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<strong>Kultur</strong> – Wikipedia<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Kultur</strong><br />
Page 16 of 24<br />
23.09.2008<br />
nach der in der philosophischen Tradition die meisten sprachlichen Aussagen aufgefasst wurden.<br />
Dementgegen weist Heidegger darauf hin, dass die Bedeutung von A und B nicht bloß an deren<br />
Rändern abreißt, sondern immer nur in einem größeren Gesamtzusammenhang zu verstehen ist. Auch<br />
eine Aussage des Schemas »A ist B« kann nur vor einem größerem Verständnishorizont verstanden<br />
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und eingeordnet werden. Eine Form der Sprachlichkeit, die sich nicht in Aussagen des<br />
Schemas »A ist B« ergeht, sondern die den ganzen Reichtum einer kulturgeschichtlich gewachsenen<br />
Sprache hervortreten lässt, stellt für Heidegger die Dichtung dar. In der Dichtung treten einzelne<br />
Bedeutungsmomente besonders hervor, andere werden hingegen bewusst abgeschattet. Damit verengt<br />
die Dichtung sich nicht zu eindeutigen Feststellungen, sondern lässt Raum für das Ungesagt,<br />
Unbewusste und Unthematische unseres kulturell geprägten Welt- und Selbstbezugs, das so durch sie<br />
erst zur Sprache kommt.<br />
Auch wies Heidegger Sprachtheorien zurück, welche die Sprache lediglich als ein Mittel zur<br />
Kommunikation auffassen, so dass mit ihr Aussagen wie »A ist B« mitgeteilt werden können. Diese<br />
funktionalistisch geprägte Auffassung sieht Sprache lediglich als Hilfsmittel zur gemeinsamen<br />
Bewältigung von praktischen Bedürfnissen. Für Heidegger gingen solche Sprachtheorien zurück auf<br />
die mit der Neuzeit einsetzende ökonomisch-technische Verwertbarmachung der Welt. Sprache wird<br />
dann als Werkzeug zur Kommunikation aufgefasst, dass sich durch logische Strukturierung<br />
[58]<br />
verbessern ließe , wie dies Frege, Russell und Carnap im Projekt der Einheitssprache anstrebten.<br />
Gegen einen so verengten Sprachbegriff machte Heidegger die Dichtung stark und weist darauf hin,<br />
dass im dichterischen Besingen der Welt keine praktische Haltung vorherrscht. (Vgl. z.B. Hölderlins<br />
Hymne „Der Ister“). Zum anderen sah es Heidegger als verfehlt an, davon auszugehen, dass Sprache<br />
innerhalb einer Welt eine einzelne Aussage mitteilt. Vielmehr ist die Sprache die Welt, in welcher der<br />
Mensch lebt, da alles Wissen, Denken und Begreifen sich in sprachlichen Strukturen vollzieht.<br />
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Heidegger prägter hierfür den Ausdruck, die Sprache sei „das Haus des Seins“.<br />
Handlung<br />
Ausbildung von Institutionen<br />
<strong>Kultur</strong> besteht nicht nur aus sprachlich festgeschriebenen<br />
Strukturen des Verstehens und der Objektivität, sondern<br />
auch aus geschichtlich handelnden und leidenden Menschen.<br />
Nicht alles Tun des Menschen ist aber schon kulturelle<br />
Praxis. Damit diese entsteht bedarf es einer Gruppen von<br />
Menschen, die gemeinsam und regelmäßig für sie<br />
bedeutsame Handlungen ausführt. Verfestigen sich das Tun<br />
auf diese Art zu Ereignissen, die regelmäßig wiederholt<br />
werden oder Orten an denen die Praxen gemeinsam<br />
durchgeführt werden, spricht man auch von Institutionen.<br />
Institutionen sind Orte des menschlichen Handelns<br />
beispielsweise in Form von Arbeit, Herrschaft, Recht,<br />
Technik, Religion, Wissenschaft und Kunst. In Institutionen<br />
vollzieht sich die Differenzierung dieser Praxen, zugleich entwickeln sie unabhängig von anderen<br />
Institutionen ihre eigenen Werte.<br />
<strong>Kultur</strong> als Praxis und <strong>Kultur</strong> als Bedeutungszusammenhang<br />
Pilger in Mekka: Erst durch<br />
gemeinsames und regelmäßiges<br />
Handeln wird das Tun des Menschen<br />
zur kulturellen Praxis.<br />
Wird <strong>Kultur</strong> unter dem Gesichtspunkt der praktischen Handlungen und des <strong>Kultur</strong>geschehens<br />
betrachtet, so stellt dies auch ein gewisses Gegengewicht dar zu Auffassungen, welche <strong>Kultur</strong> in<br />
erster Linie (oder ausschließlich; <strong>Kultur</strong>alismus) als Sinnsystem von symbolischen Codes verstehen<br />
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und in ihr einen lesbaren Text sehen. So ist <strong>Kultur</strong> nicht nur ein Gewebe von Bedeutungen,