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<strong>Kultur</strong> – Wikipedia<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Kultur</strong><br />
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23.09.2008<br />
Wenn sich in der Formgebung etwas herausbildet, das dann für den Menschen von Bedeutung ist,<br />
wird nicht einfach ein beliebiger Sinn zum Wahrnehmungsinhalt hinzugesetzt, sondern das<br />
Wahrgenommene wird in ein Sinnganzes eingebettet:<br />
Vielmehr ist es die Wahrnehmung selbst, die kraft ihrer eigenen immanenten Gliederung<br />
eine Art von geistiger ,Artikulation' gewinnt [...] Diese ideelle Verwobenheit, diese<br />
Bezogenheit des einzelnen, hier und jetzt gegebenen Wahrnehmungsphänomens, soll der<br />
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Ausdruck ,Prägnanz' bezeichnen.<br />
Gleichwohl von dieser Fähigkeit des Menschen jegliche Formgebung abhängt, gibt es historisch<br />
keinen 'absoluten Nullpunkt' der symbolischen Prägnanz, keinen Zustand der völligen Formlosigkeit,<br />
denn Ausgangspunkt ist die „physiognomische“ Weltwahrnehmung des mythischen Bewusstseins.<br />
Für das mythische Bewusstseins zeigt sich die Welt in mimetischen Ausdrucksmomenten, diese sind<br />
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affektiv wirksam und ragen ihrem Ursprung nach noch in die tierische Welt hinein. Sie bieten<br />
Anknüpfungspunkte für jede weitere Formgebung.<br />
Durch Symbole werden sinnliche Einzelinhalte zu Trägern einer allgemeinen geistigen Bedeutung<br />
geformt. Die Formgebung läuft somit zugleich mit der sinnlichen Wahrnehmung ab.<br />
„Unter einer ‚symbolischen Form’ soll jene Energie des Geistes verstanden werden,<br />
durch welche ein geistiger Bedeutungsgehalt an ein konkretes sinnliches Zeichen<br />
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geknüpft und diesem innerlich zugeeignet wird.“<br />
Mit der Formgebung geht gleichzeitig eine Sinngebung einher, erst Formen lassen Bezüge und<br />
Strukturen in der Welt erkennen. Symbolische Formen sind somit Grundformen des Verstehens, die<br />
universell und intersubjektiv gültig sind und mit denen der Mensch seine Wirklichkeit gestaltet.<br />
<strong>Kultur</strong> ist die Art und Weise, wie der Mensch durch Symbole Sinn erzeugt. Symbole entstehen also<br />
stets in Verbindung zur Sinnlichkeit, haben aber einen Sinn, der über diese hinaus verweist:<br />
Jeder noch so ,elementare' sinnliche Inhalt ist [...] niemals einfach, als isolierter und<br />
abgelöster Inhalt, ,da'; sondern er weist in eben diesem Dasein über sich hinweg; er bildet<br />
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eine konkrete Einheit von ,Präsenz' und ,Repräsentation'.<br />
<strong>Kultur</strong> als ein Geflecht von symbolischen Beziehungen: »<strong>Kultur</strong> als Text«<br />
Besonders anschaulich läßt sich die Einbettung einzelner Symbole in eine übergeordnetes Ganzes<br />
fassen, wenn man <strong>Kultur</strong> metaphorisch als »Text« beschreibt. So wie ein einzelnes Wort in einem<br />
Satz erst seine genaue Bedeutung erhält, erhalten dann auch Gesten, Bilder, Kleidung, usf. ihre<br />
Bedeutung erst im Gesamtzusammenhang einer <strong>Kultur</strong>. Max Weber bestimmte bereits 1904 <strong>Kultur</strong><br />
als ein Gewebe von Zeichen:<br />
„›<strong>Kultur</strong>‹ ist ein vom Standpunkt des Menschen aus mit Sinn und Bedeutung bedachter<br />
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endlicher Ausschnitt aus der sinnlosen Unendlichkeit des Weltgeschehens.“<br />
›<strong>Kultur</strong>‹ ist damit für Weber alles: „Eine <strong>Kultur</strong>erscheinung ist die Prostitution so gut wie die<br />
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Religion oder das Geld.“ In neuerer Zeit hat Clifford Geertz seinen <strong>Kultur</strong>begriff an Weber<br />
angeschlossen:<br />
„Der <strong>Kultur</strong>begriff, den ich vertrete, ist wesentlich ein semiotischer. Ich meine mit Max<br />
Weber, daß der Mensch ein Wesen ist, das in selbstgesponnenen Bedeutungsgewebe<br />
verstrickt ist, wobei ich <strong>Kultur</strong> als dieses Gewebe ansehe. Ihre Untersuchung ist daher<br />
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