Kinder auf dem Weg - VCS Verkehrs-Club der Schweiz
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Querungen<br />
und<br />
Das Mit-Einan<strong>der</strong>-Konzept<br />
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Ansprüche an Querungen aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong><br />
<strong>Kin<strong>der</strong></strong> müssen <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Weg</strong> in die Schule o<strong>der</strong> zu<br />
Freunden auch die Hauptstrassen überqueren. Die bis<br />
anhin beste und sicherste Möglichkeit dazu sind Ampelanlagen<br />
o<strong>der</strong> möglichst kurze Querungen mit Trottoirnasen,<br />
die kein Überholen erlauben. Doch hier prallen die<br />
Interessen <strong>der</strong> Motorfahrzeuglobby mit jenen <strong>der</strong> Fussgänger<br />
voll <strong>auf</strong>einan<strong>der</strong>.<br />
Es wurden in letzter Zeit neue Konzepte kreiert, die statt<br />
eines Gegeneinan<strong>der</strong>s von Fussgängern und Motorfahrzeugen<br />
ein Miteinan<strong>der</strong> postulieren. Grundgedanke ist,<br />
dass bei einer Aufhebung <strong>der</strong> Fussgängerstreifen und<br />
einer gleichzeitigen Umgestaltung des Strassenraumes<br />
die Fahrzeuge innerorts ihr Tempo so reduzieren, dass<br />
dank einer gegenseitigen Absprache die Fussgänger eine<br />
Strasse je<strong>der</strong>zeit queren könnten. Unterschiede bestehen<br />
in Bezug <strong>auf</strong> das Temporegime. Das Konzept von<br />
Share-Space wie es in Holland und Deutschland immer<br />
mehr Verbreitung findet, begnügt sich mit <strong>dem</strong> Umbau<br />
<strong>der</strong> Strasse und belässt Tempo 50. In <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> gibt<br />
es das Konzept von Tempo 30 mit Mittelstreifen (Köniz<br />
und geplant Münsingen) o<strong>der</strong> das Konzept von Begegnungszonen<br />
mit Zentrumsfunktion mit Tempo 20 und<br />
Vortritt für Fussgänger.<br />
Beginnen wir mit <strong>dem</strong> letzten: Selbst hier muss festgestellt<br />
werden, dass bei grossen und relativ verkehrsreichen<br />
Anlagen, wie etwa <strong>der</strong> Bieler Zentralplatz (46)<br />
jüngere <strong>Kin<strong>der</strong></strong> grosse Probleme haben, <strong>der</strong>artige Anlagen<br />
zu queren. Ich jedenfalls würde mein fünf o<strong>der</strong><br />
sechsjähriges Kind niemals unbegleitet über diesen Platz<br />
schicken. Damit sind eigentlich auch die an<strong>der</strong>n Konzepte<br />
„im Eimer“. Bei Tempo 50 o<strong>der</strong> Tempo 30 stark<br />
befahrene Strassen zu queren – Strassen notabene mit<br />
11‘000 Fahrzeugen (Köniz) (47) o<strong>der</strong> 17‘000 Fahrzeugen<br />
(Münsingen: geplant) pro Tag – sind für jüngere <strong>Kin<strong>der</strong></strong><br />
eine Überfor<strong>der</strong>ung.<br />
Das so schönrednerisch als „Miteinan<strong>der</strong>“ bezeichnete<br />
Konzept wi<strong>der</strong>spricht den Fähigkeiten <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong>. In den<br />
letzten Jahren gab es ewige Diskussionen, ob man vor<br />
<strong>dem</strong> Betreten eines Fussgängerstreifens ein Handzeichen<br />
geben und mit <strong>dem</strong> Fahrzeuglenker Blickkontakt<br />
<strong>auf</strong>nehmen soll. Man ist zum Schluss gekommen, Handzeichen<br />
und Ähnliches abzuschaffen, weil <strong>Kin<strong>der</strong></strong> nicht<br />
fähig sind, mit den Lenkern Kontakt <strong>auf</strong>zunehmen und<br />
sich „abzusprechen“. Wieso <strong>dem</strong> so ist, zeigen etwa sehr<br />
deutlich die Zeichnungen jüngerer <strong>Kin<strong>der</strong></strong>: Die Autoscheiben<br />
sind oft übermalt o<strong>der</strong> ganz einfach schwarz. (48-50)<br />
50<br />
51<br />
Die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> wissen zwar sehr genau, dass hinter <strong>der</strong> Autoscheibe<br />
ein Lenker sitzt, können diesen aber nicht richtig<br />
erkennen und schon gar nicht Blickkontakt <strong>auf</strong>nehmen.<br />
Verhin<strong>der</strong>t wird dies durch die Geschwindigkeit des Heranfahrens<br />
und die – oft – sehr dunkel getönten Scheiben.<br />
(Man müsste sich fragen, ob man letzteres verbieten<br />
sollte. Die Kontakt<strong>auf</strong>nahme und Verständigung wäre<br />
damit sicher besser. Das Problem für <strong>Kin<strong>der</strong></strong> aber nicht<br />
gelöst. Der Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Autolobby wäre riesig, denn<br />
<strong>der</strong> Innenraum des Autos gilt als Intimraum. Was wäre<br />
schon, wenn man so leicht erkennen könnte, dass <strong>der</strong><br />
Lenker telefoniert, spricht <strong>dem</strong> Mitfahrer diskutiert o<strong>der</strong><br />
eine Pizza isst!)<br />
Fazit: Wir haben bis heute keinen Ersatz für die Ampelanlage<br />
und den Fussgängerstreifen gefunden. Ohne sichere<br />
Querungen werden für die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> ganze Dörfer und<br />
Quartiere halbiert – die an<strong>der</strong>e Seite <strong>der</strong> Strasse bleibt<br />
für sie grau und undifferenziert. (51)<br />
Was wir <strong>der</strong>zeit mit den neuen Konzepten anstreben,<br />
ist eine Zweiklassenverkehrspolitik. Sobald man als<br />
junger Erwachsener genügend verkehrstüchtig ist,<br />
kann man <strong>auf</strong> die Strasse. Wer dies noch nicht o<strong>der</strong><br />
nicht mehr ist, wie <strong>Kin<strong>der</strong></strong> und ältere Leute, soll bitte<br />
zu Hause bleiben.<br />
Zusätzliche Massnahmen: <strong>Verkehrs</strong>erziehung usw.<br />
Ich möchte zu Schluss noch einige zusätzliche Massnahmen<br />
erwähnen, die <strong>der</strong> sicheren Bewältigung des Schulweges<br />
dienen. Ich fasse mich hier kurz, das sie an das<br />
bereits Gesagte anknüpfen.<br />
Die <strong>Verkehrs</strong>erziehung ist ein heikles Thema. Sie muss<br />
aus meiner Sicht sehr früh beginnen. Verstanden allerdings<br />
im Sinne einer allgemeinen Einführung <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong><br />
in die Umwelt. Die heutige Umwelt ist <strong>der</strong>art komplex,<br />
dass ich ein Kind möglichst früh an sie heranführen<br />
muss. Dies muss durch die Eltern erfolgen. Sie haben<br />
die Aufgabe <strong>dem</strong> Kind die nähere Umwelt und weitere<br />
Umwelt zu zeigen. Dies kann durch Spaziergänge<br />
durchs Quartier o<strong>der</strong> durch die Mitnahme in das nächste<br />
Geschäft erfolgen. Dies muss natürlich zu Fuss erfolgen<br />
und man muss sich die nötige Zeit nehmen und das<br />
Kind <strong>auf</strong> die Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> Umgebung sowie seine<br />
Gefahren immer wie<strong>der</strong> <strong>auf</strong>merksam machen. Die darf<br />
allerdings nicht durch ständige Warnungen wie „Achtung<br />
da kommt ein Auto!“ erfolgen, son<strong>der</strong>n durch differenziere<br />
Erklärungen und im L<strong>auf</strong>e <strong>der</strong> Zeit zunehmendes Loslassen<br />
und Ermöglichen von Eigenerfahrungen durch das