Artikel als PDF-Datei laden - Sandra Paule PR-Management
Artikel als PDF-Datei laden - Sandra Paule PR-Management
Artikel als PDF-Datei laden - Sandra Paule PR-Management
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Ann-Kathrin Kramer<br />
Interview<br />
Aus dem Leben<br />
Ann-Kathrin Kramer kam im April 1966 in Wupper -<br />
tal zur Welt und wuchs gemeinsam mit ihren beiden<br />
Brüdern im Bergischen Land auf. Bevor sie Schau -<br />
spielerin wurde, arbeitete sie <strong>als</strong> Schau fens ter -<br />
dekorateurin und portraitierte Touristen in Griechenland.<br />
Der Durch bruch <strong>als</strong> Schauspielerin gelang<br />
Ann-Kathrin Kramer 1995 mit der Krimiserie „Die<br />
Partner“. Seither schlüpft sie in die unterschiedlichsten<br />
Rollen: Mal ist sie die Sypathieträgerin, mit<br />
der man Pferde stehlen möchte, mal verkörpert sie<br />
die Böse. Nach Zwischenstationen in New York und<br />
München lebt Ann-Kathrin Kramer heute gemeinsam<br />
mit ihrem elfjährigen Sohn Leo sowie Lebensgefährte<br />
und Schauspielkollege Harald Krassnitzer<br />
wieder in der Nähe von Wuppertal.<br />
Im Zickzack<br />
geradeaus<br />
„Wenn ich groß bin, möchte ich ein Haus<br />
am Meer haben und eine Hand voll<br />
Menschen, denen ich etwas bedeute und<br />
die mir etwas bedeuten“, steht auf der<br />
Homepage von Ann-Kathrin Kramer. Von<br />
dem Haus am Meer träumt sie immer noch,<br />
die Hand voll Menschen hat die 42-jährige<br />
Schauspielerin inzwischen gefunden.<br />
alverde: Sie sind in der Gegend von Wuppertal aufgewachsen<br />
und haben das Kinderbuch „Matilda, oder die aus dem Haus<br />
ohne Fenster“ geschrieben, von dem Sie sagen, dass es<br />
Erinnerungen an Ihre Kindheit in dieser Region widerspiegelt.<br />
An was erinnern Sie sich besonders gerne zurück?<br />
Ann-Kathrin Kramer: Natürlich gibt es viele, kleine Erinnerungen.<br />
Aber an was ich mich besonders erinnere,<br />
ist dieses „Auf-der-Straße-groß-werden“ und<br />
in einem Trupp von Kindern durch ein<br />
Stadtviertel ziehen. Das ist heute leider nicht<br />
mehr üblich, weil die meisten Kinder von<br />
ihren Müttern den ganzen Tag von A nach B<br />
gefahren werden oder im eigenen Vorgarten<br />
alleine spielen. Doch kürzlich war ich wieder<br />
in dem Viertel, in dem ich aufgewachsen<br />
bin. Dort war es genauso wie früher: Da<br />
spielten acht Kinder auf der Straße<br />
Plumssack und stibitzten beim Nachbarn<br />
Blumen.<br />
alverde: Gibt es etwas, das Sie in dieser Region unbedingt noch<br />
unternehmen möchten?<br />
Ann-Kathrin Kramer: Ich würde gerne einmal an der Ruhr entlang<br />
radeln. Denn hier gibt es richtig schöne Ecken. Diese entdecke ich,<br />
wenn ich mit meinem Vater die Gegend erkunde, was wir manchmal<br />
machen, wenn ich zu Hause bin. Und da merke ich: Nicht nur die<br />
Südsee, die Alpen und die Nordsee sind schön. Nein, auch dazwischen<br />
gibt es etwas. Man muss nur hinschauen. Denn auch eine alte<br />
Industrieruine in Gelsenkirchen kann ihren Reiz haben, oder ein<br />
Hochofen, der gelöscht wird. Die Welt ist vielfältig und am Ruhrgebiet<br />
und an Wuppertal gefallen mir vor allem dieser etwas sprödere Charme<br />
in der Ästhetik und die Direktheit der Leute.<br />
„Am Ruhrgebiet und an<br />
Wuppertal gefallen mir<br />
vor allem dieser etwas<br />
sprödere Charme<br />
in der Ästhetik und die<br />
Direktheit der Leute.“<br />
alverde: Warum sind Sie dam<strong>als</strong> aus dem Bergischen Land<br />
weggegangen?<br />
Ann-Kathrin Kramer: Die Welt ist groß und ich wollte sie mir anschauen.<br />
Nur so konnte ich auch zurückkehren und diese Region <strong>als</strong><br />
etwas Schönes, <strong>als</strong> meine Heimat, betrachten. Außerdem wollte ich<br />
Schauspielerin werden und Wuppertal ist leider nicht der Nabel der<br />
Welt, an dem das passieren kann.<br />
alverde: Sie haben erst mit 26 Jahren mit der Schauspielerei<br />
angefangen. Warum so spät?<br />
Ann-Kathrin Kramer: Ich wollte schon immer Schauspielerin werden.<br />
Aber ich wollte diesen Beruf nicht nur ausüben, sondern mit eigenen<br />
Erfahrungen füttern. Gefestigter sein, schon etwas erlebt und<br />
somit auch mehr zu sagen zu haben – insgesamt ein bisschen reifer<br />
sein, das schien mir wichtig. Aus diesem Grund hatte ich es mit der<br />
Schauspielerei nicht eilig: Ich fand das Leben an sich spannend, habe<br />
erst einmal einen anderen Beruf gelernt – nämlich Schauwerbegestalterin<br />
– und dann noch mein Abitur nachgeholt.<br />
alverde: Das hört sich nach einem sprunghaften Lebenswandel an.<br />
Ann-Kathrin Kramer: Von außen betrachtet<br />
mag es sich nach einem Zick zack<br />
anhören. Für mich persönlich ist meine<br />
Biografie allerdings eine gerad linige<br />
Autobahn, auf der es immer nur vorwärts<br />
ging. Ich glaube, ganz wenige Menschen<br />
wissen wirklich von Kindes beinen an, was<br />
sie später einmal machen möchten und<br />
wohin die Reise geht. Das ist auch gut so: Es<br />
ist nicht wichtig, stets zu maximieren und<br />
optimieren, beispielsweise indem man das<br />
Abitur durch eine Schulverkürzung in zehn<br />
Jahren macht. Meiner Meinung nach sollte<br />
man vielmehr danach schauen, was für einen selbst Sinn macht, wo<br />
man vielleicht etwas an sich entwickeln kann, das zunächst nur eine<br />
Knospe ist.<br />
alverde: Trotz stetigem nach vorne Blicken sind Sie wieder zu<br />
Ihren Wurzeln in Nordrhein-Westfalen zurückgekehrt. Hatten<br />
Sie keine Angst vor einem Schritt zurück?<br />
Ann-Kathrin Kramer: Nein. Meine Familie lebt hier. Und nach der<br />
Trennung von Jan Josef Liefers, dem Vater meines Kindes, wollte ich<br />
meinem Sohn ein familiäres Gefüge bieten. Darüber hinaus bedingt<br />
meine Arbeit natürlich, dass ich viel unterwegs und nicht die ganze<br />
Zeit über in Wuppertal bin. Vielleicht ist es mir deswegen nie schwer<br />
gefallen, zurückzukehren. ><br />
August 2008 alverde<br />
7
Interview<br />
„Ich mag dieses stille<br />
Glück. Da merke ich,<br />
dass ich sehr froh bin<br />
über das, was ich um<br />
mich habe.“<br />
alverde: Nun sind Sie seit acht Jahren mit Harald Krassnitzer<br />
liiert. Was ist Ihr Geheimnis für eine gut funktionierende<br />
Patchwork-Familie?<br />
Ann-Kathrin Kramer: In gewisser Weise ignorieren wir einfach,<br />
dass es Patchwork ist. Denn eine Familie ist eine Familie, ganz gleich<br />
wie sie sich zusammensetzt – früher wie heute: Beispielsweise hatten<br />
auch nach dem zweiten Weltkrieg unendlich viele Kinder ihre Eltern<br />
verloren und Eltern ihre Kinder. Alles wurde querbeet zusammengewürfelt<br />
und großgezogen. Und das war dann die Familie. Keiner hat<br />
von Patchwork gesprochen. Ich finde, Patchwork wird überbewertet.<br />
Man muss nicht immer alles eintüten und benennen, sondern sich einfach<br />
fragen: Funktioniert das, was wir machen? Haben wir uns gerne?<br />
Kann man dies bejahen, ist man eine Familie.<br />
alverde: In welchen Momenten sind Sie glücklich?<br />
Ann-Kathrin Kramer: Ich bin zum Beispiel glücklich, wenn ich in<br />
meinem Garten sitze oder einen Tag frei habe. Dann bringe ich meinen<br />
Sohn in die Schule und weiß, nachher hole ich ihn wieder ab. Ich<br />
mag dieses stille Glück. Da merke ich, dass ich sehr froh bin über das,<br />
was ich um mich habe. Doch am glücklichsten bin ich, wenn ich mein<br />
Kind ansehe und weiß, dass es ihm gut geht und es gesund ist. Das<br />
ist nicht selbstverständlich.<br />
alverde: Sie engagieren sich <strong>als</strong> Hospiz-Botschafterin für die<br />
Bundesstiftung Kinderhospiz. Warum?<br />
Am Filmset lernten sie sich kennen: Ann-Kathrin Kramer und<br />
Harald Krassnitzer. Nun leben sie gemeinsam in der Nähe von<br />
Wuppertal in ländlicher Umgebung.<br />
Ann-Kathrin Kramer: Die Kinderhospize leisten Großes: Sie geben<br />
den kranken Kindern sozusagen den Raum und die Möglichkeit, im<br />
Beisein ihrer Familien ihren Weg zu Ende zu gehen. Dieser Rahmen<br />
wird in einer beeindruckenden Weise geschaffen: Denn in den<br />
Kinderhospizen ist nichts von dieser Schwere spürbar, die man dort <strong>als</strong><br />
Außenstehender vermutet, sondern die Atmosphäre hat in sich etwas<br />
Zuversichtliches – auch wenn das Wort in diesem Zusammenhang komisch<br />
klingt. Die Kinder erfahren auf diesem letzten Weg Liebe,<br />
Zuneigung und Anerkennung.<br />
alverde: Wie finden Sie die richtigen Worte, wenn Sie den<br />
betroffenen Familien begegnen?<br />
Ann-Kathrin Kramer: Anfangs hatte ich großen Respekt, weil ich<br />
wie viele Menschen nicht geübt bin im Umgang mit dieser Situation.<br />
Die meisten wissen nicht, wie sie reagieren sollen und sagen lieber gar<br />
nichts. Genau das ist es auch, was viele Trauernde beklagen: dass niemand<br />
damit umgehen kann. Ich persönlich habe genau das gesagt, was<br />
mir <strong>als</strong> erstes in den Sinn kam. Und wenn ich mir unsicher war, habe<br />
ich einfach dazugesagt: „Das klingt jetzt vielleicht komisch...“ Und jeder<br />
verstand, was ich ausdrücken wollte. Diese Familien haben schon viel<br />
mehr darüber nachgedacht <strong>als</strong> man selbst: Sie nehmen einen an der<br />
Hand und können durch dieses Gebiet führen, auf dem man sich nicht<br />
auskennt. Man muss einfach nur den Anfang wagen und dabei in Kauf<br />
nehmen, eventuell etwas f<strong>als</strong>ch zu machen.<br />
alverde: Was schenken Ihnen diese Begegnungen?<br />
Ann-Kathrin Kramer: Vielleicht klingt das merkwürdig, aber für<br />
mich sind diese Begegnungen mit Hoffnung verbunden: Auf der einen<br />
Seite sehe ich das schreckliche Sterben von viel zu jungen Menschen,<br />
auf der anderen Seite nehme ich wahr, wie sie in den Kinderhospizen<br />
aufgehoben sind, wie versucht wird, sie dort zu begleiten und ihnen zu<br />
helfen. Das gibt mir viel Hoffnung. ■<br />
8 alverde August 2008