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<strong>Kultur</strong> – Wikipedia<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Kultur</strong><br />
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23.09.2008<br />
<strong>Kultur</strong><br />
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie<br />
<strong>Kultur</strong> (von lat. cultura) ist im weitesten Sinne alles, was der<br />
Mensch selbst gestaltend hervorbringt, im Unterschied zu der von<br />
ihm nicht geschaffenen und nicht veränderten Natur.<br />
<strong>Kultur</strong>leistungen sind alle formenden Umgestaltungen eines<br />
gegebenen Materials, wie in der Technik, der Bildenden Kunst, aber<br />
auch geistiger Gebilde wie etwa in der im Recht, in der Moral, der<br />
Religion, der Wirtschaft und der Wissenschaft.<br />
Der Begriff der <strong>Kultur</strong> ward im Laufe der Geschichte immer wieder<br />
von unterschiedlichsten Seiten einer Bestimmung unterzogen. Je<br />
nach dem drücken sich in ihm das jeweils lebendige<br />
Selbstverständnis und der Zeitgeist einer Epoche aus, der<br />
Das antike Griechenland gilt<br />
als Wiege der abendländischen<br />
<strong>Kultur</strong>.<br />
Herrschaftsstatus oder -anspruch bestimmter Klassen, oder auch wissenschaftliche und philosophischanthropologische<br />
Anschauungen. Die Bandbreite seiner Bedeutung ist dementsprechend groß: Sie<br />
reicht von einer rein beschreibenden (deskriptiven) Verwendung („Die <strong>Kultur</strong> jener Zeit.“) hin zu<br />
vorschreibenden (normativen), wenn bei letzterem mit dem Begriff der <strong>Kultur</strong> zu erfüllende<br />
Ansprüche verbunden werden.<br />
Der Begriff kann sich auf eine enge Gruppe von Menschen beziehen, denen allein <strong>Kultur</strong><br />
zugesprochen wird, oder er bezeichnet das, was allen Menschen als Menschen zukommt, indem es sie<br />
beispielsweise vom Tier unterscheidet. Während die engere Bestimmung des Begriffs meist mit<br />
einem Gebrauch im Singular („die <strong>Kultur</strong>“) verbunden ist, kann ein weiter gefasster Begriff auch von<br />
„den <strong>Kultur</strong>en“ im Plural sprechen.<br />
In diesem Artikel oder Abschnitt fehlen folgende wichtige Informationen: Der Artikel<br />
befindet sich zur Zeit in vielen Abschnitten noch im Ausbau.<br />
Du kannst Wikipedia helfen, indem du sie recherchierst und einfügst.<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
• 1 Begriffsgeschichte<br />
• 1.1 Etymologie<br />
• 1.2 Antike<br />
• 1.3 Neuzeit<br />
• 1.3.1 <strong>Kultur</strong> und Zivilisation<br />
• 1.3.2 <strong>Kultur</strong>nation und Staatsnation<br />
• 1.4 Moderne Entwicklungen<br />
• 1.5 Grenzen des <strong>Kultur</strong>begriffs<br />
• 1.5.1 Entgegensetzung von <strong>Kultur</strong> und Natur<br />
• 1.5.2 Normative Verwendung des Begriffs<br />
• 1.5.3 <strong>Kultur</strong>leistungen bei Tieren<br />
• 2 Entstehen von <strong>Kultur</strong><br />
• 2.1 Biologische Voraussetzungen<br />
• 2.2 <strong>Kultur</strong> als Bewältigung<br />
• 2.3 <strong>Kultur</strong> als symbolische Sinnerzeugung<br />
• 2.4 Tradition und kulturelles Gedächtnis<br />
• 3 Übergreifende Momente kulturellen Lebens
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• 3.1 Tradition<br />
• 3.2 Sprache<br />
• 3.3 Handlung<br />
• 3.4 Geltung<br />
• 3.5 Identität<br />
• 3.6 Zeit<br />
• 3.7 Raum<br />
• 4 <strong>Kultur</strong>kritik<br />
• 5 Literatur<br />
• 5.1 <strong>Kultur</strong>philosophie<br />
• 5.2 Sammelbände <strong>Kultur</strong>theorien<br />
• 5.3 Wichtige Studien<br />
• 6 Siehe auch<br />
• 7 Weblinks<br />
• 8 Einzelnachweise<br />
Begriffsgeschichte<br />
Etymologie<br />
Das Wort „<strong>Kultur</strong>“ ist aus lateinisch colere („pflegen“, „urbar machen“, „ausbilden“, vgl. auch<br />
„Kolonie“) abgeleitet und eine Eindeutschung von lat. cultura. Es ist in der deutschen Sprache seit<br />
Ende des 17. Jahrhunderts belegt und bezeichnet hier von Anfang an sowohl die<br />
Bodenbewirtschaftung als auch die „Pflege der geistigen Güter“. Im 20. Jahrhundert wird mit<br />
[1]<br />
französisierender Endung kulturell als Adjektiv gebräuchlich.<br />
Etymologisch entstammt das lat. colere der indogermanischen Wurzel kuel- für „[sich] drehen, [sich]<br />
wenden“, so dass die ursprüngliche Bedeutung wohl im Sinne von „emsig beschäftigt sein“ zu suchen<br />
[2]<br />
ist.<br />
Antike<br />
Plinius der Ältere prägte zwar noch nicht das Wort „<strong>Kultur</strong>“ als einen Begriff, unterschied allerdings<br />
[3]<br />
schon zwischen terrenus (zum Erdreich gehörend) und facticius (künstlich Hergestelltes). Im<br />
lateinischen Raum wird der Begriff cultura sowohl auf die persönliche <strong>Kultur</strong> von Individuen als<br />
auch auf die <strong>Kultur</strong> bestimmter historischer Perioden angewendet. So charakterisiert z.B. Cicero die<br />
[4]<br />
Philosophie als cultura animi, d.h. als Pflege des Geistes. . Neben der <strong>Kultur</strong> als Sachkultur bei<br />
Plinius findet sich also auch <strong>Kultur</strong> als Bearbeitung der eigenen Persönlichkeit.<br />
Neuzeit<br />
Immanuel Kants Bestimmung des Menschen als kulturschaffendes Wesen vollzieht sich im<br />
[5]<br />
Verhältnis zur Natur. Für Kant sind Mensch und <strong>Kultur</strong> ein Endzweck der Natur. ] Dabei ist mit<br />
diesem Endzweck der Natur die moralische Fähigkeit des Menschen zum kategorischem Imperativ<br />
verbunden: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein<br />
allgemeines Gesetz werde.“ Ein solches allgemeines Gesetz anzuerkennen als „Idee der Moralität<br />
[6]<br />
gehört noch zur <strong>Kultur</strong>.“ Es ist dieser Leitsatz des moralischen Handelns, der den Menschen<br />
einerseits von der Natur trennt, andererseits steht er als Endziel der Natur in ihrem Dienst dieses Ziel<br />
zu Achten und zu Verfolgen. Ohne diesen moralischen Leitsatz vermag der Mensch sich bloß<br />
technologisch fortzuentwickeln, was zur Zivilisation führt.<br />
<strong>Kultur</strong> und Zivilisation
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Einzig im deutschsprachigem Raum hat sich der Gegensatz „<strong>Kultur</strong>“ und „Zivilisation“ entwickelt,<br />
während beispielsweise im englischen Sprachraum lange Zeit nur ein Wort für „<strong>Kultur</strong>“ (civilization)<br />
genutzt wurde. (Vgl. den Titel von Samuel P. Huntington Clash of civilisations, im Deutschen Kampf<br />
der <strong>Kultur</strong>en.) Erst seit einigen Jahrzehnten findet sich auch culture häufiger, ohne dass hiermit<br />
jedoch auf einen Gegensatz zu civilization Bezug genommen würde.<br />
Die früheste Formulierung dieses Gegensatzes stammt von Immanuel Kant:<br />
„Wir sind im hohen Grade durch Kunst und Wissenschaft cultivirt. Wir sind civilisirt bis<br />
zum Überlästigen, zu allerlei gesellschaftlicher Artigkeit und Anständigkeit. Aber uns für<br />
schon moralisirt zu halten, daran fehlt noch sehr viel. Denn die Idee der Moralität gehört<br />
noch zur Cultur; der Gebrauch dieser Idee aber, welcher nur auf das Sittenähnliche in der<br />
[7]<br />
Ehrliebe und der äußeren Anständigkeit hinausläuft, macht blos die Civilisirung aus.“<br />
„Zivilisation“ bedeutet also für Kant, dass sich die Menschen zwar zu einem artigen Miteinander<br />
erziehen, Manieren zulegen und ihren Alltag bequem und praktisch einzurichten wissen und dass sie<br />
vielleicht durch Wissenschaft und Technik Fahrzeuge, Krankenhäuser und Kühlschränke<br />
hervorbringen. All dies reicht jedoch noch nicht dafür, dass sie „<strong>Kultur</strong> haben“, wenngleich es der<br />
<strong>Kultur</strong> dienen könnte. Denn als Bedingung für <strong>Kultur</strong> gilt Kant die „Idee der Moralität“ (der<br />
kategorische Imperativ), d.h. dass die Menschen ihre Handlungen bewusst auf an sich gute Zwecke<br />
einrichten.<br />
Wilhelm von Humboldt schließt hieran an, indem er den Gegensatz auf Äußeres und Inneres des<br />
Menschen bezieht: Bildung und Entwicklung der Persönlichkeit sind Momente der <strong>Kultur</strong>, während<br />
[8]<br />
rein praktische und technische Dinge dem Bereich der Zivilisation zugehören.<br />
Für Oswald Spengler ist Zivilisation ebenfalls negativ belegt, wenn sie nämlich das unausweichliche<br />
Auflösungsstadium von <strong>Kultur</strong> bezeichnet. Spengler sah <strong>Kultur</strong>en als lebendige Organismen an, die<br />
in Analogie zur Entwicklung des menschlichen Individuums eine Jugend, eine Manneszeit und ein<br />
Alter durchlaufen und alsdann verenden. Die Zivilisation entspricht dem letzten dieser Stadien, daher<br />
hat der zivilisierte Mensch keine künftige <strong>Kultur</strong> mehr. Zivilisationen „sind ein Abschluß; sie folgen<br />
dem Werden als das Gewordene, dem Leben als der Tod, der Entwicklung als die Starrheit […] Sie<br />
sind ein Ende [sc. der <strong>Kultur</strong>], unwiderruflich, aber sie sind mit innerster Notwendigkeit immer<br />
[9]<br />
wieder erreicht worden.“<br />
Helmuth Plessner hält gar das deutsche »<strong>Kultur</strong>« für fast nicht übersetzbar. In seiner empathischen<br />
Bedeutung sieht er eine religiöse Funktion:<br />
„<strong>Kultur</strong>, der deutsche Inbegriff für geistige Tätigkeit und ihren Ertrag im weltlichen<br />
Felde, ist ein schwer zu übersetzendes Wort. Es deckt sich nicht mit Zivilisation, mit<br />
Kultiviertheit und Bildung oder gar Arbeit. Alle diese Begriffe sind zu nüchtern oder zu<br />
flach, zu formal, bzw. ›westlich‹ oder an eine andere Sphäre gebunden. Ihnen fehlt das<br />
Schwere, die trächtige Fülle, das seelenhafte Pathos, das sich im deutschen Bewußtsein<br />
des 19. und 20. Jahrhunderts mit diesem Wort verbindet und seine oft empathische<br />
[10]<br />
Verwendung verständlich macht.“<br />
Der Gegensatz von <strong>Kultur</strong> und Zivilisation lebt auch noch bei Max Horkheimer fort, wenn dieser<br />
feststellt:<br />
„Die Massen sind heute nicht dümmer als ehedem, aber weil es ihnen besser geht, kommt<br />
alles darauf an, daß sie einsichtiger, menschlicher, geistig aktiver sind. Sonst muß die alte
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Gewalt an die ganz wenigen zurückfallen, und die alte schmähliche Lehre vom Kreislauf<br />
der Herrschaftsformen, nach der auf Demokratie Tyrannis folgt, tritt in Kraft: Geschichte<br />
[11]<br />
sinkt in Naturgeschichte zurück.“<br />
Auch für Horkheimer kommt es also darauf an, dass es der Menschheit gelingt sich Kraft eigener<br />
Gesetzgebung so zu organisieren, dass sich die freien Individuen gegenseitig fördern.<br />
<strong>Kultur</strong>nation und Staatsnation<br />
Der Begriff der <strong>Kultur</strong>nation entstand im 19. Jahrhundert als Ausdruck eines weniger durch Politik<br />
und militärische Macht als durch <strong>Kultur</strong>merkmale repräsentierten Nationsverständnisses. Der<br />
Historiker Friedrich Meinecke sah in den kulturellen Gemeinsamkeiten, die eine Nation<br />
zusammenhalten, neben gemeinsamem „<strong>Kultur</strong>besitz“ (z. B. die Weimarer Klassik) vor allem<br />
religiöse Gemeinsamkeiten. Von Volkstum ist in diesem Zusammenhang noch nicht die Rede.<br />
Mit Aufkommen der völkischen Bewegung wurde dem Begriff der Nation allmählich eine ethnische<br />
Bedeutung verliehen. Während zuvor kaum völkische Aspekte im Staatsbürgerschaftsrecht der<br />
deutschen Gliedstaaten verankert gewesen waren, wurde 1913 das Abstammungsprinzip (ius<br />
sanguinis, „Recht des Blutes“) zur Bestimmung der deutschen Staatsangehörigkeit gesetzlich<br />
festgelegt. Die nationale Identität wurde damit staatlich beschränkt. Die aus dieser Entwicklung<br />
entstandene Vorstellung einer <strong>Kultur</strong>nation auf völkischer Grundlage wirkt sich seither weiter aus.<br />
Während von einer <strong>Kultur</strong>nation anfangs in einem kritischen Sinne gegenüber der Staatsnation die<br />
Rede war, da das deutsche Nationalgefühl (aus Sprache, Traditionen, <strong>Kultur</strong> und Religion) nicht vom<br />
politischen Partikularismus widergespiegelt wurde, wandelte sich der Begriff unter dem Einfluss des<br />
völkischen Gedankengutes: Als Basis einer <strong>Kultur</strong>nation wurde nun ein „Volk“ im Sinne einer<br />
„Abstammungsgemeinschaft“ verstanden. Dieser Begriff eines Volkes wirkte wiederum gegenüber<br />
dem politisch-rechtlichen Begriff des Staatsvolkes, der die Gesamtheit aller Staatsangehörigen eines<br />
Staates darstellt, kritisch. Die <strong>Kultur</strong>nation umfasse ein Volk als Träger eines Volkstums, unabhängig<br />
davon, in welchem Staat, in welchen Grenzen und unter welcher Herrschaft es lebe.<br />
Moderne Entwicklungen<br />
Systemtheoretischer Ansatz<br />
Für den Systemtheoretiker Niklas Luhmann beginnt geschichtlich gesehen <strong>Kultur</strong> erst dann, wenn es<br />
einer Gesellschaft gelingt, nicht nur Beobachtungen vom Menschen und dessen Umwelt anzustellen,<br />
sondern auch Formen und Blickwinkel der Beobachtungen der Beobachtungen zu entwickeln. Eine<br />
solche Gesellschaft ist nicht nur kulturell und arbeitsteilig aus in einem hohen Maße in Experten<br />
ausdifferenziert, sondern hat auch Experten zweiter Stufe ausgebildet. Diese letzteren untersuchen die<br />
Beobachtungsweisen der ersteren und helfen diese in ihrer Kontingenz zu begreifen, d.h. erst jetzt<br />
werden die Inhalte von <strong>Kultur</strong> als etwas Gemachtes aufgefasst und nicht als eine dem Menschen<br />
[12]<br />
gegebene Fähigkeit. <strong>Kultur</strong> wird damit De- und Rekonstruierbar.<br />
„Historische Anthropologie“<br />
Ein aktuelles Arbeitsfeld, welches sich als „historisch ausgerichtete Anthropologie“ bezeichnen ließe,<br />
untersucht die im Laufe der Geschichte vollzogenen Bestimmungen der „menschlichen Natur“. So<br />
zeigt beispielsweise die Ordnung der Sinne, daß ihre Anzahl nicht eindeutig auf fünf festzulegen ist,<br />
sie teils hierarchisch, teils gleichberechtigt auftreten. Damit haben auch die Sinne eine Geschichte,<br />
wenn nämlich sie kulturell codiert sind. Es zeigt sich dann etwa eine für die abendländische <strong>Kultur</strong><br />
[13]<br />
prägende Bevorzugung des Gesichtssinns gegenüber anderen Sinnen. Weitere Felder der<br />
[14]
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historischen Anthropologie sind:<br />
• Aus dem Verhältnis zwischen räumlich-materieller Außenwelt und ausdehnungsloser<br />
Innerlichkeit des menschlichen Subjekts ergibt sich eine Geschichte der Seele und Gefühle.<br />
Gerade in diesem Zusammenhang können sich auch Ansichten entwickeln, welche Gefühle<br />
nicht als innere Zustände des Individuums zu begreifen sondern räumlich ausgedehnte<br />
[15][16]<br />
Atmosphären.<br />
• Am geschichtliche Verhältnis zwischen „der“ Gesundheit zu „den“ Krankheiten läßt sich<br />
untersuchen, wie sich das was als gesund gilt und was als krankhaft angesehen wird immer<br />
wieder verschiebt ohne daß hier eine feste Grenze erkennbar wäre. Vielmehr ist auch hier jede<br />
Definition kulturabhängig, was sich besonders bei geistige Erkrankungen zeigt, wie etwa der<br />
wechselhaft unbestimmte Gebrauch der Begriffe „Nervosität“, „Hysterie“ und „Hypochondrie“<br />
in der Zeit vom 18. bis 20 Jahrhundert belegt.<br />
• Das Geschlechterverhältnis wird inzwischen in einer Vielzahl von wissenschaftlichen<br />
Fachrichtungen untersucht, besonders widmet sich ihm die Geschlechterforschung (engl.<br />
Gender Studies). Die aus dem angelsächsischem Bereich kommende Unterscheidung zwischen<br />
biologischem Geschlecht (engl. sex) und Geschlechterrolle (engl. gender) hat sich auch im<br />
deutschsprachigem Bereich durchgesetzt. Vor allem Judith Butler hat darauf hingewiesen, daß<br />
Verhaltensweisen nicht „typisch männlich“ oder „typisch weiblich“ sind, sondern kulturell und<br />
[17]<br />
sozial geprägt werden: Geschlechterrollen werden konstruiert.<br />
Grenzen des <strong>Kultur</strong>begriffs<br />
Entgegensetzung von <strong>Kultur</strong> und Natur<br />
Dasjenige Konzept, welches das Entstehen von <strong>Kultur</strong> verständlich<br />
macht und den Begriff klar eingrenzt, stellt die <strong>Kultur</strong> der Natur<br />
entgegen. Damit ist als <strong>Kultur</strong> alles bestimmt, was der Mensch von<br />
sich aus verändert und hervorbringt, während der Begriff Natur<br />
dasjenige bezeichnet, was von selbst ist, wie es ist.<br />
Mit „Natur“ kann jedoch immer nur etwas gemeint sein, das<br />
irgendwie durch <strong>Kultur</strong>techniken wie Kunst und Wissenschaft<br />
beschrieben wurde. Gleichzeitig werden die Grenzen dessen, was<br />
„Natur“ bezeichnet, durch menschliche <strong>Kultur</strong>techniken immer<br />
Hubble-Teleskop. Setzt man<br />
die <strong>Kultur</strong> der Natur entgegen,<br />
weiter hinausgeschoben, so macht etwa erst das<br />
stellt sich die Frage, was<br />
Elektronenmikroskop kleinste Partikel sichtbar, während das<br />
genau der Begriff „Natur“<br />
Hubble-Teleskop erst die großen kosmischen Maßstäbe zur<br />
meint, wo doch alles was<br />
Darstellung bringt. Ebenso schiebt die <strong>Kultur</strong>technik der<br />
darunter verstanden wird,<br />
Astrophysik die zeitlichen Grenzen dessen, was wir mit dem Begriff selbst wieder durch kulturelle<br />
Leistungen des Menschen<br />
Kosmos meinen, immer weiter nach hinten, während durch<br />
erfasst wird.<br />
Atomuhren extrem kurze Zeitspannen exakt erfassbar werden. Wenn<br />
jedoch Natur nur durch die Brille der <strong>Kultur</strong> wahrgenommen werden<br />
kann, scheint es letztlich so, dass »alles <strong>Kultur</strong> sei«. Damit wird die Vorstellung, dass <strong>Kultur</strong> stets<br />
Auseinandersetzung mit dem Anderen, dem Neuen und Fremden ist, zunehmends unplausibel, denn<br />
[18]<br />
wenn alles <strong>Kultur</strong> ist, dann ist unklar, was überhaupt mit dem Begriff gesagt werden soll.<br />
Wenn <strong>Kultur</strong> trotzdem weiterhin als die Bewältigung des Anderen, der Natur, begriffen werden soll,<br />
so darf die Natur nicht als räumlich dem Menschen gegenüberstehend gedacht werden, sondern das<br />
Andere ist der <strong>Kultur</strong> selbst eingeschrieben. Das Andere besteht nicht einfach neben oder außerhalb<br />
[19]<br />
der <strong>Kultur</strong>, sondern haftet ihr an wie eine Kehrseite. „Natur“ wäre dann ein Grenzbegriff, der<br />
aussagt, dass es »etwas« gibt, das vom Menschen beschrieben und bearbeitet wird, was aber zugleich<br />
meint, dass dieses »etwas« niemals unmittelbar zugängig wird. Damit gibt es keine „Natur an sich“,
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sondern nur Beschreibungen von Natur. Auch die exakte mathematische Physik ist damit nur eine<br />
[20]<br />
mögliche Formen der Naturdarstellung.<br />
Normative Verwendung des Begriffs<br />
Verschiedene Fragen werden aufgeworfen, wenn der Begriff „<strong>Kultur</strong>“ nicht nur deskriptiv<br />
(beschreibend) verwendet wird, sondern auch normativ (vorschreibend) verwendet wird. In diesem<br />
Sinne meint „<strong>Kultur</strong>“ nicht nur das, was tatsächlich vorgefunden wird, sondern auch das, was sein<br />
soll, beispielsweise Gewaltfreiheit.<br />
Eine normative Verwendung des <strong>Kultur</strong>begriff ist in der Alltagssprache nicht unüblich, wie man<br />
beispielsweise daran hört, dass von einer „<strong>Kultur</strong> der Gewalt“ wenn überhaupt nur abwertend die<br />
Rede ist – eine solche <strong>Kultur</strong> wäre eine „Unkultur“. Häufig sind also moralische Maßstäbe mit dem<br />
<strong>Kultur</strong>begriff verbunden. Dabei ergibt sich jedoch die Schwierigkeit, zu bestimmen, was sich etwa<br />
unter „Gewalt“ verstehen lässt und wann sie vermeidbar ist. Nicht nur haben verschiedene <strong>Kultur</strong>en<br />
unterschiedliche Auffassungen darüber, wann eine Handlung gewaltsam ist, sondern auch darüber<br />
[21]<br />
was durch die Gewalt überhaupt verletzt wird.<br />
<strong>Kultur</strong>leistungen bei Tieren<br />
Inwieweit auch bei Tieren von „<strong>Kultur</strong>“ gesprochen werden kann, ist umstritten. Denn ob die<br />
Weitervermittlung von Werkzeuggebrauch bereits ein hinreichendes Merkmal ist, wird<br />
[22]<br />
unterschiedlich beantwortet.<br />
Entstehen von <strong>Kultur</strong><br />
Biologische Voraussetzungen<br />
• Der gegenüberliegende Daumen der Hand und der daraus resultierende Pinzettengriff<br />
ermöglicht den feinmotorischen Werkzeuggebrauch. (Ein Schimpanse kann keine Schnürsenkel<br />
binden, aus anatomischen Gründen.)<br />
• Hierzu ist der aufrechte Gang Voraussetzung, denn erst er setzt die Hand für ihren Gebrauch<br />
frei. Zudem ist ein großer Kopf nicht mehr so hinderlich beim aufrechten Gang, sitzt auf den<br />
Schultern und hängt nicht am Hals.<br />
• Die Vergrößerung des Gehirns ermöglicht es, große Informationsmengen aufzunehmen und zu<br />
verarbeiten und in die Zukunft zu planen.<br />
• Ein veränderter Kehlkopf und die Ausprägung spezieller Stimmbänder für sprachliche<br />
Lauterzeugung führen zu einer schnelleren und effektive Kommunikation. Dies ermöglicht die<br />
Weitergabe von theoretischem Wissen, ohne dass es praktisch vorgeführt werden müsste.<br />
• Das Selbstbewusstsein der psychischen Akte eröffnet vor allem dem Menschen die<br />
Veränderbarkeit seiner selbst und der Welt: Die Dinge sind nicht unveränderlich gegeben,<br />
sondern es bildet sich ein Verständnis des Möglichen. Durch die symbolische Repräsentation<br />
lassen sich Möglichkeiten zunächst durchspielen, Dinge kombinieren, Lösungen für Probleme<br />
finden. Der Mensch steht in einem offenen Verhältnis zu seiner Umwelt, die ihn und seine<br />
Handlungen nicht linear determiniert (vorausbestimmt), sondern er kann frei auf sie reagieren.<br />
<strong>Kultur</strong> als Bewältigung<br />
Die Frage nach den Urbedürfnissen<br />
Der Mensch sieht sich gegenüber der natürlichen Umwelt vielen Herausforderungen und Gefahren<br />
gegenübergestellt und ist wie jedes Lebewesen darauf angewiesen, seine biologisch-physiologischen
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Bedürfnisse aus seiner natürlichen Umwelt heraus zu befriedigen. <strong>Kultur</strong> kann als Reaktion auf diese<br />
wechselnden Herausforderungen aufgefasst werden. Allerdings stößt ein solches <strong>Kultur</strong>verständnis<br />
recht schnell an seine Grenzen. So versuchte beispielsweise Bronisław Malinowski, im historischen<br />
Rückblick die an den Menschen gestellten Herausforderungen als „Grundbedürfnisse“ des Menschen<br />
freizulegen. Anhand von historischen Vergleichen versuchte er eine endliche Zahl solcher<br />
Grundbedürfnisse freizulegen, aus welchen sich dann alles menschliche Tun erklären ließe. Auch<br />
funktionalistisch-evolutionistische <strong>Kultur</strong>theorien etwa sehen in den verschiedenen <strong>Kultur</strong>techniken<br />
allein Mittel, die dem Zweck des Überlebens dienen. <strong>Kultur</strong> wäre dann die Befriedigung der immer<br />
gleichen menschlichen Bedürfnisse.<br />
Es kann jedoch nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass <strong>Kultur</strong>erzeugnisse lediglich<br />
[23]<br />
Urbedürfnisse des Menschen befriedigen. Dies wird etwa am modernen Verkehrswesen deutlich:<br />
So ermöglichen es neue technische Verkehrsmittel nicht nur, größere Entfernungen zu überwinden,<br />
sondern es wird mit ihnen zugleich gesellschaftlich notwendig, immer größere Entfernungen<br />
zurückzulegen. Daher kann nicht ohne Weiteres davon gesprochen werden, dass etwa das Flugzeug<br />
ein Urbedürfnis nach Interkontinentalflügen befriedigt. <strong>Kultur</strong>institutionen sind daher nicht allein eine<br />
Antwort auf Anforderungen durch die Natur oder auf natürliche Bedürfnisse, sondern auch eine<br />
Reaktion auf durch sie selbst hervorgebrachte Strukturen; sie erfordern neue Institutionen<br />
(Malinowski), weshalb ihr wesentlich eine Selbstbezüglichkeit eingeschrieben ist. So bedient etwa<br />
auch die moderne <strong>Kultur</strong>industrie mit Musik, Kino und Fernsehen keine überlebenswichtigen<br />
[24][25]<br />
Bedürfnisse, sondern stellt eine Eigenwelt da, welche gewisse Bedürfnisse erst hervorbringt.<br />
Dass mit <strong>Kultur</strong>leistungen nicht nur Nöte bewältigt werden, sondern mit ihnen einer Freude am<br />
Entdecken, am Erfinden und Schaffen von Neuen einhergeht, die nicht auf einen unmittelbaren<br />
Nutzen zielt, lässt sich gut ablesen am Werk des <strong>Kultur</strong>philosophen Ernst Cassirers und dessen<br />
[26]<br />
Auseinandersetzung mit der Renaissance. Hierbei ist vor allem zu bedenken, dass gerade<br />
technische Neuerungen in der Renaissance nicht allein der besseren Bearbeitung der Natur dienten<br />
und also der Befriedigung grundlegender Bedürfnisse, sondern zu großem Teil in der Kunst zum<br />
Einsatz kamen.<br />
Formgebung und Ordnung von zufällig und unstrukturiert Gegebenen<br />
Funktionalistische Theorien, die alles Tun des Menschen auf sein Überleben hin interpretieren,<br />
übergehen den sinngebenden Charakter menschlicher <strong>Kultur</strong>tätigkeit. <strong>Kultur</strong> dient nicht nur der<br />
Befriedigung elementarer Bedürfnisse, sondern sie schafft auch Sinnstrukturen und Ordnungssystem<br />
die dem Zufällig (Kontingenten) und ungeordnet Gegebenen einen Ort in der Welt des Menschen<br />
verschaffen. D.h. der Mensch versucht im Prozess der <strong>Kultur</strong> dem Zufälligen und Ungeordnetem eine<br />
Struktur zu geben, es wiedererkennbar, symbolisch kommunizierbar oder nutzbar zu machen. Dabei<br />
ist <strong>Kultur</strong> gegenüber den Ansprüchen und Herausforderungen denen sich der Mensch gegenübersieht<br />
[27]<br />
stets im Verzug, sie ist nachträgliche Kontingenzbewältigung.<br />
Einbindung in stets schon vorhandene Sinnstrukturen und Formverhältnisse<br />
Werden außergewöhnliche Ereignisse kulturell vom einzelnen Menschen oder einer Gruppe<br />
verarbeitet, so findet dies nicht im luftleeren Raum statt. Zur Bewältigung werden tradierte Sinn- und<br />
Formverhältnisse, Denkweisen und Praktiken herangezogen, die aber ihrerseits kontingent sind, d. h.<br />
nicht notwendig für alle menschlichen <strong>Kultur</strong>en genau in dieser Form entstehen mussten. Damit kann<br />
keine allgemeine und für alle menschlichen Lebensgemeinschaften gleich verlaufende<br />
<strong>Kultur</strong>entwicklung nachgezeichnet oder vorausgesagt werden. Dies zeigt sich beispielsweise daran,<br />
dass selbst Symbolsysteme mit universalem Anspruch wie die Mathematik in unterschiedlichen<br />
<strong>Kultur</strong>en verschiedene Ausprägungen erfahren haben. (Vgl. die Geschichte der Mathematik.)
<strong>Kultur</strong> – Wikipedia<br />
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<strong>Kultur</strong> als symbolische Sinnerzeugung<br />
<strong>Kultur</strong> als symbolischer Bezug zur Welt<br />
Wenn der Mensch sich auf sich selbst oder auf seine Umwelt<br />
bezieht, so tut er dies nicht nur durch seine leiblichen Sinne, sondern<br />
vor allem mittels von Symbolen. Anders als bei Tieren, deren<br />
Verhaltensmuster und Reaktionen instinktiv vorgeschrieben oder<br />
konditioniert sind, kann sich der Mensch mit Hilfe von Symbolen,<br />
beispielsweise mit Worten, auf die Dinge in der Welt beziehen.<br />
Symbole machen die Dinge handhabbar, indem sie diese unter<br />
gewissen Gesichtspunkten darstellen. Der Mensch kann die Natur<br />
durch mathematische Symbole beschreiben oder durch dichterische<br />
Worte besingen, er kann sie malen oder tanzen, in Stein hauen oder<br />
im Text beschreiben. Einzelne Dinge erscheinen ihm unter<br />
religiösen, wissenschaftlichen, weltanschaulichen, ästhetischen,<br />
zweckrationalen oder politischen Gesichtspunkten, werden also stets<br />
in ein größeres Ganzes eingebunden, in dem ihnen eine Bedeutung<br />
zukommt. Dies macht die kulturelle Welt des Menschen aus.<br />
Symbolisierung als Formgebung<br />
Damit der Mensch sich auf<br />
sich und die Welt beziehen<br />
kann, muss er die Dinge<br />
symbolisch darstellen. Dies<br />
vollzieht sich durch<br />
Formgebung in einem<br />
stofflichem Medium und<br />
Prägnanzbildung, also die<br />
gleichzeitige Bindung an<br />
Bedeutung.<br />
Als frühste und wichtigste Arbeiten, welche die Bedeutung von<br />
Zeichen und Symbolen für menschliche Sprache und Denken<br />
herausstellen gelten das Werk von Charles S. Peirce, der eine<br />
Zeichentheorie als erweiterte Logik entwickelt und Ferdinand de<br />
Saussure, der die Semiotik als allgemeine Sprachwissenschaft etabliert. Es war dann Ernst Cassirer in<br />
den 1920er Jahren, der eine <strong>Kultur</strong>philosophie entwickelte, welche den Menschen als symbolisches<br />
Wesen begreift. Anders als Peirce und Saussure, setzt Cassirer dabei nicht bei Gedanken und<br />
Bewusstsein des Menschen an, sondern bei dessen praktischem Weltbezug. Der Mensch verhält sich<br />
also zur Welt nicht bloß theoretisch, sondern er steht in einem leiblichen Verhältnis zur ihr.<br />
<strong>Kultur</strong>tätigkeit des Menschen ist daher stets ein Gestalten, Formen und Bilden von Dingen.<br />
Die elementarste Form der Gestaltung ist dabei die Abgrenzung oder Perspektivierung. Da jede<br />
Wahrnehmung nur einen Teil der Wirklichkeit erfasst, ist damit schon jegliches Wahrnehmen<br />
gestaltend: Im Sehen beispielsweise wird der Hintergrund abgeblendet und der Fokus auf das<br />
davorliegende Objekt gerichtet. Erst durch diese Abgrenzung (Prägnanzbildung) kann das Objekt<br />
symbolisch erfasst werden als dieses oder jenes. Dabei verhält sich der Mensch nicht rein passiv,<br />
sondern erst seinen Tun und Handeln bringt die Welt der symbolischen Gestalten hervor, die seine<br />
<strong>Kultur</strong> ausmacht. Nichts in der Welt ist also an sich gegeben, die Welt ist kein Sammelsurium von<br />
einfach vorhandenen Dingen, sondern all die uns vertrauten Sachen entspringt erst der <strong>Kultur</strong>tätigkeit<br />
des Menschen, seinem Tun:<br />
„Die Grundlegenden Qualitäten des Tastsinns – Qualitäten wie ›hart‹, ›rauh‹ und ›glatt‹<br />
entstehen erst kraft der Bewegung, so daß sie, wenn wir die Tastempfindung auf einen<br />
einzelnen Augenblick beschränkt sein lassen, innerhalb dieses Augenblicks als Data gar<br />
[29]<br />
nicht aufgefunden werden können.“<br />
Gestalten vollzieht sich für Cassirer stets in Verbindung mit einem sinnlichen Gehalt. Jede<br />
Formgebung geschieht also in einem Medium: Sprache braucht den Klang, Musik den Ton, der Maler<br />
die Leinwand, der Bildhauer den Stein, der Schreiner das Holz. Diesen Kerngedanken fasst Cassirers<br />
[28]
<strong>Kultur</strong> – Wikipedia<br />
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Formulierung der symbolischen Prägnanz: In einem Medium wird eine prägnante Form<br />
herausgearbeitet, die sich dann symbolisch auf anderes Beziehen kann.<br />
„Unter ,symbolischer Prägnanz' soll also die Art verstanden werden in der ein<br />
Wahrnehmungserlebnis, als ,sinnliches' Erlebnis, zugleich einen bestimmten nichtanschaulichen<br />
,Sinn' in sich faßt und ihn zur unmittelbaren konkreten Darstellung<br />
[30]<br />
bringt.“<br />
Wenn Prägnanzbildung sich immer immanent in einem Medium vollzieht, dann kann von einer<br />
immanenten Gliederung gesprochen werden: Die Eigenschaften des Mediums bestimmen zugleich<br />
die Möglichkeiten zur Formgebung und zum Sinngehalt. Das Symbol ist also nicht gänzlich beliebig,<br />
sondern entwickelt sich in steter Beziehung zur Widerständigkeit der Welt, an welcher der Mensch<br />
sich abarbeitet: Holz kann nicht in Form gegossen werden, sondern verlangt einen bestimmten<br />
Umgang mit ihm, Worte sind nicht minutenlang, sondern sind von einer Kürze, die sie im Alltag erst<br />
gebrauchbar macht. Warnsignale sind laut und grell, Liebesgeflüster ist leise und zart, so dass es dem<br />
Ohr schmeichelt. Cassirer spricht bezüglich des Gesichtssinns davon, dass sich „im Sehen und für das<br />
Sehen“ Gestalt ausbildet, denn jedem Sehprozess geht immer schon eine Gestaltung voraus, die auch<br />
das neu erfasste bestimmt. (Siehe Absch. Raumwahrnehmung.) Die immanente Gliederung des<br />
sinnlichen Gehalts ist Voraussetzung dafür, dass die Welt nicht als formlos-unbestimmte Masse<br />
begegnet: durch Verdichtung und Herauslösung bilden sich Formen, Gestalten, Kontraste, welche<br />
durch Fixierung zu einer Identität gegenüber anderen Wahrnehmungsinhalten gelangen. Erst<br />
hierdurch „zerfließt“ die Welt nicht. Damit die Formen und Gestalten aber zu einer Dauerhaftigkeit<br />
kommen und sich „aus dem Strom des Bewusstseins bestimmte gleichbleibende Grundgestalten teils<br />
begrifflicher, teils rein anschaulicher Natur“ herausheben, braucht es eine anschließende<br />
Repräsentation. Damit tritt dann „an die Stelle des fließenden Inhalts [...] eine in sich geschlossene<br />
[31]<br />
und in sich beharrende Form.“<br />
Nicht alles, was dem Menschen begegnet, wird von ihm sogleich zur Darstellung gebracht. Damit<br />
[32]<br />
durch Prägnanz ein zwischenmenschlich handhabbares Symbol bilden kann, ist nötig:<br />
• Rekognition (Wiedererkennung): Nur was sich mehrmals wiederholt erfassen lässt, kann<br />
Symbol werden<br />
• Präsentation: Anwesenheit des Physikalisch-sinnlichen, Symbolisierung braucht stets ein<br />
stoffliches Medium<br />
• Retention: Das Erlebnis bleibt für eine gewisse Dauer im Bewusstsein und entschwindet nicht<br />
sogleich wieder<br />
• Repräsentation: Die Beziehung welche Darstellendes und Dargestelltes verbindet: Sie ist für<br />
Cassirer eine grundlegende Leistung des Bewusstseins und vollzieht sich als eine ständige<br />
Bewegung zwischen beiden.<br />
Universalität der Symbole<br />
Symbole sind universelle Bedeutungsträger. Das heißt, es kann einerseits alles irgendwie Geformte<br />
zum Symbol werden, und andererseits lassen sich Symbole beliebig von einer Bedeutung hin zu einer<br />
anderen verschieben. Während zwar auch Tiere etwa Warnschreie haben, durch die sie Artgenossen<br />
auf Gefahr aufmerksam machen, bleiben diese jedoch immer an die konkrete Situation gebunden. So<br />
führen tierische Signale stets zu der gleichen Reaktion der Artgenossen oder bleiben, wenn sie<br />
[33]<br />
außerhalb des gewöhnlichen Zusammenhangs geäußert werden, für die anderen unverständlich.<br />
Menschliche Symbole hingegen, wie etwa das Wort, sind universell einsetzbar und auf verschiedene<br />
Dinge oder Situationen übertragbar.<br />
Einbettung der Symbole in ein Sinnganzes
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Wenn sich in der Formgebung etwas herausbildet, das dann für den Menschen von Bedeutung ist,<br />
wird nicht einfach ein beliebiger Sinn zum Wahrnehmungsinhalt hinzugesetzt, sondern das<br />
Wahrgenommene wird in ein Sinnganzes eingebettet:<br />
Vielmehr ist es die Wahrnehmung selbst, die kraft ihrer eigenen immanenten Gliederung<br />
eine Art von geistiger ,Artikulation' gewinnt [...] Diese ideelle Verwobenheit, diese<br />
Bezogenheit des einzelnen, hier und jetzt gegebenen Wahrnehmungsphänomens, soll der<br />
[34]<br />
Ausdruck ,Prägnanz' bezeichnen.<br />
Gleichwohl von dieser Fähigkeit des Menschen jegliche Formgebung abhängt, gibt es historisch<br />
keinen 'absoluten Nullpunkt' der symbolischen Prägnanz, keinen Zustand der völligen Formlosigkeit,<br />
denn Ausgangspunkt ist die „physiognomische“ Weltwahrnehmung des mythischen Bewusstseins.<br />
Für das mythische Bewusstseins zeigt sich die Welt in mimetischen Ausdrucksmomenten, diese sind<br />
[36]<br />
affektiv wirksam und ragen ihrem Ursprung nach noch in die tierische Welt hinein. Sie bieten<br />
Anknüpfungspunkte für jede weitere Formgebung.<br />
Durch Symbole werden sinnliche Einzelinhalte zu Trägern einer allgemeinen geistigen Bedeutung<br />
geformt. Die Formgebung läuft somit zugleich mit der sinnlichen Wahrnehmung ab.<br />
„Unter einer ‚symbolischen Form’ soll jene Energie des Geistes verstanden werden,<br />
durch welche ein geistiger Bedeutungsgehalt an ein konkretes sinnliches Zeichen<br />
[37]<br />
geknüpft und diesem innerlich zugeeignet wird.“<br />
Mit der Formgebung geht gleichzeitig eine Sinngebung einher, erst Formen lassen Bezüge und<br />
Strukturen in der Welt erkennen. Symbolische Formen sind somit Grundformen des Verstehens, die<br />
universell und intersubjektiv gültig sind und mit denen der Mensch seine Wirklichkeit gestaltet.<br />
<strong>Kultur</strong> ist die Art und Weise, wie der Mensch durch Symbole Sinn erzeugt. Symbole entstehen also<br />
stets in Verbindung zur Sinnlichkeit, haben aber einen Sinn, der über diese hinaus verweist:<br />
Jeder noch so ,elementare' sinnliche Inhalt ist [...] niemals einfach, als isolierter und<br />
abgelöster Inhalt, ,da'; sondern er weist in eben diesem Dasein über sich hinweg; er bildet<br />
[38]<br />
eine konkrete Einheit von ,Präsenz' und ,Repräsentation'.<br />
<strong>Kultur</strong> als ein Geflecht von symbolischen Beziehungen: »<strong>Kultur</strong> als Text«<br />
Besonders anschaulich läßt sich die Einbettung einzelner Symbole in eine übergeordnetes Ganzes<br />
fassen, wenn man <strong>Kultur</strong> metaphorisch als »Text« beschreibt. So wie ein einzelnes Wort in einem<br />
Satz erst seine genaue Bedeutung erhält, erhalten dann auch Gesten, Bilder, Kleidung, usf. ihre<br />
Bedeutung erst im Gesamtzusammenhang einer <strong>Kultur</strong>. Max Weber bestimmte bereits 1904 <strong>Kultur</strong><br />
als ein Gewebe von Zeichen:<br />
„›<strong>Kultur</strong>‹ ist ein vom Standpunkt des Menschen aus mit Sinn und Bedeutung bedachter<br />
[39]<br />
endlicher Ausschnitt aus der sinnlosen Unendlichkeit des Weltgeschehens.“<br />
›<strong>Kultur</strong>‹ ist damit für Weber alles: „Eine <strong>Kultur</strong>erscheinung ist die Prostitution so gut wie die<br />
[40]<br />
Religion oder das Geld.“ In neuerer Zeit hat Clifford Geertz seinen <strong>Kultur</strong>begriff an Weber<br />
angeschlossen:<br />
„Der <strong>Kultur</strong>begriff, den ich vertrete, ist wesentlich ein semiotischer. Ich meine mit Max<br />
Weber, daß der Mensch ein Wesen ist, das in selbstgesponnenen Bedeutungsgewebe<br />
verstrickt ist, wobei ich <strong>Kultur</strong> als dieses Gewebe ansehe. Ihre Untersuchung ist daher<br />
[35]
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keine experimentelle Wissenschaft, die nach Gesetzen sucht, sondern eine<br />
[41]<br />
interpretierende, die nach Bedeutungen sucht.“<br />
Der Mensch lässt sich daher als dasjenige Wesen beschreiben, das durch Formgebung den Dingen<br />
eine Bedeutung verleiht, indem es sie in einen Gesamtzusammenhang einordnet. Die Auffassung,<br />
dass <strong>Kultur</strong> ein Zeichensystem sei, bestimmt daher die meisten modernen anthropologischen,<br />
[42]<br />
soziologischen, literaturwissenschaftlichen und philosophischen <strong>Kultur</strong>theorien. In diesem<br />
[43]<br />
Zusammenhang hat sich der stehende Begriff von »<strong>Kultur</strong> als Text« etabliert. Während allerdings<br />
Cassirer seinen <strong>Kultur</strong>begriff an das praktische Tätigsein des Menschen und dessen Umgang mit der<br />
Welt knüpft, birgt hingegen die pointierte Metapher von »<strong>Kultur</strong> als Text« die Gefahr einer<br />
Verengung des <strong>Kultur</strong>begriffs und führt dazu daß kulturelle Phänomene nur noch von ihrer<br />
[44]<br />
sprachlichen Seite her in den Blick genommen werden.<br />
Tradition und kulturelles Gedächtnis<br />
Menschliche Gesellschaften sind für ihr Überleben und ihre Bedürfnisbefriedigung auf ihre<br />
kulturellen Fähigkeiten angewiesen. Damit diese auch folgenden Generationen zur Verfügung stehen,<br />
muss eine Generation ihre Praktiken, Normen, Werke, Sprache, Institutionen an die nächste<br />
Generation überliefern. Diese Traditionsbildung ist als anthopologisches Grundgesetz in allen<br />
menschlichen Gesellschaften anzutreffen.<br />
Anthropologische Voraussetzungen der Traditionsbildung<br />
Den Anreicherungsprozeß von Wissen durch Traditionsbildung hat in neuerer Zeit Michael<br />
Tomasello aus anthropologischer Sicht als „Wagenheber-Effekt“ beschrieben: Mit jeder Generation<br />
[45]<br />
kommen etwas Wissen und kulturelle Fähigkeiten hinzu. In der Traditionsbildung zeigt sich für<br />
Tomasello ein Hauptunterscheidungsmerkmal des Menschen gegenüber dem Tier, das keine<br />
Wissensweitergabe durch Nachmachen kennt. Zwar können beispielsweise Affen ihre Artgenossen<br />
nachahmen, aber sie sind nicht dazu in der Lage diese als intentionale Wesen zu erkennen, d.h. als<br />
Wesen die bei ihrem Tun einen bestimmten Zweck im Sinn haben. Es gelingt ihnen daher nicht den<br />
Sinn hinter einer Handlung nachzuvollziehen und diese in der zum Gelingen notwendigen Weise<br />
selbst auszuführen. Statt dessen bilden sie nur spiegelbildlich die Bewegungen ihrer Artgenossen ab<br />
und kommen somit nur zu zufälligen Erfolgen.<br />
Sprache als Medium des kulturellen Gedächtnisses<br />
Damit die Überlieferung der kulturellen Gehalte gelingt, bedarf es einer regelmäßigen Wiederholung<br />
dessen, was überliefert werden soll, beispielsweise eines bestimmten Rituals zu einer bestimmten<br />
Jahreszeit. Eine wesentliche Form der Wiederholung ist nicht nur die tatsächliche Ausübung dessen,<br />
was tradiert wird, sondern auch die Fixierung in der Sprache, also die Einbettung in ein<br />
Symbolsystem. Sprache ist daher ein vorrangiges Medium der Überlieferung, welches auch jede<br />
nichtsprachliche Weitergabe von Wissen begleitet.<br />
Folgen der Schriftkultur<br />
Ist das einzige Medium in welches sich<br />
das kulturelle Gedächtnis einschreibt die<br />
mündliche Sprache, dann ist die Überlieferung stets von einer Verfälschung bedroht. Denn werden<br />
Sagen, Mythen und Abstammungslinien lediglich mündlich weiter gegeben (orale Tradition), so<br />
können sich die erzählten Geschichten mit der Zeit unmerklich verändern, oder bewusst verändert<br />
werden. So rechtfertigen in den meisten frühen <strong>Kultur</strong>en die Erzählungen über Abstammungslinien<br />
und Herrschergeschlecht die aktuellen sozialen Verhältnisse. Nun kann es aber vorkommen, dass
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beispielsweise durch den plötzlichen<br />
Tod des Herrschers eine andere Familie<br />
diesen Platz besetzt. In der Absicht diese<br />
neuen Verhältnisse zu rechtfertigen,<br />
können <strong>Kultur</strong>en, die allein auf eine<br />
mündliche Überlieferung angewiesen<br />
sind, die die Herrschaft rechtfertigenden<br />
Erzählungen den neuen Verhältnissen<br />
anpassen. Dies führt dann zu einer<br />
Stabilisierung der neuen Ordnung.<br />
Dieser Vorgang kann als<br />
„homöostatische Organisation der<br />
kulturellen Tradition“ bezeichnet<br />
[46]<br />
werden. Erst mit der Schrift steht einer <strong>Kultur</strong> ein Medium zur Verfügung, welches die<br />
Nachprüfbarkeit der überlieferten Inhalte ermöglicht. So ist beispielsweise in Streitfällen nachlesbar,<br />
welcher Familie die Abstammung vom Göttergeschlecht zugesprochen wird. Damit bringt die Schrift<br />
den größten Einschnitt innerhalb der kulturellen Entwicklung des Menschen, sie stellt eine Revolution<br />
dar, die auch von folgenden Aufschreibesystemen wie Grammophon, Film und Computer nicht mehr<br />
übertroffen wird.<br />
Übergreifende Momente kulturellen Lebens<br />
Tradition<br />
Identität und Tradition<br />
Die Identitätsbildung einer Gruppe ist stark mit der in ihr lebendigen Tradition verknüpft. So<br />
beanspruchen etwa die drei großen Traditionslinien der monotheistischen Religionen Judentum,<br />
Christentum und Islam auch die Identität der ihnen angehörenden Mitglieder zu bestimmen. Daher<br />
kann „Tradition […] definiert werden als eine auf Dauer gestellte kulturelle Konstruktion von<br />
[47]<br />
Identität.“<br />
Verhältnis zu anderen Traditionen<br />
Oft geht mit der eigenen Tradition ein Anspruch auf Wahrheit einher, weshalb andere Traditionen als<br />
unverständlich und seltsam empfunden werden. Während die eigene Tradition keiner Begründung<br />
bedarf, gilt die andere als nicht begründungsfähig. Bei einem solchen Zusammentreffen kann es<br />
entweder zur Abschottung gegen das Fremde kommen, zur Übernahme einzelner fremder Elemente<br />
(Synkretismus) oder aber auch zu ersten Ansätzen einer Traditionskritik, welche die eigenen Riten,<br />
Sitten, Gebräuch und Normen in Frage stellt. Eine einschneidendere Situation tritt ein, wenn im<br />
Dialog mit der anderen Tradition nach einer gemeinsamen Geltungsgrundlage gesucht wird. Da jede<br />
Tradition für sich das Alter ihrer Herkunft geltend macht, kann dies nicht als Maßstab dienen. Damit<br />
wird aber das erste mal Tradition an sich zum Thema und Gegenstand der bewussten<br />
Auseinandersetzung. Damit kann Tradition in Zweifel gezogen werden, weil sie nur Tradition ist.<br />
Traditionskritik<br />
Erst die schriftliche Fixierung von Ereignissen ermöglicht es,<br />
diese auch nach einigen Generationen noch mit der<br />
mündlichen Überlieferung abzugleichen.<br />
Die im Abendland historisch frühste Traditionskritik vollzieht sich in den Anfängen der griechischen<br />
Philosophie, wenn nämlich in den Platonischen Dialogen es den Verfechtern der Tradition nicht<br />
gelingt, ihre eigene Position philosophisch zu begründen. Auch in der Zeit vom 16. bis zum 18.<br />
Jahrhundert übernimmt die Philosophie die führende Rolle in der Traditionskritik, vor allem im
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Zeitalter der Aufklärung. Die Aufklärer kritisieren das mit Fehlern behaftete<br />
Überlieferungsgeschehen der heiligen Schriften und setzen ihm die ewig gültigen Gesetze der<br />
Vernunft entgegen. Im Naturrecht wird nach natürlichen Gesetzen gesucht, auf deren Grundlage das<br />
traditionelle Recht kritisiert werden kann. Mit der Französischen Revolution wird erstmals erkannt,<br />
dass Gesellschaften von Grund auf veränderbar, revolutionierbar, sind. In der Kunst tobt der Streit der<br />
Alten und der Neuen (frz. querelle des anciens et des modernes) welchem das Gegensatzpaar von<br />
Tradition und Moderne entspringt. Dieser Gegensatz machte allerdings auch dafür Blind, dass auch<br />
die moderne Gesellschaft eine Tradition der Zweckrationalität und Wertrationalität hat, ihre<br />
Festschreibung auf Wandel statt wie in traditionellen Gesellschaften auf Stabilität.<br />
Traditionstheorien<br />
Neben Ansätzen bei Giambattista Vico liefert eine erste<br />
Traditionstheorie Gottfried Herder 1784 in seinen „Ideen zur<br />
Philosophie der Geschichte der Menschheit“:<br />
Hier also liegt das Principium zur Geschichte der Menschheit,<br />
ohne welches es keine solche Geschichte gäbe. Empfinge der<br />
Mensch alles aus sich und entwickelte es abgetrennt von<br />
äußern Gegenständen, so wäre zwar eine Geschichte des<br />
Menschen, aber nicht der Menschen, nicht ihres ganzen<br />
Geschlechts möglich. Da nun aber unser spezifische Charakter<br />
eben darin liegt, daß wir, beinah ohne Instinkt geboren, nur<br />
durch eine lebenslange Übung zur Menschheit gebildet<br />
werden, und sowohl die Perfektibilität als die Korruptibilität<br />
unsres Geschlechts hierauf beruhet, so wird eben damit auch<br />
die Geschichte der Menschheit notwendig ein Ganzes, d. i.<br />
eine Kette der Geselligkeit und bildenden Tradition vom<br />
[48]<br />
ersten bis zum letzten Gliede.<br />
Herder sieht als einer der<br />
ersten das Principium der<br />
Tradition.<br />
Durch Tradition und <strong>Kultur</strong> vollzieht sich also eine Überformung des Menschen, die Herder eine<br />
„zweite Genesis des Menschen“ nennt und mit Lessing eine „Erziehung des Menschengeschlechts“.<br />
Indem Herder die Kette der Tradition zurückreichen lässt bis zu ihren Anfängen wertet diese zugleich<br />
auf:<br />
Wollen wir diese zweite Genesis des Menschen, die sein ganzes Leben durchgeht, von<br />
der Bearbeitung des Ackers <strong>Kultur</strong> oder vom Bilde des Lichts Aufklärung nennen, so<br />
stehet uns der Name frei; die Kette der <strong>Kultur</strong> und Aufklärung reicht aber sodann bis ans<br />
Ende der Erde. Auch der Kalifornier und Feuerländer lernte Bogen und Pfeile machen<br />
und sie gebrauchen; er hat Sprache und Begriffe, Übungen und Künste, die er lernte, wie<br />
wir sie lernen; sofern ward er also wirklich kultiviert und aufgekläret, wiewohl im<br />
niedrigsten Grade. Der Unterschied zwischen aufgeklärten und unaufgeklärten, zwischen<br />
kultivierten und unkultivierten Völkern ist also nicht spezifisch, sondern nur gradweise.<br />
[49]<br />
Für Herder ist der Traditionsbegriff also nicht auf die treue Wahrung einer Ursprungsweisheit<br />
angelegt, sondern auf die allmähliche Anreicherung wertvollen Wissens, dass über die gesamte<br />
Geschichte der Menschheit nach und nach das Unmenschliche ausscheidet. Dass allerdings<br />
Traditionsbildung auch auf irrationalen Ängsten und gewaltsamen Zwängen beruhen kann, darauf hat<br />
Sigmund Freud in seiner Studie „Der Mann Moses und die monotheistische Religion“ hingewiesen.<br />
Freuds inhaltliche Rekonstruktion des Überlieferungsgeschehens durch unbewusste Zwänge und<br />
archaische Ängste stieß zwar auf breite Ablehnung, trotz allem kommt ihm das Verdienst die Gründe
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für Tradition und Überlieferung nicht nur unter dem optimistischen Gesichtspunkt einer<br />
fortschreitenden Verbesserung zu sehen und so den Blick auf pathologische Momente der Tradierung<br />
zu öffnen.<br />
Als die institutionalisierten Geistes- und Geschichtswissenschaften im 20. Jahrhundert den Anschein<br />
aufkamen ließen, man könnte sich der Vergangenheit gänzlich objektiv und theoriefrei nähern, hat<br />
Hans-Georg Gadamer darauf hingewiesen, wie prägend auch für uns Heutige noch der Bezug zur<br />
Tradition ist: Inhalte der Überlieferung können durch wissenschaftliche Methoden niemals restlos<br />
verobjektiviert und zum bloßen Gegenstand einer der Tradition enthobenen Erkenntnis werden.<br />
Gadamer prägt dafür den Begriff des wirkungsgeschichtlichen Bewußtseins, dass über die Tradition<br />
[50]<br />
reflektiert und sich zugleich seiner Bestimmtheit durch die Tradition bewusst ist.<br />
Sprache<br />
Ein wesentliches Ordnungssystem, durch welches sich Bewältigungs- und Kommunikationsprozesse<br />
vollziehen, ist die Sprache. Sprache ist ein symbolisches Medium, das kein einzelner Mensch aus sich<br />
heraus selbst erfindet, sondern welches ihm überliefert wird. Der Mensch kann sich daher immer nur<br />
zur Sprache als einem immer schon Gegebenen verhalten. Als ein Zeichensystem schafft Sprache<br />
einen Raum der Öffentlichkeit, aus dem der Mensch beim Sprechen schöpft und in den hinein er stets<br />
zurückspricht. Sprache darf, wenn ihre kulturelle Bedeutung verstanden werden soll, nicht nur als<br />
Mittel der Kommunikation angesehen werden, sondern sie strukturiert grundsätzlich das menschliche<br />
Verstehen der Welt.<br />
Wenn die Bedeutung der Sprache für den Menschen als kulturelles Wesen verstanden werden soll,<br />
dann kann es nicht darum gehen, einzelne konkrete Sprachen auf ihre Eigenart hin zu untersuchen,<br />
sondern es muss verstanden werden was überhaupt Sprache als Sprache ausmacht. Dabei konnten<br />
sich biologistische Sprachtheorien nicht durchsetzen, wie etwa in der Antike die von Demokrit (460-<br />
371 v.Chr.) vertretene Auffassung, dass Sprache aus Lauten rein emotionalen Charakter hervorginge,<br />
oder die an Charles Darwin (1809–1882) anschließende Sprachforschung, welche Sprache auf<br />
evolutionstheoretische Notwendigkeiten zurückführen möchte. Auch die ausgefeiltere von Otto<br />
Jespersen (1860-1943) vorgeschlagene Holistische Sprachgenesetheorie ist für die<br />
[51]<br />
kulturwissenschaftliche Sprachauffassung bedeutungslos geblieben. Diesen Sprachtheorien ist<br />
gemeinsam, dass sie Sprache lediglich im Hinblick auf ihren affektiven und emotionalen Zug<br />
betrachtet. Damit wird aber der propositionale Gehalt von einfachen Aussagen wie »Der Himmel ist<br />
blau« übergangen, denn diese Aussage fordert weder zu einer unmittelbaren Handlung auf, noch hat<br />
sie einen emotionalen Gegenstand, sondern sie weist symbolisch auf etwas hin, das womöglich im<br />
Gesamtzusammenhang einer <strong>Kultur</strong> von Bedeutung ist.<br />
Sprache als Zeichensystem<br />
Es war der Sprachwissenschaftler Ferdinand de Saussure, der eine<br />
Zeichentheorie der Sprache entwickelte, die Semiotik, von<br />
griechisch semeion für Zeichen, und der vorschlug, diese für das<br />
allgemeine Studium der <strong>Kultur</strong> zu verwenden. Nach Saussure sind<br />
sprachliche Zeichen durch zwei Eigenschaften ausgezeichnet:<br />
• sie sind beliebig, d.h. das, worauf das Zeichen zeigt, ist nur<br />
durch Verabredung und Konvention festgelegt<br />
• Zeichen sind linear, d.h. das bezeichnende Wort läuft in der<br />
Zeit ab und kann daher nicht auf einmal ausgesagt werden.<br />
Bei der Untersuchung vorhandener Sprachen unterscheidet Saussure
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zwischen der synchronischen (zeitgleichen) und diachronischen (in<br />
der Zeit sich verändernden) Betrachtungsweise. Für Saussure ist die Ferdinand de Saussure<br />
erste Form die wichtigere. Das heißt, er arbeitete nicht<br />
sprachhistorisch, sondern versuchte anhand einer gegebenen Sprache deren innere Struktur<br />
freizulegen, weshalb man Saussure auch als Gründer des Strukturalismus bezeichnet. Saussure<br />
kommt zu dem Urteil, dass Sprache nicht dadurch funktioniert, dass ein Laut oder eine damit<br />
bezeichnete Vorstellung an sich gegeben ist. Vielmehr bilden sich einzelne verständliche Laute<br />
[52]<br />
(Phoneme) nur in Abgrenzung zu anderen aus: „In der Sprache gibt es nur Verschiedenheiten.“<br />
Dass phonetische Laute nicht einfach gegeben sind, zeigt sich beispielsweise daran, dass Japaner und<br />
Chinesen den Unterschied zwischen »L« und »R« nicht hören, da sich diese Differenz kulturell nicht<br />
ausgeprägt hat. Es wird also nicht ein Wort wie ein Anker an einen Gegenstand gekettet, den es von<br />
nun ab bezeichnet, sondern aus dem durch Verschiedenheiten aufgebauten Geflecht der Laute können<br />
mehrere Laute zu einem neuen und von den anderen unterscheidbaren Gebilde zusammengesetzt<br />
werden. Diese Wort kann dann innerhalb der Menge der Vorstellungen, die sich ebenfalls durch<br />
Abgrenzung zueinander ausbilden, eine solche Vorstellung bezeichnen.<br />
Indem Saussure vorschlägt, dieses Modell der Sprache auf alles kulturell Hervorgebrachte<br />
anzuwenden, öffnet er den Blick dafür, <strong>Kultur</strong> als einen Zusammenhang von Zeichen und Symbolen<br />
aufzufassen:<br />
„Man kann also sagen, dass völlig beliebige Zeichen besser als andere das Ideal des<br />
semeologischen Verfahrens verwirklichen; deshalb ist auch die Sprache, das<br />
reichhaltigste und verbreitetste Ausdruckssystem, zugleich das charakteristischste von<br />
allen; in diesem Sinne kann die Sprachwissenschaft Musterbeispiel und Hauptvertreter<br />
der ganzen Semeologie werden, obwohl die Sprache nur ein System unter anderen ist.“<br />
[53]<br />
Mit der ikonischen Wende (von gr. Ikon, Zeichen; engl. iconic turn) wird seither <strong>Kultur</strong> hauptsächlich<br />
unter dem Aspekt der Zeichentheorie aufgefasst, wobei nun nicht mehr nur abstrakte Zeichen,<br />
sondern auch an Anschauungen angelehnte Bilder als Zeichen aufgefasst werden. Dies hebt die<br />
scharfe Grenze zwischen Text und Bild auf und <strong>Kultur</strong> zeigt sich als Zeichenuniversum von<br />
Verweisungen und Bezügen, das die Lebenswelt des Menschen ausmacht. Juri Michailowitsch<br />
[54]<br />
Lotman spricht daher auch von der „Semiosphäre“ in Analogie zur Biosphäre. Wenn in modernen<br />
<strong>Kultur</strong>theorien von „Text“ oder „Diskurs“ die Rede ist, beschränken sich diese beiden Begriffe auch<br />
nicht mehr auf die schriftliche Aufzeichnung, sondern werden für Symbolismen jeder Art verwendet<br />
[55]<br />
: Körper, Dinge, Kleidung, Lebensstil, Gesten, all dies sind Teile des Zeichenuniversums <strong>Kultur</strong>.<br />
Im Anschluss an Saussure hat Jacques Derrida mit seinem Begriff der Différance eine<br />
literaturwissenschaftliche Methode geprägt, die einen Text nicht durch eindeutige Aussagen geprägt<br />
auffasst, sondern als ein Geflecht, in dem sich erst durch Differenzen Bedeutungen ausbilden. Die<br />
Dekonstruktion versucht den Nebenbedeutungen nachzugehen und die an den »Rändern« eines<br />
Textes abgeblendeten und so unthematisch bleibenden Bezüge wieder ins Bewusstsein zu rufen. Für<br />
[56]<br />
Derrida stellt die <strong>Kultur</strong> somit einen Text dar, in dem es zu lesen gilt.<br />
Nichtpropositionale Sprachlichkeit<br />
Martin Heidegger hat darauf hingewiesen, dass sprachliche Äußerungen nicht schlichtweg als<br />
propositionale Aussagen im Sinne von »A ist B« verstanden werden können. Die Struktur der<br />
Sprache ist stets so vielfältig verästelt, dass sich einzelne Begriffe niemals klar umgrenzen lassen,<br />
sondern erst durch ihre Nebenbedeutungen und Beiklänge ein Verstehen erst möglich machen. In<br />
einer Aussage der Form »A ist B« wird beispielsweise A als B aufgefasst. Heidegger bezeichnet diese<br />
Verkettung von A und B durch das »Als« mit dem Titel „apophantisches Als“. Es ist diese Form,
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nach der in der philosophischen Tradition die meisten sprachlichen Aussagen aufgefasst wurden.<br />
Dementgegen weist Heidegger darauf hin, dass die Bedeutung von A und B nicht bloß an deren<br />
Rändern abreißt, sondern immer nur in einem größeren Gesamtzusammenhang zu verstehen ist. Auch<br />
eine Aussage des Schemas »A ist B« kann nur vor einem größerem Verständnishorizont verstanden<br />
[57]<br />
und eingeordnet werden. Eine Form der Sprachlichkeit, die sich nicht in Aussagen des<br />
Schemas »A ist B« ergeht, sondern die den ganzen Reichtum einer kulturgeschichtlich gewachsenen<br />
Sprache hervortreten lässt, stellt für Heidegger die Dichtung dar. In der Dichtung treten einzelne<br />
Bedeutungsmomente besonders hervor, andere werden hingegen bewusst abgeschattet. Damit verengt<br />
die Dichtung sich nicht zu eindeutigen Feststellungen, sondern lässt Raum für das Ungesagt,<br />
Unbewusste und Unthematische unseres kulturell geprägten Welt- und Selbstbezugs, das so durch sie<br />
erst zur Sprache kommt.<br />
Auch wies Heidegger Sprachtheorien zurück, welche die Sprache lediglich als ein Mittel zur<br />
Kommunikation auffassen, so dass mit ihr Aussagen wie »A ist B« mitgeteilt werden können. Diese<br />
funktionalistisch geprägte Auffassung sieht Sprache lediglich als Hilfsmittel zur gemeinsamen<br />
Bewältigung von praktischen Bedürfnissen. Für Heidegger gingen solche Sprachtheorien zurück auf<br />
die mit der Neuzeit einsetzende ökonomisch-technische Verwertbarmachung der Welt. Sprache wird<br />
dann als Werkzeug zur Kommunikation aufgefasst, dass sich durch logische Strukturierung<br />
[58]<br />
verbessern ließe , wie dies Frege, Russell und Carnap im Projekt der Einheitssprache anstrebten.<br />
Gegen einen so verengten Sprachbegriff machte Heidegger die Dichtung stark und weist darauf hin,<br />
dass im dichterischen Besingen der Welt keine praktische Haltung vorherrscht. (Vgl. z.B. Hölderlins<br />
Hymne „Der Ister“). Zum anderen sah es Heidegger als verfehlt an, davon auszugehen, dass Sprache<br />
innerhalb einer Welt eine einzelne Aussage mitteilt. Vielmehr ist die Sprache die Welt, in welcher der<br />
Mensch lebt, da alles Wissen, Denken und Begreifen sich in sprachlichen Strukturen vollzieht.<br />
[59]<br />
Heidegger prägter hierfür den Ausdruck, die Sprache sei „das Haus des Seins“.<br />
Handlung<br />
Ausbildung von Institutionen<br />
<strong>Kultur</strong> besteht nicht nur aus sprachlich festgeschriebenen<br />
Strukturen des Verstehens und der Objektivität, sondern<br />
auch aus geschichtlich handelnden und leidenden Menschen.<br />
Nicht alles Tun des Menschen ist aber schon kulturelle<br />
Praxis. Damit diese entsteht bedarf es einer Gruppen von<br />
Menschen, die gemeinsam und regelmäßig für sie<br />
bedeutsame Handlungen ausführt. Verfestigen sich das Tun<br />
auf diese Art zu Ereignissen, die regelmäßig wiederholt<br />
werden oder Orten an denen die Praxen gemeinsam<br />
durchgeführt werden, spricht man auch von Institutionen.<br />
Institutionen sind Orte des menschlichen Handelns<br />
beispielsweise in Form von Arbeit, Herrschaft, Recht,<br />
Technik, Religion, Wissenschaft und Kunst. In Institutionen<br />
vollzieht sich die Differenzierung dieser Praxen, zugleich entwickeln sie unabhängig von anderen<br />
Institutionen ihre eigenen Werte.<br />
<strong>Kultur</strong> als Praxis und <strong>Kultur</strong> als Bedeutungszusammenhang<br />
Pilger in Mekka: Erst durch<br />
gemeinsames und regelmäßiges<br />
Handeln wird das Tun des Menschen<br />
zur kulturellen Praxis.<br />
Wird <strong>Kultur</strong> unter dem Gesichtspunkt der praktischen Handlungen und des <strong>Kultur</strong>geschehens<br />
betrachtet, so stellt dies auch ein gewisses Gegengewicht dar zu Auffassungen, welche <strong>Kultur</strong> in<br />
erster Linie (oder ausschließlich; <strong>Kultur</strong>alismus) als Sinnsystem von symbolischen Codes verstehen<br />
[60]<br />
und in ihr einen lesbaren Text sehen. So ist <strong>Kultur</strong> nicht nur ein Gewebe von Bedeutungen,
<strong>Kultur</strong> – Wikipedia<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Kultur</strong><br />
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sondern diese bedürfen einer Ausübung um sich zu erhalten und fortzusetzen. Dabei können jedoch<br />
auch gerade durch die Ausübung neue Sinnzusammenhänge entstehen oder alte sich abschleifen, als<br />
unpassend oder unbedeutend empfunden werden. Im Zurückgreifen auf kulturelle Symbole, Sinn- und<br />
Handlungszusammenhänge, die in der Ausübung jedoch nie gänzlich verwirklicht werden können,<br />
ergibt sich ein Wechselspiel das die <strong>Kultur</strong> in lebendiger Bewegtheit hält: Auch aus dem Zufälligen<br />
und Ungewollten entsteht Neues.<br />
Geltung<br />
Dinge, die für das Denken und Handeln des Menschen in irgendeiner Form den Anspruch auf eine<br />
Bedeutung erheben, kommt eine gewisse Geltung zu. Im zwischenmenschlichen Umgang können<br />
solche Ansprüche und Herausforderungen an den Einzelnen oder an Gruppen angenommen oder<br />
abgelehnt werden. Ansichten, Gesetze, Bedeutungen können daher umstritten sein. Die Frage, welche<br />
sich diesem Sachverhalt widmet ist die der Geltung von<br />
• symbolischen,<br />
• praktischen,<br />
• kognitiven,<br />
• narrativen und<br />
• ästhetischen<br />
Geltungsansprüchen.<br />
Identität<br />
Menschen begegnen sich meist als Individuen anhand ihrer Geschlechtlichkeit, Leiblichkeit,<br />
psychischen Triebstrukturen und biographischer Einzigartigkeit. Diese Merkmale können für den<br />
Einzelnen oder für die Gruppe Identitätsbildend wirken und werfen im Falle von Gruppen die Fragen<br />
von Zugehörigkeit und Mitgliedschaft auf. Damit geben soziale Gruppen im kulturellen Leben dem<br />
Menschen eine Antwort auf die Frage, wer er im Vergleich zu den übrigen ist, sie bestimmen seine<br />
Identität. Durch Gruppenbildung und der Form des Handelns in ihr bilden sich Gemeinschaften oder<br />
Gesellschaften, die sich gegen andere Gruppen abschließen, Mitglieder aufnehmen oder ausschließen.<br />
Diese Vorgänge bestimmen unabhängig von den konkreten Inhalten die Identität der Gruppe und des<br />
Einzelnen.<br />
Zeit<br />
Menschliche <strong>Kultur</strong> erhält sich dadurch, dass sie weitergegeben wird. Dieses Moment der Tradition<br />
steht in engem Zusammenhang mit der geschichtlichen Entwicklung von <strong>Kultur</strong>en. Geschichte kann<br />
einerseits rückblickend anhand verschiedener Kriterien in Epochen unterteilt werden, andererseits ist<br />
jeder <strong>Kultur</strong> ein historisch gewachsener Zeitgeist innewohnend.<br />
Raum<br />
Raumwahrnehmung<br />
Räume werden nicht einfach wie der<br />
mathematische euklidische Raum als<br />
dreidimensionale Strukturen wahrgenommen und erst anschließend und unter Umständen mit<br />
Bedeutung versehen oder Interpretationen unterworfen: Es macht stets einen Unterschied, ob man<br />
fünf Meter gerade aus schaut, oder fünf Meter unter sich. Der Blick fünf Meter nach unten mag<br />
wiederum dem norddeutschen Küstenbewohner unbehaglicher sein, als dem Alpenbewohner. Die
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Raumwahrnehmung ist also niemals eine<br />
neutral-mathematische, sondern unterliegt<br />
kulturellen Prägungen.<br />
Orientierung<br />
So werden in erster Linie Verhältnisse im<br />
Raum entdeckt welche eine physische<br />
Orientierung in ihm ermöglichen: Wege,<br />
Hindernisse, Sitzmöglichkeiten und Gefahren.<br />
Die Orientierung im städtischen Raum<br />
erfordert es das Geflecht von Straßen,<br />
Kreuzungen und Ampeln zu verstehen und<br />
anhand von Häusern bekannter Größe die<br />
Entfernungen richtig einschätzen zu können,<br />
während indigene Völker sich im Urwald ganz ohne Straßen und Wege zurechtfinden sondern<br />
Bäume, Flussläufe und ähnliches nutzen. Beides mal strukturieren kulturell erlernte Fähigkeiten und<br />
Sehgewohnheiten die Raumwahrnehmung. Auch das Haus ist ein Raum, der durch eine sinnhafte<br />
Struktur bestimmt ist, wie Heidegger es beschreibt: Gebrauchsgegenstände haben ihren »Platz«, sie<br />
gehören in eine »Gegend« anderer zu ähnlich nützlichen Gegenstände. Die Dinge sind nicht im<br />
dreidimensionalen Raum einfach »oben« oder »unten«, sondern »an der Decke« oder »auf dem<br />
Boden«. Gesehen werden nicht zuerst unbedeutende Objekte im physikalischen Raum, sondern etwas<br />
liegt »am falschen Platz« oder »steht im Weg«, dort »wo es nicht hingehört«. Diese<br />
Bestimmungen sind aber keine absoluten, sondern hängen von der <strong>Kultur</strong> und dem Umfeld ab, in<br />
welchem der Mensch herangewachsen ist.<br />
Atmosphäre<br />
Bereits bei Goethe findet sich die Unterscheidung zwischen neutralen Raum und<br />
bedeutungsgeladenem Ort:<br />
„Immer war mir das Feld und der Wald und der Fels und die Gärten<br />
Nur ein Raum, und du machst sie, Geliebte, zum Ort.“<br />
– GOETHE: Vier Jahreszeiten<br />
Raumwahrnehmung ist nicht neutral-mathematisch:<br />
Große Hallen wirken beeindruckend, Kellergewölbe<br />
gemütlich oder auch drückend. Welche Empfindung<br />
Räume hervorrufen, ist dabei auch kulturell geprägt,<br />
d.h. nicht evolutionär festgelegt.<br />
Auch solche atmosphärische Qualitäten bestimmen die Wahrnehmung des Raumes. Gernot Böhme<br />
untersucht, wie repräsentative Zimmer oder Säle mit Gegenständen ausgestattet werden, die<br />
eigentlich keinen Gebrauchswert haben, bzw. deren Wert genau darin liegt, Atmosphäre zu erzeugen.<br />
[62]<br />
Luc Ciompi konnte zeigen, inwieweit das, was als atmosphärisch angenehm empfunden ist,<br />
kulturabhängig ist. Während sich etwa Italiener in hohen, kühlen und dunklen Zimmern wohlfühlen,<br />
bevorzugen Nordländern niedrige, helle und warme Räume, was sich auf die unterschiedlichen<br />
klimatischen Bedingungen zurückführen lässt und die von Kindheit her vertraute Wohnatmossphäre.<br />
[63]<br />
[61]<br />
Der gemeinsame Raum<br />
<strong>Kultur</strong>elles Leben findet in Räumen statt. Diese Räume sind nicht<br />
einfach der dreidimensionale Raum der Physik, der die <strong>Kultur</strong>güter<br />
wie ein Behälter umschließt. Vielmehr ist <strong>Kultur</strong> selbst Raumbildend, d.h. sie schafft sich<br />
symbolische und figurative Räume. Diese Räume sind in erster Linie nicht durch ihre Eigenschaft als<br />
Behältnis bestimmt, sondern durch einen sinnhaften Zusammenhang, so bildet beispielsweise der
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Herd des Hauses einen Ort der Versammlung, an den die Mitglieder<br />
bäuerlicher Hausgemeinschaften nach getanem Tageswerk<br />
zusammen kommen. Der Tempel oder die Kirche sind Orte, an<br />
welchen das Heilige dem Leben des Menschen ein Maß gibt und<br />
andere Gesetze und Verhaltensweisen gelten, als in der profanen<br />
Sphäre der Küche. Auch politisch werden Grenzziehungen<br />
propagiert, die sich nicht an geographischen, sondern kulturellen<br />
Räumen orientieren, bzw. diese vorschreiben, wenn etwa George W.<br />
Bush Amerika und Europa zur „Westlichen Welt“ zusammenfasst<br />
[64]<br />
und ihnen die „Achse des Bösen“ entgegenstellt.<br />
<strong>Kultur</strong>elle Räume können feste Anordnungen an einem<br />
ausgezeichnetem Platz sein, wie etwa bei einem Kloster oder aber<br />
als bewegte Anordnungen auftreten, wenn beispielsweise<br />
Mobilfunkteilnehmer raum-zeitliche Abstände überbrücken.<br />
Das Holocaust-Mahnmal in<br />
Berlin: Ort des Gedenkens für<br />
die ermordeten Juden Europas<br />
unter der Herrschaft der<br />
Nationalsozialisten.<br />
Frühes Entstehen kulturellen Raums: Heilige Orte<br />
Eine der frühsten Einteilungen der Welt scheidet profane und heilige Orte. Heilige Orte sind jene, an<br />
denen das Göttliche durch besondere Ereignisse zur Erscheinung kommt. Für den mythisch<br />
denkenden Menschen bleiben Götter oder Geister an diesen Ort gebunden, es ist jener Stein oder jene<br />
Eiche, in der sich das Heilige manifestiert. Damit ergibt sich eine Einteilung des Lebensraums, die<br />
nicht mehr allein wie beim Tier an physiologischen Bedürfnissen orientiert ist (Wasser, Nahrung),<br />
sondern sich an einem symbolischen Gehalt fest macht.<br />
Sozialer Raum<br />
Verschiedene Orte können ethnisch-, klassen- oder geschlechterspezifisch zu neuen Orten<br />
zusammengefügt werden. Hierdurch kann es zu Abgrenzungen zwischen Ein- und Ausgeschlossenen<br />
kommen, auch können bestimmte räumliche Anordnungen soziale Ungleichheiten widerspiegeln oder<br />
festschreiben. Während VIP-Räume bewusst „wichtige“ von den „weniger wichtigen“ Menschen<br />
trennen, vollziehen sich räumlich-soziale Abgrenzungen meist über längere Zeit. So werden Häuser,<br />
Wohnungen und Stadtteile nach dem entsprechenden Einkommen gewählt und hierdurch<br />
Klassenverhältnisse reproduziert, die sich dann auch physisch in den Raum einschreiben. Dieses<br />
Einschreiben in den Raum fasst Pierre Bourdieu in die Worte, dass der Habitus das Habitat ausmacht.<br />
[65]<br />
Damit spiegelt der städtische Raum die sozialen und geschlechterspezifischen Verhältnisse:<br />
[66]<br />
Arbeiterjugendliche halten sich häufiger auf öffentlichen Plätzen und Straßenecken auf , Jungen<br />
[67]<br />
mehr als Mädchen.<br />
Während ein entsprechendes Vermögen die Aneignung und bauliche Umgestaltung von öffentlichem<br />
Raum nach den eigenen Bedürfnisse ermöglicht, ist dies den unteren sozialen Schichten einer<br />
Gesellschaft nicht ohne weiteres möglich. Auch Kinder und Jugendlich können sich nicht materiell<br />
eigene Räume schaffen und sind daher darauf angewiesen diese durch ihre leibhaftige Anwesenheit<br />
zu besetzen: Die geduldete Raucherecke hinter der Turnhalle bildet gegenüber dem autoritären Raum<br />
des Schulgeländes einen Rückzugsort für die Schüler. Dieser Ort schreibt sich aber nicht physisch<br />
ein, sondern entsteht allein durch das häufige Aufsuchen und die Anwesenheit der Schüler. Hier wird<br />
besonders deutlich, dass kultureller Raum nicht einfach gegeben ist, sondern dadurch hergestellt wird,<br />
[68]<br />
dass im Handeln individuell und kollektiv darauf Bezug genommen wird.<br />
Auch die globale kapitalistische Wirtschaftsweise schafft einen neuen sozialen Raum, der sich nun<br />
erstmals über den ganzen Erdball ausdehnt. Dieser Raum, dessen Verbindungslinien durch<br />
Flugzeuge, Schnellstraßen und Zugstrecken zusammengehalten wird, kann jedoch nicht von allen
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genutzt werden. So haben etwa nur fünf Prozent der Weltbevölkerung je in einem Flugzeug gesessen,<br />
[69]<br />
zudem verbindet der Flugverkehr nur die „Reichtumsinseln“ des Planeten. Peter Sloterdijk hat sich<br />
diesem „Innenraum“ des Planeten gewidmet, zu dem nur der Zugang erhält, der genügend zahlen<br />
[70]<br />
kann.<br />
Geschlechterspezifische Räume<br />
Geschlechterspezifisch abgetrennte Räume sind in modernen westlichen Gesellschaften seltener<br />
geworden und beschränken sich auf Umkleidekabinen, Saunen und Toiletten. Die Herbertstraße im<br />
Hamburger Rotlichtviertel markiert aber weiterhin einen geschlechterspezifischen Raum, zu dem<br />
Frauen und Jugendlichen der Zutritt verwehrt wird.<br />
<strong>Kultur</strong>kritik<br />
→ Hauptartikel <strong>Kultur</strong>kritik.<br />
In der <strong>Kultur</strong>kritik werden die einzelnen <strong>Kultur</strong>leistungen des<br />
Menschen kritisch befragt auf ihre ungewollten, zerstörerischen,<br />
umoralischen und unsinnigen Folgen. Dies kann sich zu einer<br />
Gesamtschau der Menschheitsgeschichte ausweiten, die dann<br />
insgesamt als Verfallsgeschichte erscheint. Die Kernaussage vieler<br />
kulturkritischer Ansätze besteht dabei darin, dass sie in Bezug auf<br />
das menschliche (Zusammen)leben einen natürlich gegebenen<br />
Zustand annehmen, einen Naturzustand, welcher der<br />
Wesensverfassung des Menschen entspricht. Dieser Urzustand wird<br />
dann mit fortschreitender kultureller Entwicklung durch<br />
Künstlichkeiten verstellt und verzerrt. Er wird überlagert von<br />
künstlichen sozialen Beziehungen und Herrschaftsformen<br />
(Rousseau) oder führt durch die Erfindung neuer<br />
Produktionsverhältnisse zur Entfremdung des Menschen von sich<br />
selbst, wie Marx meint. Nietzsche sieht in der vorsokratischen<br />
Antike noch ein Zeitalter in welchem der Wille zur Macht<br />
Jean-Jacques Rousseau ist<br />
einer der bedeutendsten<br />
<strong>Kultur</strong>kritiker.<br />
ungehemmt gelebt wurde, während mit dem „wissenschaftlich“ denkenden Sokrates und der Moral<br />
des Christentums ein Zerfall einsetzt, der im Zeitalter der laschen Dekadenz seinen Höhepunkt<br />
erreicht. Martin Heidegger sieht ebenfalls bei den Vorsokratikern noch ein offenes und reflexives<br />
Verhältnis des Menschen zu philosophischen Anschauungen und Überlegungen, während in der<br />
Philosophie von Platon und Aristoteles erstmals diese Erkenntnisse absolut gesetzt werden und so das<br />
Denken der Menschen auf Jahrhunderte in Kategorien zwängen, aus denen es sich selbst nicht ohne<br />
weiteres befreien kann. Der moralkritische Ansatz Freuds nimmt in Bezug auf die seelischen<br />
Verfassung des Menschen feststehende natürliche Bedürfnisse an, welche ihm durch künstliche<br />
moralische Vorschriften verwehrt werden und so den Menschen zu zwanghaften<br />
Ausgleichshandlungen drängen.<br />
Viele kulturkritische Werke spielten eine bedeutende Rolle dabei, zu verstehen, was <strong>Kultur</strong> überhaupt<br />
erst ausmacht. Erst durch das kritische Abstandnehmen und eventuelle Verurteilen der bestehenden<br />
Verhältnisse zeigt sich heute die <strong>Kultur</strong> nicht als unveränderlich Vorhandenes, sondern als ein<br />
Geschehen, das auch hätte anders verlaufen können. Sie lassen <strong>Kultur</strong> erkennen als die Kontingenz<br />
des Gewordenen.<br />
Literatur
<strong>Kultur</strong> – Wikipedia<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Kultur</strong><br />
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<strong>Kultur</strong>philosophie<br />
• Ernst Cassirer: Versuch über den Menschen. Felix Meiner Verlag, Hamburg 2007, ISBN 978-<br />
3787318292<br />
• Ernst Cassirer: Philosophie der Symbolischen Formen. 3 Bände in: Gesammelte Werke: 1. Die<br />
Sprache, 2. Das mythische Denken, 3. Phänomenologie der Erkenntnis, Felix Meiner Verlag,<br />
Hamburg 2001-2002<br />
• Geertz, Clifford: Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. Frankfurt<br />
a. M. 1987<br />
• Oswald Schwemmer: Die kulturelle Existenz des Menschen. Akademie-Verlag, Berlin 1997,<br />
ISBN 978-3050031071<br />
• Oswald Schwemmer: <strong>Kultur</strong>philosophie: Eine medientheoretische Grundlegung. Fink,<br />
München 2005, ISBN 978-3770541812<br />
Sammelbände <strong>Kultur</strong>theorien<br />
• Hubertus Busche: Was ist <strong>Kultur</strong>? Die vier historischen Grundbedeutungen, in: Dialektik.<br />
Zeitschrift für <strong>Kultur</strong>philosophie, 2000/1, 69-90<br />
• Martin Ludwig Hofmann, Tobias F. Korta, Sibylle Niekisch (Hrsg): Culture Club: Klassiker<br />
der <strong>Kultur</strong>theorie. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2004, ISBN 978-3518292686<br />
• Martin Ludwig Hofmann, Tobias F. Korta, Sibylle Niekisch (Hrsg): Culture Club II: Klassiker<br />
der <strong>Kultur</strong>theorie. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006, ISBN 978-3518293980<br />
• Stephan Moebius, Dirk Quadflieg (Hrsg.): <strong>Kultur</strong>. Theorien der Gegenwart. Wiesbaden: VS-<br />
Verlag. ISBN 3-531-14519-3<br />
Wichtige Studien<br />
• Pierre Bourdieu: Die feinen Unterschiede: Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Suhrkamp,<br />
Frankfurt am Main 2000, ISBN 978-3518282588<br />
• Norbert Elias: Über den Prozess der Zivilisation. Soziogenetische und psychogenetische<br />
Untersuchungen, 2 Bände, Suhrkamp, Frankfurt a. M., 1976<br />
• Norbert Elias: Studien über die Deutschen: Machtkämpfe und Habitusentwicklung im 19. und<br />
20. Jahrhundert. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-518-57998-3<br />
• Michel Foucault: Die Ordnung der Dinge. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-<br />
06734-6<br />
• Siegfried Kracauer: Die Angestellten. Aus dem neuesten Deutschland (1930), Suhrkamp,<br />
Frankfurt am Main 2004, ISBN 978-3518365137<br />
• Georg Simmel: Philosophie des Geldes. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006, ISBN 978-<br />
3518284063<br />
• Max Weber: Die protestantische Ethik und der 'Geist' des Kapitalismus, diverse Ausgaben<br />
Siehe auch<br />
• Zivilisation<br />
• Alltagskultur<br />
• <strong>Kultur</strong>technik<br />
Weblinks<br />
Wikiquote: <strong>Kultur</strong> – Zitate<br />
Wikinews: <strong>Kultur</strong> – Nachrichten<br />
Wiktionary: <strong>Kultur</strong> – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen und
<strong>Kultur</strong> – Wikipedia<br />
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Grammatik<br />
• Was ist das: <strong>Kultur</strong>? (Vortrag von Oskar Negt)<br />
Einzelnachweise<br />
1. ↑ Der Große Duden. Etymologie. Dudenverlag, Mannheim 1963, Artikel <strong>Kultur</strong>.<br />
2. ↑ Der Große Duden. Etymologie. Dudenverlag, Mannheim 1963, Artikel Kolonie.<br />
3. ↑ Nat. hist XII, 75, u.ö.<br />
4. ↑ Tusc. II, 5, 13.<br />
5. ↑ Vgl. Immanuel Kant: Kritik der Urteilskraft. § 83 Von dem letzten Zwecke der Natur als eines<br />
teleologischen Systems. Akademie-Ausgabe Bd. 10, S. 387.<br />
6. ↑ Immanuel Kant: Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht. (1784). Akademie-<br />
Ausgabe Band 8, S. 26.<br />
7. ↑ Immanuel Kant: Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht. (1784). Akademie-<br />
Ausgabe, Bd. 8, S. 26.<br />
8. ↑ Vgl. Wilhelm von Humboldt: Über die Verschiedenheiten des menschlichen Sprachbaues und ihren<br />
Einfluß auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts. (1830–1835) Ges. Werke 7, S. 30.<br />
9. ↑ Oswald Spengler: Der Untergang des Abendlandes. Einleitung, Abschnitt 12.<br />
10. ↑ Helmuth Plessner: Die Verspätete Nation. in: Gesammelte Schriften VI, Frankfurt am Main, S. 84.<br />
11. ↑ Max Horkheimer: Philosophie als <strong>Kultur</strong>kritik. in: Gesammelte Schriften. Band 7, Suhrkamp, Frankfurt<br />
am Main, 1985, S. 96f.<br />
12. ↑ Vgl. Niklas Luhman: <strong>Kultur</strong> als historischer Begriff. in: ders.: Gesellschaftsstruktur und Semantik.<br />
Studien zur Wissenschaftssoziologie der modernen Gesellschaft. Band 4, Frankfurt am Main 1985, S. 31-<br />
54.<br />
13. ↑ Böhme, Matusek, Müller: Orientierung <strong>Kultur</strong>wissenschaft. Was sie kann und was sie will. Reinbek<br />
2000, S. 131f.<br />
14. ↑ Böhme, Matusek, Müller: Orientierung <strong>Kultur</strong>wissenschaft. Was sie kann und was sie will. Reinbek<br />
2000, S. 143f.<br />
15. ↑ Vgl. Hinrich Fink-Eitel, Georg Lohmann (Hrsg.): Zur Philosophie der Gefühle, Frankfurt am Main<br />
1993, S. 33.<br />
16. ↑ Byung-Chul Han: Heideggers Herz. Zum Begriff der Stimmung bei Martin Heidegger. München 1996, I.<br />
Einleitung: Beschneidung des Herzens.<br />
17. ↑ Judith Butler: Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt am Main 1991.<br />
18. ↑ Vgl. Burkhard Liebsch: <strong>Kultur</strong> im Zeichen des Anderen oder Die Gastlichkeit menschlicher<br />
Lebensformen. in: Friedrich Jaeger, Burkhard Liebsch (Hrsg.): Handbuch der <strong>Kultur</strong>wissenschaften.,<br />
Stuttgart 2004, S. 1-23.<br />
19. ↑ Vgl. Burkhard Liebsch: <strong>Kultur</strong> im Zeichen des Anderen oder Die Gastlichkeit menschlicher<br />
Lebensformen. in: Friedrich Jaeger, Burkhard Liebsch (Hrsg.): Handbuch der <strong>Kultur</strong>wissenschaften.,<br />
Stuttgart 2004, S. 3.<br />
20. ↑ Wenngleich sich die mathematische Naturbeschreibung innerhalb ihrer gegebenen Logik schrittweise<br />
der Natur anzunähern vermag. Ernst Cassirer hat diesen veränderte Auffassung von Natur kenntlich<br />
gemacht als den Übergang von der Substanz zur Funktion in der Abhandlung Substanzbegriff und<br />
Funktionsbegriff von 1910.<br />
21. ↑ Vgl. Burkhard Liebsch: <strong>Kultur</strong> im Zeichen des Anderen oder Die Gastlichkeit menschlicher<br />
Lebensformen. in: Friedrich Jaeger, Burkhard Liebsch (Hrsg.): Handbuch der <strong>Kultur</strong>wissenschaften.,<br />
Stuttgart 2004, S. 7.<br />
22. ↑ William Clement McGrew: Chimpanzee Material Culture. Implications for Human Evolution.<br />
Cambridge University Press, Cambridge/New York 1996, ISBN 0-521-42371-6 (zuerst Ph.-D.-Thesis,<br />
University of Stirling 1990).<br />
23. ↑ Vgl. Burkhard Liebsch: <strong>Kultur</strong> im Zeichen des Anderen oder Die Gastlichkeit menschlicher<br />
Lebensformen, in: Friedrich Jaeger/Burkhard Liebsch (Hgg.): Handbuch der <strong>Kultur</strong>wissenschaften.<br />
Stuttgart 2004, S. 11 f.<br />
24. ↑ Vgl. Hans Jonas: Technik, Medizin, Ethik. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1987, S. 20, 29. Dem sich<br />
auch Liebsch 2004, S. 13 anschließt.<br />
25. ↑ Ebenso der Abschnitt <strong>Kultur</strong>industrie. Aufklärung als Massenbetrug. in Max Horkheimer / Theodor W.<br />
Adorno: Dialektik der Aufklärung. 1947 Amsterdam.<br />
26. ↑ Vgl. Oswald Schwemmer: Ernst Cassirer. Ein Philosoph der europäischen Moderne. Berlin 1997, S.<br />
221-242.<br />
27. ↑ Vgl. Friedrich Jaeger/Burkhard Liebsch (Hgg.): Handbuch der <strong>Kultur</strong>wissenschaften. S. X-XI.
<strong>Kultur</strong> – Wikipedia<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Kultur</strong><br />
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28. ↑ Vgl. Oswald Schwemmer: Ernst Cassirer. Ein Philosoph der europäischen Moderne. Berlin 1997, S.<br />
30.<br />
29. ↑ Ernst Cassirer: Philosophie der Symbolischen Formen. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Damrstadt<br />
1964, Band 3, S. 207.<br />
30. ↑ Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen, Band III, Darmstadt 1982, S. 235.<br />
31. ↑ Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen. Band I, S. 22.<br />
32. ↑ Oswald Schwemmer: Ernst Cassirer. Ein Philosoph der europäischen Moderne. Berlin, 1997, S. 89ff.<br />
33. ↑ Vgl. Ernst Cassirers unterscheidung zwischen „Tierischer Reaktion“ und „Menschlicher Antwort“ in:<br />
Versuch über den Menschen. Felix Meiner Verlag, Hamburg 2007, S. 52ff.<br />
34. ↑ Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen, Band III, Darmstadt 1982, S. 235.<br />
35. ↑ Vgl. Ernst Cassirer: Versuch über den Menschen. Hamburg 2007, S. 123.<br />
36. ↑ Vgl. Oswald Schwemmer: Ernst Cassirer. Ein Philosoph der europäischen Moderne. Berlin 1997, S.<br />
50f.<br />
37. ↑ Ernst Cassirer: Substanzbegriff und Funktionsbegriff. 1910, Werksausgabe Band 6, Hamburg 2000, S.<br />
161.<br />
38. ↑ Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen. Band III, Darmstadt 1982, S. 149.<br />
39. ↑ Max Weber: Die ›Objektivität‹ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis. in:<br />
Gesammelte Aufsätze und Wissenschaftslehre. Tübingen 1968, S. 180.<br />
40. ↑ Weber 1968, S. 181.<br />
41. ↑ Clifford Geertz: Dichte Beschreibung: Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. Frankfurt am Main<br />
1983, S. 9.<br />
42. ↑ Vgl. Roland Posner: <strong>Kultur</strong> als Zeichensystem. Zur semiotischen Explikation kulturwissenschaftlicher<br />
Grundbegriffe. in: Aleida Assmann, Dietrich Harth (Hrsg.): <strong>Kultur</strong> als Lebenswelt und Monument.<br />
Fischer, Frankfurt am Main 1991.<br />
43. ↑ Vor allem durch die gleichnamige Aufsatzsammlung von Doris Bachmann-Medick: <strong>Kultur</strong> als Text. Die<br />
anthropologische Wende in der Literaturwissenschaft. UTB, Berlin 2004.<br />
44. ↑ Die Metapher führt, zur Privilegierung des sprachlichen Zugangs zu Bedeutungen […], der als<br />
Königsweg zur Entschlüsselung auch aller anderen Kristallisationformen kultureller Praxis erscheint. […]<br />
Die je spezifischen Bedeutungspotentiale der einzelnen Künste oder kulturellen Praxen werden nicht mehr<br />
wahrgenommen.“ Böhme, Matusek, Müller: Orientierung <strong>Kultur</strong>wissenschaft. Was sie kann und was sie<br />
will. Reinbek 2000, S. 136f.<br />
45. ↑ Michael Tomasello: Die kulturelle Entwicklung des menschlichen Denkens. Zur Evolution der<br />
Kognition. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2002.<br />
46. ↑ Vgl. Jack Goody, Ian Watt: Konsequenzen der Literarität. in: Jack Goody, Ian Watt, Kathleen Gough:<br />
Entstehung und Folgen der Schriftkultur. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1986, S. 68.<br />
47. ↑ Aleida Assmann: Zeit und Tradition. Böhlau, Köln, 1999, S. 90.<br />
48. ↑ Herder: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1, 1784, S. 335 bzw. 337.<br />
49. ↑ Herder: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1, 1784, S. 338 bzw. 340.<br />
50. ↑ Vgl. Hans-Georg Gadamer: Wahrheit und Methode, zweiter Teil; Dazu auch die Studie von Bernd<br />
Auerochs: Gadamer über Tradition. in: Zeitschrift für philosophische Forschung 49, 1995, S. 294-311.<br />
51. ↑ Vgl. zur Kritik hieran: Ernst Cassirer: Versuch über den Menschen. Felix Meiner Verlag, Hamburg<br />
2007, S. 171-211.<br />
52. ↑ Ferdinand de Saussure: Grundlagen der allgemeinen Sprachwissenschaft, De Gruyter, Berlin 1967, S.<br />
143.<br />
53. ↑ Ferdinand de Saussure: Grundlagen der allgemeinen Sprachwissenschaft, De Gruyer, Berlin 1967, S.<br />
80.<br />
54. ↑ Yuri M. Lotman: Universe of the Mind. A Semiotic Theory of Culture. I.B. Tauris Publishers, London /<br />
New York 2001.<br />
55. ↑ Für einen Überblick zu dieser Ausweitung der Begriffe siehe Michael Krois: <strong>Kultur</strong> als Zeichensystem.<br />
in: Friedrich Jaeger, Burkhard Liebsch (Hrsg.): Handbuch der <strong>Kultur</strong>wissenschaften. Stuttgart 2004, S.<br />
106-118.<br />
56. ↑ „Das, was ich Text nenne, ist alles, ist praktisch alles. Es ist alles, das heißt, es gibt einen Text, sobald es<br />
eine Spur gibt, eine differentielle Verweisung von einer Spur auf die andere. Und diese Verweise bleiben<br />
nie stehen. Es gibt keine Grenzen der differentiellen Verweisung einer Spur auf die andere.“ Derrida<br />
zitiert nach Peter Engelmann: Postmoderne und Dekonstruktion: Texte französischer Philosophen der<br />
Gegenwart. Reclam, Stuttgart 2004, S. 20f.<br />
57. ↑ Vgl. Martin Heidegger: Sein und Zeit, Niemeyer, Tübingen 1927, §§31-34.<br />
58. ↑ Martin Heidegger: Holzwege. (GA 5), S. 311.<br />
59. ↑ Martin Heidegger: Holzwege. (GA 5), S. 310.<br />
60. ↑ Vgl. Karl H. Hörning: <strong>Kultur</strong> als Praxis. in: Friedrich Jaeger/Burkhard Liebsch (Hgg.): Handbuch der<br />
<strong>Kultur</strong>wissenschaften. Stuttgart 2004, S. 137-151.
<strong>Kultur</strong> – Wikipedia<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Kultur</strong><br />
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23.09.2008<br />
61. ↑ Als einer der ersten beschreibt dies Martin Heidegger: Sein und Zeit (GA 2) §§14-24, Niemeyer,<br />
Tübingen 1927.<br />
62. ↑ Vgl. die Studie von Gernot Böhme: Atmosphäre. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1995.<br />
63. ↑ Luc Ciompi: Außenwelt – Innenwelt. Zur Entstehung von Zeit, Raum und psychischen Strukturen.<br />
Sammlung Vandenhoeck, Göttingen 1988, S. 235f.<br />
64. ↑ Vgl. die Axis-of-Evil-Speech (Pressemitteilung des Weißen Hauses).<br />
65. ↑ Pierre Bourdieu: Physischer, sozialer und angeeigneter physischer Raum. in: Martin Wentz (Hrsg.):<br />
Stadt-Räume. Die Zukunft des Städtischen. Campus, Frankfurt a.M. / New York 1991, S. 32.<br />
66. ↑ Vgl. Helmuth Becker, Michael May: Die lungern eh' nur da ›rum‹ – Raumbezogene<br />
Interessenorientierung von Unterschichtsjugendlichen und ihre Realisierung in öffentlichen Räumen. in:<br />
Walter Specht (Hrsg.): Die gefährliche Straße. Jugendkonflikte und Stadtteilarbeit. KT-Verlag, Bielefeld<br />
1987, S. 41.<br />
67. ↑ Vgl. Deutsches Jugendinstitut: Was tun Kinder am Nachmittag? Ergebnisse einer empirischen<br />
Untersuchung zur mittleren Kindheit. Juventa, München 1992.<br />
68. ↑ Vgl. das ähnliche Beispiel von Martina Löw: Raum – Die topologischen Dimensionen der <strong>Kultur</strong>. in:<br />
Friedrich Jaeger, Burkhard Liebsch (Hrsg.): Handbuch der <strong>Kultur</strong>wissenschaften. Stuttgart 2004, S. 49-<br />
53.<br />
69. ↑ Vgl. Germanwatch in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung: Zur Lage der Welt 2004.<br />
Abschnitt 1.<br />
70. ↑ Peter Sloterdijk: Im Weltinnenraum des Kapitals. Zu einer philosophischen Geschichte der<br />
terrestrischen Globalisierung. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2005.<br />
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