und EthnologInnen<br />
sind nicht mehr nur für Regierungen tätig. Nachdem man sich in den 60er und 70er Jahren nach den<br />
negativen Erfahrungen von ”Camelot” und und Vietnamkrieg (siehe oben) gegenüber der Angewandten Ethnologie<br />
wieder etwas verhalten gezeigt hat, ist der anwendungsbezogene Bereich seit den späten 70er Jahren wegen<br />
den wenigen akademischen Jobs gegenüber den nun zahlreichen Abgängern im Fach wieder vermehrt ein<br />
Betätigungsfeld geworden.<br />
4. Entwicklung der Angewandten Ethnologie in den USA<br />
Die Entwicklung der Angewandte Ethnologie kam in den USA eher durch die interne Kolonialisation (Bureau<br />
of Indian Affairs) und interne soziale Probleme zustande (schwarze Bevölkerung, Bandenkriminalität). Bastide<br />
nennt deshalb die Entwicklung der Angewandten Ethnologie in den USA auch den Weg der sozialen Pathologie.<br />
1941 wird in den USA die Society for Applied Anthropology gegründet, welche die Zeitschrift Human<br />
Organisation (vor 1949 Applied Anthropology) herausgibt. Sie erscheint vierteljährlich und ist das erste richtige<br />
Kommunikationsorgan für Angewandte Ethnologie. Während des 2. Weltkrieges ergibt sich für die Ethnologie<br />
als angewandte Wissenschaft ein breites Betätigungsfeld. Dies ist sicherlich auch im Zusammenhang mit der<br />
Ausbildung der Culture- & Personality-Schule (Ruth Benedict, Margaret Mead) zu sehen, welche u.a. die<br />
Psychologie eines Individuums durch die Kultur (bzw. den Kulturtyp) mitbedingt sah. Die Ethnologie wurde zur<br />
psychologischen und moralischen Kriegsführung herangezogen: kulturelle Untersuchung der Feinde (z.B. Japan:<br />
interdisziplinäre Foreign Morale Analysis Division im Office of War Information), Hebung der eigenen<br />
Moral (Office of National Morale) Unterstützung bei der War Relocation [Zwangsinternierung von 100'000<br />
(US-)Japanern], Unterstützung bei rassistischen Problemen am Arbeitsplatz in der Industrie, da Schwarze dort<br />
in die Armee eingezogene Weisse ersetzten (Gefährundung der Arbeitsproduktivität), ethnologische Ausbildung<br />
von Beamten für besetzte Gebiete (z.B. Japan & Mikronesien in der Nachkriegszeit), Propaganda, Informationen<br />
über andere Völker für die Soldaten, Untersuchung des Verhältnisses US-amerikanischer und britischer<br />
Truppen, Ratschläge bei der Lebensmittelverteilung (Committee on Food Habits) etc. . Auch beschäftigte man<br />
sich in den USA bereits während des 2. Weltkriegs mit Lateinamerika (kurzzeitiges Institute of Social Anthropology),<br />
da klar war, dass der dort stattfindende Industrialisierungs- und Urbanisierungsprozess die soziale<br />
Probleme verschärfen würde (u.a. wohl auch Angst vor der kommunistischen Gefahr...). 1943 erscheinen bereits<br />
ab erste Artikel in Applied Anthropology, welche sich mit technischer Hilfe und mit Lebensmittelproduktion<br />
befassen. Der Zweite Weltkrieg machte im weiteren auch einen Zusammenschluss der britischen und der USamerikanischen<br />
Ethnologie mit ihrer Offenheit für Interdisziplinarität möglich. 1946 wird dann das Foreign<br />
Service Institute (Washington) gegründet, welches für die Ausbildung in Sprache und Kultur des für im Ausland<br />
eingesetzten US-Personals zuständig ist (u.a. speziell für technische Spezialisten des foreign aid program). 1950<br />
führen die USA ein globales Technikhilfeprogramm, das sog. Point Four Program ein (ab 1961 Agency for<br />
International Development). Ende der 50er Jahre ist die Community Development Division des Point Four Program<br />
der grösste Einzelarbeitsgeber für EthnologInnen in Überseearbeit.<br />
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