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<strong>Kultur</strong> – Wikipedia<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Kultur</strong><br />
Page 8 of 24<br />
23.09.2008<br />
<strong>Kultur</strong> als symbolische Sinnerzeugung<br />
<strong>Kultur</strong> als symbolischer Bezug zur Welt<br />
Wenn der Mensch sich auf sich selbst oder auf seine Umwelt<br />
bezieht, so tut er dies nicht nur durch seine leiblichen Sinne, sondern<br />
vor allem mittels von Symbolen. Anders als bei Tieren, deren<br />
Verhaltensmuster und Reaktionen instinktiv vorgeschrieben oder<br />
konditioniert sind, kann sich der Mensch mit Hilfe von Symbolen,<br />
beispielsweise mit Worten, auf die Dinge in der Welt beziehen.<br />
Symbole machen die Dinge handhabbar, indem sie diese unter<br />
gewissen Gesichtspunkten darstellen. Der Mensch kann die Natur<br />
durch mathematische Symbole beschreiben oder durch dichterische<br />
Worte besingen, er kann sie malen oder tanzen, in Stein hauen oder<br />
im Text beschreiben. Einzelne Dinge erscheinen ihm unter<br />
religiösen, wissenschaftlichen, weltanschaulichen, ästhetischen,<br />
zweckrationalen oder politischen Gesichtspunkten, werden also stets<br />
in ein größeres Ganzes eingebunden, in dem ihnen eine Bedeutung<br />
zukommt. Dies macht die kulturelle Welt des Menschen aus.<br />
Symbolisierung als Formgebung<br />
Damit der Mensch sich auf<br />
sich und die Welt beziehen<br />
kann, muss er die Dinge<br />
symbolisch darstellen. Dies<br />
vollzieht sich durch<br />
Formgebung in einem<br />
stofflichem Medium und<br />
Prägnanzbildung, also die<br />
gleichzeitige Bindung an<br />
Bedeutung.<br />
Als frühste und wichtigste Arbeiten, welche die Bedeutung von<br />
Zeichen und Symbolen für menschliche Sprache und Denken<br />
herausstellen gelten das Werk von Charles S. Peirce, der eine<br />
Zeichentheorie als erweiterte Logik entwickelt und Ferdinand de<br />
Saussure, der die Semiotik als allgemeine Sprachwissenschaft etabliert. Es war dann Ernst Cassirer in<br />
den 1920er Jahren, der eine <strong>Kultur</strong>philosophie entwickelte, welche den Menschen als symbolisches<br />
Wesen begreift. Anders als Peirce und Saussure, setzt Cassirer dabei nicht bei Gedanken und<br />
Bewusstsein des Menschen an, sondern bei dessen praktischem Weltbezug. Der Mensch verhält sich<br />
also zur Welt nicht bloß theoretisch, sondern er steht in einem leiblichen Verhältnis zur ihr.<br />
<strong>Kultur</strong>tätigkeit des Menschen ist daher stets ein Gestalten, Formen und Bilden von Dingen.<br />
Die elementarste Form der Gestaltung ist dabei die Abgrenzung oder Perspektivierung. Da jede<br />
Wahrnehmung nur einen Teil der Wirklichkeit erfasst, ist damit schon jegliches Wahrnehmen<br />
gestaltend: Im Sehen beispielsweise wird der Hintergrund abgeblendet und der Fokus auf das<br />
davorliegende Objekt gerichtet. Erst durch diese Abgrenzung (Prägnanzbildung) kann das Objekt<br />
symbolisch erfasst werden als dieses oder jenes. Dabei verhält sich der Mensch nicht rein passiv,<br />
sondern erst seinen Tun und Handeln bringt die Welt der symbolischen Gestalten hervor, die seine<br />
<strong>Kultur</strong> ausmacht. Nichts in der Welt ist also an sich gegeben, die Welt ist kein Sammelsurium von<br />
einfach vorhandenen Dingen, sondern all die uns vertrauten Sachen entspringt erst der <strong>Kultur</strong>tätigkeit<br />
des Menschen, seinem Tun:<br />
„Die Grundlegenden Qualitäten des Tastsinns – Qualitäten wie ›hart‹, ›rauh‹ und ›glatt‹<br />
entstehen erst kraft der Bewegung, so daß sie, wenn wir die Tastempfindung auf einen<br />
einzelnen Augenblick beschränkt sein lassen, innerhalb dieses Augenblicks als Data gar<br />
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nicht aufgefunden werden können.“<br />
Gestalten vollzieht sich für Cassirer stets in Verbindung mit einem sinnlichen Gehalt. Jede<br />
Formgebung geschieht also in einem Medium: Sprache braucht den Klang, Musik den Ton, der Maler<br />
die Leinwand, der Bildhauer den Stein, der Schreiner das Holz. Diesen Kerngedanken fasst Cassirers<br />
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