20.11.2013 Aufrufe

Kinder auf dem Weg - VCS Verkehrs-Club der Schweiz

Kinder auf dem Weg - VCS Verkehrs-Club der Schweiz

Kinder auf dem Weg - VCS Verkehrs-Club der Schweiz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Kin<strong>der</strong></strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong><br />

<strong>Weg</strong>:<br />

Mehr Sicherheit<br />

und mehr<br />

Bewegungsfreiheit<br />

Ausführungen von<br />

Marco Hüttenmoser<br />

Netzwerk Kind und Verkehr<br />

Voraussetzungen<br />

für einen<br />

selbstständigen Schulweg<br />

zu Fuss o<strong>der</strong> mit <strong>dem</strong> Fahrrad<br />

Der Alltag und die Entwicklung <strong>der</strong><br />

<strong>Kin<strong>der</strong></strong> wird durch den<br />

Strassenverkehr geprägt.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

<strong>Kin<strong>der</strong></strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Weg</strong><br />

Marco Hüttenmoser, Netzwerk KInd und Verkehr<br />

<strong>VCS</strong> AG, Tagung vom 20. November<br />

Wie Sie sehen weicht <strong>der</strong> Titel meines Vortrages vom Werkstatthema ab.<br />

Ich habe das Stichwort „Schulweg“ durch „<strong>Kin<strong>der</strong></strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Weg</strong>“ ersetzt Der<br />

Ausdruck „<strong>Kin<strong>der</strong></strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Weg</strong>“ ist umfassen<strong>der</strong> als „Schulweg“. <strong>Kin<strong>der</strong></strong><br />

sind auch in <strong>der</strong> Freizeit unterwegs und das bedeutend mehr als <strong>auf</strong> <strong>dem</strong><br />

<strong>Weg</strong> in die Schule. Dies zeigt auch die Unfallforschung. Obwohl die Schulwegunfälle<br />

bis heute nicht separat erfasst werden, geht die BFU davon aus,<br />

dass ungefähr ein Sechstel <strong>der</strong> <strong>Verkehrs</strong>unfälle mit <strong>Kin<strong>der</strong></strong>n Schulwegunfälle<br />

sind. An<strong>der</strong>e gehen eher von einem Viertel aus. Der Ausdruck „<strong>Kin<strong>der</strong></strong> <strong>auf</strong><br />

<strong>dem</strong> <strong>Weg</strong>“ ist allerding noch nicht befriedigend. Er verweist zu einseitig <strong>auf</strong><br />

zielgerichtete <strong>Weg</strong>e. Dabei wird übergangen, dass <strong>Kin<strong>der</strong></strong> oft ganz einfach im<br />

Freien o<strong>der</strong> eben <strong>auf</strong> <strong>der</strong> Strasse sind, um dort mit an<strong>der</strong>n <strong>Kin<strong>der</strong></strong>n zu spielen,<br />

mit <strong>dem</strong> Dreirad o<strong>der</strong> Zweirad herum zu fahren o<strong>der</strong> herumzurennen. All<br />

diese Aktivitäten, die vor allem im nahen Wohnumfeld stattfinden, werden im<br />

Mikrozensus nicht erfasst. Dort werden nur zielgerichtete <strong>Weg</strong>e festgehalten.<br />

Hinzukommt, dass <strong>der</strong> Mikrozensus auch die Aktivitäten <strong>der</strong> jüngeren <strong>Kin<strong>der</strong></strong>,<br />

d.h. <strong>der</strong> unter Sechsjährigen nicht erhebt. Es scheint, dass man davon<br />

ausgeht, dass diese immer von Erwachsenen begleitet werden. Ein Irrtum<br />

selbstverständlich.<br />

Voraussetzungen für einen selbstständigen Schulweg:<br />

zu Fuss o<strong>der</strong> mit <strong>dem</strong> Fahrrad<br />

Einige von Ihnen wissen, dass ich in letzter Zeit mit <strong>dem</strong><br />

<strong>VCS</strong> gestritten habe. Der Streitpunkt betrifft den Pedibus.<br />

Völlig einig sind wir uns hingegen im Ziel: <strong>Kin<strong>der</strong></strong> müssen<br />

möglichst früh die Möglichkeit erhalten, ohne Begleitung<br />

durch Erwachsene und ohne an<strong>der</strong>sartige Lotsendienste<br />

in den <strong>Kin<strong>der</strong></strong>garten o<strong>der</strong> in die Schule zu kommen. Wie<br />

dies am besten gelingen kann, wird deutlich, wenn wir den<br />

Schulweg nicht isoliert betrachten und auch das Aufwachsen<br />

<strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong>, lange bevor sie in den <strong>Kin<strong>der</strong></strong>garten o<strong>der</strong> in die<br />

Schule gehen, in unsere Betrachtung einbeziehen. Dazu ist<br />

es unumgänglich festzustellen, dass <strong>der</strong> Strassenverkehr<br />

den Alltag und die Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong> wesentlich<br />

beeinflusst. Ich beschäftige mich seit 1980 eingehend mit<br />

diesem Thema. Äusseres Zeichen bildete damals das „Beulendreieck“<br />

(4).<br />

Aufgrund verschiedener Forschungsergebnisse muss man<br />

heute davon ausgehen, dass <strong>Kin<strong>der</strong></strong>, die in Wohnumfel<strong>der</strong>n<br />

<strong>auf</strong>wachsen, die vom Strassenverkehr gefährdet sind und<br />

die es nicht zulassen, dass die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> dort unbegleitet von<br />

Erwachsenen spielen können in ihrer motorischen und sozialen<br />

Entwicklung sowie in ihrer Selbstständigkeit bereits im<br />

Alter von fünf Jahren starke Defizite gegenüber <strong>Kin<strong>der</strong></strong>n aus<br />

guten Wohnumfel<strong>der</strong>n <strong>auf</strong>weisen.<br />

(Bild 5: Wer täglich Autokolonnen sei dies nun in fahren<strong>der</strong><br />

o<strong>der</strong> stehen<strong>der</strong> Form vor <strong>der</strong> Haustüre erlebt, wird auch mit<br />

seinen Spielzeugautos „Kolonnen bauen“)<br />

Ein Viertel bis zu einem Drittel <strong>der</strong><br />

<strong>Schweiz</strong>er <strong>Kin<strong>der</strong></strong> wird bis im Alter<br />

von fünf Jahren wie Batteriehühner<br />

gehalten.<br />

Verdrängung<br />

8<br />

9<br />

10<br />

11<br />

12<br />

13<br />

14<br />

Die motorischen Aktivitäten werden in einem ungünstigen<br />

Wohnumfeld stark eingeschränkt. Die Strasse stoppt die<br />

<strong>Kin<strong>der</strong></strong> in ihrem Wunsch sich zu bewegen (6). In einer guten<br />

Begegnungszone (7) hingegen sind vielfältige Bewegungsspiele<br />

möglich.<br />

Wenn wir die Mütter zwingen, ihre <strong>Kin<strong>der</strong></strong> über Jahre hinweg<br />

an die Hand zu nehmen, werden die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> unselbstständig.<br />

Es entsteht eine gegenseitige Abhängigkeit.(8,9)<br />

Ein weiteres Feld bildet die Wahrnehmung <strong>der</strong> Umwelt.<br />

Wir liessen im Rahmen eines Nationalfondsprojekts in<br />

Basel, 173 <strong>Kin<strong>der</strong></strong> kurz nach ihrem Eintritt in die Schule<br />

das Wohnumfeld zeichnen. Zugleich wurden sie gefragt,<br />

ob sie im Freien unbegleitet spielen dürfen und wie viele<br />

Spielkameraden sie dort hätten: Wer im Freien spielen<br />

kann, hat im Schnitt 12 Spielkameraden, wer nicht noch<br />

<strong>der</strong>en zwei. <strong>Kin<strong>der</strong></strong> aus einem guten Umfeld zeichneten<br />

durchschnittlich 16 Objekte (<strong>Kin<strong>der</strong></strong>, Spielgeräte, Tiere,<br />

Pflanzen), die an<strong>der</strong>n <strong>Kin<strong>der</strong></strong> noch <strong>der</strong>en zwei. Konkret<br />

sieht dies so aus: Bild 10 und 11<br />

Im Anschluss an unsere Untersuchungen in <strong>der</strong> Stadt<br />

Zürich hiess es immer „typisch Stadt“ <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Land haben<br />

wir es besser. Ich organisierte eine Vergleichsuntersuchung<br />

<strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Land in insgesamt 7 grösseren und<br />

kleinen Ortschaften: Das Ergebnis, in gewissen insbeson<strong>der</strong>e<br />

kleinen an Hauptstrassen entlang gebauten Dörfern,<br />

können weit mehr <strong>Kin<strong>der</strong></strong> nicht unbegleitet im Freien spielen<br />

als in <strong>der</strong> Stadt.<br />

Wir können davon ausgehen, dass in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> ein<br />

Viertel bis zu einem Drittel <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong> bis im Alter von<br />

fünf Jahren wie Batteriehühner <strong>auf</strong>wachsen. – Das<br />

war nicht immer so!<br />

Verdrängung<br />

Ein kurzer Blick.<br />

Noch um 1900 betonten die Schulbehörden <strong>der</strong> Stadt<br />

Zürich wie wichtige das Spiel <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong> im Freien sei. 20<br />

Jahre später erscheinen die ersten <strong>Verkehrs</strong>erziehungsbüchlein,<br />

die in kaum zu übertreffenden Deutlichkeit zeigen,<br />

dass die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> nicht mehr <strong>auf</strong> die Strasse gehören.<br />

(14: <strong>Verkehrs</strong>erziehungsbüchlein Kanton Bern)<br />

Natürlich liessen sich die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> nicht so rasch aus <strong>dem</strong><br />

Strassenraum vertreiben. Erst in den 70er Jahren mit<br />

<strong>dem</strong> starken Anstieg <strong>der</strong> <strong>Verkehrs</strong>unfälle mit <strong>Kin<strong>der</strong></strong>n<br />

begannen die Eltern damit, ihre <strong>Kin<strong>der</strong></strong> „aus <strong>dem</strong> Verkehr“<br />

zu ziehen. Deutlich zeigt sich dies in <strong>der</strong> Unfallstatistik.<br />

Die Unfälle mit <strong>Kin<strong>der</strong></strong>n gegen allerdings nicht<br />

so schön kontinuierlich zurück, wie dies die offziellen


Der Schulweg beginnt beim Kleinkind<br />

vor <strong>der</strong> Haustüre.<br />

15<br />

16<br />

17<br />

18<br />

19<br />

20<br />

21<br />

Statistiken wahrhaben wollen. (15) Schaut man genauer<br />

hin und glie<strong>der</strong>t die Unfälle nach kleineren Altersgruppen<br />

und verschiedenen Arten <strong>der</strong> Mobilität <strong>auf</strong> (16), so zeigt<br />

sich, dass ein deutlicher Rückgang <strong>der</strong> Unfälle fast ausschliesslich<br />

die Gruppe <strong>der</strong> fünf- bis neunjährigen <strong>Kin<strong>der</strong></strong><br />

betrifft, sofern diese zu Fuss untrewegs sind. Es sind jene<br />

<strong>Kin<strong>der</strong></strong>, die nicht mehr im Freien spielen dürfen. Es gibt<br />

keine <strong>Verkehrs</strong>sicherheitsmassnahme, die sich in<br />

ihren Auswirkungen <strong>der</strong>art einseitig <strong>auf</strong> die jüngeren<br />

<strong>Kin<strong>der</strong></strong> auswirken würde. Einen Nachweis für die These,<br />

dass <strong>der</strong> deutliche Unfallrückgang wesentlich <strong>auf</strong> einer<br />

Verdrängung aus <strong>dem</strong> Strassenraum beruht, lässt sich<br />

auch den Velofahrern finden (gepunktete Linie). Seit den<br />

frühen 90er Jahren stellen wir einen deutlichen Rückgang<br />

<strong>der</strong> Unfälle von Fahrradfahrern fest. Die <strong>Verkehrs</strong>organisationen<br />

hoben dies jeweils lobend hervor, allen voran die<br />

BFU. Dies obwohl <strong>der</strong> Mikrozensus <strong>auf</strong>gezeigt hat, dass<br />

im gleichen Zeitraum das Velofahren massiv zurückging!<br />

(Die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> haben es jedoch in ihren Zeichnungen längst<br />

begriffen:17)<br />

Seit über zehn Jahren versuche ich den offiziellen Organisationen<br />

klar zu machen, dass nur überfahren werden<br />

kann, was sich auch <strong>auf</strong> <strong>der</strong> Strasse bewegt. Man<br />

wollte davon aber nichts wissen und lobte den jeweiligen<br />

Unfallrückgang weiterhin übers Kraut. Das könnte sich<br />

möglicherweise än<strong>der</strong>n. In ihrem neuesten SINUS Report<br />

2010,(S. 36). Dort heisst es : „Ob diese (günstigen) Entwicklungen<br />

<strong>auf</strong> eine rückläufige Exposition bei<strong>der</strong> Altersgruppen<br />

- bei <strong>Kin<strong>der</strong></strong>n/Jugendlichen und Senioren – <strong>auf</strong><br />

eine rückläufige Exposition zurückzuführen sind, kann<br />

angesichts <strong>der</strong> fehlenden Mikrozensus-Daten seit 2005…<br />

zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden“.<br />

Aus <strong>dem</strong> Strassenraum verdrängt werden die schwächeren<br />

<strong>Verkehrs</strong>teilnehmer, insbeson<strong>der</strong>e die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> nicht nur<br />

vom fahrenden, son<strong>der</strong>n auch vom stehenden Strassenverkehr.<br />

(18,19,20)<br />

Die Folgen <strong>der</strong> Verdrängung und <strong>der</strong> Schulweg<br />

70 Prozent <strong>der</strong> Eltern fünfjähriger <strong>Kin<strong>der</strong></strong> in <strong>der</strong> Stadt, 80<br />

sind es <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Land, geben an, dass <strong>der</strong> Strassenverkehr<br />

die Hauptursache dafür sei, dass ihre <strong>Kin<strong>der</strong></strong> nicht<br />

mehr im Freien spielen dürfen. Die daraus resultierenden<br />

Defizite bezüglich motorischer und sozialer Entwicklung<br />

sowie in Bezug <strong>auf</strong> die Selbstständigkeit habe ich erwähnt.<br />

– Der Schulweg beginnt nun aber vor <strong>der</strong> Haustüre<br />

und er verlangt, soll er selbstständig unter die<br />

Füsse genommen werden, ein gutes Mass an Selbstständigkeit<br />

und Übung im Sozialverhalten.<br />

Dauer <strong>der</strong> Begleitung in den <strong>Kin<strong>der</strong></strong>garten<br />

und Spiel im Wohnumfeld (N: A = 483/B = 93)<br />

ganze <strong>Kin<strong>der</strong></strong>gartenzeit und<br />

länger<br />

ein Jahr<br />

einige Monate<br />

max. 1 Monat<br />

keine Begleitung<br />

0 10 20 30 40 50 60<br />

B: kein Spiel im Freien<br />

A: Spiel im Freien<br />

Die wichtigsten Qualitäten des<br />

Schulweges liegen, sofern man ihn<br />

selbstständig zu Fuss geht,<br />

im sozialen und emotionalen Bereich<br />

sowie in <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong><br />

Umwelt.<br />

22<br />

23<br />

24<br />

25<br />

26<br />

27<br />

28<br />

Wer seine Kindheit weitgehend als Batteriehuhn in <strong>der</strong><br />

Wohnung verbringt – wie das Kind, das diese Zeichnung<br />

gemacht hat (22), für das wird <strong>der</strong> <strong>Weg</strong> in die Schule zum<br />

schmalen Pfad umwogt von wild gewordenen Strassen mit<br />

ebenso wild in sie verwobenen Zebrastreifen.<br />

Tatsächlich vertreten jene Eltern, <strong>der</strong>en <strong>Kin<strong>der</strong></strong> nicht im<br />

Freien spielen dürfen, die Meinung, dass sie ihre <strong>Kin<strong>der</strong></strong><br />

noch lange nicht allein in den <strong>Kin<strong>der</strong></strong>garten und möglicherweise<br />

auch nicht in die Schule gegen lassen. (23) Ganz im<br />

Gegenteil zu jenen Eltern, <strong>der</strong>en <strong>Kin<strong>der</strong></strong> in guten Wohnumfel<strong>der</strong>n<br />

<strong>auf</strong>gewachsen sind. Diese konnten dort nicht nur<br />

ihre Selbstständigkeit entfalten, son<strong>der</strong>n auch frühe Erfahrungen<br />

mit einem gemässigten und rücksichtsvollen Strassenverkehr<br />

machen.<br />

Wo liegt nun die grosse Bedeutung des Schulweges?<br />

Die <strong>der</strong>zeit l<strong>auf</strong>ende För<strong>der</strong>ung des Schulweges durch<br />

Swissbalance und die Übernahme entsprechen<strong>der</strong> Programme<br />

durch zahlreiche Kantone beruht vor allem <strong>auf</strong><br />

<strong>der</strong> Angst vor Übergewicht bei <strong>Kin<strong>der</strong></strong>n. Dazu ist beizufügen,<br />

dass die Bedeutung des Schulweges, was die Bewegungsför<strong>der</strong>ung<br />

betrifft, weit überbewertet wird. Natürlich<br />

ist nichts dagegen einzuwenden, wenn die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> zu Fuss<br />

in die Schule gehen, aber sie werden dabei wohl kein<br />

Gramm an Gewicht verlieren. 10 Minuten o<strong>der</strong> auch etwas<br />

mehr gemütlich in die Schule trotteln bringt kaum etwas.<br />

Bezeichnend dabei ist, dass dort, wo am meisten gegen<br />

Bewegungsmangel und Übergewicht getan werden kann,<br />

nämlich durch die För<strong>der</strong>ung guter Wohnumfel<strong>der</strong> und<br />

Begegnungszonen nichts, o<strong>der</strong> fast nicht geschieht. Die<br />

Politiker und Politikerinnen scheuen sich, Massnahmen<br />

zu ergreifen, die sich gegen den Strassenverkehr<br />

richten, obwohl dieser die wichtigste Ursache des<br />

grassierenden Bewegungsmangels darstellt.<br />

Dass ein gutes Wohnumfeld die Bewegungszeit <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong><br />

im Vergleich zum Schulweg massiv för<strong>der</strong>n könnte,<br />

zeigt etwa eine Befragung, die wir in Zürich-Leimbach<br />

durchgeführt haben. In Leimbach können praktisch alle<br />

<strong>Kin<strong>der</strong></strong> ab drei Jahren im Freien spielen und sich tun dies,<br />

wie die folgende GRAFIK (25) zeigt, auch ausgiebig. Bereits<br />

bei den 3-5jährigen <strong>Kin<strong>der</strong></strong> spielen über 20 Prozent<br />

<strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong> 1 bis vier Stunden im Freien, da sich die Umgebung<br />

dazu anbietet.<br />

Die grosse Bedeutung des Schulweges liegt im sozialen<br />

Bereich sowie den Möglichkeiten selbstständig die nähere<br />

und weitere Umwelt besser kennen zu lernen und zu<br />

erforschen. Beobachtet man <strong>Kin<strong>der</strong></strong>, wenn sie in kleinen<br />

Gruppen unterwegs sind, so stellt man ständig wechselnde


29<br />

30<br />

31<br />

32<br />

33<br />

34<br />

35<br />

Formationen fest. In kleinen und grösseren Gruppen wird<br />

intensiv diskutiert (26,27,28). Dabei wird auch gestritten.<br />

Man rennt einan<strong>der</strong> nach, bildet neue Gruppen, versöhnt<br />

sich wie<strong>der</strong>. Die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> bewegen sich dabei wie junge<br />

Hunde. Im Vergleich zu einem geordneten Gehen in die<br />

Schule, bewegen sich die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> gewiss doppelt so viel<br />

und intensiv wie im Pedibus. Dabei fliegen manchmal<br />

auch die Schulordner in die Luft (30) o<strong>der</strong> die den <strong>Kin<strong>der</strong></strong>n<br />

um den Hals gehängten „Pannendreiecke“ werden<br />

zu Tänzen am Strassenrand „missbraucht“.(29)<br />

Manche <strong>Kin<strong>der</strong></strong> schätzen es auch, etwas verträumt allein<br />

zu gehen und sich dabei intensiv <strong>der</strong> sie umgebenden<br />

natürlichen Umwelt zu widmen. (31)<br />

Auch in vielen <strong>Kin<strong>der</strong></strong>zeichnungen zum Schulweg kommen<br />

diese beson<strong>der</strong>en Qualitäten des Schulweges (soziale<br />

Beziehungen pflegen und die Natur beobachten)<br />

immer wie<strong>der</strong> zum Ausdruck. 32,33,34,35)<br />

Die Fähigkeit <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong>, sich in ihrer Umgebung zu<br />

„verlieren“, sich voll in ihre sozialen Beziehungen und in<br />

Dinge, die sie in <strong>der</strong> Natur beobachten, hineinzugeben.<br />

Wird von Sicherheitsspezialisten immer wie<strong>der</strong> negativ<br />

beurteilt. Selbstverständlich wird durch die ungeteilte<br />

Aufmerksamkeit <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong> <strong>auf</strong> an<strong>der</strong>e <strong>Kin<strong>der</strong></strong> o<strong>der</strong> Tiere<br />

etc., die ihnen begegnen, <strong>der</strong> Strassenverkehr und seine<br />

Gefahren vergessen. Es fragt sich allerdings, ob wir die<br />

grosse Bedeutung einer vollen Hingabe <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong> an<br />

ihre Umwelt durch Dressurakte und ständige Drohungen<br />

einschränken wollen und dürfen. Es ist ja schon genug,<br />

dass wir Erwachsene kaum mehr fähig sich, uns den<br />

Dingen unserer Umwelt in ungeteilter Aufmerksamkeit zu<br />

widmen.<br />

Was bedeutet dies alles für die Gestaltung von<br />

Schulwegen?<br />

Das wichtigste vorweg: Wir reden zwar dauernd von<br />

den Erlebnisqualitäten des Schulwegs und seiner sozialen<br />

Bedeutung, wenn es aber darum geht, konkrete<br />

Massnahmen zu ergreifen, beschränken wir uns zumeist<br />

<strong>auf</strong> die Sicherheit. Die negativen Auswirkungen des<br />

Strassenverkehrs <strong>auf</strong> den Alltag und die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong> wird immer wie<strong>der</strong> verdrängt. Massnahmen<br />

müssen immer so gestaltet sein, dass sowohl die Sicherheit<br />

<strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong> wie die Bewegungsfreiheit und<br />

die Entwicklungschancen erhöht werden. Das heisst,<br />

es werden den <strong>Kin<strong>der</strong></strong>n nicht „sichere Schulwege“ vorgegeben.<br />

Das Quartier, das Dorf ist ein für die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong> entscheiden<strong>der</strong> Lebensraum. Dieser muss so<br />

Konsequenzen für die<br />

Gestaltung guter<br />

Schulwege<br />

Massnahmen müssen immer so<br />

gestaltet sein, dass sie die Sicherheit<br />

wie die Bewegungsfreiheit und die<br />

Entwicklungschancen <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong><br />

erhöhen.<br />

Entscheidend ist eine<br />

flächendeckende<br />

<strong>Verkehrs</strong>beruhigung.<br />

36<br />

37<br />

38<br />

39<br />

40<br />

41<br />

42<br />

gestaltet werden, dass die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> sicher sind und sich frei<br />

bewegen können.<br />

Dies spricht für Tempo 30 flächendeckend. Da Tempo<br />

30 allen zwar die „<strong>Kin<strong>der</strong></strong> unterwegs“ besser sichert und<br />

ihnen eine einigermassen genügende Bewegungsfreiheit<br />

gibt, aber für das Spiel <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong> vor Ort ungenügend<br />

ist, müssen die flächendeckenden Tempo 30 Zonen<br />

durch möglichst viele Begegnungszonen durchsetzt<br />

werden. Dieses Konzept muss auch für die Schulwege<br />

gelten. Jedes Kind muss <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Weg</strong> in den <strong>Kin<strong>der</strong></strong>garten<br />

o<strong>der</strong> in die Schule auch die Möglichkeit haben einen<br />

Freund, eine Freundin abzuholen, um mit ihnen den <strong>Weg</strong><br />

zu teilen. – Übrigens es gibt, wie zu Beginn erwähnt auch<br />

eine Freizeit und diese ist, weit stärker gefährdet als <strong>der</strong><br />

Schulweg.<br />

Kompromisse sind <strong>auf</strong> den Hauptstrassen möglich: Man<br />

kann den <strong>Kin<strong>der</strong></strong>n durchaus schon früh zeigen, wo sie<br />

eine stark befahrene Strasse queren sollen. Die Querungen<br />

müssen allerdings sicher und kin<strong>der</strong>freundlich sein.<br />

Beispiel MURI AG<br />

Was nicht geschehen darf, möchte ich am Beispiel von<br />

Muri im Aargau, meinem Wohnort. Vor ein paar Jahren<br />

hat die Gemeinde Tempo 30 flächendecken abgelehnt.<br />

Der Gemein<strong>der</strong>at entschied in <strong>der</strong> Folge - unter Belassung<br />

von Tempo 50 - Massnahen zu ergreifen, wie sie in<br />

Tempo 30 Zonen üblich sind. Die wohl wichtigste - und billigste<br />

- Massnahme betrifft die Einzeichnung des Rechtsvortrittes<br />

<strong>auf</strong> allen Quartierstrassen. Der Schuss geht<br />

meiner Meinung nach hinten heraus: Die Bezeichnung<br />

des Rechtsvortritts im Strassenraum kann zwar unter bestimmten<br />

Bedingungen die Geschwindigkeit <strong>auf</strong> geraden<br />

Strecken reduzieren. Wird diese Massnahme jedoch blind<br />

an allen Kreuzungen eingerichtet, auch solchen an denen<br />

keinerlei Sichtweite vorhanden ist und auch Trottoirs fehlen,<br />

so wird dadurch die Bereitschaft des Fahrzeuglenkers<br />

verstärkt, sein Vortrittsrecht auch wahrzunehmen. Dabei<br />

werden vor allem <strong>Kin<strong>der</strong></strong>, die sich <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Schulweg befinden<br />

, keinen Schutzraum haben und vom Fahrzeuglenker<br />

bestenfalls im letzten Moment gesehen werden, stark<br />

gefährdet. (39-42)<br />

Ein weiterer Fauxpass <strong>der</strong> Gemeine betrifft die als Begegnungszone<br />

geplante und umgebaute Marktstrasse.<br />

Da kurz nach <strong>der</strong>en Fertigstellung die Gemeinde Tempo<br />

30 abgelehnt hat, blieb <strong>auf</strong> <strong>der</strong> umgebauten Strasse<br />

alles beim Alten. Die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> des nahliegenden Unterstufen<br />

Schulhauses und Spielplatzes müssen sich nun eine<br />

Querung bei Tempo 50 erkämpfen. (43, 44)


Querungen<br />

und<br />

Das Mit-Einan<strong>der</strong>-Konzept<br />

43<br />

44<br />

45<br />

46<br />

47<br />

48<br />

49<br />

Ansprüche an Querungen aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong><br />

<strong>Kin<strong>der</strong></strong> müssen <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Weg</strong> in die Schule o<strong>der</strong> zu<br />

Freunden auch die Hauptstrassen überqueren. Die bis<br />

anhin beste und sicherste Möglichkeit dazu sind Ampelanlagen<br />

o<strong>der</strong> möglichst kurze Querungen mit Trottoirnasen,<br />

die kein Überholen erlauben. Doch hier prallen die<br />

Interessen <strong>der</strong> Motorfahrzeuglobby mit jenen <strong>der</strong> Fussgänger<br />

voll <strong>auf</strong>einan<strong>der</strong>.<br />

Es wurden in letzter Zeit neue Konzepte kreiert, die statt<br />

eines Gegeneinan<strong>der</strong>s von Fussgängern und Motorfahrzeugen<br />

ein Miteinan<strong>der</strong> postulieren. Grundgedanke ist,<br />

dass bei einer Aufhebung <strong>der</strong> Fussgängerstreifen und<br />

einer gleichzeitigen Umgestaltung des Strassenraumes<br />

die Fahrzeuge innerorts ihr Tempo so reduzieren, dass<br />

dank einer gegenseitigen Absprache die Fussgänger eine<br />

Strasse je<strong>der</strong>zeit queren könnten. Unterschiede bestehen<br />

in Bezug <strong>auf</strong> das Temporegime. Das Konzept von<br />

Share-Space wie es in Holland und Deutschland immer<br />

mehr Verbreitung findet, begnügt sich mit <strong>dem</strong> Umbau<br />

<strong>der</strong> Strasse und belässt Tempo 50. In <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> gibt<br />

es das Konzept von Tempo 30 mit Mittelstreifen (Köniz<br />

und geplant Münsingen) o<strong>der</strong> das Konzept von Begegnungszonen<br />

mit Zentrumsfunktion mit Tempo 20 und<br />

Vortritt für Fussgänger.<br />

Beginnen wir mit <strong>dem</strong> letzten: Selbst hier muss festgestellt<br />

werden, dass bei grossen und relativ verkehrsreichen<br />

Anlagen, wie etwa <strong>der</strong> Bieler Zentralplatz (46)<br />

jüngere <strong>Kin<strong>der</strong></strong> grosse Probleme haben, <strong>der</strong>artige Anlagen<br />

zu queren. Ich jedenfalls würde mein fünf o<strong>der</strong><br />

sechsjähriges Kind niemals unbegleitet über diesen Platz<br />

schicken. Damit sind eigentlich auch die an<strong>der</strong>n Konzepte<br />

„im Eimer“. Bei Tempo 50 o<strong>der</strong> Tempo 30 stark<br />

befahrene Strassen zu queren – Strassen notabene mit<br />

11‘000 Fahrzeugen (Köniz) (47) o<strong>der</strong> 17‘000 Fahrzeugen<br />

(Münsingen: geplant) pro Tag – sind für jüngere <strong>Kin<strong>der</strong></strong><br />

eine Überfor<strong>der</strong>ung.<br />

Das so schönrednerisch als „Miteinan<strong>der</strong>“ bezeichnete<br />

Konzept wi<strong>der</strong>spricht den Fähigkeiten <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong>. In den<br />

letzten Jahren gab es ewige Diskussionen, ob man vor<br />

<strong>dem</strong> Betreten eines Fussgängerstreifens ein Handzeichen<br />

geben und mit <strong>dem</strong> Fahrzeuglenker Blickkontakt<br />

<strong>auf</strong>nehmen soll. Man ist zum Schluss gekommen, Handzeichen<br />

und Ähnliches abzuschaffen, weil <strong>Kin<strong>der</strong></strong> nicht<br />

fähig sind, mit den Lenkern Kontakt <strong>auf</strong>zunehmen und<br />

sich „abzusprechen“. Wieso <strong>dem</strong> so ist, zeigen etwa sehr<br />

deutlich die Zeichnungen jüngerer <strong>Kin<strong>der</strong></strong>: Die Autoscheiben<br />

sind oft übermalt o<strong>der</strong> ganz einfach schwarz. (48-50)<br />

50<br />

51<br />

Die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> wissen zwar sehr genau, dass hinter <strong>der</strong> Autoscheibe<br />

ein Lenker sitzt, können diesen aber nicht richtig<br />

erkennen und schon gar nicht Blickkontakt <strong>auf</strong>nehmen.<br />

Verhin<strong>der</strong>t wird dies durch die Geschwindigkeit des Heranfahrens<br />

und die – oft – sehr dunkel getönten Scheiben.<br />

(Man müsste sich fragen, ob man letzteres verbieten<br />

sollte. Die Kontakt<strong>auf</strong>nahme und Verständigung wäre<br />

damit sicher besser. Das Problem für <strong>Kin<strong>der</strong></strong> aber nicht<br />

gelöst. Der Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Autolobby wäre riesig, denn<br />

<strong>der</strong> Innenraum des Autos gilt als Intimraum. Was wäre<br />

schon, wenn man so leicht erkennen könnte, dass <strong>der</strong><br />

Lenker telefoniert, spricht <strong>dem</strong> Mitfahrer diskutiert o<strong>der</strong><br />

eine Pizza isst!)<br />

Fazit: Wir haben bis heute keinen Ersatz für die Ampelanlage<br />

und den Fussgängerstreifen gefunden. Ohne sichere<br />

Querungen werden für die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> ganze Dörfer und<br />

Quartiere halbiert – die an<strong>der</strong>e Seite <strong>der</strong> Strasse bleibt<br />

für sie grau und undifferenziert. (51)<br />

Was wir <strong>der</strong>zeit mit den neuen Konzepten anstreben,<br />

ist eine Zweiklassenverkehrspolitik. Sobald man als<br />

junger Erwachsener genügend verkehrstüchtig ist,<br />

kann man <strong>auf</strong> die Strasse. Wer dies noch nicht o<strong>der</strong><br />

nicht mehr ist, wie <strong>Kin<strong>der</strong></strong> und ältere Leute, soll bitte<br />

zu Hause bleiben.<br />

Zusätzliche Massnahmen: <strong>Verkehrs</strong>erziehung usw.<br />

Ich möchte zu Schluss noch einige zusätzliche Massnahmen<br />

erwähnen, die <strong>der</strong> sicheren Bewältigung des Schulweges<br />

dienen. Ich fasse mich hier kurz, das sie an das<br />

bereits Gesagte anknüpfen.<br />

Die <strong>Verkehrs</strong>erziehung ist ein heikles Thema. Sie muss<br />

aus meiner Sicht sehr früh beginnen. Verstanden allerdings<br />

im Sinne einer allgemeinen Einführung <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong><br />

in die Umwelt. Die heutige Umwelt ist <strong>der</strong>art komplex,<br />

dass ich ein Kind möglichst früh an sie heranführen<br />

muss. Dies muss durch die Eltern erfolgen. Sie haben<br />

die Aufgabe <strong>dem</strong> Kind die nähere Umwelt und weitere<br />

Umwelt zu zeigen. Dies kann durch Spaziergänge<br />

durchs Quartier o<strong>der</strong> durch die Mitnahme in das nächste<br />

Geschäft erfolgen. Dies muss natürlich zu Fuss erfolgen<br />

und man muss sich die nötige Zeit nehmen und das<br />

Kind <strong>auf</strong> die Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> Umgebung sowie seine<br />

Gefahren immer wie<strong>der</strong> <strong>auf</strong>merksam machen. Die darf<br />

allerdings nicht durch ständige Warnungen wie „Achtung<br />

da kommt ein Auto!“ erfolgen, son<strong>der</strong>n durch differenziere<br />

Erklärungen und im L<strong>auf</strong>e <strong>der</strong> Zeit zunehmendes Loslassen<br />

und Ermöglichen von Eigenerfahrungen durch das


Zusätzlichen Massnahmen<br />

<strong>Verkehrs</strong>erziehung<br />

<strong>Verkehrs</strong>lotsen<br />

Pedibus<br />

52<br />

53<br />

54<br />

55<br />

56<br />

Kind. Wohlverstanden: Ich rede hier von zwei bis- dreijährigen<br />

<strong>Kin<strong>der</strong></strong>n. <strong>Kin<strong>der</strong></strong> sind neugierig. Sie interessieren<br />

sich für das Auto und die Strasse. Daran kann man<br />

anknüpfen. Viel später kann dann auch eine gezielte<br />

<strong>Verkehrs</strong>schulung durch <strong>Verkehrs</strong>instruktorInnen im<br />

<strong>Kin<strong>der</strong></strong>garten und in <strong>der</strong> Schule erfolgen.<br />

Dressur und dauernde und angstauslösende Warnungen<br />

sind zu vermeiden. Ist dies nicht <strong>der</strong> Fall, haben<br />

wir am Schluss <strong>Kin<strong>der</strong></strong> mit Scheuklappen, (53,54) <strong>der</strong>en<br />

Schulwege nur noch aus Fussgängerstreifen und Ampeln<br />

bestehen.<br />

<strong>Verkehrs</strong>lotsen und Pedibus<br />

Ziel je<strong>der</strong> <strong>Verkehrs</strong>planung muss ein, dass die <strong>Kin<strong>der</strong></strong><br />

ohne Begleitung in die Schule gehen können. Das<br />

System <strong>der</strong> <strong>Verkehrs</strong>lotsen ist dabei eher zu akzeptieren<br />

als <strong>der</strong> Pedibus. Doch auch dieses Vorgehen hat<br />

schwerwiegende Nachteile, da es sich <strong>auf</strong> den Schulweg<br />

beschränkt und die Freizeit übergeht. Was passiert,<br />

wenn ein Kind zu spät kommt und die Lotsen nicht<br />

mehr da sind? etc.<br />

Der Pedibus (55, 56) geht einen Schritt weiter, in <strong>dem</strong><br />

die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> ganzen <strong>Weg</strong> durch eine o<strong>der</strong> zwei<br />

Erwachsenen Personen begleitet werden. Gewiss, er<br />

kann u.U. Unfälle verhin<strong>der</strong>n. Der Pedibus entzieht <strong>dem</strong><br />

Schulweg jedoch all jene Beson<strong>der</strong>heiten, die ihn so<br />

wertvoll machen. Die selbstständig Kontakt<strong>auf</strong>nahme<br />

mit an<strong>der</strong>n <strong>Kin<strong>der</strong></strong>n, das Gruppenbilden, Konflikte austragen<br />

und lösen ohne Hilfe durch Erwachsene und all<br />

jene – aus an<strong>der</strong>er Sicht natürlich als gefährlich bezeichneten<br />

- kindlichen Eskapaden <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Schulweg.<br />

Im Rahmen von Pedibus ist keine <strong>Verkehrs</strong>erziehung<br />

möglich. Es wird keinen Zeitpunkt geben, an <strong>dem</strong> ich<br />

sagen kann, so jetzt kannst Du allein gehen. Zu<strong>dem</strong><br />

verhin<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Pedibus, wie die Erfahrung zeigt, Projekte<br />

zur besseren baulichen Sicherung von Schulwegen.<br />

Hinzukommt, dass in <strong>der</strong> deutschen <strong>Schweiz</strong> statistisch<br />

gesehen die Voraussetzung für den Pedibus fehlen.<br />

(unterschiedliche Motive, nur wenige <strong>Kin<strong>der</strong></strong> werden<br />

immer mit <strong>dem</strong> Auto in die Schule gefahren usw.).<br />

Elterntaxi<br />

57<br />

58<br />

59<br />

60<br />

61<br />

62<br />

Elterntaxi<br />

Man verstehe mich nicht falsch. Das letzte, was ich möchte<br />

ist, dass die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> mit <strong>dem</strong> Auto in die Schule gefahren<br />

werden. (57, 58) Wohl das einzige Mittel dagegen<br />

sind aber <strong>Verkehrs</strong>beruhigung und sichere Querungen.<br />

Zusätzlich muss man natürlich die Eltern davon überzeugen,<br />

dass die <strong>Weg</strong>e sicher, das Fahren mit <strong>dem</strong> Auto eher<br />

gefährlicher ist und dass damit <strong>dem</strong> Kind ein wichtiger<br />

Prozess im Heranwachsen zu einer eigenen Persönlichkeit<br />

und im Hineinwachsen in seinn Umwelt „gestohlen“<br />

wird. Denn für das Kind gilt „Wo man aussteigt, beginnt<br />

das Leben.“ Wie dies in <strong>Kin<strong>der</strong></strong>zeichnungen zum Ausdruck<br />

kommt, möchte ich abschliessend in einigen Bil<strong>der</strong>n illustrieren.<br />

(60,63)<br />

Muri, den 15. November 2010<br />

weitere Hinweise unter www.kindundumwelt.ch<br />

63

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!