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<strong>Kultur</strong> – Wikipedia<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Kultur</strong><br />
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23.09.2008<br />
Raumwahrnehmung ist also niemals eine<br />
neutral-mathematische, sondern unterliegt<br />
kulturellen Prägungen.<br />
Orientierung<br />
So werden in erster Linie Verhältnisse im<br />
Raum entdeckt welche eine physische<br />
Orientierung in ihm ermöglichen: Wege,<br />
Hindernisse, Sitzmöglichkeiten und Gefahren.<br />
Die Orientierung im städtischen Raum<br />
erfordert es das Geflecht von Straßen,<br />
Kreuzungen und Ampeln zu verstehen und<br />
anhand von Häusern bekannter Größe die<br />
Entfernungen richtig einschätzen zu können,<br />
während indigene Völker sich im Urwald ganz ohne Straßen und Wege zurechtfinden sondern<br />
Bäume, Flussläufe und ähnliches nutzen. Beides mal strukturieren kulturell erlernte Fähigkeiten und<br />
Sehgewohnheiten die Raumwahrnehmung. Auch das Haus ist ein Raum, der durch eine sinnhafte<br />
Struktur bestimmt ist, wie Heidegger es beschreibt: Gebrauchsgegenstände haben ihren »Platz«, sie<br />
gehören in eine »Gegend« anderer zu ähnlich nützlichen Gegenstände. Die Dinge sind nicht im<br />
dreidimensionalen Raum einfach »oben« oder »unten«, sondern »an der Decke« oder »auf dem<br />
Boden«. Gesehen werden nicht zuerst unbedeutende Objekte im physikalischen Raum, sondern etwas<br />
liegt »am falschen Platz« oder »steht im Weg«, dort »wo es nicht hingehört«. Diese<br />
Bestimmungen sind aber keine absoluten, sondern hängen von der <strong>Kultur</strong> und dem Umfeld ab, in<br />
welchem der Mensch herangewachsen ist.<br />
Atmosphäre<br />
Bereits bei Goethe findet sich die Unterscheidung zwischen neutralen Raum und<br />
bedeutungsgeladenem Ort:<br />
„Immer war mir das Feld und der Wald und der Fels und die Gärten<br />
Nur ein Raum, und du machst sie, Geliebte, zum Ort.“<br />
– GOETHE: Vier Jahreszeiten<br />
Raumwahrnehmung ist nicht neutral-mathematisch:<br />
Große Hallen wirken beeindruckend, Kellergewölbe<br />
gemütlich oder auch drückend. Welche Empfindung<br />
Räume hervorrufen, ist dabei auch kulturell geprägt,<br />
d.h. nicht evolutionär festgelegt.<br />
Auch solche atmosphärische Qualitäten bestimmen die Wahrnehmung des Raumes. Gernot Böhme<br />
untersucht, wie repräsentative Zimmer oder Säle mit Gegenständen ausgestattet werden, die<br />
eigentlich keinen Gebrauchswert haben, bzw. deren Wert genau darin liegt, Atmosphäre zu erzeugen.<br />
[62]<br />
Luc Ciompi konnte zeigen, inwieweit das, was als atmosphärisch angenehm empfunden ist,<br />
kulturabhängig ist. Während sich etwa Italiener in hohen, kühlen und dunklen Zimmern wohlfühlen,<br />
bevorzugen Nordländern niedrige, helle und warme Räume, was sich auf die unterschiedlichen<br />
klimatischen Bedingungen zurückführen lässt und die von Kindheit her vertraute Wohnatmossphäre.<br />
[63]<br />
[61]<br />
Der gemeinsame Raum<br />
<strong>Kultur</strong>elles Leben findet in Räumen statt. Diese Räume sind nicht<br />
einfach der dreidimensionale Raum der Physik, der die <strong>Kultur</strong>güter<br />
wie ein Behälter umschließt. Vielmehr ist <strong>Kultur</strong> selbst Raumbildend, d.h. sie schafft sich<br />
symbolische und figurative Räume. Diese Räume sind in erster Linie nicht durch ihre Eigenschaft als<br />
Behältnis bestimmt, sondern durch einen sinnhaften Zusammenhang, so bildet beispielsweise der