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Kinder auf dem Weg - VCS Verkehrs-Club der Schweiz

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Formationen fest. In kleinen und grösseren Gruppen wird<br />

intensiv diskutiert (26,27,28). Dabei wird auch gestritten.<br />

Man rennt einan<strong>der</strong> nach, bildet neue Gruppen, versöhnt<br />

sich wie<strong>der</strong>. Die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> bewegen sich dabei wie junge<br />

Hunde. Im Vergleich zu einem geordneten Gehen in die<br />

Schule, bewegen sich die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> gewiss doppelt so viel<br />

und intensiv wie im Pedibus. Dabei fliegen manchmal<br />

auch die Schulordner in die Luft (30) o<strong>der</strong> die den <strong>Kin<strong>der</strong></strong>n<br />

um den Hals gehängten „Pannendreiecke“ werden<br />

zu Tänzen am Strassenrand „missbraucht“.(29)<br />

Manche <strong>Kin<strong>der</strong></strong> schätzen es auch, etwas verträumt allein<br />

zu gehen und sich dabei intensiv <strong>der</strong> sie umgebenden<br />

natürlichen Umwelt zu widmen. (31)<br />

Auch in vielen <strong>Kin<strong>der</strong></strong>zeichnungen zum Schulweg kommen<br />

diese beson<strong>der</strong>en Qualitäten des Schulweges (soziale<br />

Beziehungen pflegen und die Natur beobachten)<br />

immer wie<strong>der</strong> zum Ausdruck. 32,33,34,35)<br />

Die Fähigkeit <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong>, sich in ihrer Umgebung zu<br />

„verlieren“, sich voll in ihre sozialen Beziehungen und in<br />

Dinge, die sie in <strong>der</strong> Natur beobachten, hineinzugeben.<br />

Wird von Sicherheitsspezialisten immer wie<strong>der</strong> negativ<br />

beurteilt. Selbstverständlich wird durch die ungeteilte<br />

Aufmerksamkeit <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong> <strong>auf</strong> an<strong>der</strong>e <strong>Kin<strong>der</strong></strong> o<strong>der</strong> Tiere<br />

etc., die ihnen begegnen, <strong>der</strong> Strassenverkehr und seine<br />

Gefahren vergessen. Es fragt sich allerdings, ob wir die<br />

grosse Bedeutung einer vollen Hingabe <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong> an<br />

ihre Umwelt durch Dressurakte und ständige Drohungen<br />

einschränken wollen und dürfen. Es ist ja schon genug,<br />

dass wir Erwachsene kaum mehr fähig sich, uns den<br />

Dingen unserer Umwelt in ungeteilter Aufmerksamkeit zu<br />

widmen.<br />

Was bedeutet dies alles für die Gestaltung von<br />

Schulwegen?<br />

Das wichtigste vorweg: Wir reden zwar dauernd von<br />

den Erlebnisqualitäten des Schulwegs und seiner sozialen<br />

Bedeutung, wenn es aber darum geht, konkrete<br />

Massnahmen zu ergreifen, beschränken wir uns zumeist<br />

<strong>auf</strong> die Sicherheit. Die negativen Auswirkungen des<br />

Strassenverkehrs <strong>auf</strong> den Alltag und die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong> wird immer wie<strong>der</strong> verdrängt. Massnahmen<br />

müssen immer so gestaltet sein, dass sowohl die Sicherheit<br />

<strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong> wie die Bewegungsfreiheit und<br />

die Entwicklungschancen erhöht werden. Das heisst,<br />

es werden den <strong>Kin<strong>der</strong></strong>n nicht „sichere Schulwege“ vorgegeben.<br />

Das Quartier, das Dorf ist ein für die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong> entscheiden<strong>der</strong> Lebensraum. Dieser muss so<br />

Konsequenzen für die<br />

Gestaltung guter<br />

Schulwege<br />

Massnahmen müssen immer so<br />

gestaltet sein, dass sie die Sicherheit<br />

wie die Bewegungsfreiheit und die<br />

Entwicklungschancen <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong><br />

erhöhen.<br />

Entscheidend ist eine<br />

flächendeckende<br />

<strong>Verkehrs</strong>beruhigung.<br />

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gestaltet werden, dass die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> sicher sind und sich frei<br />

bewegen können.<br />

Dies spricht für Tempo 30 flächendeckend. Da Tempo<br />

30 allen zwar die „<strong>Kin<strong>der</strong></strong> unterwegs“ besser sichert und<br />

ihnen eine einigermassen genügende Bewegungsfreiheit<br />

gibt, aber für das Spiel <strong>der</strong> <strong>Kin<strong>der</strong></strong> vor Ort ungenügend<br />

ist, müssen die flächendeckenden Tempo 30 Zonen<br />

durch möglichst viele Begegnungszonen durchsetzt<br />

werden. Dieses Konzept muss auch für die Schulwege<br />

gelten. Jedes Kind muss <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Weg</strong> in den <strong>Kin<strong>der</strong></strong>garten<br />

o<strong>der</strong> in die Schule auch die Möglichkeit haben einen<br />

Freund, eine Freundin abzuholen, um mit ihnen den <strong>Weg</strong><br />

zu teilen. – Übrigens es gibt, wie zu Beginn erwähnt auch<br />

eine Freizeit und diese ist, weit stärker gefährdet als <strong>der</strong><br />

Schulweg.<br />

Kompromisse sind <strong>auf</strong> den Hauptstrassen möglich: Man<br />

kann den <strong>Kin<strong>der</strong></strong>n durchaus schon früh zeigen, wo sie<br />

eine stark befahrene Strasse queren sollen. Die Querungen<br />

müssen allerdings sicher und kin<strong>der</strong>freundlich sein.<br />

Beispiel MURI AG<br />

Was nicht geschehen darf, möchte ich am Beispiel von<br />

Muri im Aargau, meinem Wohnort. Vor ein paar Jahren<br />

hat die Gemeinde Tempo 30 flächendecken abgelehnt.<br />

Der Gemein<strong>der</strong>at entschied in <strong>der</strong> Folge - unter Belassung<br />

von Tempo 50 - Massnahen zu ergreifen, wie sie in<br />

Tempo 30 Zonen üblich sind. Die wohl wichtigste - und billigste<br />

- Massnahme betrifft die Einzeichnung des Rechtsvortrittes<br />

<strong>auf</strong> allen Quartierstrassen. Der Schuss geht<br />

meiner Meinung nach hinten heraus: Die Bezeichnung<br />

des Rechtsvortritts im Strassenraum kann zwar unter bestimmten<br />

Bedingungen die Geschwindigkeit <strong>auf</strong> geraden<br />

Strecken reduzieren. Wird diese Massnahme jedoch blind<br />

an allen Kreuzungen eingerichtet, auch solchen an denen<br />

keinerlei Sichtweite vorhanden ist und auch Trottoirs fehlen,<br />

so wird dadurch die Bereitschaft des Fahrzeuglenkers<br />

verstärkt, sein Vortrittsrecht auch wahrzunehmen. Dabei<br />

werden vor allem <strong>Kin<strong>der</strong></strong>, die sich <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Schulweg befinden<br />

, keinen Schutzraum haben und vom Fahrzeuglenker<br />

bestenfalls im letzten Moment gesehen werden, stark<br />

gefährdet. (39-42)<br />

Ein weiterer Fauxpass <strong>der</strong> Gemeine betrifft die als Begegnungszone<br />

geplante und umgebaute Marktstrasse.<br />

Da kurz nach <strong>der</strong>en Fertigstellung die Gemeinde Tempo<br />

30 abgelehnt hat, blieb <strong>auf</strong> <strong>der</strong> umgebauten Strasse<br />

alles beim Alten. Die <strong>Kin<strong>der</strong></strong> des nahliegenden Unterstufen<br />

Schulhauses und Spielplatzes müssen sich nun eine<br />

Querung bei Tempo 50 erkämpfen. (43, 44)

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