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Taufen, Hochzeiten und Begräbnisse - Bindschedler

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Familienstiftung Rudolf G. <strong>Bindschedler</strong><br />

<strong>Taufen</strong>, <strong>Hochzeiten</strong> <strong>und</strong> <strong>Begräbnisse</strong><br />

Auszug aus:<br />

«Allgemeine Angaben <strong>und</strong> vorläufige Ergebnisse<br />

zur Geschichte der Familie <strong>Bindschedler</strong>»<br />

Stand der Forschung 2010<br />

HMB <strong>Bindschedler</strong> Familiengeschichte<br />

Verfasst durch: Martin <strong>Bindschedler</strong>, Zürich<br />

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Familienstiftung Rudolf G. <strong>Bindschedler</strong><br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1 <strong>Taufen</strong>, <strong>Hochzeiten</strong> <strong>und</strong> <strong>Begräbnisse</strong>........................................................................................................ 3<br />

1.1 Namengebung 16. bis 21. Jahrh<strong>und</strong>ert ............................................................................................. 3<br />

1.2 Geburt <strong>und</strong> Taufe .............................................................................................................................. 7<br />

1.3 Hochzeit ............................................................................................................................................ 8<br />

1.4 Tod <strong>und</strong> Begräbnis ............................................................................................................................ 9<br />

HMB <strong>Bindschedler</strong> Familiengeschichte<br />

Verfasst durch: Martin <strong>Bindschedler</strong>, Zürich<br />

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Familienstiftung Rudolf G. <strong>Bindschedler</strong><br />

1 <strong>Taufen</strong>, <strong>Hochzeiten</strong> <strong>und</strong> <strong>Begräbnisse</strong><br />

Viel zu wenig wissen wir über unsere Vorfahren, deren Leben, Freuden <strong>und</strong> Nöte. Gerade die unzähligen<br />

«kleinen» Leute, Menschen, Familien, die nicht ins Rampenlicht der Geschichte hinausgetreten sind, sind<br />

schwierig fassbar. Oft wissen wir nur gerade, wann sie geboren <strong>und</strong> getauft wurden, wann sie geheiratet<br />

haben oder gestorben sind <strong>und</strong> wann sie begraben wurden. Wie im übrigen Leben waren <strong>Taufen</strong>, Heiraten<br />

<strong>und</strong> Beerdigungen von Kontrollen nicht ausgenommen <strong>und</strong> durch Sittenmandate der Obrigkeit stark<br />

reglementiert. Die Bräuche haben sich im Laufe der Jahrh<strong>und</strong>erte verändert. In der Folge sollen diese kurz<br />

für die Region Zürich <strong>und</strong> Umgebung zusammengefasst <strong>und</strong> erklärt werden.<br />

1.1 Namengebung 16. bis 21. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Die hohe Kindersterblichkeit <strong>und</strong> die Unwägbarkeiten des Lebens liessen die Eltern bei der Namenwahl auf<br />

bewährte Namen zurückgreifen, denn nach altem Volksglauben übertrugen sich die guten Eigenschaften<br />

von Götti <strong>und</strong> Gotte auf die Täuflinge.<br />

Nach der Reformation, in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh<strong>und</strong>erts, hat sich dieser Brauch so stark eingebürgert,<br />

dass es in gewisse Gemeinden keine Ausnahme gab. Auch wäre es für den Paten oder die Patin<br />

höchst unhöflich gewesen, wenn das Kind einen anderen Namen getragen hätte. 1 Dies galt zum Teil offenbar<br />

bis ins 19. Jahrh<strong>und</strong>ert hinein. 2 So ist es auch nicht weiter verw<strong>und</strong>erlich, dass es in grösseren Familien<br />

häufig zwei bis drei Kinder gab, die denselben Namen trugen. Übernamen, die zu deren Unterscheidung<br />

dienten, wie Kleinhans, Kleinanna, Junghans etc., blieben auch im Erwachsenenalter erhalten. 3 Seit dem 16.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert konnte vor jeden Männernamen auch «Hans» <strong>und</strong> seit dem 17. Jahrh<strong>und</strong>ert «Anna» bei den<br />

Mädchennamen gesetzt werden. Diese Zusätze erweiterten das Spektrum der Namen erheblich, 4 wenn es<br />

an vielen Orten auch zu einer blossen Formalität wurde <strong>und</strong> der Pfarrer fast immer Hs. beziehungsweise<br />

Hans oder A. beziehungsweise Anna als Namenzusatz im Taufbuch eintrug.<br />

Im Weinland war es Sitte, dass ab Mitte des 16. Jahrh<strong>und</strong>erts bis Ende des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts die Kinder oft<br />

den Vornamen des Vaters oder Grossvaters erhielten. So wurden die ersten Kinder auf den Namen der<br />

Grosseltern <strong>und</strong> die jüngeren auf den Namen der Eltern oder Paten getauft. Dies hing mit der alten Vorstellung<br />

zusammen, dass die Enkel mit den Grosseltern in besonderer Weise verb<strong>und</strong>en seien. Es bildeten sich<br />

so Familienstammnamen heraus, die über Generationen hinweg erhalten geblieben sind. So war es nicht<br />

weiter erstaunlich, dass manchmal der Vater als auch der Pate denselben Vornamen trug. In anderen Kantonsgebieten<br />

wurden die Namen für die Kinder bis ins 19. Jahrh<strong>und</strong>ert hinein nach Möglichkeit gemieden. 5<br />

Erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts kam man von der Sitte ab, die Kinder nach den Paten zu<br />

nennen <strong>und</strong> auch in unteren Schichten wurde es selbstverständlich, die Erstgeborenen nach den Eltern zu<br />

nennen. An der Wende des 19./20. Jahrh<strong>und</strong>erts wurde es sogar als Mangel an Religiosität angesehen,<br />

wenn die Erstgeborenen einen anderen Vornamen erhielten. Im Laufe des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts schliesslich<br />

wurden immer seltener die Erstgeborenen nach dem Vater genannt, manchmal noch als zweiter Vorname<br />

vorkommend. Doch meist erhielt auch der älteste Sohn einen ganz anderen Namen. 6<br />

Aus heutiger Sicht schwierig verständlich ist auch die Tatsache oder Sitte, dass Kinder oft den Namen verstorbener<br />

Geschwister erhielten. Dies hängt wohl mit der Überzeugung zusammen, dass die Mutter Erde die<br />

Verstorbenen in Neugeborenen wieder zurückgebe. An anderen Orten mied man diese ganz bewusst, weil<br />

man fürchtete, das Neugeborene müsse dann auch im Kindesalter sterben. 7<br />

Die Namen selbst veränderten sich zwischen Reformation <strong>und</strong> der Helvetik nur wenig <strong>und</strong> spiegelten oft mit<br />

einiger Verspätung zeitgeschichtliche Ereignisse wieder. Allzu ausgefallene, fremd klingende oder schwierig<br />

auszusprechende Namen hielten sich nicht <strong>und</strong> verschwanden wieder (zum Beispiel Emerentiana,<br />

Bantasilea etc.). 8 Neue Namen (zum Beispiel Adrian (Hadrian), Beat <strong>und</strong> andere) kamen in der Regel aus<br />

1 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.100<br />

2 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.102<br />

3 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.101<br />

4 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.101<br />

5 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.102-103<br />

6 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.103-104<br />

7 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.103<br />

8 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.104-105<br />

HMB <strong>Bindschedler</strong> Familiengeschichte<br />

Verfasst durch: Martin <strong>Bindschedler</strong>, Zürich<br />

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Familienstiftung Rudolf G. <strong>Bindschedler</strong><br />

der Stadt. Oft brachten diese die Pfarrer selbst auf das Land, da sie häufig selbst als Paten Kinder aus der<br />

Taufe hoben. Diese Namen fanden dann mit einer Verzögerung von 20 bis 40 Jahren auf dem Land<br />

Verbreitung. Hatte sich ein Name auf der Landschaft einmal eingebürgert, so blieb dieser in Gebrauch, auch<br />

wenn dieser in der Stadt bereits wieder verschw<strong>und</strong>en war (zum Beispiel Sara, Marx etc.). 9<br />

Nach der Reformation wurden die Knaben meist nach biblischen Vorbildern benannt. Die beliebtesten<br />

Namen waren Hans (Johannes, Hansli, Hensli etc.) <strong>und</strong> Jakob (Jaggli etc.), sowie deren Varianten. Mit<br />

Abstand folgten Andreas (Anderes), Peter (Petter), Stefan (Steffen), David etc. Alttestamentliche Namen wie<br />

Elias, Abraham, Isaac etc. wurden bereits im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert kaum mehr verwendet. 10<br />

Von den unzähligen Heiligennamen konnten sich nur gerade Ulrich, der Vorname des Reformators Zwingli,<br />

Felix, der Name des Stadtheiligen, <strong>und</strong> Kaspar über längere Zeit halten. Andere Heiligennamen wie<br />

Joachim, Othmar etc. blieben meist auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt, in welchem sie vorher verehrt<br />

wurden oder verbreitet gewesen sind. Ab dem 16. Jahrh<strong>und</strong>ert wurden dann, wie bereits erwähnt, zusammengesetzte<br />

Namen immer häufiger. Sie wurden manchmal öfter verwendet, als der Einzelname selbst. Um<br />

1700 stieg die Zahl der biblischen Namen, wohl unter dem Einfluss pietistischer Einflüsse nochmals stark an<br />

<strong>und</strong> Salomon, Cornelius, David <strong>und</strong> Daniel waren hoch im Kurs. 11 Zu den am häufigsten verwendeten<br />

Namen gehörten auch die deutschen Namen wie Heinrich (Heiri, Heini), Konrad (Churet), Rudolf (Ruedi,<br />

Ruedli) <strong>und</strong> deren Abwandlungen. 12 Unter den Top Ten vom 16. bis ins 18. Jahrh<strong>und</strong>ert finden sich nicht<br />

weniger als fünf kombinierte Namen, wie der Auswertung der von Erika Welti erfassten Namenlisten (siehe<br />

auch nachfolgende Tabellen) zu entnehmen ist.<br />

Bei den Mädchen schien man auf mehrsilbige, wohlklingende Namen Wert zu legen. So waren Anna<br />

(1. Platz), Elisabetha (2. Platz), Barbara (3. Platz), Verena (4. Platz) <strong>und</strong> Margaretha (5. Platz) die häufigsten<br />

Namen im Zeitraum vom 16. bis ins 18. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />

Während bei den Knaben über 20 biblische Namen auftraten, waren es bei den Mädchen nur gerade deren<br />

vier: Anna, Elisabetha, Magdalena <strong>und</strong> Susanna. Ebenso wurden oft Heiligennamen wie Barbara, Regula,<br />

Katharina, Margaretha <strong>und</strong> Verena verwendet. Agathe, Agnes, Dorothea, Küngold, Kleophea etc. wurden<br />

nur selten verwendet <strong>und</strong> traten zum Teil regional gehäuft auf. 13 Auffälligerweise fehlte der Name Maria unter<br />

den Top Ten. Nach der Reformation wurde der Name nur wenig verwendet. Erst im 17. <strong>und</strong> 18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

schien man den Namen alleine oder in den aufkommenden Kombinationen (zum Beispiel Anna Maria)<br />

wieder zu verwenden. 14 Allerdings scheinen die kombinierten Namen bei der Namenwahl für Mädchen<br />

wesentlich weniger beliebt gewesen zu sein, als bei den Knaben. Nicht ein einziger kombinierter Name fand<br />

sich in den Top Ten, während es bei den Knaben fünf kombinierte Namen in die Rangliste schafften.<br />

Die Französische Revolution <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>ene Untergang der alten Ordnung <strong>und</strong> die danach<br />

folgende Franzosenzeit prägten die Namengebung besonders stark. Neue aufklärerische Namen wie Emil,<br />

Karl (Charles, Kari) oder französisierte Namen wie Schang oder Schangli aus Jean (Hans) oder Schaaggi<br />

aus Jacques (Jakob) ersetzten oder ergänzten die allgemein gebräuchlichen Hans <strong>und</strong> Jakob. 15 Französisch<br />

klingende Namen wie Louise, Henriette, Züsette (Susette) <strong>und</strong> andere waren auch bei den Mädchen in. 16<br />

Später dann folgten im Zuge deutscher Flüchtlinge deutsche Namen wie Edwin, Oskar, Otto etc. 17 , bei den<br />

Mädchen Friederike, Wilhelmine <strong>und</strong> Christiane. 18 Im Verlaufe des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts fanden auch die Heiligennamen<br />

wie Klara, Therese <strong>und</strong> Franziska Verwendung oder aus Schillers «Willhelm Tell» entliehene Namen<br />

wie Walter, Werner, Arnold <strong>und</strong> Wilhelm bei den Knaben, Gertrud <strong>und</strong> Bertha bei den Mädchen. 19<br />

Der im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert beginnende <strong>und</strong> sich im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert durchsetzende Brauch, zwei, später drei<br />

oder sogar vier Vornamen zu geben, führte zu Kombinationen von alten <strong>und</strong> neuen Namen, wie beispielsweise<br />

Jakob Albert, mit Jakob als Rufname, beziehungsweise der Name des Paten oder später Ernst<br />

Kaspar, mit Ernst als Rufname <strong>und</strong> Kaspar als Name des Paten. Bei den Mädchen fanden sich Susanna<br />

Mathilde Gertrud oder Henriette Elisabetha. 20 Die Namen der Paten traten damit immer stärker in den<br />

9 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.105-106<br />

10 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.106-107<br />

11 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.106-107<br />

12 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.106<br />

13 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.108<br />

14 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.108-109<br />

15 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.107<br />

16 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.109<br />

17 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.107<br />

18 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.109<br />

19 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.109<br />

20 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.109<br />

HMB <strong>Bindschedler</strong> Familiengeschichte<br />

Verfasst durch: Martin <strong>Bindschedler</strong>, Zürich<br />

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Familienstiftung Rudolf G. <strong>Bindschedler</strong><br />

Hintergr<strong>und</strong>. 21 In der zweiten Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts entstanden als Gegenbewegung zur freisinnigen<br />

Theologie zahlreiche Freikirchen <strong>und</strong> religiöse Gemeinschaften, 22 deren Anhänger r<strong>und</strong> um den Zürichsee<br />

<strong>und</strong> dem Zürcher Oberland besonders zahlreich waren. Vornamen wie Gottlieb, Theodor etc., 23 die oft mit<br />

anderen geläufigen Namen kombiniert wurden, fanden eine grössere Verbreitung.<br />

Mitte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts waren Claudia, Brigitte, Monika <strong>und</strong> Susanne die häufigsten Mädchennamen,<br />

doch fanden sich neben Bibelnamen, Heiligennamen, römischer Kaisernamen <strong>und</strong> Filmstarnamen auch<br />

Sportlernamen oder die exotischen Namen von irgendwelchen Popsternchen oder Fernsehmoderatoren. 24<br />

Eine gewisse Renaissance erlebten auch viele längst vergessene Namen wie Peter, Christoph, Regula, 25<br />

doch fehlen die beliebten Namen des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts. Wer wollte 1950 schon sein Kind Karl/Karline,<br />

Emil/Emilie, Theodor oder Rosina nennen. Interessant auch, dass Kombinationen mit Hans wie Hansjürg,<br />

Hanspeter, Hansmartin (oder mit Bindestrich verb<strong>und</strong>en) wieder verwendet wurden. Daneben traten eine<br />

Vielzahl neuer Namen oder fremdsprachige Varianten bestehender Vornamen auf.<br />

Die Top Ten zwischen 1987 bis 2008 zeigen grosse Verschiebungen, insbesondere bei den Knaben.<br />

Während 1987 noch Michael (1. Platz), Daniel (2. Platz) <strong>und</strong> Patrick (3. Platz) die Rangliste anführten,<br />

belegten 1997 Luca, Marco, Simon <strong>und</strong> 2008 die Vornamen Leon, David <strong>und</strong> Luca die Spitzenplätze. Einzig<br />

der alte biblische Vorname David konnte sich in den Top Ten über die Jahre hinweg halten <strong>und</strong> belegte 1987<br />

den 10. Platz <strong>und</strong> 2008 sogar den 2. Platz in der jährlichen Rangliste, ebenso die beiden Namenformen<br />

Lukas <strong>und</strong> Luca zusammengenommen. Interessant auch der Aufstieg des alten Namens Johannes in Form<br />

der italienischen beziehungsweise rätoromanischen Variante Gian, der 2008 den 10. Platz der jährlichen<br />

Rangliste, jedoch nur den 55. Platz in der Gesamtrangliste von 1987 bis 2008 belegte. Sieben von zehn<br />

Vornamen aus dem Jahre 1987 schafften es in die Top Ten der Gesamtrangliste von 1987 bis 2008 <strong>und</strong><br />

Michael, Simon <strong>und</strong> Marco belegten die Spitzenplätze. Würden die beiden Namen Lukas 1 615 Nennungen<br />

(6. Platz) <strong>und</strong> Luca 1 721 Nennungen (5. Platz) zusammengenommen, so würden diese den erstplatzierten<br />

Michael mit 1 811 Nennungen weit hinter sich lassen. Andere alte Namen wie Hans, Heinrich, Konrad,<br />

Kaspar <strong>und</strong> Rudolf sind aus der Statistik verschw<strong>und</strong>en.<br />

Bei den Mädchen belegten 1987 Sarah (1. Platz), Laura (2. Platz) <strong>und</strong> Jasmin (3. Platz), im Jahre 1997<br />

Laura, Vanessa <strong>und</strong> Sarah <strong>und</strong> im Jahre 2008 Sara, Anna <strong>und</strong> Nina die Spitzenplätze. Interessant auch die<br />

Tatsache, dass sich die Mädchennamen Sara/Sarah, Anna, Nina <strong>und</strong> Laura über die Jahre hinweg in den<br />

Top Ten der jährlichen Rangliste halten konnten. Ganz besonders erstaunlich der alte Name Anna, der sich<br />

auch heute noch einer grossen Beliebtheit erfreut. Neun von zehn Vornamen aus dem Jahre 1987 schafften<br />

es in die Top Ten der Gesamtrangliste von 1987 bis 2008 <strong>und</strong> Laura, Sarah <strong>und</strong> Vanessa belegten die<br />

Spitzenplätze. Interessant die Beliebtheit des Vornamens Sarah (1 575 Nennungen) beziehungsweise Sara<br />

(1 282 Nennungen). Zusammengenommen würden diese beiden Varianten die Rangliste mit grossem<br />

Abstand mit 2 863 Nennungen gegenüber Laura mit 1 786 Nennungen anführen.<br />

Insgesamt kann gesagt werden, dass im ausgehenden 20. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> zu Beginn des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

sich viele neue Vornamen auch aus anderen Kulturen wiederfinden <strong>und</strong> nur wenige der alten Namen noch<br />

verwendet werden. Ausserdem ist ein Trend zu kürzeren Vornamen unverkennbar. Bei den unehelichen<br />

Kindern konnte bezüglich Namenwahl keine abweichende Regel zu den ehelichen Kindern festgestellt werden.<br />

Die in Teilen Deutschlands übliche Praxis, dass der Pfarrer den Namen des unehelichen Kindes bestimmte,<br />

konnte im Kanton Zürich nicht festgestellt werden. Sehr oft erhielten die Kinder anstelle des<br />

Namens der Paten, den Namen der Eltern. Der Gr<strong>und</strong> war wohl viel eher, dass bei der Taufe lediglich Taufzeugen,<br />

wie beispielsweise die Hebamme oder der Sigrist, <strong>und</strong> keine eigentlichen Paten anwesend waren. 26<br />

Die nachfolgenden Top Ten-Tabellen für die Vornamen zwischen dem 16. <strong>und</strong> 18.Jahrh<strong>und</strong>ert wurden aus<br />

den Listen bei Welti zusammengestellt. Es wurden einzelne Orte aus den unterschiedlichen Regionen des<br />

Kantons Zürich ausgewählt <strong>und</strong> deren Kirchenbücher im Abstand von je 20 Jahren ausgewertet.<br />

Erfassungsorte waren die Kirche St. Peter (Stadt Zürich), Stallikon ZH (Knonaueramt), Horgen/Oberrieden<br />

(See), Bäretswil (Oberland) <strong>und</strong> Stammheim (Unter-/Weinland). Als Erfassungsjahre wurden 1504(?),<br />

21 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.107<br />

22 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.107<br />

23 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.107<br />

24 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.109<br />

25 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.110<br />

26 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.110<br />

HMB <strong>Bindschedler</strong> Familiengeschichte<br />

Verfasst durch: Martin <strong>Bindschedler</strong>, Zürich<br />

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Familienstiftung Rudolf G. <strong>Bindschedler</strong><br />

1524(?), 1544, 1564, 1584, 1604, 1624, 1644, 1664, 1684, 1704, 1724, 1744, 1764, 1784 erwähnt. 27<br />

Allerdings ist unklar, ob die Kirchenbücher der Jahre 1504 <strong>und</strong> 1524 tatsächlich ausgewertet wurden<br />

(Anm.HMB2009).<br />

KNABEN Vornamen 16. bis 18. Jahrh<strong>und</strong>ert (Top10)<br />

RANG VORNAME<br />

1 Hans<br />

2 Hans Jakob<br />

3 Hans Heinrich<br />

4 Jakob<br />

5 Heinrich<br />

6 Hans Rudolf<br />

7 Rudolf<br />

8 Hans Konrad<br />

9 Hans Kaspar<br />

10 Kaspar<br />

MÄDCHEN Vornamen 16. bis 18. Jahrh<strong>und</strong>ert (Top10)<br />

RANG VORNAMEN<br />

1 Anna<br />

2 Elisabetha<br />

3 Barbara<br />

4 Verena<br />

5 Margaretha<br />

6 Regula<br />

7 Katharina<br />

8 Susanna<br />

9 Magdalena<br />

10 Anna Barbara<br />

Knaben Vornamen 1987 (Top Ten)<br />

Knaben Vornamen 2008 (Top Ten)<br />

Knaben Vornamen 1987-2008 (Top Ten)<br />

Mädchen Vornamen 1987 (Top Ten)<br />

Mädchen Vornamen 2008 (Top Ten)<br />

Mädchen Vornamen 1987-2008 (Top Ten)<br />

27 Welti Erika: Taufbräuche im Kanton Zürich. Gotthelf-Verlag, Zürich 1967. S.111-115<br />

HMB <strong>Bindschedler</strong> Familiengeschichte<br />

Verfasst durch: Martin <strong>Bindschedler</strong>, Zürich<br />

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Familienstiftung Rudolf G. <strong>Bindschedler</strong><br />

1.2 Geburt <strong>und</strong> Taufe<br />

14. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Bei der Taufe der Patenkinder durfte man nicht mehr als drei Schilling Zürcherpfennige schenken. Hielt man<br />

sich nicht daran, so hatte man eine Mark Zürcherpfennige Strafe zu bezahlen. 28<br />

15. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Die Patengeschenke wurden im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert auf fünf Schillinge Pfennige festgelegt. Die Hochzeitsgaben<br />

der nächsten Verwandten durften höchstens einen Gulden <strong>und</strong> diejenigen anderer Gäste fünf Schillinge<br />

Pfennige betragen. 29<br />

16. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Patenkinder aus höheren <strong>und</strong> wohlhabenden Familien erhielten zur Taufe kostbare Geschenke, die in späteren<br />

Jahren mit grosser Sorgfalt behandelt wurden. Auf dem Lande in gewissen Gegenden wurden oft fünf,<br />

sechs ja bis 16 Paten für denselben Täufling gesucht, wohl nicht zuletzt aus Geldgier! Die Synode 1560<br />

versuchte diesen Missbrauch zu unterbinden. Auch versuchte man gegen Ende des Jahrh<strong>und</strong>erts allzu<br />

grosszügigen Gaben Einhalt zu gebieten. 30<br />

17. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Früher erhielten die Patenkinder als Neujahrsgeschenke silberne Becher, Gürtel etc., doch nach wiederholten<br />

Missbräuchen <strong>und</strong> Klagen wurde um 1609/1616 bestimmt, dass nur noch Käse oder Lebkuchen<br />

im Werte von höchstens einer Krone geschenkt werden darf. Ab 1628 durften «Einbindeten» beziehungsweise<br />

Taufgeschenke nur noch in Papier eingewickelt werden <strong>und</strong> nicht mehr in den sogenannten<br />

«Einbindsäckchen». Der Wert durfte eine halbe Krone nicht übersteigen. Ebenso waren Taufessen untersagt.<br />

Das erste Neujahrsgeschenk sollte eine Krone <strong>und</strong> die weiteren nicht einen «Dicken» übersteigen. Die<br />

beliebten «Beithemdli» <strong>und</strong> «Gottenkittel», als erste Kleidli der Neugeborenen, sowie Löffel, Becher, Schalen<br />

<strong>und</strong> Fläschchen aus Silber durften weder an der Taufe, Gutjahr (Helsete), Würgeten, Zimpfeltag noch an der<br />

Stubeten gegeben werden. Bei Nichtbeachtung war eine Busse von 25 Pf<strong>und</strong> fällig. Bei armen Eltern war<br />

das Senden von Wein, Brot, Fleisch etc. nicht untersagt. Im ausgehenden 17. Jahrh<strong>und</strong>ert wurden die Vorschriften<br />

etwas gelockert. Nach wie vor wurde ein halber Gulden <strong>und</strong> Lebkuchen zum Gutjahr gegeben,<br />

doch war ab 1697 erlaubt, den Bürgerkindern einen Dukaten (Gold) zum ersten Gutjahr zu senden.<br />

Interessant in diesem Zusammenhang, dass einige fürstliche oder gräfliche Herren häufig die Stadt Zürich<br />

alleine oder zusammen mit anderen Orten der Eidgenossenschaft als Paten für ihre Söhne einsetzten, denn<br />

die Stadt liess sich die Patengeschenke zum Teil viel Geld kosten. 31<br />

18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Bei den wohlhabenden Bürgern der Städte <strong>und</strong> Winterthur wurde die Ankunft eines neuen Erdenbürgers den<br />

Verwandten <strong>und</strong> Bekannten mit dem Versand eines «Freudmaien» angezeigt. Ein Freudmaien war ein<br />

grosser, künstlich geb<strong>und</strong>ener Strauss von möglichst seltenen Blumen, der durch ein weit herab hängendes<br />

Band geschmückt war <strong>und</strong> von einem Dienstboten in die Häuser gebracht wurde. Die Taufe erfolgte bald<br />

nach der Geburt, meist in der Kirche, da ja mehrmals pro Woche Gottesdienst gehalten wurde. Der Täufling<br />

wurde oft auf der Hauptstrasse zur Kirche getragen, in der Hoffnung, dass sie einst gerade handeln oder<br />

dass sie später «behände» <strong>und</strong> «thätig» sein werden. Waren mehrere Täuflinge, so taufte man die Knaben<br />

zuerst, aus der Furcht, dass sie später sonst keine Bärte kriegen würden.<br />

Die Taufzeugen gingen, je nachdem ob sie ledig oder verheiratet waren, mit einem zahlreichen Geleit<br />

Lediger oder Verheirateter zur Kirche. Oft wurde ihnen im Hause der Wöchnerin oder in einem Wirtshaus mit<br />

dem «Hoffartswein» aufgewartet. Mädchen, welche die Patenstelle vertraten, trugen Schäppeli <strong>und</strong> Kränzchen,<br />

welche sich jedoch auf Gegenden beschränkte, in welchen die Tracht getragen wurde. Schäppeli sind<br />

kleine Kronen, die auf dem Kopf getragen wurden. Sie waren meist aus Gold oder vergoldetem Silber <strong>und</strong><br />

28 Gerold Meyer von Knonau: Der Kanton Zürich, historisch-geographisch-statistisch geschildert von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Zweiter<br />

Band. 2. umgearbeitete <strong>und</strong> vermehrte Auflage. Huber &Cie. 1846. S.131-132<br />

29 Gerold Meyer von Knonau: Der Kanton Zürich, historisch-geographisch-statistisch geschildert von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Zweiter<br />

Band. 2. umgearbeitete <strong>und</strong> vermehrte Auflage. Huber &Cie. 1846. S.139<br />

30 Gerold Meyer von Knonau: Der Kanton Zürich, historisch-geographisch-statistisch geschildert von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Zweiter<br />

Band. 2. umgearbeitete <strong>und</strong> vermehrte Auflage. Huber &Cie. 1846. S.152-154<br />

31 Gerold Meyer von Knonau: Der Kanton Zürich, historisch-geographisch-statistisch geschildert von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Zweiter<br />

Band. 2. umgearbeitete <strong>und</strong> vermehrte Auflage. Huber &Cie. 1846. S.166-168<br />

Seite 7 von 10<br />

HMB <strong>Bindschedler</strong> Familiengeschichte<br />

Verfasst durch: Martin <strong>Bindschedler</strong>, Zürich


Familienstiftung Rudolf G. <strong>Bindschedler</strong><br />

waren mit Juwelen oder Perlen besetzt. 32 Als Geschenk erhielten die Patenkinder das «Einbindegeschenk»,<br />

welches höchstens einen Wert von einem Speciesthaler haben durfte. In der Stadt erhielten die Getauften<br />

von ihrem Mitgevatter oder Paten einen Steifschilling als Geschenk. Nach vollendeter Wochenzeit beziehungsweise<br />

Kindbett besuchten die Mütter oft als erstes das «Haus des Herrn», die Kirche, <strong>und</strong> bedankten<br />

sich insbesondere auf dem Lande mit einem Kuchen, um diesen an die Armen zu verteilen. 33<br />

1.3 Hochzeit<br />

14. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Bei den <strong>Hochzeiten</strong> durfte jeder Ehepartner lediglich je zehn Männer <strong>und</strong> zehn Frauen einladen, Kinder <strong>und</strong><br />

Gesinde nicht inbegriffen. Zur Tafel sollte man sich nur einmal begeben <strong>und</strong> bloss zwei Sänger, zwei Geiger<br />

<strong>und</strong> zwei Toiber (???) anstellen. Der Gatte hatte am Morgen nach der Brautnacht die Frau mit einer aus<br />

einer «beweglichen Sache» bestehenden Morgengabe beschenkt. Man bezog dies auf das Opfer, welches<br />

das reine Weib, die Jungfrau, mit ihrem Leib dem Manne dargebracht hatte. Eine Witwe hatte die Morgengabe<br />

den Erben des Mannes gegenüber zu beschwören, wohl, dass sie damit abgef<strong>und</strong>en war. Meist genügte<br />

ein blosser Schwur auf der Brust oder auf Brust <strong>und</strong> Zöpfe. Wiederverehelichte Witwen erhielten keine<br />

Morgengabe mehr. 34<br />

15. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Keine Angaben<br />

16. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Oft wurde früh geheiratet. Mädchen über 14 <strong>und</strong> Knaben über 16 Jahren konnten bereits heiraten, doch<br />

wenn man die Heiraten in dieser Arbeit untersucht, so kann gesagt werden, dass üblicherweise zwischen<br />

dem 18. <strong>und</strong> dem 25. Lebensjahr geheiratet wurde. Bräute, die keine Jungfrauen mehr waren, hatten es<br />

nicht einfach. Es war in Winterthur <strong>und</strong> Stein üblich, dass diese bei der Heirat mit dem Brautkranze geschmückt<br />

zwischen zwei Hebammen zur Kirche geleitet wurden.<br />

Die Obrigkeit versuchte Missbräuche <strong>und</strong> überbordende Feste mit Mandaten zu beschränken. Die Zeitdauer<br />

des Festes, die Zahl der geladenen Gäste, der Preis der Mahlzeit, der Wert der Geschenke <strong>und</strong> noch viele<br />

andere Dinge wurde festgelegt. Bis ins Jahr 1560 blieb das Hochzeitsfest auf einen Tag beschränkt. Danach<br />

wurde auch der darauffolgende Tag als Nachhochzeit gestattet.<br />

Viele wohlhabende Ehepaare hielten sich nicht an diese Regeln, wie das Beispiel der Heirat von Jakob von<br />

Cham mit Verena Wirz, der Tochter des Ammann von Erlenbach zu Wädenswil, am 2. August 1546 in<br />

Wädenswil zeigte. Die Hochzeit dauerte vier Tage. Das Fest wurde ausführlich von Heinrich Wirri, einem<br />

Spielmann aus Aarau, in Versen beschrieben. Neben etwa 1 000 Mann mit Spiessen <strong>und</strong> Büchsen auf 21<br />

Schiffen kamen auch das «gemeine Volk in grosser Schar, Huren, Spiellüth, Bättler <strong>und</strong> anders Gsind». An<br />

31 Tischen wurden die Gäste bewirtet <strong>und</strong> er fügte seiner Beschreibung bei: «Der Wein ist mir ins Haupt<br />

geschlagen, dann ich bin zlang am Tisch gesessen darumb so han ich viel vergessen».<br />

Eine prachtvolle Hochzeit wurde auch im Jahre 1600 ausgerichtet. Heinrich von Zoller <strong>und</strong> Magdalena<br />

Edlibach luden 200 Gäste ein. Das Gedeck für einen Mann kostete damals 24, eines für die Frau 22 Schillinge.<br />

Es wurden Wildbret, Spanferkel, Hähne, Capaune, Rebhühner <strong>und</strong> vieles mehr aufgetischt.<br />

Auf der Landschaft hielt man sich keineswegs zurück <strong>und</strong> es gab wiederholt Klagen. So wurden 1589 in<br />

Grüningen beanstandet, dass bei <strong>Hochzeiten</strong> zwei, ja manchmal drei Kirchenspiele geladen. Da diese<br />

Feiern oft an Sonntagen stattfinden würden, würde der Gottesdienst vernachlässigt. Die Jugend würde durch<br />

«schändliche Reden» <strong>und</strong> «ärgerliche Entblössungen» verdorben <strong>und</strong> das viele «unnütze Bubenvolk von<br />

Lyrern, Geigern» führe zu einem Sittenzerfall. Bullinger bemängelte, dass man bereits am Verlobungstage<br />

ein «grosses Gewühl» <strong>und</strong> «Gefrässe» veranstalte, dass das Brautpaar sich die gleiche Nacht «zusammen-<br />

32 Gerold Meyer von Knonau: Der Kanton Zürich, historisch-geographisch-statistisch geschildert von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Erster<br />

Band. 2. umgearbeitete <strong>und</strong> vermehrte Auflage. Huber &Cie. 1844. S.213<br />

33 Gerold Meyer von Knonau: Der Kanton Zürich, historisch-geographisch-statistisch geschildert von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Zweiter<br />

Band. 2. umgearbeitete <strong>und</strong> vermehrte Auflage. Huber &Cie. 1846. S.184-186<br />

34 Gerold Meyer von Knonau: Der Kanton Zürich, historisch-geographisch-statistisch geschildert von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Zweiter<br />

Band. 2. umgearbeitete <strong>und</strong> vermehrte Auflage. Huber &Cie. 1846. S.131-132<br />

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HMB <strong>Bindschedler</strong> Familiengeschichte<br />

Verfasst durch: Martin <strong>Bindschedler</strong>, Zürich


Familienstiftung Rudolf G. <strong>Bindschedler</strong><br />

deren Preis etwa eine Mark Silber betrug. Oft liess man dann die grosse Kirchenglocke läuten <strong>und</strong> bezahlte<br />

dafür dem Sigrist im Sommer einen Schilling <strong>und</strong> im Winter zwei. Die Beerdigung eines Säuglings bis ein<br />

Jahr kostete von Februar bis November vier Deniers, Kinder von ein bis acht Jahren sechs Deniers, Kinder<br />

von acht bis 15 Jahren acht Deniers, von 15 bis 20 Jahren 10 Deniers <strong>und</strong> Erwachsene ab 20 Jahren ein<br />

Schilling. Im Winter, von November bis Februar, stiegen die Begräbniskosten auf das Doppelte. Arme wurden<br />

jedoch kostenlos bestattet. Der Sarg musste mindestens eine Elle hoch mit Erde bedeckt sein. Grabsteine<br />

durften angebracht werden, doch durften diese maximal sieben Fuss lang <strong>und</strong> drei Fuss breit sein. 38<br />

15. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Keine Angaben<br />

16. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Nach der Reformation kam die Sitte auf, sich bei Todesfällen schwarz zu kleiden. Bei den <strong>Begräbnisse</strong>n<br />

beziehungsweise den «Leichenbegängnissen» war es üblich, dass aus jedem Hause wenigstens eine<br />

erwachsene Person kam, um das Beileid zu bezeugen. Auf dem Lande trug man die Toten auf einem Brett<br />

zu Grabe <strong>und</strong> bis um die Mitte des Jahrh<strong>und</strong>erts wurden in Zürich manchmal Leichen ohne Sarg <strong>und</strong> ohne<br />

Wissen der Totengräber auf dem Friedhof zur Beerdigung abgestellt. Nach dem Begräbnis war es Sitte, eine<br />

Mahlzeit zu veranstalten beziehungsweise «die Toten zu vertrinken». 1586 klagt das Kapitel, dass in<br />

Wädenswil, Richterswil, Horgen <strong>und</strong> Männedorf das «Todtenfressen» üblich geworden wäre <strong>und</strong> an einem<br />

einzigen Begräbnis seien 130 Personen anwesend gewesen. 39<br />

17. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Wie bereits im vorhergehenden Jahrh<strong>und</strong>ert gaben Leichenmähler wiederholt Anlass zu Diskussionen. 40<br />

18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

<strong>Begräbnisse</strong> wurden durch die «Leichenbitterin» (Kirchgangsagerin) am Tage vorher in den Vorstädten <strong>und</strong><br />

am Beerdigungstage in der Stadt selbst verkündet. Die Familie spannte zu beiden Seiten der Haustür <strong>und</strong> im<br />

inneren des Hauses schwarze Tücher auf. Um zwei Uhr nachmittags kamen die Verwandten der verstorbenen<br />

Person ins Trauerhaus <strong>und</strong> um drei Uhr setzten sich im grössten Zimmer in einen Kreis. Die Männer<br />

traten vor das Haus, um sich das Beileid bezeugen zu lassen. Den ersten sechs bis sieben Mitbürgern,<br />

Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Nachbarn wurde die Hand gereicht, erst die Frauen, dann die Männer. Die Frauen begaben<br />

sich ins Haus, um den Frauen drinnen ebenfalls die Hand reichen zu können. Oft waren die Stuben zu klein<br />

<strong>und</strong> die fremden Personen zu zahlreich, so dass auch die übrigen Räume im Haus offen standen. Die Neugier<br />

der Besucher führte oft zu Streitereien. Respektspersonen oder Zünfter wurden dann oft von den Mitzünftern<br />

oder Ratsmitgliedern zu Grabe getragen. Auf dem Lande nähte man die Leiche meist in ein Tuch<br />

ein, so dass lediglich das Gesicht sichtbar blieb. Die Nadel liess man dann im Tuche stecken oder behielt<br />

sie, weil man ihr eine besondere Kraft zuschrieb. Der Verstorbene wurde insbesondere auf dem Land meist<br />

schon nach 24 St<strong>und</strong>en beerdigt. 41<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>ert (???)<br />

In Bearbeitung<br />

38 Gerold Meyer von Knonau: Der Kanton Zürich, historisch-geographisch-statistisch geschildert von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Zweiter<br />

Band. 2. umgearbeitete <strong>und</strong> vermehrte Auflage. Huber &Cie. 1846. S.131-132<br />

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Band. 2. umgearbeitete <strong>und</strong> vermehrte Auflage. Huber &Cie. 1846. S.152-154<br />

40 Gerold Meyer von Knonau: Der Kanton Zürich, historisch-geographisch-statistisch geschildert von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Zweiter<br />

Band. 2. umgearbeitete <strong>und</strong> vermehrte Auflage. Huber &Cie. 1846. S.166-168<br />

41 Gerold Meyer von Knonau: Der Kanton Zürich, historisch-geographisch-statistisch geschildert von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Zweiter<br />

Band. 2. umgearbeitete <strong>und</strong> vermehrte Auflage. Huber &Cie. 1846. S.184-186<br />

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HMB <strong>Bindschedler</strong> Familiengeschichte<br />

Verfasst durch: Martin <strong>Bindschedler</strong>, Zürich

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