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mit Fotos - Die Evangelisch-altreformierte Kirche in Niedersachsen

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PastorenBunde.doc gedruckt 13.10.2006, gjb Seite 22<br />

Es gab e<strong>in</strong>ige Brüder, die <strong>in</strong> ihrem Innersten <strong>mit</strong> dem Geiz zu kämpfen hatten und me<strong>in</strong>ten, so<br />

wäre es mehr als genug. Elf Gulden pro Woche festes Geld im Sommer und im W<strong>in</strong>ter, <strong>in</strong> Regen und<br />

Schnee. Der Pastor könne nun wohl richtig etwas sparen.<br />

Sie waren schlechte Rechner. Me<strong>in</strong>e Mutter hätte ihnen wohl etwas anderes erzählen können.<br />

Ab und zu wurde me<strong>in</strong> Vater <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>er Extragabe überrascht. Dann strahlte se<strong>in</strong> Gesicht vor<br />

Freude. Er saß am offenen Herdfeuer und sang <strong>mit</strong> se<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>dern aus den Psalmen.<br />

Ich muss h<strong>in</strong>zufügen, er hatte e<strong>in</strong>en grenzenlosen Optimismus. Bekam er e<strong>in</strong> Goldstück im Wert<br />

von fünf Talern, me<strong>in</strong>te er, alle Not habe e<strong>in</strong> Ende – glücklicher Optimismus!<br />

Me<strong>in</strong>e Mutter wusste es besser. Sie besaß die angeborene Gabe, sparsam haushalten zu können<br />

und das war nicht weniger glücklich.<br />

Das Wasser stand ihr wohl manchmal bis an die Lippen. Aber ich glaube, me<strong>in</strong>e Mutter hätte<br />

lieber Hunger gelitten, als Schulden zu machen, die sie nicht hätte zurückzahlen können. Und als die<br />

Not am größten war, kam e<strong>in</strong>e Rettung.<br />

Alle Not und aller Mangel schienen auf e<strong>in</strong>mal für immer e<strong>in</strong> Ende zu f<strong>in</strong>den. Aus Ridott, aus dem<br />

Bundesstaat Ill<strong>in</strong>ois <strong>in</strong> den USA, kam e<strong>in</strong> Ruf. 1.500,- Gulden Gehalt, e<strong>in</strong>e schöne Wohnung <strong>mit</strong><br />

e<strong>in</strong>em großen Grundstück. Man könne sogar e<strong>in</strong> Pferd und e<strong>in</strong>e Kuh darauf halten.<br />

Das erfreute me<strong>in</strong>er Mutter Herz. Sie konnte davon nicht schlafen. Ihr wurde schw<strong>in</strong>dlig davon.<br />

Aus Erfahrung wusste sie, dass das Geld für ihren Mann nicht entscheidend war. Aber er brauchte<br />

doch auch nicht e<strong>in</strong>fach abzulehnen, nur weil das Gehalt <strong>in</strong> den USA soviel höher war. Und die<br />

Menschen <strong>in</strong> Ridott waren Seelenfreunde me<strong>in</strong>es Vater gewesen. Sie waren von Bunde aus nach<br />

Ridott ausgewandert und hatten dort gleich reiche Ernten e<strong>in</strong>gefahren.<br />

Aber dann zeigte sich, wie stark die Liebe der Geme<strong>in</strong>de Bunde für ihren Pastoren war. Es gab<br />

selbst Ausdrücke, die me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>derherz entsetzten. E<strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>deglied sagte zu me<strong>in</strong>em Vater: „Ich<br />

sehe Sie lieber auf dem Friedhof liegen, als dass Sie nach Amerika gehen.“<br />

Später habe ich solche Ausdrücke besser verstanden. Der Mann wollte sagen, er wolle sich dem<br />

Willen Gottes beugen, aber er hielt es nicht für Gottes Willen, dass me<strong>in</strong> Vater nach Amerika g<strong>in</strong>g.<br />

Aus dem schönen Gehalt wurde nichts. Me<strong>in</strong> Vater lehnte ab. Es fiel ihm nicht leicht. Aber die<br />

Freude der Geme<strong>in</strong>de war groß.<br />

Woran lag es, dass me<strong>in</strong> Vater so tief im Herzen se<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de verwurzelt war? Ich glaube, das<br />

Geheimnis se<strong>in</strong>er Kraft lag <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Hausbesuch.<br />

Der Schwerpunkt se<strong>in</strong>er Arbeit lag <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Seelsorge. Er lebte <strong>mit</strong> der Geme<strong>in</strong>de <strong>mit</strong>. So wurde<br />

e<strong>in</strong> Band geflochten, das auch der Tod nicht würde brechen können.<br />

Und der Tod nahte ...<br />

Pastor Sundag<br />

Es war Krieg <strong>in</strong> 1864, aber das Königreich Hannover hielt sich heraus. Preußen und Österreich<br />

würden die Lage wohl klären. Sie machten das auf ihre Art. Sie überwältigten das kle<strong>in</strong>e tapfere<br />

Dänemark, das vergeblich auf e<strong>in</strong>e Intervention Englands gehofft hatte. So g<strong>in</strong>g Schleswig-Holste<strong>in</strong><br />

für Dänemark verloren.<br />

Genau e<strong>in</strong> halbes Jahrhundert später entbrannte der Weltkrieg, der die rechtmäßigen Grenzen<br />

Dänemarks wieder herstellen würde.<br />

1866 hörte man das Dröhnen der Trommel <strong>in</strong> der Nähe. Jetzt würde das Königreich Hannover sich<br />

nicht heraus halten. <strong>Die</strong> Verbündeten von 1864 waren nun die schlimmsten Gegner. Es kam zum<br />

Bruderkrieg. Hannover wurde <strong>mit</strong> h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gezogen.<br />

<strong>Die</strong> allgeme<strong>in</strong>e Mobilisierung wurde ausgerufen. Über unserem Dorf lag e<strong>in</strong>e bange Erwartung.<br />

Es war e<strong>in</strong> trockener Sommer. E<strong>in</strong>e drückende Hitze herrschte. An vielen Orten war die<br />

Choleraepidemie ausgebrochen.<br />

Man Vater predigte auf der Kanzel ernster denn je. Er sagte, Gott gehe <strong>mit</strong> se<strong>in</strong>en Urteilen und<br />

Gerichten über die Erde. Es werde Zeit, höchste Zeit, um sich im Staub vor Gott zu demütigen.<br />

In jenen Tagen wurde viel gebetet. <strong>Die</strong> <strong>Kirche</strong>n waren voll. Das vaterlandsliebende deutsche Herz<br />

war über diesen Krieg bekümmert.

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