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Serie<br />

Vergessene Helden Teil X<br />

Der erste Mens<strong>ch</strong> am Nordpol<br />

Wären die beiden ehrl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e<br />

Abenteurer gewesen, hätten s<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

die Amerikaner Robert Peary<br />

und Frederick Cook ihr Ge -<br />

zanke sparen können: Denn keiner<br />

von beiden hatte 1909 den<br />

Nordpol wirkl<strong>i<strong>ch</strong></strong> erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>t, s<strong>ch</strong>on<br />

gar n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t als Erster, soviel gilt<br />

heute als erwiesen. Dummer -<br />

weise wurde der Streit so laut<br />

ausgetragen, dass in Vergessen -<br />

heit geriet, wer denn nun wirkl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

der erste Mens<strong>ch</strong> am Nord -<br />

pol war. Es war: Iwan Dmitri -<br />

jewits<strong>ch</strong> Papanin. Er führte<br />

1937, fast dreissig Jahre na<strong>ch</strong><br />

Peary und Cook, die Expedition<br />

N-1 an und driftete dabei so<br />

nahe am Nordpol vorbei, dass<br />

man sagen kann: Er war dort.<br />

Und das praktis<strong>ch</strong> ohne körperl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e<br />

Anstrengung.<br />

Iwan Papanin wurde 1894 in<br />

Sewastopol geboren als Kind<br />

armer Eltern, der Vater war<br />

Matrose, die Mutter Näherin,<br />

drei seiner neun Ges<strong>ch</strong>wister<br />

über lebten die Kindheit n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t.<br />

Als Rotgardist leitete der ge -<br />

lernte Dreher zwei Jahre lang<br />

eine Panzer-Reparaturwerkstatt,<br />

s<strong>ch</strong>muggelte ans<strong>ch</strong>liessend<br />

Waffen für die Partisanen und Iwan Dmitrijewits<strong>ch</strong> Papanin.<br />

wurde s<strong>ch</strong>liessl<strong>i<strong>ch</strong></strong> 1922<br />

Kommissar der Hauptverwaltung Seete<strong>ch</strong>nik und Seewirts<strong>ch</strong>aft. Als<br />

Leiter der Zentralverwaltung für Post- und Fernmeldewesen kam er<br />

zum ersten Mal mit der Arktis in Berührung, 1932 wurde er zum<br />

Leiter der <strong>Polar</strong>station in der T<strong>i<strong>ch</strong></strong>ajabu<strong>ch</strong>t auf Franz-Joseph-Land<br />

ernannt. Dort kartografierte der stramme Kommunist die Inseln neu<br />

und entdeckte unter anderem magnetis<strong>ch</strong>e Anomalien. Zwei Jahre später<br />

überwinterte er am Kap Ts<strong>ch</strong>eljuskin auf der Taymir-Halbinsel,<br />

erfors<strong>ch</strong>te das Wetter und heiratete seine Fors<strong>ch</strong>erkollegin Anna<br />

Viktorowna Fjodorow.<br />

Papanins Aufstieg zum Helden der Sowjetunion begann, als das<br />

Politbüro 1936 bes<strong>ch</strong>loss, zum Anlass des 20-Jahr-Jubiläums der<br />

Oktoberrevolution eine Eisdrift-Station am Nordpol einzur<strong>i<strong>ch</strong></strong>ten –<br />

mit ihm als Expeditionsleiter.<br />

Das Abenteuer beginnt am 21. Mai 1937: Eine Antonov-6 setzt<br />

die Teilnehmer auf 89º 54’ Nord 78º 40’ West aufs Eis, nur rund<br />

20 Kilometer vom Nordpol entfernt. Weitere Flieger bringen zehn<br />

Tonnen Material, Zelte, Essen, Geräte, und als 17 Tage später die<br />

letzte Mas<strong>ch</strong>ine startet, bleiben auf dem Eis zurück: Papanin, der<br />

Geophysiker und Meteorologe Jewgeni Konstantinowits<strong>ch</strong><br />

Fjodorow, der Ozeanologe Pjotr Petrowits<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>irs<strong>ch</strong>ow und der<br />

Funker Ernst Theodorowits<strong>ch</strong><br />

Krenkel. Und Papanins Hund<br />

Freul<strong>i<strong>ch</strong></strong>. Die Eisplatte, auf der<br />

sie s<strong>i<strong>ch</strong></strong> befinden, ist 3200<br />

Meter lang und 1600 Meter<br />

breit.<br />

Ganze 274 Tage liessen s<strong>i<strong>ch</strong></strong> die<br />

Fors<strong>ch</strong>er auf der Eiss<strong>ch</strong>olle treiben,<br />

bis sie am 19. Februar 1938<br />

rund 2500 Kilometer entfernt an<br />

der Ostküste Grönlands vom<br />

Eisbre<strong>ch</strong>er «Taymir» geborgen<br />

wurden. Da war die Eiss<strong>ch</strong>olle<br />

nur no<strong>ch</strong> 30 Meter breit und<br />

weniger als 70 Meter lang und<br />

Papanin um 30 Kilogramm<br />

abgemagert.<br />

Was die Männer auf dem driftenden<br />

Eis erfors<strong>ch</strong>ten, war<br />

erstaunl<strong>i<strong>ch</strong></strong>: Sie loteten die<br />

Meerestiefe aus und entdeckten<br />

einen Bergkamm auf dem<br />

Meeresgrund, dem sie au<strong>ch</strong><br />

gle<strong>i<strong>ch</strong></strong> Bodenproben entnahmen.<br />

Sie massen das Wasser und entdeckten<br />

eine gegenläufige<br />

Strömung 100 Meter unter dem<br />

Wasserspiegel. Sie präzisierten<br />

die magnetis<strong>ch</strong>e Deklination,<br />

mit deren Hilfe Magnet -<br />

kompasse funktionieren. Sie<br />

stellten mit Erstaunen fest, dass<br />

es auf dem Eis gelegentl<strong>i<strong>ch</strong></strong> wärmer<br />

war als in Moskau. Sie<br />

widerlegten Fridtjof Nansens Theorie, dass das nördl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Eismeer frei<br />

von tieris<strong>ch</strong>em Leben sei. Und sie waren die ersten Mens<strong>ch</strong>en, die so<br />

nahe am Nordpol standen.<br />

Dafür wurde Papanin mit den hö<strong>ch</strong>sten Ehren ausgeze<strong>i<strong>ch</strong></strong>net, die<br />

die Sowjetunion zu vergeben hatte. Er wurde zum berühmtesten<br />

Prominenten seiner Zeit.<br />

Einziger Wermutstropfen: Als im Februar ein Lufts<strong>ch</strong>iff auf der Kola-<br />

Halbinsel startete, um die Männer zu bergen, stürzte dieses ab,<br />

13 Besatzungsmitglieder starben.<br />

Papanin hingegen wurde zum Leiter der sowjetis<strong>ch</strong>en For s<strong>ch</strong> ungs -<br />

flotte ernannt mit dem Auftrag, diese auszubauen, und lebte<br />

20 Jahre an der Wolga als Leiter einer biologis<strong>ch</strong>en Station. Er starb<br />

1986 im Alter von 91 Jahren in Moskau. Da war er s<strong>ch</strong>on fast in<br />

Vergessenheit geraten. Ein Eisbre<strong>ch</strong>er, ein Kap auf der Taimyr -<br />

halbinsel, ein Bergzug in der Antarktis und ein Unterwasserberg im<br />

Pazifis<strong>ch</strong>en Ozean tragen heute seinen Namen. Die deuts<strong>ch</strong>e Übersetzung<br />

seiner Memoiren über die Drifteis-Expedition Nordpol-1,<br />

«Leben auf der Eiss<strong>ch</strong>olle», ist nur no<strong>ch</strong> antiquaris<strong>ch</strong> erhältl<strong>i<strong>ch</strong></strong>.<br />

Greta Paulsdottir<br />

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Ges<strong>ch</strong><strong>i<strong>ch</strong></strong>te<br />

Wettlauf zum Südpol<br />

Zum hundertsten Mal jährt s<strong>i<strong>ch</strong></strong> diesen Dezember das letzte grosse Abenteuer in der Ges<strong>ch</strong><strong>i<strong>ch</strong></strong>te der<br />

Eroberung unserer Erde: Als erster Mens<strong>ch</strong> stand Roald Amundsen am Südpol. Damit fing die Tragödie<br />

des Verlierers Robert Falcon Scott erst r<strong>i<strong>ch</strong></strong>tig an.<br />

Von Wolf S<strong>ch</strong>neider (Text)<br />

Bilder: Scott <strong>Polar</strong> Resear<strong>ch</strong> Institute /<br />

Fram Museum<br />

Wenn ein englis<strong>ch</strong>er Gentleman gegen einen<br />

blossen Fa<strong>ch</strong>mann aus Norwegen verliert, so<br />

kann nur der Engländer der Sieger gewesen<br />

sein – zumal wenn er seine Niederlage mit<br />

einer Art Heldentod verklärt: Das war die<br />

Stimmung in Grossbritannien, als 1913 das<br />

Ergebnis des verrücktesten und tragis<strong>ch</strong>sten<br />

Wettlaufs der Weltges<strong>ch</strong><strong>i<strong>ch</strong></strong>te bekannt geworden<br />

war.<br />

Siegerbild am Donnerstag, 14. Dezember 1911, 15 Uhr:<br />

Amundsen und seine Crew haben den Südpol erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>t.<br />

Einem uns<strong>i<strong>ch</strong></strong>tbaren Fleck in unvorstellbarer<br />

Öde hatte er gegolten: dem südl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en<br />

«Dur<strong>ch</strong>stosspunkt» der Rotationsa<strong>ch</strong>se der<br />

Erde, kurz Südpol genannt.<br />

Was ist ein Punkt? Per Definition nur ein<br />

ausdehnungsloses Gebilde. Haben denn<br />

Amundsen und vier Wo<strong>ch</strong>en na<strong>ch</strong> ihm Scott<br />

ihren Fuss auf dieses Gebilde setzen können?<br />

Wahrs<strong>ch</strong>einl<strong>i<strong>ch</strong></strong> n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t.<br />

Denn um bis zu zehn Meter entfernt s<strong>i<strong>ch</strong></strong> der<br />

Punkt von seiner mittleren Position – zum<br />

Beispiel wenn ein Erdbeben den Planeten ein<br />

biss<strong>ch</strong>en ins S<strong>ch</strong>lingern bringt.<br />

Amundsen nahm dafür 99 Tage auf Skiern im<br />

ewigen Eis in Kauf, Scott fast fünf Monate bis<br />

zu seinem Tod – von bis zu 60 Grad Kälte<br />

gebissen und von S<strong>ch</strong>neestürmen bis zu 130<br />

Stundenkilometern angefau<strong>ch</strong>t; unter Leiden,<br />

Strapazen und hygienis<strong>ch</strong>en Verhältnissen, die<br />

die meisten Mens<strong>ch</strong>en kaum vier Tage lang<br />

ertragen würden; Scott und seine zwei letzten<br />

Männer na<strong>ch</strong> einem Fussmars<strong>ch</strong> von 2400<br />

Kilometern s<strong>ch</strong>liessl<strong>i<strong>ch</strong></strong> im Zelt verhungerten<br />

und erfroren.<br />

Da der «Fa<strong>ch</strong>mann» seine Expedition perfekt<br />

organisiert, der «Gentleman» aber bei der<br />

Vorbereitung le<strong>i<strong>ch</strong></strong>tfertig gehandelt hatte, war<br />

dessen Leistung in der Tat die no<strong>ch</strong> erstaunl<strong>i<strong>ch</strong></strong>ere<br />

– ein Weltrekord an Zähigkeit, Nerven -<br />

stärke und Überlebenswillen. Do<strong>ch</strong> keinen,<br />

der Scott kannte, wunderte es, dass er der<br />

Verlierer war, der Antarktis einfa<strong>ch</strong> n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t ge -<br />

wa<strong>ch</strong>sen.<br />

Eroberer-Stimmung<br />

Gewaltig breitet s<strong>i<strong>ch</strong></strong> der se<strong>ch</strong>ste, der bis dahin<br />

ignorierte Kontinent rund um den Südpol aus,<br />

grösser als Europa, unbewohnbar, zu n<strong>i<strong>ch</strong></strong>ts<br />

nütze und bis zu vier Kilometer dick mit Eis<br />

bepackt.<br />

Etwa seit 1820 wurden seine Küsten zur<br />

Robbenjagd und zum Walfang angelaufen;<br />

von 1901 bis 1904 leitete der junge Captain<br />

Scott eine Antarktis-Unternehmung, die s<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

vor allem der Fors<strong>ch</strong>ung widmete, als<br />

Kommandant des Expeditionss<strong>ch</strong>iffs<br />

«Discovery».<br />

Von dem aus drang ein Stosstrupp ein paar<br />

Hundert Kilometer auf den Eiss<strong>ch</strong>ild vor.<br />

Scott selbst war dabei und der fünf Jahre jüngere<br />

Leutnant Ernest Shackleton. Sie mo<strong>ch</strong>ten<br />

einander n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t, und in seinem Bu<strong>ch</strong> über die<br />

Fahrt deutete Scott an, dass Shackleton ein<br />

Versager gewesen sei.<br />

Da war es für Shackleton ein Triumph, dass es<br />

ihm 1909 gelang, s<strong>i<strong>ch</strong></strong> dem Südpol bis auf 156<br />

Kilometer zu nähern – als Spitze einer neuen<br />

Expedition, an der Scott n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t teilnahm.<br />

Im Jahr zuvor behauptete der amerikanis<strong>ch</strong>e<br />

Arzt Frederick Cook, er habe den Nordpol er -<br />

re<strong>i<strong>ch</strong></strong>t. Gelogen, sagte sein Landsmann Robert<br />

Peary 1909 – erst <strong>i<strong>ch</strong></strong> habe es ges<strong>ch</strong>afft!<br />

Wel<strong>ch</strong>er, oder ob keiner von beiden, ist bis<br />

heute umstritten. Damals glaubte man Peary,<br />

und Unruhe ma<strong>ch</strong>te s<strong>i<strong>ch</strong></strong> breit unter den<br />

Letzten, die hofften, sie könnten no<strong>ch</strong> zu den<br />

Entdeckern gehören.<br />

Der 36-jährige Roald Amundsen zumal war<br />

entsetzt: Von 1903 bis 1906 war ihm die seemännis<strong>ch</strong>e<br />

Grosstat gelungen, die Nord -<br />

westpassage zu eröffnen, die bis dahin nur<br />

erhoffte S<strong>ch</strong>ifffahrtsroute um Kanada herum.<br />

Er bewältigte sie mit drei Überwinterungen im<br />

Eis – und unterstellte, dass der Nordpol jetzt<br />

eigentl<strong>i<strong>ch</strong></strong> nur ihm gehören könne.<br />

Wenn, dann ein Engländer<br />

Der vier Jahre ältere britis<strong>ch</strong>e Kapitän Robert<br />

Falcon Scott aber sah England ges<strong>ch</strong>ändet und<br />

s<strong>i<strong>ch</strong></strong> selber bedroht: Ging es denn an, dass ein<br />

Amerikaner den Nordpol erobert hatte –<br />

herrs<strong>ch</strong>te das Britis<strong>ch</strong>e Weltre<strong>i<strong>ch</strong></strong> n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t über<br />

fast ein Viertel der Erde und über alle Meere<br />

sowieso? Also musste auf dem anderen Pol,<br />

dem ungle<strong>i<strong>ch</strong></strong> s<strong>ch</strong>werer erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>baren, der<br />

Union Jack aufgepflanzt werden! (Der Mount<br />

Everest, später der «Dritte Pol» genannt,<br />

geriet erst 1921 ins britis<strong>ch</strong>e Visier.)<br />

«I<strong>ch</strong> bin der Meinung, dass nur ein Engländer<br />

zum Südpol gelangen sollte», s<strong>ch</strong>rieb Scott im<br />

September 1909. Shackleton, der gerade als<br />

Held der Antarktis gefeiert wurde? Nein, er,<br />

Scott!<br />

In seinem Ents<strong>ch</strong>luss bestärkte ihn die Frau,<br />

die er 1908 geheiratet hatte: Kathleen Bruce,<br />

eine lebenslustige, le<strong>i<strong>ch</strong></strong>t überspannte<br />

Künstler in.<br />

Scotts gründl<strong>i<strong>ch</strong></strong>ster Biograf, der britis<strong>ch</strong>e<br />

Journalist Roland Huntford, behauptet von ihr,<br />

sie habe s<strong>i<strong>ch</strong></strong> vorgenommen, einen Helden zu<br />

gebären, und dazu, natürl<strong>i<strong>ch</strong></strong>, müsse der Vater<br />

s<strong>i<strong>ch</strong></strong> als Held erweisen. «Du musst zum<br />

Südpol!», ermahnte sie ihn. «Es muss zu<br />

s<strong>ch</strong>affen sein!»<br />

Nun brau<strong>ch</strong>te Scott vor allem zweierlei: Geld<br />

und Protektion. Mit seinem flotten Bu<strong>ch</strong> über<br />

die «Discovery» hatte er gut verdient, und<br />

Kathleen liess ihre Beziehungen spielen.<br />

Indem s<strong>i<strong>ch</strong></strong> Scott zugle<strong>i<strong>ch</strong></strong> der Popularität<br />

bediente, die sein Rivale Shackleton dem<br />

Unternehmen Südpol vers<strong>ch</strong>afft hatte, kam er<br />

gut voran. Für die S<strong>ch</strong>iffsmanns<strong>ch</strong>aft gingen<br />

fast 8000 Bewerbungen ein.<br />

Am 31. Mai 1910 wurde Scott von der Royal<br />

Geographical Society mit einem Festessen zur<br />

Antarktis verabs<strong>ch</strong>iedet. Ihr Präsident rühmte,<br />

«dass die Tugenden unserer Vorfahren, die<br />

dieses Weltre<strong>i<strong>ch</strong></strong> s<strong>ch</strong>ufen, weiter in uns leben».<br />

Am 1. Juni sta<strong>ch</strong> die «Terra Nova», ein alter<br />

Walfänger, in Portland Harbour an der<br />

Kanalküste in See, von Tausenden bejubelt;<br />

einem englis<strong>ch</strong>en Kapitän mit <strong>Polar</strong>erfahrung<br />

fiel die Menge der goldenen Tressen auf dem<br />

Deck der «Terra Nova» auf.<br />

Amundsens Trick<br />

Scotts S<strong>ch</strong>iff war da no<strong>ch</strong> als einziges zur<br />

Antarktis unterwegs. Do<strong>ch</strong> längst bereitete<br />

Amundsen s<strong>i<strong>ch</strong></strong> auf einen Wettlauf vor. S<strong>ch</strong>on<br />

im September 1909, als er von Scotts Südpol-<br />

Plänen hörte, hatte er s<strong>i<strong>ch</strong></strong> zu diesem<br />

«Handstre<strong>i<strong>ch</strong></strong>» ents<strong>ch</strong>lossen (so nannte er das<br />

in seinen Erinnerungen). Öffentl<strong>i<strong>ch</strong></strong> blieb er<br />

bei seiner Ankündigung, er wolle, da der<br />

Nordpol nun mal erobert sei, die Nord west -<br />

passage no<strong>ch</strong> einmal befahren, diesmal jedo<strong>ch</strong><br />

in umgekehrter R<strong>i<strong>ch</strong></strong>tung, na<strong>ch</strong> monatelanger<br />

Anreise um Feuerland herum.<br />

Ein ganzes Jahr lang hielt er sein Vorhaben<br />

geheim, sogar von der Manns<strong>ch</strong>aft, die er<br />

angeworben hatte, war nur sein Stellvertreter<br />

eingeweiht. In Grönland bestellte er aber<br />

s<strong>ch</strong>on mal 100 S<strong>ch</strong>littenhunde.<br />

Hunde! Dass Amundsen sie souverän einsetzte<br />

und Scott sie missa<strong>ch</strong>tete, ma<strong>ch</strong>te dessen<br />

Niederlage unvermeidl<strong>i<strong>ch</strong></strong> und trug bei zu seinem<br />

Untergang.<br />

«Hunde rauben dem Zug mit S<strong>ch</strong>litten viel<br />

von seinem Glanz», hatte Scott s<strong>i<strong>ch</strong></strong> 1905 vernehmen<br />

lassen – in einem Haus mit Dienern<br />

war er aufgewa<strong>ch</strong>sen, die Royal Navy hatte<br />

ihn geprägt. «Mit Hunden lässt s<strong>i<strong>ch</strong></strong> nie die<br />

erhabene Vorstellung hervorrufen, dass eine<br />

Gruppe von Männern s<strong>i<strong>ch</strong></strong> aufma<strong>ch</strong>t, allen<br />

Strapazen und Gefahren aus eigener Kraft zu<br />

trotzen. In diesem Fall ist der Sieg würdiger<br />

erkämpft.»<br />

Herois<strong>ch</strong>e, ein biss<strong>ch</strong>en verblasene Gesinnung<br />

gegen Amundsens kühle Strategie! Und so liess<br />

Scott am 11. Dezember 1911, fünf Wo<strong>ch</strong>en vor<br />

dem Ziel, in der Tat alle Hunde umkehren, und<br />

zwölf Männer auf Skiern zogen drei S<strong>ch</strong>litten<br />

mit mehr als einer Tonne Material dem Südpol<br />

entgegen, und s<strong>ch</strong>liessl<strong>i<strong>ch</strong></strong> zerrten drei Mann<br />

den letzten S<strong>ch</strong>litten bis zu ihrem Grab im Eis.<br />

Au<strong>ch</strong> ohne den Wettlauf mit Amundsen hätten<br />

sie wohl n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t überlebt. »<br />

Zu spät: Einen Monat na<strong>ch</strong> Amundsen, am 18. Januar 1912, stehen Scott und seine Männer vor der norwegis<strong>ch</strong>en Flagge.<br />

24<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

25


Aufgebro<strong>ch</strong>en war Amundsen über ein<br />

Vierteljahr na<strong>ch</strong> Scott, am 9. September 1910<br />

– allerdings s<strong>ch</strong>on von Madeira aus, wohin er<br />

mit der «Fram» gefahren war. Als sie die<br />

Anker l<strong>i<strong>ch</strong></strong>tete, rief Amundsen seine Männer<br />

zusammen und eröffnete ihnen: Ja, sie führen<br />

in R<strong>i<strong>ch</strong></strong>tung Feuerland – aber dann n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t na<strong>ch</strong><br />

Norden zum Westeingang der Nordwest -<br />

passage, wie er es angekündigt hatte, sondern<br />

weiter na<strong>ch</strong> Süden, um den Südpol zu er -<br />

re<strong>i<strong>ch</strong></strong>en.<br />

Sie zu täus<strong>ch</strong>en sei leider nötig gewesen, weil<br />

er befür<strong>ch</strong>tet habe, die Regierung (der die<br />

«Fram» gehörte) könnte seine Pläne dur<strong>ch</strong>kreuzen.<br />

In die Totenstille hinein vers<strong>i<strong>ch</strong></strong>erte<br />

Amundsen, es handle s<strong>i<strong>ch</strong></strong> um «einen verhältnismässig<br />

kleinen Umweg». Jetzt gehe es<br />

darum, die Engländer zu s<strong>ch</strong>lagen!<br />

Da kam Jubel auf, und kein Mann ma<strong>ch</strong>te<br />

vom Angebot des Kapitäns Gebrau<strong>ch</strong>, das<br />

S<strong>ch</strong>iff zu verlassen, die Heimreise werde ihm<br />

bezahlt. Körperl<strong>i<strong>ch</strong></strong> überragte Amundsen sie<br />

alle, ein hagerer, knorriger, wortkarger Mann<br />

mit einer Adlernase und der Aura unumstössl<strong>i<strong>ch</strong></strong>er<br />

Zuverlässigkeit.<br />

Erst drei Wo<strong>ch</strong>en später, am 1. Oktober 1910,<br />

informierte Amundsens Bruder Leon in Oslo<br />

den König, mit der Bitte um Verständnis für<br />

die ungewöhnl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Umstände.<br />

Am 12. Oktober s<strong>ch</strong>liessl<strong>i<strong>ch</strong></strong> hielt Scott auf<br />

der «Terra Nova» Amundsens Telegramm in<br />

der Hand: «Erlaube mir mitzuteilen, dass die<br />

„Fram“ zur Antarktis fährt.» Der Wettlauf war<br />

eröffnet.<br />

Einr<strong>i<strong>ch</strong></strong>tung der Basislager<br />

Scotts spontane Reaktion ist n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t überliefert.<br />

Ein Jahr später, kurz vor dem Aufbru<strong>ch</strong> vom<br />

Basislager zum Pol, s<strong>ch</strong>rieb er seinem<br />

Agenten in Neuseeland: «Mir ist die<br />

Komplizierung der Lage völlig klar, aber da<br />

jeder Versu<strong>ch</strong> eines Wettlaufs für unsere<br />

Chance, den Pol überhaupt zu erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>en, tödl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

sein könnte, habe <strong>i<strong>ch</strong></strong> ents<strong>ch</strong>ieden, genauso<br />

weiterzuma<strong>ch</strong>en, als wenn Amundsen n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t<br />

hier unten wäre.» Das kann nur gelogen gewesen<br />

sein.<br />

Den Platz fürs Basislager fand Scott am<br />

4. Januar 1911 auf der Ross-Insel, am<br />

14. Februar Amundsen an der Walfis<strong>ch</strong>bu<strong>ch</strong>t –<br />

beide am Ross-Meer, beide in S<strong>i<strong>ch</strong></strong>tweite der<br />

mehr als 30 Meter hohen Mauer des<br />

S<strong>ch</strong>elfeises; etwa 740 Kilometer voneinander<br />

entfernt (also fast Na<strong>ch</strong>barn na<strong>ch</strong> antarktis<strong>ch</strong>en<br />

Massstäben), Amundsen aber 110<br />

Kilometer näher am Pol.<br />

Es war Sommer auf der Südhalbkugel, es<br />

gab sogar ein paar frostfreie Mittagsstunden.<br />

Nun mussten die Vorräte ausgeladen, ein<br />

Winterquartier err<strong>i<strong>ch</strong></strong>tet und mögl<strong>i<strong>ch</strong></strong>st ras<strong>ch</strong><br />

mit der Anlage der Depots begonnen werden:<br />

der Stützpunkte auf dem Weg zum Pol, im<br />

Abstand von etwa einer Mars<strong>ch</strong>wo<strong>ch</strong>e err<strong>i<strong>ch</strong></strong>tet<br />

und mit Vorräten für eine Wo<strong>ch</strong>e versehen<br />

– Lebensmittel, Reservekleidung, Paraffinöl<br />

für die Ko<strong>ch</strong>er und die Öfen, für die Hunde<br />

Seehundfleis<strong>ch</strong>, für Scotts Ponys gepresstes<br />

Heu.<br />

Zunä<strong>ch</strong>st jedo<strong>ch</strong> sollte bei Scott die grosse<br />

Stunde der S<strong>ch</strong>neeraupen, der Motors<strong>ch</strong>litten,<br />

s<strong>ch</strong>lagen. Von denen gab es s<strong>ch</strong>on ein paar in<br />

Kanada und S<strong>ch</strong>weden – aber no<strong>ch</strong> war ja<br />

selbst das Strassenauto ein pannenanfälliges<br />

Vehikel. Uners<strong>ch</strong>rocken hatte Scott 1907, drei<br />

Jahre na<strong>ch</strong> seiner Rückkehr von der<br />

«Discovery»-Expedition, die Denks<strong>ch</strong>rift<br />

Wo ist der Punkt? Amundsens Geograf prüft die Koordinaten immer wieder<br />

und definiert die Lage des Südpols mehrmals um.<br />

«Das S<strong>ch</strong>littenproblem in der Antarktis –<br />

Mens<strong>ch</strong>en gegen Motoren» veröffentl<strong>i<strong>ch</strong></strong>t,<br />

mit der These, die 2700 Kilometer zum<br />

Südpol und zurück seien weder von<br />

Mens<strong>ch</strong>en no<strong>ch</strong> von Hunden als Zugkräften<br />

zu s<strong>ch</strong>affen. 1908 fuhr er mit einem<br />

Motors<strong>ch</strong>litten dur<strong>ch</strong> Norwegens Berge und<br />

war begeistert. Aber als am 8. Januar 1911,<br />

vier Tage na<strong>ch</strong> der Landung am Ort des<br />

Winterquartiers, die erste S<strong>ch</strong>neeraupe ausgeladen<br />

wurde, bra<strong>ch</strong> sie dur<strong>ch</strong>s Eis und versank.<br />

Da waren’s bloss no<strong>ch</strong> zwei.<br />

Im März vertraute Dr. Edward A. Wilson, der<br />

Expeditionsarzt, einem Teammitglied dessen<br />

Tagebu<strong>ch</strong> zufolge an: «Scott ist in einem<br />

für<strong>ch</strong>terl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Zustand. Natürl<strong>i<strong>ch</strong></strong> denkt er,<br />

dass Amundsen als Erster am Pol sein wird,<br />

wenn er n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t direkt Pe<strong>ch</strong> hat. Seine<br />

Expedition ist ruiniert.» Do<strong>ch</strong> was immer<br />

Scott da<strong>ch</strong>te: Die Arbeit ging weiter.<br />

Aufbru<strong>ch</strong><br />

Erst einmal bra<strong>ch</strong> der lange <strong>Polar</strong>winter herein.<br />

Über die dunklen Tage ber<strong>i<strong>ch</strong></strong>tet Scott in<br />

seinem Tagebu<strong>ch</strong>: Aufstehen zwis<strong>ch</strong>en sieben<br />

und a<strong>ch</strong>t – Eis holen, zum S<strong>ch</strong>melzen fürs<br />

Teewasser, sogar zum Was<strong>ch</strong>en: einen halben<br />

Liter pro Kopf und Tag. Na<strong>ch</strong> den Hunden<br />

sehen (ein paar waren nun do<strong>ch</strong> dabei) und<br />

na<strong>ch</strong> den Ponys: 19 Pferd<strong>ch</strong>en hatte Scott aus<br />

der Mands<strong>ch</strong>urei kommen lassen, sie galten<br />

als besonders zäh, und 1908 hatten sie<br />

Shackleton gut gedient. Dann Frühstück<br />

bereiten (Porridge), Temperatur, Wind und<br />

S<strong>ch</strong>neehöhe messen, Ponys spazieren führen,<br />

die Vorräte s<strong>i<strong>ch</strong></strong>ten und pflegen. Na<strong>ch</strong> dem<br />

Abendessen wurde ge<strong>lesen</strong>, ges<strong>ch</strong>rieben,<br />

«gewöhnl<strong>i<strong>ch</strong></strong> bringt eine freundl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Seele<br />

das Grammophon in Gang».<br />

Am 24. Oktober 1911 (dem April auf der<br />

Nordhalbkugel entspre<strong>ch</strong>end) starteten die<br />

zwei verbliebenen Motors<strong>ch</strong>litten, als Vorhut<br />

für die ungeheure Reise, jeder mit anderthalb<br />

Tonnen beladen. Sie kamen 80 Kilometer<br />

weit – ein A<strong>ch</strong>tzehntel der Entfernung zum<br />

Pol. Dann war bei dem einen eine A<strong>ch</strong>se<br />

gebro<strong>ch</strong>en und beim anderen ein Zylinder<br />

geplatzt.<br />

Objektiv hatte Scott den Wettlauf damit s<strong>ch</strong>on<br />

verloren: Amundsen war elf Tage vor ihm<br />

gestartet, sein Weg war 110 Kilometer kürzer<br />

– und er verliess s<strong>i<strong>ch</strong></strong> auf S<strong>ch</strong>littenhunde. Für<br />

Scott aber s<strong>ch</strong>lug nun die grosse Stunde der<br />

Ponys.<br />

Ja, mehr ziehen als Hunde konnten sie. Do<strong>ch</strong><br />

im S<strong>ch</strong>nee sanken sie tiefer ein, oft zerbra<strong>ch</strong><br />

die Eiskruste unter ihren Hufen und s<strong>ch</strong>nitt<br />

ihnen in die Beine. Bei jeder Rast verwandelte<br />

s<strong>i<strong>ch</strong></strong> der S<strong>ch</strong>weiss auf ihrem Körper in<br />

einen Eisfilm, sie mussten abgerieben und<br />

mit Decken ges<strong>ch</strong>ützt werden. Für die Na<strong>ch</strong>t<br />

musste man ihnen gegen den Eiswind einen<br />

S<strong>ch</strong>neewall s<strong>ch</strong>aufeln.<br />

Roald Amundsen. Gemessen an den erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>ten Zielen seiner Expeditionen,<br />

gilt der Norweger als erfolgre<strong>i<strong>ch</strong></strong>ster Pionier der Arktis und Antarktis.<br />

Am 24. November liess Scott das erste Pony<br />

ers<strong>ch</strong>iessen, das zweite vier Tage später, am<br />

1. Dezember das dritte – «den Hunden geopfert»,<br />

s<strong>ch</strong>rieb er im Tagebu<strong>ch</strong>, denn die<br />

brau<strong>ch</strong>ten Fleis<strong>ch</strong>. Am 9. Dezember (39 Tage<br />

na<strong>ch</strong> dem Aufbru<strong>ch</strong>, 39 Tage vor dem Pol)<br />

wurden die letzten fünf Ponys no<strong>ch</strong> zwölfeinhalb<br />

Stunden lang vorangepeits<strong>ch</strong>t – und am<br />

Abend allesamt ers<strong>ch</strong>ossen.<br />

«S<strong>ch</strong>la<strong>ch</strong>thauslager» nannten die Engländer<br />

ihren Zeltplatz. «Denno<strong>ch</strong> ist heute Abend<br />

jeder vergnügt», steht in Scotts Tagebu<strong>ch</strong><br />

(Begründung fehlt). Mindestens einer sah das<br />

anders: «Wir gle<strong>i<strong>ch</strong></strong>en einem besiegten, enttäus<strong>ch</strong>ten<br />

und untröstl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Heer», s<strong>ch</strong>rieb der<br />

Norweger Tryggve Gran. Als Ski-Experten<br />

hatte ihn Scott mitgenommen; Amundsens<br />

Leute brau<strong>ch</strong>ten keinen.<br />

Nun hätte Scotts drittes Transportmittel zum<br />

Zuge kommen können, er hatte ja vorgesorgt:<br />

seine sibiris<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>littenhunde. Mit sol<strong>ch</strong>en<br />

umzugehen wollte freil<strong>i<strong>ch</strong></strong> gelernt sein: bis zu<br />

zwölf von ihnen sauber ans<strong>ch</strong>irren, dabei die<br />

Beissordnung zwis<strong>ch</strong>en ihnen bea<strong>ch</strong>ten und<br />

sie immer aufs Neue motivieren. Amundsens<br />

Leute hatten das alle vorher lernen müssen;<br />

Scott hatte zusammen mit den Hunden zwei<br />

russis<strong>ch</strong>e Hundeführer importiert.<br />

Die wollte er sowieso n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t in der Spitzen -<br />

manns<strong>ch</strong>aft haben, und so kehrten sie zusammen<br />

mit den Hunden am 11. Dezember um –<br />

zwei Tage na<strong>ch</strong> dem S<strong>ch</strong>la<strong>ch</strong>tfest an den<br />

Ponys. Für Scott war damit erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>t, was er<br />

1905 ges<strong>ch</strong>rieben hatte: «In antarktis<strong>ch</strong>en<br />

Regionen geht n<strong>i<strong>ch</strong></strong>ts über den ehrl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en<br />

Gebrau<strong>ch</strong> der Beine», nur Männer könnten<br />

das Erhabene leisten. Nun war das Erhabene<br />

vollends ges<strong>i<strong>ch</strong></strong>ert und der Wettlauf vollends<br />

verloren.<br />

Englis<strong>ch</strong>er Ho<strong>ch</strong>mut<br />

Kann das dem Captain Scott verborgen<br />

geblieben sein?<br />

Wer ihn n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t als völlig vernagelt einstufen<br />

will, hat eigentl<strong>i<strong>ch</strong></strong> nur zwei Mögl<strong>i<strong>ch</strong></strong>keiten,<br />

seinen Motiven gere<strong>ch</strong>t zu werden: Entweder<br />

es rumorte in ihm etwas von jener herois<strong>ch</strong>en<br />

Gesinnung, die s<strong>i<strong>ch</strong></strong> dur<strong>ch</strong> die s<strong>i<strong>ch</strong></strong>ere<br />

Niederlage n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t irritieren lässt.<br />

Oder er besass etwas von jener irrationalen<br />

Mis<strong>ch</strong>ung aus Ho<strong>ch</strong>mut, Sportsgeist und<br />

Improvisationstalent, mit der Grossbritannien<br />

s<strong>ch</strong>liessl<strong>i<strong>ch</strong></strong> halbe Kontinente unterworfen<br />

hatte, und empfand etwa dies: Wozu brau<strong>ch</strong>t<br />

ein Engländer Zugtiere und ein warmes Bett,<br />

wenn er siegen will? Engländer siegen au<strong>ch</strong><br />

frierend und zu Fuss!<br />

Seine Männer mussten nun also je zu viert<br />

drei S<strong>ch</strong>litten ziehen, jeder mit 360<br />

Kilogramm beladen, mehr als 90 Kilo pro<br />

Kopf. «Der S<strong>ch</strong>litten br<strong>i<strong>ch</strong></strong>t einem das Kreuz»,<br />

hielt einer fest. «Es ist die s<strong>ch</strong>limmste Arbeit,<br />

die <strong>i<strong>ch</strong></strong> je verr<strong>i<strong>ch</strong></strong>tet habe.» So s<strong>ch</strong>afften sie im<br />

Dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nitt drei bis vier Kilometer pro<br />

Stunde; wenn sie s<strong>i<strong>ch</strong></strong> s<strong>ch</strong>reckl<strong>i<strong>ch</strong></strong> plagten,<br />

au<strong>ch</strong> mal 20 Kilometer am Tag – und plagen<br />

mussten sie s<strong>i<strong>ch</strong></strong>, Scott trieb sie dazu, ja oft<br />

ma<strong>ch</strong>te er eine S<strong>ch</strong>au daraus, dass er der am<br />

wenigsten Ers<strong>ch</strong>öpfte war.<br />

Amundsen dagegen rief regelmässig na<strong>ch</strong><br />

se<strong>ch</strong>s Stunden zum Abspannen der Hunde und<br />

zum Zeltbau auf. Hö<strong>ch</strong>stens 35 Kilometer<br />

hatte seine Truppe dann ges<strong>ch</strong>afft, und bis zu<br />

16 Stunden im S<strong>ch</strong>lafsack gönnte er ihnen.<br />

Bei Scott waren sogar die S<strong>ch</strong>lafsäcke ein<br />

Problem. Er hatte s<strong>i<strong>ch</strong></strong> dafür Rentierfelle aus<br />

Oslo kommen lassen, und die Felle zieml<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

alter Tiere hatte man ihm angedreht.<br />

Amundsen wusste: Das Winterfell junger<br />

Tiere musste es sein, nur das haarte n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t, und<br />

in Lappland hatte er eingekauft. Bei den<br />

Engländern fielen s<strong>ch</strong>on im Winterquartier<br />

die meisten Haare von der Haut, und in den<br />

s<strong>ch</strong>reckl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en vier Monaten kro<strong>ch</strong>en Scott<br />

und seine Männer in S<strong>ch</strong>lafsäcke, in denen oft<br />

der S<strong>ch</strong>weiss der vorigen Na<strong>ch</strong>t gefroren war<br />

– abends erst na<strong>ch</strong> einer Stunde aufgetaut<br />

dur<strong>ch</strong> die Körperwärme.<br />

Der «Metzgerladen»<br />

<strong>Polar</strong>NEWS<br />

Robert Falcon Scott. Mit englis<strong>ch</strong>em Ho<strong>ch</strong>mut plante der Marine-Offizier<br />

seine Expedition fals<strong>ch</strong> und erfror auf dem Rückweg vom Südpol.<br />

Der Mars<strong>ch</strong> bei Tage war für beide Trupps,<br />

über die Strapaze hinaus, eine Qual für alle<br />

Sinne: Wo<strong>ch</strong>e um Wo<strong>ch</strong>e dur<strong>ch</strong> eine weisse<br />

Wüste ziehen, ohne Ende, ohne S<strong>ch</strong>atten,<br />

ohne Farben, ohne Pflanze, ohne Tier, gequält<br />

von tausendfältig reflektiertem Sonnenl<strong>i<strong>ch</strong></strong>t. »<br />

26<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

27


Scotts Ponys erwiesen s<strong>i<strong>ch</strong></strong> als n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t polartaugl<strong>i<strong>ch</strong></strong>. Sie sanken<br />

im S<strong>ch</strong>nee ein, die Kälte spaltete ihre Hufe.<br />

Die «Terra Nova» von Scott ist im Packeis vertäut.<br />

Kein Geräus<strong>ch</strong> ausser dem Knirs<strong>ch</strong>en der<br />

Kufen und dem Pfeifen, dem Heulen des<br />

Windes, bei Amundsen dazu dem Gekläffe<br />

und Gehe<strong>ch</strong>el der Hunde. Keine Gerü<strong>ch</strong>e<br />

ausser abends die von ungewas<strong>ch</strong>enen<br />

Männern, vom Paraffinöl-Ko<strong>ch</strong>er und von<br />

Pemmikan.<br />

Pemmikan: Das war mageres, sonnengetrocknetes<br />

Rindfleis<strong>ch</strong>, na<strong>ch</strong> einem Rezept<br />

nordamerikanis<strong>ch</strong>er Indianer zerstampft und<br />

zerrieben, mit Beeren oder Erbsen vermis<strong>ch</strong>t<br />

und mit Fett versetzt. Gehärtet und in<br />

Ledersäcke gepresst, blieb er fast unbegrenzt<br />

geniessbar, und abends aufgewärmt<br />

war er zusammen mit S<strong>ch</strong>iffszwieback das<br />

Grundnahrungsmittel beider Expeditionen.<br />

Dazu Trockenmil<strong>ch</strong> und S<strong>ch</strong>okolade; bei<br />

Scott ein biss<strong>ch</strong>en Butter, Zucker und<br />

anfängl<strong>i<strong>ch</strong></strong> das Fleis<strong>ch</strong> der ers<strong>ch</strong>ossenen<br />

Ponys; bei Amundsen das Fleis<strong>ch</strong> der<br />

ers<strong>ch</strong>ossenen Hunde.<br />

Ja, eben das sollten seine Männer essen. Mit<br />

52 S<strong>ch</strong>littenhunden und vier S<strong>ch</strong>litten waren<br />

die fünf Norweger am 20. Oktober aufgebro<strong>ch</strong>en;<br />

nun, am 21. November, na<strong>ch</strong>dem s<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

Mens<strong>ch</strong>en und Hunde zwölf Stunden lang<br />

1500 Höhenmeter in ein Eisgebirge hinaufges<strong>ch</strong>unden<br />

hatten, ordnete Amundsen an:<br />

24 der inzwis<strong>ch</strong>en 42 Hunde sind zu er -<br />

s<strong>ch</strong>iessen.<br />

Das war so vorgesehen, ein erbarmungsloses<br />

Kalkül: Hunde brau<strong>ch</strong>en Futter; es mitzu -<br />

führen in Form von Seehundfleis<strong>ch</strong> und<br />

Pemmi kan kostet Platz und vergeudet<br />

Gew<strong>i<strong>ch</strong></strong>t. Also nimmt man so viele Hunde<br />

mit, dass auf halbem Wege die einen den<br />

anderen zum Frasse vorgeworfen werden<br />

können.<br />

«Wir hatten abgema<strong>ch</strong>t, dass wir vor n<strong>i<strong>ch</strong></strong>ts<br />

zurücks<strong>ch</strong>recken wollten, um unser Ziel zu<br />

erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>en», s<strong>ch</strong>rieb Amundsen. «Mit jedem<br />

S<strong>ch</strong>uss verlor ein treuer Diener sein Leben.<br />

Die Stelle nannten wir „Metzgerladen“.»<br />

Und während die lebenden Hunde die toten<br />

verspeisten, bedrängte Amundsen seine<br />

Männer, ebenfalls Hundefleis<strong>ch</strong> zu essen,<br />

das sei gut gegen Skorbut. Na<strong>ch</strong> anfäng -<br />

l<strong>i<strong>ch</strong></strong>em Ekel «genossen wir unsere guten<br />

Grönländer», konstatierte einer.<br />

Am Pol!<br />

Vor den Norwegern dehnte s<strong>i<strong>ch</strong></strong> alsbald das<br />

riesige Plateau, auf dem der Südpol liegen<br />

musste, 2800 bis 3000 Meter über dem<br />

Amundsens gut trainierte S<strong>ch</strong>littenhunde hingegen waren<br />

für die Expedition die idealen Zugtiere.<br />

Amundsens polar-erprobte «Fram» mit vollen Segeln.<br />

Meer. Am 8. Dezember s<strong>ch</strong>rien sie «Hurra!»<br />

und liessen die Fahne knattern: Shackletons<br />

Rekord gebro<strong>ch</strong>en – nur no<strong>ch</strong> 156 Kilometer<br />

bis zum Pol! Und Scott n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t zu sehen.<br />

Mehr als 600 Kilometer muss er zurückgelegen<br />

haben, eine Strecke wie die von Hamburg<br />

na<strong>ch</strong> Mün<strong>ch</strong>en. Vier Tage lang hatte ein<br />

S<strong>ch</strong>neesturm ihn ans Zelt gefesselt.<br />

Der 9. Dezember war der Tag, an dem Scott<br />

die letzten Ponys s<strong>ch</strong>la<strong>ch</strong>tete, der 11. der, an<br />

dem er seine Hunde heims<strong>ch</strong>ickte und die<br />

Niederlage damit unabwendbar ma<strong>ch</strong>te.<br />

Die Norweger s<strong>ch</strong>üttelten s<strong>i<strong>ch</strong></strong> s<strong>ch</strong>on am<br />

15. Dezember 1911 stumm die Hände: Das<br />

muss der Pol sein! Und eine englis<strong>ch</strong>e Flagge<br />

war n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t in S<strong>i<strong>ch</strong></strong>t.<br />

Amundsen dagegen blieb skeptis<strong>ch</strong>, es war ja<br />

n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t le<strong>i<strong>ch</strong></strong>t, den Punkt zu finden: Die Sonne<br />

umkreiste den Horizont Tag und Na<strong>ch</strong>t in<br />

gle<strong>i<strong>ch</strong></strong>er niedriger Höhe, einen Sternenhimmel<br />

gab es n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t, und das diffuse L<strong>i<strong>ch</strong></strong>t ers<strong>ch</strong>werte<br />

die Peilung no<strong>ch</strong> mehr.<br />

15 Kilometer weiter bes<strong>ch</strong>lossen die Nor -<br />

weger dann um 15 Uhr, dass dies der Südpol<br />

sei. Sie hoben die norwegis<strong>ch</strong>e Fahne ho<strong>ch</strong>,<br />

pflanzten sie ins Eis und assen s<strong>i<strong>ch</strong></strong> voll mit<br />

Pemmikan und S<strong>ch</strong>okolade.<br />

Am Abend dieses 15. Dezembers kam<br />

Amund sen na<strong>ch</strong> immer neuen Messungen zu<br />

dem Ergebnis, man sei vermutl<strong>i<strong>ch</strong></strong> do<strong>ch</strong> a<strong>ch</strong>t<br />

Kilometer vom Pol entfernt.<br />

So setzte er am nä<strong>ch</strong>sten Morgen drei seiner<br />

Männer in Mars<strong>ch</strong>: Sie sollten in drei vers<strong>ch</strong>iedenen<br />

R<strong>i<strong>ch</strong></strong>tungen jeder 18 Kilometer<br />

weit vom Zelt wegfahren, dort eine<br />

S<strong>ch</strong>littenkufe mit einer Fahne in den S<strong>ch</strong>nee<br />

rammen «und auf diese Weise unseren<br />

Lagerplatz einkreisen», damit der Pol au<strong>ch</strong><br />

bestimmt innerhalb des Kreises lag.<br />

Im Laufe des Tages befand Amundsen, der Pol<br />

müsse no<strong>ch</strong> zehn Kilometer weiter liegen; am<br />

17. Dezember korrigierte er s<strong>i<strong>ch</strong></strong> neuerl<strong>i<strong>ch</strong></strong> um<br />

etwa drei Kilometer. Dort err<strong>i<strong>ch</strong></strong>teten die<br />

Norweger ein zweites Zelt, mit einer<br />

Grussbots<strong>ch</strong>aft an Captain Scott. Ein britis<strong>ch</strong>er<br />

Wissens<strong>ch</strong>aftler hat s<strong>ch</strong>liessl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

ermittelt: Immer no<strong>ch</strong> um 1,5 Kilometer hatte<br />

Amundsen den Pol verpasst.<br />

Der Dur<strong>ch</strong>stosspunkt der Erda<strong>ch</strong>se ist eben<br />

weder mit dem Fernglas no<strong>ch</strong> unter dem<br />

Mikroskop zu sehen.<br />

Scott kommt zu spät<br />

Scott war, als die fünf Norweger mit den letzten<br />

16 Hunden den Rückweg antraten, mit<br />

immer no<strong>ch</strong> zwölf Männern unterwegs und<br />

30 Tage vom Pol entfernt. Die keu<strong>ch</strong>enden<br />

S<strong>ch</strong>littenzieher bewältigten an einem Tag, dem<br />

20. Dezember, 38 Kilometer – man<strong>ch</strong>e offenbar<br />

immer no<strong>ch</strong> mit einem Rest Hoffnung, sie<br />

könnten den Wettlauf gewinnen.<br />

Zwei Tage später s<strong>ch</strong>ickte Scott vier von ihnen<br />

an die Küste zurück.<br />

Weihna<strong>ch</strong>ten gab es Rosinen zum Pemmikan<br />

und dana<strong>ch</strong> einen Plumpudding für die letzten<br />

a<strong>ch</strong>t. Scott behauptete im Tagebu<strong>ch</strong>, «sehr heiter»<br />

habe er über alles gespro<strong>ch</strong>en. Zum ersten<br />

Mal s<strong>ch</strong>eine das Ziel wirkl<strong>i<strong>ch</strong></strong> in S<strong>i<strong>ch</strong></strong>t, sie<br />

kämen überras<strong>ch</strong>end s<strong>ch</strong>nell voran; er bete<br />

nur um gutes Wetter.<br />

Silvester tranken sie in 2800 Meter Höhe<br />

«eine Extratasse Tee», liessen ihr Ölöf<strong>ch</strong>en<br />

bullern und sassen in ihren S<strong>ch</strong>lafsäcken «so<br />

warm wie fris<strong>ch</strong> geröstetes Brot», ze<strong>i<strong>ch</strong></strong>nete<br />

Scott auf.<br />

Am 3. Januar 1912 registrierte er auf dem<br />

Inlandeis 3100 Meter über dem Meer, es seien<br />

nur no<strong>ch</strong> 280 Kilometer bis zum Pol. Drei<br />

weitere Männer s<strong>ch</strong>ickte er heim. Nun waren<br />

es no<strong>ch</strong> fünf: neben Scott Captain Lawrence<br />

Oates, Dr. Wilson, Bootsmann Edgar Evans<br />

(ein Universal-Handwerker) und Leutnant<br />

Henry R. Bowers, bewundert als der Zäheste<br />

von allen.<br />

10. Januar, Scotts Tagebu<strong>ch</strong>: Reservekleidung<br />

hat keiner mehr. «Wenn das so weitergeht, halten<br />

wir’s n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t aus. Der Rückweg wird au<strong>ch</strong><br />

n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t besser sein.»<br />

Und dann am 16. Januar: «Das Fur<strong>ch</strong>tbare ist<br />

eingetreten! In gehobener Stimmung bra<strong>ch</strong>en<br />

wir auf. Aber na<strong>ch</strong> der zweiten Mars<strong>ch</strong>stunde<br />

entdeckten Bowers’ s<strong>ch</strong>arfe Augen etwas, das<br />

er für ein Wegze<strong>i<strong>ch</strong></strong>en hielt. Das Herz klopfte<br />

mir zum Zerspringen. Eine weitere halbe<br />

Stunde verging – da erblickten wir eine<br />

s<strong>ch</strong>warze Flagge, an einer S<strong>ch</strong>littenkufe befestigt<br />

– S<strong>ch</strong>littengleise, Skispuren – Amundsen<br />

ist der Erste am Pol! An Ruhe war in dieser<br />

Na<strong>ch</strong>t n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t zu denken. Alles, was uns einfiel,<br />

endete mit dem fur<strong>ch</strong>tbaren „Zu spät!“. Und<br />

als es still wurde im Zelt, brüteten wir über die<br />

finstere Vorstellung: Uns graut vor dem<br />

Rückweg!» Und dazu hatten sie allen Grund.<br />

Aus der Traum<br />

17. Januar: Morgens minus 22 Grad, am Pol<br />

sind sie no<strong>ch</strong> n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t gewesen, 12 Kilometer ziehen<br />

sie südwärts. «Hier ist n<strong>i<strong>ch</strong></strong>ts zu sehen –<br />

n<strong>i<strong>ch</strong></strong>ts, was s<strong>i<strong>ch</strong></strong> von der s<strong>ch</strong>auerl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en<br />

Eintönigkeit der letzten Tage unters<strong>ch</strong>iede.»<br />

Jeden Abend s<strong>ch</strong>reibt Scott, im S<strong>ch</strong>lafsack sitzend.<br />

«An diesen entsetzl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Ort haben wir<br />

uns herges<strong>ch</strong>leppt – und n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t einmal die<br />

Ersten sind wir gewesen!»<br />

Do<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> am selben Tag rühren s<strong>i<strong>ch</strong></strong> die<br />

Überlebensinstinkte: Na<strong>ch</strong> einem re<strong>i<strong>ch</strong></strong>l<strong>i<strong>ch</strong></strong>en<br />

Mittagsmahl mit einem Stück S<strong>ch</strong>okolade<br />

«und dem komis<strong>ch</strong>en Ges<strong>ch</strong>mack einer<br />

Zigarette», die Dr. Wilson zur allgemeinen<br />

Überras<strong>ch</strong>ung anbieten kann, fühlen s<strong>i<strong>ch</strong></strong> die<br />

fünf, wenn Scott re<strong>ch</strong>t hat, «ganz behagl<strong>i<strong>ch</strong></strong>.<br />

Nun auf zum Heimweg und einem verzweifelten<br />

Kampf.»<br />

18. Januar: Drei Kilometer weiter finden die<br />

Engländer Amundsens Zelt, mit der Ein -<br />

ladung, s<strong>i<strong>ch</strong></strong> der herumliegenden Ausrüst -<br />

ungs stücke zu bedienen, und dem Wuns<strong>ch</strong><br />

«für eine gesunde Heimkehr».<br />

Scott pflanzt den Union Jack auf, hinterlässt<br />

einen Zettel, dass au<strong>ch</strong> die Engländer hier<br />

gewesen seien, und die fünf fotografieren einander.<br />

Am Abend notiert Scott: «Ja, wir haben dem<br />

Ziel unseres Ehrgeizes den Rücken zugekehrt,<br />

und vor uns liegen 1500 Kilometer<br />

Scotts Kettenfahrzeuge waren zu s<strong>ch</strong>wer und pannenanfällig. Eines versank im Meer, die beiden anderen hatten Motors<strong>ch</strong>äden.<br />

»<br />

28<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

29


s<strong>ch</strong>weren S<strong>ch</strong>littenziehens – lebt wohl, ihr<br />

Träume!»<br />

S<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>te Auss<strong>i<strong>ch</strong></strong>ten<br />

Mindestens 1000 Kilometer davon haben sie<br />

no<strong>ch</strong> bewältigt auf ihrem Todesmars<strong>ch</strong>; nun<br />

n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t mehr mit der Alternative, dass sie auf<br />

das Ziel allenfalls hätten verz<strong>i<strong>ch</strong></strong>ten können,<br />

sondern ums nackte Leben kämpfend – und<br />

dies n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t nur im alten Trott von Plage, vereis -<br />

ten S<strong>ch</strong>lafsäcken und Pemmikan, sondern<br />

no<strong>ch</strong> dazu mit frostzerfressenen Ges<strong>i<strong>ch</strong></strong>tern,<br />

erfrorenen Fingern und Zehen und s<strong>ch</strong>limmeren<br />

Stürmen, als man um diese Jahreszeit –<br />

dem Spätsommer der Antarktis – hätte erwarten<br />

sollen. Mehr als diese fünf haben<br />

Mens<strong>ch</strong>en nie geleistet und kaum je erduldet.<br />

Einer starb auf halbem Wege; einer su<strong>ch</strong>te den<br />

Opfertod.<br />

No<strong>ch</strong> am 18. Januar ma<strong>ch</strong>en sie s<strong>i<strong>ch</strong></strong> von<br />

Amundsens Zelt weg auf den Weg na<strong>ch</strong><br />

Norden – zunä<strong>ch</strong>st offenbar mit fris<strong>ch</strong>er<br />

Energie, denn am 19. s<strong>ch</strong>affen sie fast 34<br />

Kilometer, mit einem Segel auf dem S<strong>ch</strong>litten,<br />

in das der Südwind bläst.<br />

23. Januar: minus 30 Grad in 3100 Meter<br />

Höhe, Windstärke 7. Dr. Wilson sieht, dass die<br />

Nase von Evans erfroren ist.<br />

24. Januar: «Ein Orkan zwang uns am Mittag,<br />

in die S<strong>ch</strong>lafsäcke zu krie<strong>ch</strong>en.»<br />

26. Januar: Vor Scott liegen no<strong>ch</strong> wenigstens<br />

1000 Kilometer bis zur Küste – Amundsen<br />

und seine vier Männer haben mit zwölf<br />

Hunden das Winterlager an der Bu<strong>ch</strong>t der<br />

Wale erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>t.<br />

Nur 40 Tage waren die Norweger unterwegs,<br />

vom Triumph beflügelt, begünstigt von<br />

Amundsens perfekter Vorratswirts<strong>ch</strong>aft und<br />

von verhältnismässig mildem Wetter.<br />

Wer meldet zuerst?<br />

Und do<strong>ch</strong> ist Amundsen no<strong>ch</strong> immer ungeduldig.<br />

Er erinnert s<strong>i<strong>ch</strong></strong> an den erbitterten Kampf<br />

Die Routen der beiden Expeditionen.<br />

Amundsens Basislager war über<br />

100 Kilometer näher am Südpol.<br />

um die Anerkennung, den Frederick Cook und<br />

Robert Peary 1909 über das Erstre<strong>ch</strong>t am<br />

Nordpol geführt haben; und so wartet er auf<br />

dem S<strong>ch</strong>iff na<strong>ch</strong> Neuseeland nervös auf die<br />

erste Chance, der Welt mitzuteilen, dass er der<br />

Sieger am Südpol ist: das Telegraphenamt –<br />

bevor Robert Scott etwas anderes behaupten,<br />

mindestens aber die Aufregung der Welt -<br />

öffentl<strong>i<strong>ch</strong></strong>keit absorbieren könnte.<br />

Scott da<strong>ch</strong>te n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t anders: Sein Tage -<br />

bu<strong>ch</strong>eintrag vom 17. Januar («Nun auf zum<br />

Heimweg und einem verzweifelten Kampf»)<br />

enthielt ursprüngl<strong>i<strong>ch</strong></strong> den Zusatz: «… einem<br />

verzweifelten Kampf, die Na<strong>ch</strong>r<strong>i<strong>ch</strong></strong>t als Erster<br />

zu überbringen». Der wurde im Dienst seines<br />

Na<strong>ch</strong>ruhms von einem unbekannten Image -<br />

pfleger gestr<strong>i<strong>ch</strong></strong>en.<br />

No<strong>ch</strong> etwas hatte Amundsen mit Scott<br />

gemein: Ihren wissens<strong>ch</strong>aftl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Auftrag<br />

nahmen beide n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t sehr ernst. Ein Leutnant<br />

Prestrud von der «Fram» hatte mehrfa<strong>ch</strong><br />

geäussert, wissens<strong>ch</strong>aftl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Erkenntnisse<br />

seien eigentl<strong>i<strong>ch</strong></strong> w<strong>i<strong>ch</strong></strong>tiger als der Wettlauf<br />

zum Pol – was Amundsen so ärgerte, dass er<br />

no<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> der Rückkehr an die Bu<strong>ch</strong>t der<br />

Wale sagte, «n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t für eine Million» hätte er<br />

am Pol der Zweite sein wollen.<br />

Scott betreibt seinerseits unvermeidl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

«Wissens<strong>ch</strong>aft»: das tägl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Messen und<br />

Registrieren des Wetters, dazu die Be s<strong>ch</strong>affen -<br />

heit eines unbekannten Kontinents. Warum er<br />

aber einen ganzen Tag des katastrophalen<br />

Rückwegs, den 8. Februar, darauf verwendet,<br />

16 Kilogramm an Gesteinsproben einzusammeln<br />

und den S<strong>ch</strong>litten damit zusätzl<strong>i<strong>ch</strong></strong> zu<br />

belasten, das ist umstritten. «Um als Märtyrer<br />

der Wissens<strong>ch</strong>aft dazustehen!», s<strong>ch</strong>reibt sein<br />

kritis<strong>ch</strong>er Biograf Roland Huntford. Ein anderer:<br />

«Um dem Bootsmann Evans einen<br />

In Amundsens Basislager Framheim Village war man bestens einger<strong>i<strong>ch</strong></strong>tet.<br />

Kam eine Robbe vorbei, mussten die Männer n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t weit zur Jagd gehen.<br />

Ruhetag zu gönnen: Na<strong>ch</strong> der Nase sind dem<br />

mehrere Finger erfroren, die Nägel lösen s<strong>i<strong>ch</strong></strong>,<br />

die Wunden eitern.» (Das eine Motiv s<strong>ch</strong>liesst<br />

das andere ja n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t aus.)<br />

Es wird immer s<strong>ch</strong>limmer<br />

Neun Tage später, am 17. Februar, bleibt<br />

Evans hinter dem S<strong>ch</strong>litten zurück. Sie finden<br />

ihn mit aufgerissenem Pelz kniend im S<strong>ch</strong>nee<br />

und s<strong>ch</strong>leppen ihn ins Zelt.<br />

«Er erwa<strong>ch</strong>te n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t wieder», heisst es in Scotts<br />

Tagebu<strong>ch</strong>. «Fur<strong>ch</strong>tbar, einen Kameraden so<br />

verlieren zu müssen! Aber immer no<strong>ch</strong> ein<br />

Glück, dass die entsetzl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Aufregungen so<br />

endeten. Mit einem S<strong>ch</strong>werkranken reisen zu<br />

müssen, hätte für uns alle den Tod bedeutet.»<br />

So haben die anderen no<strong>ch</strong> ein biss<strong>ch</strong>en länger<br />

zu leben: vier Wo<strong>ch</strong>en Captain Oates, fast<br />

se<strong>ch</strong>s Wo<strong>ch</strong>en die letzten drei.<br />

Am 18. Februar finden sie ihr «S<strong>ch</strong>la<strong>ch</strong>t-<br />

hauslager» wieder und mästen s<strong>i<strong>ch</strong></strong> an<br />

Ponyfleis<strong>ch</strong>. Do<strong>ch</strong> am 20. gibt Scott zu<br />

Protokoll: «Es geht s<strong>ch</strong>reckl<strong>i<strong>ch</strong></strong> langsam. Wir<br />

sind n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t mehr so leistungsfähig wie zu<br />

Anfang, und die Jahreszeit s<strong>ch</strong>reitet fort.» Sie<br />

s<strong>ch</strong>affen nur no<strong>ch</strong> ein bis zwei Kilometer in<br />

der Stunde und hö<strong>ch</strong>stens zehn Kilometer am<br />

Tag.<br />

Am 24. Februar erwartet sie der nä<strong>ch</strong>ste<br />

S<strong>ch</strong>ock: «Wir erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>ten das Depot am<br />

Vormittag und fanden die Vorräte in guter<br />

Ordnung – nur zu wenig Öl!» In den<br />

Kanistern ist das Paraffinöl von vier Litern auf<br />

einen ges<strong>ch</strong>rumpft – eine unter <strong>Polar</strong>fors<strong>ch</strong>ern<br />

längst bekannte Reaktion auf extreme Kälte.<br />

Scott hatte das auf der «Discovery» selbst<br />

erfahren, es auf den Korkvers<strong>ch</strong>luss ges<strong>ch</strong>oben<br />

und für diesmal S<strong>ch</strong>raubvers<strong>ch</strong>lüsse mit<br />

Lederabd<strong>i<strong>ch</strong></strong>tung bestellt; luftd<strong>i<strong>ch</strong></strong>t waren die »<br />

<br />

<br />

<br />

Für aussergewöhnl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e<br />

Leistungen<br />

30<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

31


Kanister n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t, anders als die von Amundsen.<br />

Das biss<strong>ch</strong>en Öl benötigen die vier zum<br />

Ko<strong>ch</strong>en; zum Heizen ist bald n<strong>i<strong>ch</strong></strong>ts mehr da.<br />

26. Februar: morgens minus 33 Grad – ungewöhnl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

für den antarktis<strong>ch</strong>en August. Die<br />

erfrorenen Zehen von Captain Oates sind<br />

brandig geworden; anderthalb Stunden<br />

brau<strong>ch</strong>t er, um s<strong>i<strong>ch</strong></strong> die Stiefel anzuziehen.<br />

3. März: «Oft war der Sturm so heftig, dass<br />

wir den S<strong>ch</strong>litten n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t von der Stelle bra<strong>ch</strong>ten.<br />

Gott steh uns bei! Diesen Strapazen sind<br />

wir n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t gewa<strong>ch</strong>sen.» Wo bleiben die Hunde?<br />

Scott hatte sie am 11. Dezember do<strong>ch</strong> mit der<br />

Weisung zurückges<strong>ch</strong>ickt, dass sie ihnen entgegenkommen<br />

sollten!<br />

5. März: Zweimal kippt der S<strong>ch</strong>litten um.<br />

Oates hinkt.<br />

6. März: Oates sitzt auf dem S<strong>ch</strong>litten und<br />

lässt s<strong>i<strong>ch</strong></strong> ziehen. «Er ist ein s<strong>ch</strong>reckl<strong>i<strong>ch</strong></strong>es<br />

Hemmnis geworden», s<strong>ch</strong>reibt Scott.<br />

8. März – draussen in der Mens<strong>ch</strong>enwelt jubiliert<br />

die «New York Times»: «Die ganze Welt<br />

ist jetzt entdeckt!» Amundsen hat also, na<strong>ch</strong><br />

41 Tagen bangen Wartens, den zweiten Sieg<br />

errungen: au<strong>ch</strong> mit der Na<strong>ch</strong>r<strong>i<strong>ch</strong></strong>t der Erste zu<br />

sein. Norwegen ist begeistert, England verstört.<br />

Sollte Scott wirkl<strong>i<strong>ch</strong></strong> verloren haben?<br />

Norwegens Diplomaten weisen darauf hin,<br />

dass ihr Land zurzeit in Grossbritannien unbeliebt<br />

sei; von einer Vortragsreise Amundsens<br />

na<strong>ch</strong> England sei abzuraten. Und wo bleibt<br />

Scott?<br />

Keine Hoffnung mehr<br />

Scott bleibt im Eis, no<strong>ch</strong> mal drei Wo<strong>ch</strong>en<br />

kämpfend bis zum letzten Atemzug. Am<br />

10. März fragt Captain Oates den Dr. Wilson,<br />

ob er eine Überlebens<strong>ch</strong>ance habe. «Natürl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

musste Wilson sagen, dass er das glaube. In<br />

Wahrheit gibt es keine mehr.» Und: «Unsere<br />

Kleider sind so vereist, dass wir sie kaum<br />

no<strong>ch</strong> an- und ausziehen können.» Aber ihren<br />

S<strong>ch</strong>litten zerren sie weiter.<br />

14. März: minus 43 Grad – mittags! Am 16.<br />

ma<strong>ch</strong>t Oates den Vors<strong>ch</strong>lag, ihn in seinem<br />

S<strong>ch</strong>lafsack zurückzulassen. Die drei anderen<br />

widerspre<strong>ch</strong>en, pfl<strong>i<strong>ch</strong></strong>tgemäss. Na<strong>ch</strong> einer<br />

weiteren s<strong>ch</strong>limmen Na<strong>ch</strong>t aber sagt Oates:<br />

«I<strong>ch</strong> will mal rausgehen. Vielle<strong>i<strong>ch</strong></strong>t bleibe <strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

eine Weile.» Und er hinkt aus dem Zelt.<br />

Da sind sie no<strong>ch</strong> drei: Scott, Bowers, Dr.<br />

Wilson. Drei Tage quälen sie s<strong>i<strong>ch</strong></strong> weiter; vom<br />

20. März an verlassen sie «wegen eines wütenden<br />

Orkans» das Zelt n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t mehr. «20 Kilo -<br />

meter bis zum nä<strong>ch</strong>sten Depot!», seufzt Scott.<br />

Am 22. März: kein Öl mehr – kaltes Essen<br />

no<strong>ch</strong> für zwei Tage. Scotts re<strong>ch</strong>ter Fuss ist<br />

erfroren. «Wir haben bes<strong>ch</strong>lossen», kritzelt er,<br />

«eines natürl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Todes zu sterben. Wir wollen<br />

zum Depot mars<strong>ch</strong>ieren und auf unserer<br />

Spur zusammenbre<strong>ch</strong>en.»<br />

Aber wollen das wirkl<strong>i<strong>ch</strong></strong> alle drei? Oder hoffen<br />

Wilson und Bowers no<strong>ch</strong>, Scott würde als<br />

Erster sterben und sie könnten weiterziehen?<br />

Darüber hat es Spekulationen gegeben. Das<br />

Opium, das Dr. Wilson am 11. März vorsorgl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

verteilt hat, nehmen sie jedenfalls n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t.<br />

Der S<strong>ch</strong>neesturm wütet weiter.<br />

Zwis<strong>ch</strong>en dem 23. und dem 28. März enthält<br />

das Tagebu<strong>ch</strong> keinen Eintrag. Vermutl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

s<strong>ch</strong>reibt Scott seine merkwürdige «Bots<strong>ch</strong>aft<br />

an die Öffentl<strong>i<strong>ch</strong></strong>keit» und seine Ab s<strong>ch</strong>ieds -<br />

briefe, an Freunde, an die Familien seiner<br />

Kamerade. «S<strong>ch</strong>ickt dieses Tagebu<strong>ch</strong> meiner<br />

Frau», hat er ges<strong>ch</strong>rieben und dann «Frau»<br />

dur<strong>ch</strong>gestr<strong>i<strong>ch</strong></strong>en: «Witwe».<br />

Scotts letzte Bots<strong>ch</strong>aft<br />

Die «Bots<strong>ch</strong>aft», die siebeneinhalb Monate<br />

später aus dem Zelt geborgen wird, beginnt<br />

mit dem starken Satz: «Die Ursa<strong>ch</strong>en unseres<br />

S<strong>ch</strong>eiterns liegen n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t in fehlerhafter<br />

Organisation, sondern darin, dass wir in allem<br />

Pe<strong>ch</strong> hatten.» Die Versorgung sei perfekt organisiert<br />

gewesen, und sie wären unversehrt<br />

zurückgekommen «ohne das erstaunl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e<br />

Versagen (failure!) des Mannes, den wir für<br />

den kräftigsten hielten: Edgar Evans. Er starb<br />

eines natürl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Todes, aber er liess uns<br />

ers<strong>ch</strong>üttert zurück.»<br />

Werbeplakat: Amundsens Vortragsreise<br />

na<strong>ch</strong> seiner Rückkehr wurde<br />

zum Publikumsrenner.<br />

Die s<strong>ch</strong>limmste Überras<strong>ch</strong>ung jedo<strong>ch</strong> sei das<br />

Wetter: s<strong>ch</strong>reckl<strong>i<strong>ch</strong></strong>ere Kälte als je in dieser<br />

Jahreszeit und dazu der Sturm, der sie zuletzt<br />

im Zelt festgehalten habe. Kein Mens<strong>ch</strong> habe<br />

je einen sol<strong>ch</strong>en Monat dur<strong>ch</strong>gema<strong>ch</strong>t wie<br />

ihren letzten. Und trotzdem würden sie’s<br />

ges<strong>ch</strong>afft haben, wäre n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t au<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> Captain<br />

Oates ausgefallen und hätte n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t das Öl in<br />

den Depots gefehlt – ein Mangel, für den er<br />

n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t hafte.<br />

«Aber <strong>i<strong>ch</strong></strong> bereue diese Reise n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t», s<strong>ch</strong>rieb<br />

Scott. «Sie hat gezeigt, dass Engländer s<strong>i<strong>ch</strong></strong> in<br />

jeder Not behaupten, einander helfen und dem<br />

Tod mit derselben Seelenstärke entgegengehen<br />

wie in vergangenen Zeiten ... Hätten wir<br />

überlebt, würde <strong>i<strong>ch</strong></strong> eine Ges<strong>ch</strong><strong>i<strong>ch</strong></strong>te von der<br />

Zähigkeit, der Standhaftigkeit, dem Mut meiner<br />

Kameraden erzählen können, die das Herz<br />

jedes Engländers bewegt hätte. Nun müssen<br />

diese groben Notizen und unsere Le<strong>i<strong>ch</strong></strong>en<br />

genügen.»<br />

Am 29. März 1912 greift Scott zum letzten<br />

Mal zum Bleistift. Seit a<strong>ch</strong>t Tagen wirbelndes<br />

S<strong>ch</strong>neegestöber – und somit absolut keine<br />

Chance, das Depot zu erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>en. «Auf<br />

«Der S<strong>ch</strong>litten br<strong>i<strong>ch</strong></strong>t einem das Kreuz»: Je vier von Scotts Männern zogen einen 360 Kilo s<strong>ch</strong>weren S<strong>ch</strong>litten.<br />

Besserung können wir jetzt n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t mehr hoffen.<br />

Aber wir werden bis zum Ende aushalten. Der<br />

Tod kann n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t fern sein. Es ist ein Jammer,<br />

aber <strong>i<strong>ch</strong></strong> glaube n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t, dass <strong>i<strong>ch</strong></strong> no<strong>ch</strong> weiters<strong>ch</strong>reiben<br />

kann. Um Gottes willen – sorgt für<br />

unsere Angehörigen!»<br />

Posthumer Ruhm<br />

Scotts Männer im Standquartier auf der Ross-<br />

Insel mussten die <strong>Polar</strong>na<strong>ch</strong>t tatenlos verstre<strong>i<strong>ch</strong></strong>en<br />

lassen. Am 29. Oktober endl<strong>i<strong>ch</strong></strong> bra<strong>ch</strong> ein<br />

Su<strong>ch</strong>trupp auf; am 12. November fanden sie<br />

das von S<strong>ch</strong>nee zugedeckte Zelt, mit den drei<br />

Le<strong>i<strong>ch</strong></strong>en in ihren S<strong>ch</strong>lafsäcken. Sie nahmen<br />

Wertsa<strong>ch</strong>en, Briefe und Scotts Tagebu<strong>ch</strong> an<br />

s<strong>i<strong>ch</strong></strong>, err<strong>i<strong>ch</strong></strong>teten über dem Zelt eine<br />

S<strong>ch</strong>neepyramide und setzten ein Kreuz aus<br />

zwei Skiern darauf.<br />

Aber es dauerte no<strong>ch</strong> einmal drei Monate,<br />

bis die Welt von Scotts Tod erfuhr. Am<br />

10. Februar 1913 erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>te die «Terra Nova»<br />

Neuseeland, und ihr Kapitän gab das<br />

Telegramm auf, das England und die halbe<br />

Welt ers<strong>ch</strong>ütterte. «Man muss lange zurück -<br />

gehen in der Ges<strong>ch</strong><strong>i<strong>ch</strong></strong>te britis<strong>ch</strong>er Ent -<br />

deckungen, um auf eine Katastrophe dieses<br />

Ausmasses zu stossen», s<strong>ch</strong>rieb die «Times»<br />

am 13. Februar – und nun begann, zwis<strong>ch</strong>en<br />

englis<strong>ch</strong>em Ho<strong>ch</strong>mut und tröstl<strong>i<strong>ch</strong></strong>er Legende,<br />

der Grossversu<strong>ch</strong>, aus dem Verlierer den<br />

eigentl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Heros zu ma<strong>ch</strong>en.<br />

«Wir stehen bei Captain Scott und seinen<br />

Helden in ewiger S<strong>ch</strong>uld», s<strong>ch</strong>rieb die «Daily<br />

Mail», und grandioser als der selbst gewählte<br />

Tod des Captain Oates sei n<strong>i<strong>ch</strong></strong>ts in der<br />

Ges<strong>ch</strong><strong>i<strong>ch</strong></strong>te englis<strong>ch</strong>en Heldentums. Die<br />

«Times»: «So sind Mens<strong>ch</strong>en bes<strong>ch</strong>affen, die<br />

Weltre<strong>i<strong>ch</strong></strong>e aufbauen, und solange ein sol<strong>ch</strong>er<br />

Geist in uns lebt, werden wir das Empire<br />

erhalten können, das unsere Väter ges<strong>ch</strong>affen<br />

haben.»<br />

Dazu Pressestimmen wie die: Amundsen habe<br />

s<strong>i<strong>ch</strong></strong> einfa<strong>ch</strong> den bes<strong>ch</strong>werl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en, also den<br />

noblen Weg erspart, und ein «Wettlauf» habe<br />

gar n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t stattgefunden: «War es denn Scotts<br />

Auftrag, an einem Marathonlauf teilzunehmen?»<br />

Ein ehemaliger Präsident der Royal<br />

Geographical Society – Clements R.<br />

Markham – verkündete: «Wenige Ereignisse<br />

lassen s<strong>i<strong>ch</strong></strong> in Hoheit und Leid mit diesem<br />

Ende im S<strong>ch</strong>weigen des S<strong>ch</strong>nees vergle<strong>i<strong>ch</strong></strong>en.»<br />

Der Sekretär der Gesells<strong>ch</strong>aft äusserte<br />

geradeheraus sein Bedauern, dass ein<br />

«Professioneller» den Sieg errungen habe –<br />

das äusserste Gegenteil also eines Gentle -<br />

mans.<br />

Unbestreitbar hätte Scott als lebendig heimgekehrter<br />

Verlierer kein au<strong>ch</strong> nur annähernd so<br />

übers<strong>ch</strong>wängl<strong>i<strong>ch</strong></strong>es E<strong>ch</strong>o hervorgerufen.<br />

Respekt hätte man ihm bezeugt, ihn getröstet,<br />

vielle<strong>i<strong>ch</strong></strong>t ihm einen Orden verliehen – gewiss<br />

aber au<strong>ch</strong> ihn peinl<strong>i<strong>ch</strong></strong> befragt, warum er sein<br />

heldenhaftes Unternehmen so stümperhaft<br />

gemanagt hatte.<br />

Daraus leitete Roland Huntford 1979 den<br />

Verda<strong>ch</strong>t ab, Scott habe den vielle<strong>i<strong>ch</strong></strong>t no<strong>ch</strong><br />

mögl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Weitermars<strong>ch</strong> zum nä<strong>ch</strong>sten Depot<br />

verweigert, eigens um seinen Opfertod zu<br />

inszenieren – und s<strong>i<strong>ch</strong></strong> für sein vielfältiges<br />

Versagen n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t re<strong>ch</strong>tfertigen zu müssen.<br />

Auss<strong>ch</strong>liessen lässt s<strong>i<strong>ch</strong></strong> das n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t.<br />

Eine plausiblere Deutung lautet: Selbst die<br />

s<strong>ch</strong>ier unglaubl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Zähigkeit der letzten drei<br />

musste einmal an ihr Ende kommen – und<br />

sterbend gewährte s<strong>i<strong>ch</strong></strong> Scott den Trost, an seiner<br />

Legende zu weben. «Wir werden sterben<br />

wie Gentlemen», hiess es in einem seiner<br />

Abs<strong>ch</strong>iedsbriefe. Wirksamer hätte man der<br />

öffentl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Meinung seines Vaterlandes n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t<br />

zuarbeiten können.<br />

Und Amundsen?<br />

Scotts Grab in der Antarktis: Das Zelt, in dem er starb, wurde mit Eisbrocken zugedeckt,<br />

ein Kreuz erweist ihm die letzte Ehre.<br />

Amundsen, der zum Nordpol wollte und s<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

mit dem Südpol tröstete, bezwang von 1918<br />

bis 1920 au<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> die Nordostpassage (den<br />

Seeweg um Sibirien herum). Den Nordpol<br />

konnte er 1926 mit einem Lufts<strong>ch</strong>iff wenigstens<br />

überfliegen. 1928 startete er mit einem<br />

Wasserflugzeug zur Rettung des italienis<strong>ch</strong>en<br />

<strong>Polar</strong>fors<strong>ch</strong>ers Nobile, dessen Luf t -<br />

s<strong>ch</strong>iff im Eis zers<strong>ch</strong>ellt war. Nobile lebte<br />

no<strong>ch</strong> 50 Jahre lang; Amundsen stürzte ab und<br />

ist vers<strong>ch</strong>ollen.<br />

D<strong>i<strong>ch</strong></strong>t beim Südpol steht heute die Amundsen-<br />

Scott-Station, 6000 Quadratmeter auf hydraulis<strong>ch</strong>en<br />

Stelzen, von 150 Wissens<strong>ch</strong>aftlern und<br />

Te<strong>ch</strong>nikern bewohnt. Die Mutigsten rennen aus<br />

der Sauna, um den geographis<strong>ch</strong>en Südpol zu<br />

besu<strong>ch</strong>en, nackt in Gummistiefeln. <strong>Polar</strong>NEWS<br />

Wolf S<strong>ch</strong>neider, 86, war Leiter der Ham burger<br />

Journalistens<strong>ch</strong>ule und veröffentl<strong>i<strong>ch</strong></strong>te 29 Bü<strong>ch</strong>er<br />

zum Thema deuts<strong>ch</strong>e Spra<strong>ch</strong>e. Nebenbei widmet er<br />

s<strong>i<strong>ch</strong></strong> historis<strong>ch</strong>en Themen.<br />

Der Text ist dem Magazin GEOkompakt<br />

Nr. 22 – «Abenteuer Expedition»<br />

ent nommen. Erhältl<strong>i<strong>ch</strong></strong> in ausgewählten<br />

Bu<strong>ch</strong>handlungen oder im Webshop unter<br />

www.geowebshop.de<br />

32<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

33


Dies & Das<br />

Aus neuer S<strong>i<strong>ch</strong></strong>t bes<strong>ch</strong>rieben<br />

Na<strong>ch</strong> unzähligen Bü<strong>ch</strong>ern über s<strong>i<strong>ch</strong></strong> selber und den Yeti fühlt s<strong>i<strong>ch</strong></strong> der Extrembergsteiger<br />

Reinhold Messner in seinem neuen Bu<strong>ch</strong> in den Expeditionsteilnehmer Hjalmar Johansen<br />

hinein: Le<strong>i<strong>ch</strong></strong>tfüssig erzählt und gut dokumentiert entwickelt der Autor ein berührendes<br />

Psy<strong>ch</strong>ogramm des glücklosen Abenteurers.<br />

Zwis<strong>ch</strong>en Fotoapparat und Pinsel<br />

Eigentl<strong>i<strong>ch</strong></strong> ist Karl-Heinz Hug Fotograf. In der Malerei entdeckt der Profi aber neue Mögl<strong>i<strong>ch</strong></strong>keiten, seine Umwelt in Bildern festzuhalten. Aus<br />

der Spannung zwis<strong>ch</strong>en dem Festhalten des Moments und dem kreativen Arbeitsprozess entsteht Malerei und FotoArt – au<strong>ch</strong> Bilder von<br />

arktis<strong>ch</strong>en Regionen aus der Vogelperspektive.<br />

«Ein tapferer, umgängl<strong>i<strong>ch</strong></strong>er Mann, ein guter<br />

Kamerad, treuer Freund, so aufr<strong>i<strong>ch</strong></strong>tig und natürl<strong>i<strong>ch</strong></strong>,<br />

bes<strong>ch</strong>eiden und s<strong>ch</strong>weigsam, eine Seele, die<br />

keinen Verrat kannte.» So bes<strong>ch</strong>rieb der <strong>Polar</strong> -<br />

fors<strong>ch</strong>er Fridtjof Nansen seinen Exped itions -<br />

teilnehmer Hjalmar Johansen. Alles Eigen s<strong>ch</strong>aften,<br />

die au<strong>ch</strong> einen Mann wie Reinhold Messner,<br />

Bergsteiger-Pionier und Arktis-Dur<strong>ch</strong> querer,<br />

beeindrucken. Deshalb widmet er s<strong>i<strong>ch</strong></strong> in seinem<br />

neuen Bu<strong>ch</strong> «Pol – Hjalmar Johansens Hunde -<br />

jahre» auss<strong>ch</strong>liessl<strong>i<strong>ch</strong></strong> der Bio grafie von Johansen,<br />

in seiner Zeit der beste Turner und Skisportler<br />

Norwegens. Messner bes<strong>ch</strong>reibt in I<strong>ch</strong>-Form, wie<br />

Hjalmar 1893 bis 1896 mit Fridtjof Nansen beim<br />

Versu<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>eitert, auf Skiern den Nordpol zu erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>en,<br />

und wie er 1911/1912 im Team von Roald<br />

Amundsen zum Südpol unterwegs ist. Johansen<br />

Gefunden im eben erst ers<strong>ch</strong>ienenen<br />

Bildband «70er» (Aura-Verlag) des Luzerner<br />

Fotografen Emanuel Ammon, das in spannenden<br />

Bildern den Zeitgeist der 1970er-<br />

Jahre in der S<strong>ch</strong>weiz dokumentiert:<br />

Tierpflegerin Maxi Niedermeyer führt den<br />

Eisbären «Baby» des Circus Stey in<br />

Rothenburg an der Leine spazieren.<br />

Neugierige Kinder folgen dem ungle<strong>i<strong>ch</strong></strong>en<br />

Paar – was für eine Attraktion!<br />

Das Bild entstand 1976 und zeigt, wie unbedarft<br />

man Tiere damals zur S<strong>ch</strong>au stellte und<br />

wie unvors<strong>i<strong>ch</strong></strong>tig man die Wildheit eines<br />

Eisbären und von Raubtieren allgemein<br />

fals<strong>ch</strong> eins<strong>ch</strong>ätzte. Au<strong>ch</strong> wenn der Eisbär<br />

«Baby» hiess: Ein S<strong>ch</strong>lag mit seinen Pranken<br />

stellt Ents<strong>ch</strong>eide Amundsens in Frage und wird von<br />

seinem Chef zurück ins Basislager ges<strong>ch</strong>ickt. Der<br />

treue Helfer geht beide Male leer aus, den Ruhm<br />

ernten andere. 1913 ers<strong>ch</strong>oss s<strong>i<strong>ch</strong></strong> Johansen in<br />

einem Park in Oslo, er war 45 Jahre alt.<br />

Messner stützt seine Erzählung gut dokumentiert<br />

auf Tagebü<strong>ch</strong>er vers<strong>ch</strong>iedener Expeditions teil -<br />

nehmer und hält s<strong>i<strong>ch</strong></strong> dadur<strong>ch</strong> streng an die historis<strong>ch</strong>en<br />

Fakten. Die I<strong>ch</strong>-Form erlaubt es dem Autor,<br />

einen Mens<strong>ch</strong>en zu bes<strong>ch</strong>reiben, von dem er selber<br />

tief beeindruckt ist. Ein spannendes, kurzweilig zu<br />

<strong>lesen</strong>des Bu<strong>ch</strong> mit vielen Original-Bildern der<br />

bes<strong>ch</strong>riebenen Expeditionen. N<strong>i<strong>ch</strong></strong>t nur für Pol-<br />

Freunde ein Vergnügen. Einziger winziger Makel:<br />

Das Bu<strong>ch</strong>-Cover geht komplett am Inhalt vorbei.<br />

Christian Hug<br />

«Baby» geht mit Maxi spazieren<br />

Ein kurioses Bild regt zum Na<strong>ch</strong>denken an. Über den Umgang der Mens<strong>ch</strong>en mit wilden<br />

Tieren – gestern und heute.<br />

hätte genügt, und seine Pflegerin hätte selber<br />

einen Pfleger gebrau<strong>ch</strong>t.<br />

Wie gefährl<strong>i<strong>ch</strong></strong> Eisbären au<strong>ch</strong> in freier<br />

Wildbahn sind, zeigte der Angriff eines<br />

Bären auf ein Zeltlager englis<strong>ch</strong>er<br />

Jugendl<strong>i<strong>ch</strong></strong>er vergangenen August in<br />

Spitzbergen: Obwohl die Lagerleiter bewaffnet<br />

waren, verletzte das Tier zwei<br />

Jugendl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e und zwei Gruppenleiter und<br />

tötete einen Jugendl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en. Der Eisbär wurde<br />

s<strong>ch</strong>liessl<strong>i<strong>ch</strong></strong> ers<strong>ch</strong>ossen.<br />

Zuletzt war auf Spitzbergen im Jahr 1995 ein<br />

Mens<strong>ch</strong> am Rand von Longyearbyen von<br />

einem Eisbären getötet worden.<br />

Christian Hug<br />

Reinhold Messner: «Pol – Hjalmar Johansens<br />

Hundejahre». Malik-Verlag, 301 Seiten.<br />

IMPRESSUM<br />

Auflage: 50’000<br />

Herausgeber<br />

KubnyArt<br />

Ackersteinstr. 20<br />

8049 Zür<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

Tel. +41 44 342 36 60<br />

Fax +41 44 342 36 61<br />

Mail: redaktion@polar-news.com<br />

Web www.polar-news.com<br />

Redaktion<br />

Heiner Kubny<br />

Christian Hug<br />

Rosamaria Kubny<br />

Blattma<strong>ch</strong>er<br />

Christian Hug<br />

6370 Stans<br />

Korrektorat<br />

Riccardo Caravina, Sarnen<br />

Layout<br />

Hug Design<br />

Sadia Hug<br />

Petit-Vivy<br />

1783 Barberê<strong>ch</strong>e<br />

Druck<br />

Vogt-S<strong>ch</strong>ild Druck AG<br />

Gutenbergstrasse 1<br />

4552 Derendingen<br />

Anzeigen<br />

Kubny Art<br />

8049 Zür<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

Tel. +41 44 342 36 60<br />

Fax +41 44 342 36 61<br />

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Mitarbeiter dieser Ausgabe<br />

Priska Abbühl<br />

Peter Balwin<br />

Greta Paulsdottir<br />

Wolf S<strong>ch</strong>neider<br />

Christoph Höbenre<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

Als freis<strong>ch</strong>affender Tier- und Werbefotograf ist<br />

Karl-Heinz Hug aus Barberê<strong>ch</strong>e im Kanton<br />

Freiburg oft auf <strong>Reisen</strong> unterwegs. Aus dem<br />

Flugzeug betra<strong>ch</strong>tet er dann die Welt von oben<br />

und ist immer wieder fasziniert von den<br />

Formen und Farben, die s<strong>i<strong>ch</strong></strong> tausende von<br />

Metern unter ihm offenbaren.<br />

«An einem s<strong>ch</strong>önen Sonntag vor vier Jahren<br />

habe <strong>i<strong>ch</strong></strong> zu Hause das Malset hervorgenommen,<br />

das meine Frau vor langer Zeit gekauft,<br />

aber nie gebrau<strong>ch</strong>t hatte, und habe einfa<strong>ch</strong><br />

angefangen zu malen», erzählt Karl-Heinz. Mit<br />

seiner Frau meint er übrigens Sadia, die<br />

Grafikerin von <strong>Polar</strong>NEWS. Im Gegensatz zur<br />

Fotografie sei die Malerei n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t das Einfangen<br />

eines Moments, sondern eine Entwicklung, ein<br />

Arbeitsprozess, «in den <strong>i<strong>ch</strong></strong> oft bis in die Na<strong>ch</strong>t<br />

tief versunken bin». Sein erstes Bild war ein<br />

Portrait von Imo, seinem S<strong>ch</strong>äferhund.<br />

Karl-Heinz fand sehr s<strong>ch</strong>nell Gefallen an der<br />

Malerei, «weil man beim Malen immer an<br />

einen Punkt kommt, wo man n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t mehr weiter<br />

weiss». Dann muss er das Bild ruhen lassen, bis<br />

die zündende Idee kommt. Das dauere man<strong>ch</strong>mal<br />

Tage, man<strong>ch</strong>mal Monate. «Beim Foto -<br />

grafieren kann man s<strong>i<strong>ch</strong></strong> zwar ausführl<strong>i<strong>ch</strong></strong> vorbereiten,<br />

das Fotografieren selbst passiert aber<br />

im Moment, dana<strong>ch</strong> ist n<strong>i<strong>ch</strong></strong>ts mehr veränderbar»,<br />

erklärt Karl-Heinz.<br />

Neben Tierportraits fing er an, die Eindrücke<br />

von den Flügen umzusetzen. So entstand au<strong>ch</strong><br />

das Bild «Sibirien»: «I<strong>ch</strong> war auf dem Rück -<br />

flug von Tokyo na<strong>ch</strong> Zür<strong>i<strong>ch</strong></strong>, und auf zehn<br />

Kilometern Höhe sah <strong>i<strong>ch</strong></strong> dieses Land in seiner<br />

s<strong>ch</strong>önsten Pra<strong>ch</strong>t.»<br />

Seine Eindrücke von Sibirien hat er dann aber<br />

n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t mit Pinsel und Farbe auf eine Leinwand<br />

gebra<strong>ch</strong>t, sondern die digitale Fotografie mit<br />

mehreren Computerprogrammen bearbeitet<br />

und s<strong>ch</strong>liessl<strong>i<strong>ch</strong></strong> im Grossformat auf Dibond<br />

gedruckt. FotoArt nennt er diese Form von<br />

Kunst.<br />

Inzwis<strong>ch</strong>en zeigt Karl-Heinz seine Werke an<br />

Ausstellungen und bietet sie zum Verkauf an.<br />

www.artoogle.<strong>ch</strong>/artist.php?I=1170730635<br />

Rosamaria Kubny<br />

«Sibirien», FotoArt auf Dibond,<br />

200x100 Zentimeter.<br />

«<strong>Polar</strong>». Acryl auf Leinwand,<br />

190x190 Zentimeter.<br />

Eine aus heutiger S<strong>i<strong>ch</strong></strong>t bizarre Attraktion: Zirkus-Eisbär auf Dorfspaziergang, 1976.<br />

34 <strong>Polar</strong> NEWS<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

35


Analyse<br />

Die Freiheit, die Extrembergsteiger und Antarktis-Abenteurer meinen: Der Berg ist aus eigener Kraft bezwungen, die Auss<strong>i<strong>ch</strong></strong>t über das Dronning-Maud-Land ist überwältigend.<br />

Von Christoph Höbenre<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

(Text und Bilder)<br />

Das erste Fahrzeug des Konvois s<strong>ch</strong>iebt ein<br />

Radargerät an einem langen Auslegerarm vor<br />

s<strong>i<strong>ch</strong></strong> her. Mit diesem Gerät können verborgene<br />

Glets<strong>ch</strong>erspalten entdeckt werden. Au<strong>ch</strong><br />

wenn wir sie mit freiem Auge n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t erkennen,<br />

an unserem vereinbarten Abholungs -<br />

punkt wimmelt es nur so von Spalten. So<br />

bleiben die Fahrzeuge dann au<strong>ch</strong> vor einem<br />

uns<strong>i<strong>ch</strong></strong>tbaren, mehrere dutzend Meter tiefen<br />

und drei Meter breiten Spalt, der mit einer<br />

dicken Presss<strong>ch</strong>nees<strong>ch</strong><strong>i<strong>ch</strong></strong>t bedeckt ist, stehen.<br />

Für Skiläufer sind diese Spalten kein<br />

Problem, aber für Fahrzeuge do<strong>ch</strong> ein Risiko.<br />

Die erste österre<strong>i<strong>ch</strong></strong>is<strong>ch</strong>e Expedition na<strong>ch</strong><br />

Dronning-Maud-Land, die <strong>i<strong>ch</strong></strong> im November<br />

2009 leitete, geht zu Ende. Nirgendwo sonst<br />

ragen derart imposante Türme und Pfeiler<br />

aus den horizontalen Eismassen Antarcticas.<br />

Mit Ski und selbst gezogenen Pulkas<strong>ch</strong>litten<br />

dur<strong>ch</strong> die südpolare Eiswüste und Gebirgs -<br />

welt zu reisen, war anstrengend und meditativ<br />

zugle<strong>i<strong>ch</strong></strong>.<br />

Nur auf der letzten Etappe unserer Expe dition<br />

am nördl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Ausläufer der Berge kamen in<br />

mir zwiespältige Gefühle auf. Als <strong>i<strong>ch</strong></strong> näml<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

die Fahrzeuge und die herumstehenden<br />

Mens<strong>ch</strong>en erspähte, mis<strong>ch</strong>te s<strong>i<strong>ch</strong></strong> neben die<br />

Abenteuer<br />

Antarctica<br />

Ein kritis<strong>ch</strong>er Überblick über das heutige Expeditionswesen<br />

und die sportl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Ers<strong>ch</strong>liessungsges<strong>ch</strong><strong>i<strong>ch</strong></strong>te der Antarktis.<br />

Freude über das Wiedersehen n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t nur<br />

Wehmut über das Ende unserer Skireise: Die<br />

Fahrzeuge wirkten auf m<strong>i<strong>ch</strong></strong> vielmehr wie<br />

Fremdkörper, die die Harmonie des Eises<br />

störten. Bei ihrem Anblick verlor <strong>i<strong>ch</strong></strong> das<br />

Gefühl, in der Wildnis zu sein, und fühlte<br />

m<strong>i<strong>ch</strong></strong> mit einem S<strong>ch</strong>lag zurück in die<br />

Zivilisation versetzt.<br />

Gemeinsam mit den Expeditionsteilnehmern<br />

Paul Koller und Karl P<strong>i<strong>ch</strong></strong>ler gelang es, auf<br />

150 Kilometern Gehstrecke zahlre<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Gipfel<br />

von Bergen und kleinen Nunataks zu besteigen.<br />

Wir stiessen im Holtedahl-Gebirge in ein<br />

Gebiet vor, in dem vor uns no<strong>ch</strong> nie Berg -<br />

steiger waren, und lernten diesen Teil der Ant -<br />

arktis im wahrsten Sinne als eine «Wunder -<br />

volle» Welt kennen. Hier gibt es keine Wege,<br />

Spuren oder sonstige Ze<strong>i<strong>ch</strong></strong>en von Mens<strong>ch</strong>en.<br />

In Dronning-Maud-Land ist der Mythos der<br />

Terra incognita no<strong>ch</strong> überall spürbar. Und<br />

was gibt es S<strong>ch</strong>öneres, als unbekannte<br />

Gebirge und unbestiegene Berge zu erkunden?<br />

Eine Mögl<strong>i<strong>ch</strong></strong>keit, die in den Alpen<br />

Bergsteiger zuletzt im 19. Jahrhundert hatten.<br />

Den von uns erstbestiegenen Bergen<br />

gaben wir dann in Übereinstimmung mit den<br />

eins<strong>ch</strong>lägigen R<strong>i<strong>ch</strong></strong>tlinien zur Namens -<br />

gebung in der Antarktis Namen wie «Österre<strong>i<strong>ch</strong></strong>spitze»,<br />

«Steirerturm», «Gipfel der<br />

Stille», «Kamelbuckel» oder «Galileoberg».<br />

Mit Vollgas dur<strong>ch</strong> die Antarktis<br />

Anfangs war <strong>i<strong>ch</strong></strong> über den Einsatz der<br />

Fahrzeuge für unsere Abholung n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t sehr<br />

erfreut. N<strong>i<strong>ch</strong></strong>t nur aus ökologis<strong>ch</strong>en Gründen,<br />

sondern au<strong>ch</strong> deshalb, da ein Land, das man<br />

mit dem Auto bereisen kann, seinen Mythos<br />

und Abenteuerwert verliert. Do<strong>ch</strong> meine<br />

Skepsis – zumindest was die Umweltfrage<br />

betrifft – w<strong>i<strong>ch</strong></strong> ein wenig, als <strong>i<strong>ch</strong></strong> sah, wie<br />

sauber diese modernen Fahrzeuge gegenüber<br />

den oft jahrzehntealten Kettenfahrzeugen der<br />

Fors<strong>ch</strong>ungsstationen sind, wel<strong>ch</strong>e Ölspuren<br />

im Eis hinterlassen und spr<strong>i<strong>ch</strong></strong>wörtl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

Tonnen an Diesel verblasen.<br />

Die Toyotas wurden in Island eigens für sol<strong>ch</strong>e<br />

extremen Wintereinsätze adaptiert und<br />

mit dicken Ballonreifen samt Spikes ausgerüstet.<br />

Dur<strong>ch</strong> sie wurde es mögl<strong>i<strong>ch</strong></strong>, au<strong>ch</strong> die<br />

modernen «Wettläufe zum Südpol» dur<strong>ch</strong>zuführen.<br />

In den letzten Jahren fuhren mehrmals<br />

Allradfahrzeuge zur Unterstützung dieser<br />

Rennen rund 2200 Kilometer von der<br />

Novo-Airbase bis zum Südpol und wieder<br />

zurück. Bis zu 80 km/h erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>en die Fahrer<br />

auf dem ebenen <strong>Polar</strong>plateau. Ledigl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

Sastrugifelder, das sind Gebiete mit sturmgefrästen<br />

Eiswellen, die einem erstarrten Meer<br />

gle<strong>i<strong>ch</strong></strong>en, zwingen bisweilen zu S<strong>ch</strong>ritt -<br />

tempo.<br />

Die moderne Te<strong>ch</strong>nik hat ein neues Zeitalter<br />

des Transportwesens in Antarctica eingeläutet,<br />

dessen erste Versu<strong>ch</strong>e bis in die goldene<br />

Ära der Eroberungsexpeditionen zurückre<strong>i<strong>ch</strong></strong>en.<br />

Bereits Ernest Shackleton versu<strong>ch</strong>te<br />

auf der Nimrod-Expedition 1907-09 Kraf -<br />

tfahrzeuge einzusetzen, hatte dabei jedo<strong>ch</strong><br />

wenig Erfolg. Au<strong>ch</strong> Robert Falcon Scott<br />

glaubte 1911 irrtüml<strong>i<strong>ch</strong></strong>erweise, dur<strong>ch</strong> die<br />

Leistungsfähigkeit seiner Ketten-Autos den<br />

Wettlauf gegen Roald Amundsen und seine<br />

S<strong>ch</strong>littenhunde gewinnen zu können.<br />

Und die kreative Te<strong>ch</strong>nik des grossen<br />

<strong>Polar</strong>fors<strong>ch</strong>ers Alfred Wegener, der in Grön -<br />

land s<strong>ch</strong>on 1930 propellerbetriebene S<strong>ch</strong>litten -<br />

fahrzeuge einsetzte, wurde 2010 im Zuge der<br />

Moon-Regan-Transantarctic-Expedition an -<br />

gewendet: Diese raste mit Allradfahr zeugen<br />

und einem dreikufigen Propeller s<strong>ch</strong>litten in<br />

einer «Rekordzeit» von 303 Stunden von der<br />

neuen Landebasis am Union Glacier über<br />

den Südpol bis na<strong>ch</strong> McMurdo. Und dann<br />

wieder retour.<br />

»<br />

36<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

37


<strong>Polar</strong>abenteurer sehen sol<strong>ch</strong>e Unter neh -<br />

mungen jedo<strong>ch</strong> als Rückentwicklung oder<br />

Sackgasse, haben sie ja mit sportl<strong>i<strong>ch</strong></strong>er<br />

Herausforderung und Naturerlebnis wenig zu<br />

tun.<br />

Ob Amundsen, der mit seinen Begleitern am<br />

14. Dezember 1911 als erster Mens<strong>ch</strong> den<br />

Südpol erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>te, zu ahnen gewagt hat, dass<br />

der Südpol einmal bequem mit All rad -<br />

fahrzeugen just for fun befahren wird?<br />

Was würde er wohl sagen, wenn er wüsste,<br />

dass die USA 2006 sogar den 1450 Kilo meter<br />

langen South Pole Highway, eine dur<strong>ch</strong> -<br />

gehende Piste von der Ross-See bis zum<br />

Südpol, fertiggestellt und damit die neu<br />

err<strong>i<strong>ch</strong></strong>tete Amundsen-Scott-Station dur<strong>ch</strong> eine<br />

Nabels<strong>ch</strong>nur mit der Hauptbasis McMurdo<br />

am Kontinentalrand verbunden haben?<br />

Au<strong>ch</strong> wenn polartaugl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Flä<strong>ch</strong>enflugzeuge<br />

wie Twin-Otter, Basler DC-3, Hercules C-<br />

130 oder Iljushin IL-76 anges<strong>i<strong>ch</strong></strong>ts der riesigen<br />

Dimensionen des Kontinents wohl nie<br />

gänzl<strong>i<strong>ch</strong></strong> dur<strong>ch</strong> Fahrzeuge ersetzt werden, so<br />

werden die Allradfahrzeuge in den kommenden<br />

Jahrzehnten der touristis<strong>ch</strong>en Er -<br />

s<strong>ch</strong>liessung des Kontinents kräftig Vors<strong>ch</strong>ub<br />

leisten. Ein behutsamer Einsatz auf bestimmten<br />

Routen am <strong>Polar</strong>plateau wird dabei zu<br />

verkraften sein.<br />

In den Gebirgen verhindern ohnehin die<br />

gefährl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Spaltenzonen, dass hier Fahr -<br />

zeuge kreuz und quer herumdüsen. Es bedarf<br />

jedo<strong>ch</strong> besonnener Köpfe, den Fahr zeug -<br />

einsatz in der Antarktis zu bes<strong>ch</strong>ränken,<br />

sonst zerstört der moderne <strong>Polar</strong> tourismus<br />

letztl<strong>i<strong>ch</strong></strong> genau das, was er su<strong>ch</strong>t: Den<br />

Wildnis<strong>ch</strong>arakter dieser einzigartigen, abges<strong>ch</strong>iedenen<br />

Welt.<br />

Auf den Spuren von Helden<br />

Die moderne Fahrzeugte<strong>ch</strong>nik und Flug -<br />

logistik ermögl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en heute die touristis<strong>ch</strong>e<br />

Ers<strong>ch</strong>liessung des Südpols. So werden Skilast-degree-<strong>Reisen</strong><br />

dur<strong>ch</strong>geführt, also auf die<br />

letzten ein, zwei oder drei Breitengrade (1° =<br />

111 Kilometer Gehdistanz) reduzierte<br />

Skitouren bis zum Pol, aber au<strong>ch</strong> Ballon -<br />

fahrten, Marathons oder sonstige «Extrem -<br />

abenteuer» am südl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Ende der Welt.<br />

Eine ebenso clevere wie erfolgre<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Ge -<br />

s<strong>ch</strong>äfts idee hatte vor wenigen Jahren ein britis<strong>ch</strong>er<br />

Reiseveranstalter, indem er für gegeneinander<br />

antretende Teams mehrtägige Skirennen<br />

als «Wettläufe zum Südpol» organisiert. Von<br />

Fahrzeugen und Kamerateams begleitet, mit<br />

n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t allzu s<strong>ch</strong>wer beladenen S<strong>ch</strong>litten ausgerüstet<br />

(Proviant und Brennstoff wird ja nur für<br />

kurze Zeit benötigt) sowie zu einem Halbzeit-<br />

Zwis<strong>ch</strong>enstopp samt obligatoris<strong>ch</strong>em Medical<br />

<strong>ch</strong>eck verpfl<strong>i<strong>ch</strong></strong>tet, kämpfen s<strong>i<strong>ch</strong></strong> die Teams<br />

vom Flugzeuglandepunkt irgendwo am <strong>Polar</strong> -<br />

plateau im abges<strong>i<strong>ch</strong></strong>erten und objektiv relativ<br />

gefahrlosen Bere<strong>i<strong>ch</strong></strong> so s<strong>ch</strong>nell wie mögl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

dur<strong>ch</strong> die Eiswüste bis zum Pol.<br />

Der Südpol im Zentrum des Kontinents Antarctica ist das Ziel aller <strong>Polar</strong>träume.<br />

Der Mount Vinson befindet s<strong>i<strong>ch</strong></strong> am nördl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Rand des Ellsworth-Lands.<br />

So au<strong>ch</strong> zum Jahreswe<strong>ch</strong>sel 2010/11, als s<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

ein österre<strong>i<strong>ch</strong></strong>is<strong>ch</strong>es und ein deuts<strong>ch</strong>es Team<br />

bestehend aus je vier Personen im Auftrag<br />

der nationalen Fernsehanstalten ORF und<br />

ZDF bemühten, als Erstes die Ziellinie am<br />

Südpol zu erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>en. Für die modernen Renn -<br />

läufer (darunter Ausdauersportler, Soldaten<br />

und ein Olympiasieger von Weltruhm, aber<br />

allesamt unerfahrene <strong>Polar</strong>gänger) war es<br />

s<strong>i<strong>ch</strong></strong>er die Reise ihres Lebens und eine<br />

extrem anstrengende Tour.<br />

Die Naturverhältnisse sind ja heute immer<br />

no<strong>ch</strong> die gle<strong>i<strong>ch</strong></strong>en wie anno 1911/12. Und es<br />

ist eine respektable sportl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Leistung, eine<br />

Distanz von knapp 400 Kilometern in elf<br />

Tagen zu mars<strong>ch</strong>ieren. Do<strong>ch</strong> sonst hatte die<br />

moderne Veranstaltung – ohne diese diskreditieren<br />

zu wollen – mit der historis<strong>ch</strong>en<br />

Expedition kaum etwas gemein.<br />

Amundsen und Scott starteten seinerzeit mit<br />

ihren Untergebenen n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t nur an der gegenüberliegenden<br />

Seite des Kontinents von der<br />

Küste des Ross-Eiss<strong>ch</strong>elfes und hatten bis<br />

zum Pol eine Distanz von knapp 1500 Kilo -<br />

meter und die gle<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Strecke wieder retour<br />

zurückzulegen. Sie stiessen vor allem in völlig<br />

unbekanntes Terrain und absolutes<br />

Neuland vor. Ihr Erfolg und selbst ihre heile<br />

Rückkehr waren mehr als ungewiss, wie es<br />

s<strong>i<strong>ch</strong></strong> bei Scott bekanntl<strong>i<strong>ch</strong></strong> tragis<strong>ch</strong> bewahrheitete.<br />

Dass die moderne Ausrüstung, die le<strong>i<strong>ch</strong></strong>ten<br />

Kunststoffs<strong>ch</strong>litten, die sturmstabilen Zelte,<br />

die s<strong>ch</strong>nell trocknende, windd<strong>i<strong>ch</strong></strong>te und<br />

warme <strong>Polar</strong>kleidung, die Ho<strong>ch</strong>leistungs -<br />

benzinko<strong>ch</strong>er und die ebenso s<strong>ch</strong>mackhafte<br />

wie energiere<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Nahrung heute völlig<br />

andere Voraussetzungen bieten, liegt ohnehin<br />

auf der Hand.<br />

Chance verpasst<br />

Allein s<strong>ch</strong>on der Blick auf die Navigations -<br />

geräte verzerrt jeden Vergle<strong>i<strong>ch</strong></strong>s massstab.<br />

Sind heute alle Positionsdaten auf Knopf -<br />

druck vom GPS abrufbar, so mussten die<br />

Pioniere tägl<strong>i<strong>ch</strong></strong> ihre Position mühsam mit<br />

Sextanten bestimmen und mittels Tabellen<br />

erre<strong>ch</strong>nen. Und au<strong>ch</strong> wenn der finanzielle<br />

und logistis<strong>ch</strong>e Aufwand dafür enorm ist,<br />

aber Satellitentelefone und Allradfahrzeuge<br />

ermögl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en eine Evakuierung von jedem<br />

Punkt des Rennens. So konnte s<strong>ch</strong>liessl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

au<strong>ch</strong> ein verzweifeltes Mitglied des österre<strong>i<strong>ch</strong></strong>is<strong>ch</strong>en<br />

Teams bequem in eines der<br />

Begleitfahrzeuge einsteigen, als s<strong>i<strong>ch</strong></strong> dur<strong>ch</strong><br />

Una<strong>ch</strong>tsamkeit le<strong>i<strong>ch</strong></strong>te Erfrierungen an seinen<br />

Fingern abze<strong>i<strong>ch</strong></strong>neten.<br />

Ist das eine würdige Hommage an den Wett -<br />

lauf der historis<strong>ch</strong>en Kontrahenten? Wie<br />

würden Amundsen und Scott wohl reagieren,<br />

wenn sie wüssten, dass ihrer grossartigen<br />

Pionierleistungen zum Hundert-Jahr-Jubi -<br />

läum dur<strong>ch</strong> ein teures Publicity-Projekt<br />

Peinl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Veranstaltung: Die Fernseh-Show «Wettlauf zum Südpol» gab ein völlig fals<strong>ch</strong>es Bild der Antarktis wieder.<br />

Bild: Will Steger<br />

erinnert werden sollte, das bestenfalls<br />

Unterhaltung und Re-Kreation, n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t jedo<strong>ch</strong><br />

eine Expedition und s<strong>ch</strong>on gar n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t ein<br />

Vorstoss in etwas Neues war? 99 Jahre na<strong>ch</strong><br />

den dramatis<strong>ch</strong>en Entdeckungsreisen am<br />

Südpol diente die Antarktis einem für das<br />

Fernsehen ges<strong>ch</strong>ickt in Szene gesetzten<br />

Sportevent als medienwirksame Bühne und<br />

der Mythos des Südpols als Marketing-<br />

Booster. Den modernen Wettbewerb aber in<br />

Verbindung mit dem zu setzen, was<br />

Amundsen oder gar Scott erlebt und dur<strong>ch</strong>gema<strong>ch</strong>t<br />

haben, gerät zum Gegenteil einer<br />

Würdigung.<br />

Viele <strong>Polar</strong>experten sind s<strong>i<strong>ch</strong></strong> einig: Das<br />

grosse Südpol-Jubiläum wäre die spr<strong>i<strong>ch</strong></strong>wörtl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e<br />

Jahrhundert<strong>ch</strong>ance für eine gross -<br />

artige Pionierexpedition gewesen, die s<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

dur<strong>ch</strong> besondere Kreativität ausze<strong>i<strong>ch</strong></strong>net oder<br />

wirkl<strong>i<strong>ch</strong></strong> an der Grenze der mens<strong>ch</strong>l<strong>i<strong>ch</strong></strong>en<br />

Leistungsfähigkeit und vor allem mit dem<br />

Risiko zu s<strong>ch</strong>eitern dur<strong>ch</strong>geführt wird.<br />

Damit wäre es vor allem au<strong>ch</strong> mögl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

geworden, einer breiten Öffentl<strong>i<strong>ch</strong></strong>keit das<br />

moderne polare Expeditionswesen seriös<br />

nahezubringen, das in seiner Königsklasse<br />

au<strong>ch</strong> heute no<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong>aus Parallelen zu den<br />

historis<strong>ch</strong>en Unternehmungen der Ver -<br />

gangen heit aufweist. Do<strong>ch</strong> 2011/12 rüsten<br />

s<strong>i<strong>ch</strong></strong> s<strong>ch</strong>on die nä<strong>ch</strong>sten Uners<strong>ch</strong>rockenen für<br />

den Anpfiff zum nä<strong>ch</strong>sten «Race to the<br />

Pole». The show must go on!<br />

In Zeiten, in denen selbst in der Antarktis<br />

dur<strong>ch</strong> Satellitenfernerkundung fast jeder Ort<br />

bekannt und kartiert ist, r<strong>i<strong>ch</strong></strong>tet s<strong>i<strong>ch</strong></strong> der Blick<br />

n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t mehr auf geographis<strong>ch</strong>es Neuland, sondern<br />

vielmehr zurück auf die Zeiten der wahren<br />

Pioniere. Deren Ideen, Versu<strong>ch</strong>e und<br />

Erfolge lassen anges<strong>i<strong>ch</strong></strong>ts der Unge wiss -<br />

heiten und Entbehrungen, denen sie ausgesetzt<br />

waren, kalte S<strong>ch</strong>auer über den Rücken<br />

laufen. Annähernd «auf den Spuren» von<br />

Amundsen und Scott waren 2006 ein britis<strong>ch</strong>es<br />

und ein norwegis<strong>ch</strong>es Team (letzteres<br />

unter der Führung von Rune Gjeldnes) im<br />

Rahmen einer BBC-Dokumentation, um die<br />

beiden historis<strong>ch</strong>en Expeditionen mit Ori -<br />

ginal ausrüstung, -nahrung und -taktik so<br />

authentis<strong>ch</strong> wie mögl<strong>i<strong>ch</strong></strong> na<strong>ch</strong>zuvollziehen.<br />

Au<strong>ch</strong> das Wie ents<strong>ch</strong>eidet<br />

Einziger Wermutstropfen: Aufgrund des<br />

Hundeverbots in der Antarktis konnte ledigl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

ein imaginärer «Südpol» auf dem grönländis<strong>ch</strong>en<br />

Inlandeis auf einer gle<strong>i<strong>ch</strong></strong> langen<br />

Route und unter sehr ähnl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Natur -<br />

verhältnissen bezwungen werden. Die Er -<br />

kenntnisse der Extremabenteurer waren er -<br />

staunl<strong>i<strong>ch</strong></strong> und lassen hö<strong>ch</strong>sten Respekt vor den<br />

Mühsalen der historis<strong>ch</strong>en Eroberer zollen.<br />

Heute geht es bei sportl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en <strong>Polar</strong>expe -<br />

ditionen längst n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t mehr um «Erobe -<br />

rungen» oder gar die Befriedigung nationaler<br />

6400 Kilometer mit Hundes<strong>ch</strong>litten in sieben Monaten: Die Mitglieder<br />

der «Transantarctica»-Expedition 1989/90 während einer Pause.<br />

Interessen, sondern vielmehr um persönl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e<br />

Ziele und alpinistis<strong>ch</strong>e oder skiläuferis<strong>ch</strong>e<br />

Herausforderungen. Dass dabei bisweilen bei<br />

man<strong>ch</strong> einem sogar die Idee aufkommt,<br />

«Weltrekorde» aufstellen zu wollen, so als ob<br />

man Expeditionen mit Wettkämpfen auf normierten<br />

Rennbahnen vergle<strong>i<strong>ch</strong></strong>en könnte,<br />

darf n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t verwundern und ist im Zirkus<br />

medienwirksamer Inszenierungen im<br />

Wettlauf um die Gunst ahnungsloser<br />

Grosssponsoren wohl leider nur allzu naheliegend.<br />

Bei <strong>Polar</strong>läufen ist die zurückzulegende<br />

Distanz ein ents<strong>ch</strong>eidendes Kriterium. Der<br />

übl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Startpunkt für die meisten<br />

Südpolgeher liegt heute am Kontinentalrand<br />

des Ronne-Eiss<strong>ch</strong>elfes beim Hercules Inlet,<br />

immerhin rund 1130 Kilometer vom Pol entfernt.<br />

Dass der Startpunkt des TV-Events<br />

«Wettlauf zum Südpol» irgendwo mitten am »<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

38 39<br />

<strong>Polar</strong> NEWS


Fehl am Platz: Touristen rasen mit modernsten Allrad-Fahrzeugen über die Weiten des ewigen Eises.<br />

<strong>Polar</strong>plateau lag und mit dem Flugzeug<br />

erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>t wurde, relativiert die tatsä<strong>ch</strong>l<strong>i<strong>ch</strong></strong>en<br />

Anforderungen dieses Projektes au<strong>ch</strong> im<br />

Vergle<strong>i<strong>ch</strong></strong> zu ernstzunehmenden modernen<br />

Südpolexpeditionen.<br />

Da der Südpol an s<strong>i<strong>ch</strong></strong> ja «nur» ein mathematis<strong>ch</strong>er<br />

Punkt auf der Erdoberflä<strong>ch</strong>e ist<br />

beziehungsweise dur<strong>ch</strong> die Rotationsa<strong>ch</strong>se<br />

der Erde bestimmt wird, fokussieren s<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

Leistungsexpeditionen zunehmend auf eine<br />

Dur<strong>ch</strong>querung des Kontinents. Dabei gibt es<br />

unters<strong>ch</strong>iedl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Ansätze, je na<strong>ch</strong> dem, wel<strong>ch</strong>e<br />

Route gewählt wird und ob beispielsweise<br />

die S<strong>ch</strong>elfeiskante oder der landseitige<br />

Beginn eines Eiss<strong>ch</strong>elfes als Kontinental -<br />

rand gewertet wird, wie es Reinhold<br />

Messner und Arved Fu<strong>ch</strong>s beim Ronne-<br />

Eiss<strong>ch</strong>elf oder Cecilie Skog und Ryan<br />

Waters beim Ross-Eiss<strong>ch</strong>elf definierten.<br />

Sind die Unters<strong>ch</strong>iede in den zurückzulegenden<br />

Gehdistanzen aber no<strong>ch</strong> relativ le<strong>i<strong>ch</strong></strong>t<br />

eins<strong>i<strong>ch</strong></strong>tig, führen Ethik- und Stilfragen bei<br />

polaren Leistungsexpeditionen (ebenso wie<br />

beim Spitzenalpinismus) beinahe ins<br />

Esoteris<strong>ch</strong>e und können fast nur mehr von<br />

Insidern r<strong>i<strong>ch</strong></strong>tig beurteilt werden.<br />

Die allgemeine Öffentl<strong>i<strong>ch</strong></strong>keit hingegen<br />

kann die feinen, aber ents<strong>ch</strong>eidenden<br />

Stilunter s<strong>ch</strong>iede in der Regel kaum bis gar<br />

n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t mehr differenzieren: «unguided» oder<br />

«guided» (von einem Profi geführt),<br />

«unsupported» oder «supported» (bei der<br />

Fortbewegung unterstützt, zum Beispiel<br />

dur<strong>ch</strong> Windkraft, Hundes<strong>ch</strong>litten oder<br />

Motorfahrzeuge) sowie «unassisted» beziehungsweise<br />

«unsupplied» oder «assisted»<br />

beziehungsweise «supplied» (Hilfe von<br />

aussen, zum Beispiel dur<strong>ch</strong> Luftunter -<br />

stützung oder Depots).<br />

S<strong>ch</strong>uld an der kollektiven Orientierungs -<br />

losigkeit sind aber die Aktiven bisweilen<br />

selbst, denn immer wieder lässt au<strong>ch</strong> ihre<br />

eigene Ber<strong>i<strong>ch</strong></strong>terstattung (bewusst?) zu<br />

wüns<strong>ch</strong>en übrig. Wird der Einsatz von Zug -<br />

s<strong>ch</strong>irmen oder Versorgungsflügen meist<br />

no<strong>ch</strong> erwähnt, wird von den «Explorern»,<br />

wie s<strong>i<strong>ch</strong></strong> Polreisende gerne nennen, vielfa<strong>ch</strong><br />

in der öffentl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Darstellung zum Beispiel<br />

ges<strong>ch</strong>ickt unterdrückt oder ganz vers<strong>ch</strong>wiegen,<br />

dass sie von Profis geführt wurden.<br />

So als ob das an ihrem «Ruhm» kratzen<br />

würde. Den modernen <strong>Polar</strong>führern kommt<br />

aber heute wohl eine ebenso w<strong>i<strong>ch</strong></strong>tige Rolle<br />

für Erfolge zu wie den Sherpas bei Mount-<br />

Everest-Expeditionen. Und wie können<br />

s<strong>ch</strong>liess l<strong>i<strong>ch</strong></strong> die Leistungen eines Messners,<br />

Stegers, Ouslands oder Gjeldnes’ verstanden<br />

werden, wenn s<strong>ch</strong>on verkürzte Wettrennen<br />

oder andere touristis<strong>ch</strong>e Unternehmungen<br />

als «das letzte grosse Abenteuer der<br />

Mens<strong>ch</strong> heit» dargestellt werden?<br />

Transantarctica<br />

Eine der spektakulärsten und für m<strong>i<strong>ch</strong></strong> persönl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

die s<strong>ch</strong>önste Antarktis-Expedition<br />

aller Zeiten war die «Transantarctica»<br />

1989/90. Dem internationalen Team unter<br />

der Leitung von Will Steger (USA) und<br />

Jean-Louis Etienne (F) mit Victor Bojarski<br />

(UdSSR), Geoff Somers (GB), Keizo<br />

Funatsu (JP) und Qin Dahe (China) gelang<br />

mit drei Hundes<strong>ch</strong>littengespannen und 18<br />

Depots die längste jemals dur<strong>ch</strong>geführte<br />

Antarktis-Transversale. Sie führte von der<br />

Spitze der Antarktis<strong>ch</strong>en Halbinsel am<br />

Vinson Massiv vorbei, über den Südpol und<br />

die Station Vostok bis zur Station Mirnyi in<br />

der Ostantarktis: Unvorstellbare 6400 Kilo -<br />

meter in sieben Monaten. Ein phantastis<strong>ch</strong>es<br />

Abenteuer, das seinesgle<strong>i<strong>ch</strong></strong>en su<strong>ch</strong>t.<br />

Die erforderl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Logistik war gross angelegt.<br />

Es wurden n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t nur ein Jahr vorher<br />

14 Tonnen Hundefutter und Nahrungsmittel<br />

auf der geplanten Route deponiert, sondern<br />

während der Expedition ers<strong>ch</strong>öpfte oder<br />

kranke Hunde zur Erholung ausgeflogen und<br />

dur<strong>ch</strong> fris<strong>ch</strong>e ersetzt. Aufgrund der enormen<br />

Strecke war es sogar notwendig, bereits im<br />

<strong>Polar</strong>winter und unter härtesten Witterungs -<br />

bedingungen aufzubre<strong>ch</strong>en.<br />

Erstmals gelang es, den Kontinent ohne<br />

Motorfahrzeuge zu dur<strong>ch</strong>queren – und das<br />

gle<strong>i<strong>ch</strong></strong> auf der denkbar längstmögl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en<br />

Route. Und es war au<strong>ch</strong> die letzte Expe -<br />

dition, die s<strong>i<strong>ch</strong></strong> no<strong>ch</strong> konventionell mit Sex -<br />

tanten anstatt mit der gerade aufkommenden<br />

Satellitennavigation orientierte, was eine<br />

ganz besondere Qualität des Abenteuers darstellte.<br />

Die «Transantarctica» verfolgte aber n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t<br />

nur ein herausragendes sportl<strong>i<strong>ch</strong></strong>es Ziel, sondern<br />

s<strong>ch</strong>uf au<strong>ch</strong> Bewusstsein für die gross -<br />

artige Vision eines «Weltparks Antarctica»,<br />

der der gesamten Mens<strong>ch</strong>heit gehören solle.<br />

Die «Transantarctica» ist jedo<strong>ch</strong> n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t mehr<br />

wiederholbar. Das 1991 erlassene Umwelt -<br />

protokoll zum Antarktisvertrag erlaubt näml<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

keine S<strong>ch</strong>littenhunde am Kontinent<br />

mehr. Dass das Umweltprotokoll die eleganten<br />

Hundes<strong>ch</strong>littengespanne aus den Zeiten<br />

der Entdecker gerade aus Gründen des<br />

Umwelts<strong>ch</strong>utzes – und zwar zum S<strong>ch</strong>utz der<br />

einheimis<strong>ch</strong>en Tierwelt vor übertragbaren<br />

Krankheiten – verbietet, ist zwar verständl<strong>i<strong>ch</strong></strong>.<br />

Es ers<strong>ch</strong>eint mir aber do<strong>ch</strong> irgendwie<br />

ironis<strong>ch</strong>, dass dagegen Motorfahrzeuge aller<br />

Art zulässig sind.<br />

Die traditionsre<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Ära der Entdeckung<br />

des Kontinents mit den Hundes<strong>ch</strong>litten ge -<br />

spannen ist jedenfalls seit Anfang der<br />

1990er-Jahre endgültig vorbei und damit ein<br />

grossartiges und für die beteiligten Wissen -<br />

s<strong>ch</strong>aftler und Abenteurer ebenso spannendes<br />

wie emotionsvolles Kapitel der Erfors<strong>ch</strong>ung<br />

des Kontinents.<br />

Mit dem Wind über das Eis<br />

In den letzten Jahren war ein Trend festzu -<br />

stellen, wona<strong>ch</strong> anstelle des klassis<strong>ch</strong>en und<br />

zermürbenden «man-haulings» (das S<strong>ch</strong>litten -<br />

ziehen aus eigener Kraft war bereits für Scott<br />

das Ideal britis<strong>ch</strong>en Sportgeistes) lange<br />

Distanzen auf dem <strong>Polar</strong>plateau mit Hilfe von<br />

lenkbaren Windsegeln zurückgelegt werden,<br />

mit denen s<strong>i<strong>ch</strong></strong> die <strong>Polar</strong> reisenden mit dem<br />

Pulkas<strong>ch</strong>litten im S<strong>ch</strong>lepp tau über das Eis ziehen<br />

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<strong>Polar</strong> NEWS<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

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Reinhold Messner und Arved Fu<strong>ch</strong>s waren<br />

1989/90 die Ersten, die diese modernen Kites<br />

mit Erfolg in ihrer 92 Tage dauernden, 2450<br />

Kilometer langen Transversale in der<br />

Antarktis einsetzten. Die Expedition begann<br />

aufgrund logistis<strong>ch</strong>er Probleme bereits jenseits<br />

des Kontinentalrandes beim Ronne-<br />

Eiss<strong>ch</strong>elf und führte über den Südpol bis zur<br />

neuseeländis<strong>ch</strong>en Scott-Station an der Ross-<br />

See auf der anderen Seite des Kontinents.<br />

Der Bergsteiger und der Seemann liessen<br />

zwei Depots einr<strong>i<strong>ch</strong></strong>ten, um ihre Nahrungs -<br />

mittel- und Brennstoffvorräte ergänzen zu<br />

können. Zum ersten Mal gelang eine derart<br />

lange Dur<strong>ch</strong>querung in Antarctica ohne<br />

unmittelbare Hilfe von Fahrzeugen oder<br />

S<strong>ch</strong>littenhunden nur mit Ski, Pulkas<strong>ch</strong>litten<br />

und Zugs<strong>ch</strong>irmen.<br />

Alain Hubert und Dixie Dansercoer haben<br />

die Segelte<strong>ch</strong>nik dann im Südpolarsommer<br />

1997/98 auf ihrer legendären und mit wissens<strong>ch</strong>aftl<strong>i<strong>ch</strong></strong>er<br />

Akribie vorbereiteten, 3924<br />

Kilometer langen Dur<strong>ch</strong>querung des<br />

Kontinents von Dronning-Maud-Land über<br />

den Südpol bis zur US-<strong>Polar</strong>station<br />

McMurdo perfektioniert. Mit speziellen<br />

Powerkites legten die beiden Belgier die bis<br />

dahin zweitlängste Distanz auf dem<br />

Kontinent in nur 99 Tagen zurück. Sie<br />

erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>ten dabei Tagesetappen von bis zu<br />

271 Kilometern. Ein grosser Triumph wahren<br />

Abenteurergeistes!<br />

Erstmals gänzl<strong>i<strong>ch</strong></strong> auf jede Hilfe von aussen<br />

oder selbst eines Partners verz<strong>i<strong>ch</strong></strong>tete bereits<br />

ein Jahr zuvor, 1996/97, der Norweger Børge<br />

Ousland, der als der König der <strong>Polar</strong>läufer<br />

s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>thin anzusehen ist. Ihm gelang mit<br />

Hilfe von Kitesegeln die erste Solo-Ski -<br />

dur<strong>ch</strong>querung des Kontinents von der S<strong>ch</strong>elf -<br />

eiskante bei Berkner Island über den Südpol<br />

bis zur Ross-See: 2845 Kilometer in nur<br />

64 Tagen, also im S<strong>ch</strong>nitt über 44 Kilometer<br />

pro Tag – und das ohne Versorgung aus der<br />

Luft oder dur<strong>ch</strong> Depots. Eine herausragende<br />

Leistung an der Grenze der physis<strong>ch</strong>en und<br />

psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en Leistungsfähigkeit, die r<strong>i<strong>ch</strong></strong>tungsweisend<br />

für die na<strong>ch</strong>folgenden Ho<strong>ch</strong> -<br />

leistungsexpeditionen sein sollte.<br />

Moderne <strong>Polar</strong>athleten lernten von ihren Vor-<br />

Läufern und steigerten die zurückgelegten<br />

Distanzen. Den Norwegern s<strong>ch</strong>eint dabei das<br />

polare Skilaufen in die Wiege gelegt zu sein.<br />

Immer wieder haben die wohl leistungsstärksten<br />

<strong>Polar</strong>läufer der Welt grosse Marksteine<br />

an den Polen gesetzt, wie Fridtjof Nansen,<br />

Roald Amundsen, Erling Kagge, Børge<br />

Ousland oder Rune Gjeldnes, der 2005/06<br />

eine sagenhafte Rekorddistanz von 4804<br />

Kilometern von Dronning-Maud-Land über<br />

den Südpol und entlang des Trans -<br />

antarktis<strong>ch</strong>en Gebirges na<strong>ch</strong> Viktorialand bis<br />

in die Terra-Nova-Bu<strong>ch</strong>t in nur 90 Tagen<br />

zurücklegte. Im S<strong>ch</strong>nitt also über 53<br />

Kilometer am Tag. Es ist die längste Skireise,<br />

die je ein Mens<strong>ch</strong> in der Antarktis unternommen<br />

hat. Und das alleine!<br />

Einsatz mit Ehre<br />

So ist es au<strong>ch</strong> n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t verwunderl<strong>i<strong>ch</strong></strong>, dass der<br />

bislang letzte grosse Erfolg in der Antarktis<br />

ebenfalls eine norwegis<strong>ch</strong>e Hands<strong>ch</strong>rift trägt<br />

und neuerdings zudem weibl<strong>i<strong>ch</strong></strong> ist. Der<br />

Norwegerin Cecilie Skog und dem Ameri -<br />

kaner Ryan Waters gelang 2009/10 das erste<br />

«unassisted unsupported crossing» des<br />

Kontinents von Berkner Island über den<br />

Südpol bis zum Fusse des zerrissenen und<br />

gefährl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Axel-Heiberg-Glets<strong>ch</strong>ers, der<br />

den Beginn des Ross-Eiss<strong>ch</strong>elfs und damit<br />

das Ende des Kontinents markiert.<br />

Hier wurden sie per Flugzeug abgeholt. Die<br />

beiden s<strong>ch</strong>afften über 1800 Kilometer in<br />

70 Tagen, wobei sie auf die Nutzung der<br />

Windkraft verz<strong>i<strong>ch</strong></strong>teten und den Kontinent<br />

Bild: Cecile Skog<br />

erstmals auss<strong>ch</strong>liessl<strong>i<strong>ch</strong></strong> aus eigener Kraft<br />

dur<strong>ch</strong>querten. Ohne jegl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e physis<strong>ch</strong>e Hilfe<br />

legten sie im S<strong>ch</strong>nitt 25 Kilometer pro Tag<br />

zurück.<br />

Dieser Stil gilt als die hö<strong>ch</strong>ste Form des polaren<br />

«by fair means». Viele sehen näml<strong>i<strong>ch</strong></strong> die<br />

Verwendung von Zugs<strong>ch</strong>irmen ähnl<strong>i<strong>ch</strong></strong> wie<br />

ein Segelboot bei einem Ruderbootsrennen.<br />

Die zähe Norwegerin verwirkl<strong>i<strong>ch</strong></strong>te damit<br />

den grossen Traum ihres Ehemannes Rolf<br />

Bae, der 2008 bei einer gemeinsamen Ex -<br />

pedition zum K2 ums Leben kam. Übrigens<br />

hält seit dem 13. Januar 2011 au<strong>ch</strong> ein<br />

Norweger den «Weltrekord» auf der übl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en<br />

Skirennstrecke Hercules Inlet–Südpol: Der<br />

dur<strong>ch</strong>trainierte Christian Eide rannte in einer<br />

Spitzenzeit von 24 Tagen, 1 Stunde und<br />

13 Minuten, also mit einem Tagess<strong>ch</strong>nitt von<br />

über 47 Kilometern, mit seinem S<strong>ch</strong>litten<br />

zum Pol.<br />

Es wird somit n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t nur der olympis<strong>ch</strong>en<br />

Devise «s<strong>ch</strong>neller, höher, weiter» gefrönt.<br />

Au<strong>ch</strong> die immer weitere Reduktion der Mittel<br />

ist an den Polen ein Entwick lungstrend:<br />

Gelangen die Dur<strong>ch</strong>querungen zuerst mit<br />

Traktorenzügen (Vivian Fu<strong>ch</strong>s und Edmund<br />

Hillary, 1957/58) und Skidoos (Ranulph<br />

Fiennes, Charles Burton und Oliver Shephard,<br />

1980/81), dann wie dargestellt mit Hunde -<br />

s<strong>ch</strong>litten und mit Hilfe von Windsegeln, so gilt<br />

heute das Scotts<strong>ch</strong>e «man-hauling» als spartanis<strong>ch</strong>ste<br />

und damit sportl<strong>i<strong>ch</strong></strong> anstrengendste<br />

Form des Eisreisens.<br />

Neue Ziele – neue Erfolge<br />

Neue Expeditionserfolge werden mit<br />

Spannung erwartet. Offen ist zum Beispiel<br />

no<strong>ch</strong> die erste komplette Dur<strong>ch</strong>querung des<br />

Kontinents «unassisted unsupported» zur<br />

Gänze von einer bis zur anderen S<strong>ch</strong>elf -<br />

eiskante und vielle<strong>i<strong>ch</strong></strong>t au<strong>ch</strong> gle<strong>i<strong>ch</strong></strong> no<strong>ch</strong> solo.<br />

Dieses extrem s<strong>ch</strong>wierige Unterfangen könnte<br />

derzeit vielle<strong>i<strong>ch</strong></strong>t no<strong>ch</strong> als eines der tatsä<strong>ch</strong>l<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

«letzten grossen Abenteuer der<br />

Mens<strong>ch</strong>heit» am Südpol gelten.<br />

Es ma<strong>ch</strong>t s<strong>i<strong>ch</strong></strong> aber bereits eine neue<br />

Generation von <strong>Polar</strong>abenteurern auf, s<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

ihre eigenen, ambitionierten Ziele an den<br />

Ende der Erde zu su<strong>ch</strong>en und diese in ihrem<br />

eigenen Stil anzugehen, der dur<strong>ch</strong> Können<br />

und eine gewisse Le<strong>i<strong>ch</strong></strong>tigkeit des Seins<br />

best<strong>i<strong>ch</strong></strong>t: Allen voran die beiden Kanadier<br />

Sarah (24) und Eric McNair-Landry (26),<br />

deren Eltern Matty McNair und Paul Landry<br />

zu den erfahrensten und besten <strong>Polar</strong>führern<br />

der Welt gehören. Sie sind im grönländis<strong>ch</strong>en<br />

Iqaluit mit S<strong>ch</strong>littenhunden aufgewa<strong>ch</strong>sen,<br />

kiten seit Teenagertagen und haben als<br />

Jugendl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e bereits Grönland dur<strong>ch</strong>quert, am<br />

Südpol als perfektes Team auf fast s<strong>ch</strong>on<br />

spieleris<strong>ch</strong>e Weise neue Massstäbe gesetzt<br />

und zuletzt mit Ski und Zugs<strong>ch</strong>irmen au<strong>ch</strong><br />

die berü<strong>ch</strong>tigte Nordwestpassage bewältigt.<br />

Aber egal ob extreme Solo-Skidur<strong>ch</strong> -<br />

querungen, Kite-Expeditionen, pionierhafte<br />

Entdeckungsreisen und Vorstösse in alpines<br />

Neuland oder Skitouren auf verkürzten<br />

Rennstrecken im Rahmen kommerziell veranstalteter<br />

Events: Antarctica bietet genug<br />

Spielraum für alle und wird seine An -<br />

ziehungskraft, die s<strong>ch</strong>on Männer vom<br />

S<strong>ch</strong>lage eines Shackleton, Amundsen oder<br />

Scott in ihren Bann gezogen hat, au<strong>ch</strong> für die<br />

heutigen Abenteurerreisenden mit all ihren<br />

unters<strong>ch</strong>iedl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Zielen, Motiven und<br />

Ansprü<strong>ch</strong>en n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t so s<strong>ch</strong>nell verlieren.<br />

I<strong>ch</strong> würde mir dabei ledigl<strong>i<strong>ch</strong></strong> wüns<strong>ch</strong>en,<br />

dass die wahren sportl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Leistungen der<br />

modernen <strong>Polar</strong>athleten und die wirkl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

innovativen Expeditionen, die dem Geist der<br />

Pioniere folgen, n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t no<strong>ch</strong> mehr ins Abseits<br />

der öffentl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Wahrnehmung ruts<strong>ch</strong>en und<br />

nur mehr Medienshows Gehör und somit<br />

Sponsorgelder zur Realisierung finden.<br />

Der Berg ruft<br />

Die alpinistis<strong>ch</strong>e Entdeckungsges<strong>ch</strong><strong>i<strong>ch</strong></strong>te der<br />

Berge Antarcticas begann mit den Aben -<br />

teurern, die s<strong>i<strong>ch</strong></strong> einst mit Hunden und später<br />

mit Propellerflugzeugen aufgema<strong>ch</strong>t haben,<br />

die hohen Drei- und Viertausender zu besteigen.<br />

Heute su<strong>ch</strong>en die weltbesten Spitzen -<br />

alpi nisten waghalsige Kletterrouten an<br />

Sarah und Eric McNair Landry zeigen, was die junge Generation der <strong>Polar</strong>abenteurer im Eis drauf hat.<br />

s<strong>ch</strong>wierigsten Wänden und Pfeilern des<br />

Dronning-Maud-Lands oder der Antark -<br />

tis<strong>ch</strong>en Halbinsel. Und dann gibt es natürl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

die Masse der Bergsteiger, die vor allem ein<br />

Ziel haben: Den Mount Vinson, mit 4892<br />

Meter der hö<strong>ch</strong>ste Gipfel des Kontinents.<br />

Erst na<strong>ch</strong>dem alle A<strong>ch</strong>ttausender längst<br />

bestiegen waren, wurde der s<strong>ch</strong>wer zu er -<br />

re<strong>i<strong>ch</strong></strong>ende Gipfel des Vinson Massivs am<br />

18. Dezember 1966 im Rahmen einer<br />

Expedition des American Alpine Club von<br />

Barry Corbet, John Evans, Bill Long und Pete<br />

S<strong>ch</strong>oening erstmals bestiegen. Dana<strong>ch</strong> blieb<br />

es no<strong>ch</strong> Jahre lang ruhig. Der Hype um den<br />

Bergriesen begann erst Mitte der 1980er-<br />

Jahre.<br />

Die amerikanis<strong>ch</strong>en US-Dollar-Millionäre<br />

Dick Bass (Besitzer des Snowbird Ski<br />

Resorts) und Frank Wells (Präsident der Walt<br />

Disney Company) lösten mit ihrem Bu<strong>ch</strong><br />

über ihren Traum der Seven Summits (die<br />

Besteigung des jeweils hö<strong>ch</strong>sten Berges aller<br />

sieben Kontinente) einen gigantis<strong>ch</strong>en<br />

Bergreiseboom aus, der sie selbst am meisten<br />

überras<strong>ch</strong>t hat. Bass und Wells bezahlten<br />

Top-Alpinisten, sie auf die begehrten Gipfel<br />

zu führen.<br />

1983 engagierten sie Chris Bonington und<br />

Rick Ridgeway für den Mount Vinson. Es<br />

war die erst dritte Besteigung des Berges und<br />

damals no<strong>ch</strong> eine e<strong>ch</strong>te logistis<strong>ch</strong>e Pionier -<br />

leistung. Den Berg überhaupt zu erre<strong>i<strong>ch</strong></strong>en,<br />

war damals viel s<strong>ch</strong>wieriger, als ihn zu<br />

besteigen. Sogar Reinhold Messner wollte<br />

teilnehmen. Er wurde jedo<strong>ch</strong> ausgebootet, da<br />

er den Amerikanern sonst als erster Mens<strong>ch</strong><br />

– und «r<strong>i<strong>ch</strong></strong>tiger» Alpinist – den Ruhm der<br />

Seven Summits wegges<strong>ch</strong>nappt hätte.<br />

Um die Vollendung der Seven Summits entstand<br />

ein beinharter Wettlauf, der dur<strong>ch</strong> Pat<br />

Morrow no<strong>ch</strong> angeheizt wurde. Der ambitionierte<br />

kanadis<strong>ch</strong>e Alpinist führte mit der<br />

Carstens Pyramide in Australozeanien (statt<br />

dem Mount Kosciusko in Australien) eine<br />

andere, heute allgemein gültige geographis<strong>ch</strong>e<br />

Seven-Summits-Liste und sollte sie<br />

au<strong>ch</strong> als Erster vollenden.<br />

Der begnadete <strong>Polar</strong>pilot Giles Kershaw und<br />

der Outdoorspezialist Martyn Williams, dem<br />

mit Morrow gle<strong>i<strong>ch</strong></strong> au<strong>ch</strong> die erste Skiabfahrt<br />

vom Mount Vinson gelang, gründeten die<br />

«Adventure Network International». Das<br />

erste private Flugunternehmen beförderte<br />

fortan betu<strong>ch</strong>te Alpinisten in die Antarktis<br />

und ermögl<strong>i<strong>ch</strong></strong>te über zwei Jahrzehnte au<strong>ch</strong><br />

sämtl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e private Südpolexpeditionen.<br />

Gab es no<strong>ch</strong> in den späten 1990er-Jahren nur<br />

eine Handvoll mutiger Bergreiseveranstalter<br />

weltweit, die den Mount Vinson für ihre<br />

Kunden anboten, so sind es heute viele<br />

Dutzend. Die Seven Summits begründeten<br />

eine regelre<strong>ch</strong>te Bergreiseindustrie rund um<br />

den Globus. Tausende Alpinisten und<br />

Bergreisende sind dem Charme der Idee erlegen,<br />

den jeweils hö<strong>ch</strong>sten Berg jedes<br />

Kontinents zu besteigen. Die Sammlung aller<br />

sieben in den vers<strong>ch</strong>iedensten Kulturkreisen<br />

und Klimazonen gelegenen Berge ergibt ja<br />

ein faszinierendes Reiseprojekt für Gipfel -<br />

sammler. So erstaunt es n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t, dass s<strong>i<strong>ch</strong></strong> au<strong>ch</strong><br />

Cecile Skog und Ryan Waters (im Bild Waters auf<br />

dem Axel-Heiberg-Glets<strong>ch</strong>er) s<strong>ch</strong>afften die erste<br />

«unassisted unsupported» Zu-Fuss-Dur<strong>ch</strong> -<br />

querung des Kontinents 2010. »<br />

Bild: McNair/Northwinds<br />

42<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

43


Der Mount Vinson (Gipfel re<strong>ch</strong>ts im Bild) ist mit 4892 Metern der hö<strong>ch</strong>ste Berg der Antarktis und somit einer der Seven Summits.<br />

Besu<strong>ch</strong>en Sie uns deshalb immer wieder und so oft sie <strong>mö<strong>ch</strong>te</strong>n auf<br />

Fast tägl<strong>i<strong>ch</strong></strong> aufdatiert, finden Sie<br />

auf unserer Website die neusten<br />

Na<strong>ch</strong>r<strong>i<strong>ch</strong></strong>ten aus den Gebieten rund<br />

um den Südpol und den Nordpol,<br />

Blogs, Bilder und natürl<strong>i<strong>ch</strong></strong> sämtl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e<br />

Ausgaben von <strong>Polar</strong>NEWS.<br />

www.polar-news.<strong>ch</strong><br />

44 <strong>Polar</strong> NEWS<br />

<strong>Polar</strong> NEWS 44<br />

am Mount Vinson mittlerweile jedes Jahr<br />

weit über 100 Bergsteiger tummeln. Und das<br />

nur in der kurzen Sommersaison von<br />

November bis Ende Januar.<br />

Der Mount Vinson avancierte zu dem am<br />

häufigsten besu<strong>ch</strong>ten und bestiegenen Berg<br />

des Kontinents, sieht man einmal vom 230<br />

Meter hohen Ausflugshügel Observation Hill<br />

nahe der US-<strong>Polar</strong>station McMurdo ab. I<strong>ch</strong><br />

hatte vor zehn Jahren das Glück, zwei Mal<br />

die kleine US-<strong>Polar</strong>basis Vinson Basecamp<br />

am Fusse des Berges leiten zu dürfen und<br />

den Bergriesen fünf Mal zu besteigen.<br />

Damals kamen ledigl<strong>i<strong>ch</strong></strong> ein paar Dutzend<br />

Bergsteiger.<br />

Die Faszination bleibt<br />

Die antarktis<strong>ch</strong>e Stille und Ruhe s<strong>ch</strong>enkten<br />

mir einige der intensivsten Erfahrungen meines<br />

Lebens. Seitdem hat s<strong>i<strong>ch</strong></strong> aber am Berg<br />

viel getan. Die abenteuerl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Zeiten, in<br />

denen man als einzelner Basecamp-Manager<br />

in diesem gewaltigen Massiv teilweise auf<br />

s<strong>i<strong>ch</strong></strong> alleine gestellt war (<strong>i<strong>ch</strong></strong> einmal sogar<br />

12 Tage am Stück), sind vorbei.<br />

Seit der Übernahme der Pionierorganisation<br />

dur<strong>ch</strong> «Antarctic Logistics and Expeditions»<br />

wurde das Vinson Basecamp ausgebaut und<br />

mit mehreren Personen besetzt und au<strong>ch</strong> das<br />

legendäre Landungs- und Ausgangslager bei<br />

den Patriot Hills dur<strong>ch</strong> ein neues und witterungsbegünstigteres<br />

am Union Glacier<br />

ersetzt. Am Mount Vinson selbst legt man<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

seit 2007 die «Normalroute» n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t mehr über<br />

die von Eiss<strong>ch</strong>lag bedrohte Headwall zum<br />

Vinson-Shinn-Sattel, sondern über einen<br />

steilen, aber objektiv s<strong>i<strong>ch</strong></strong>eren Eishang entlang<br />

der Vinson-Westwand, wo Fixseile<br />

angebra<strong>ch</strong>t werden.<br />

All das hat dem Berg n<strong>i<strong>ch</strong></strong>ts von seiner<br />

Faszination genommen. Das Glück auf diesem<br />

exklusiven Berg und die Ausblicke über<br />

die Ellsworth Mountains zu geniessen, lässt<br />

na<strong>ch</strong> wie vor jedes Bergsteigerherz jubilieren!<br />

Nur wenige Alpinisten ma<strong>ch</strong>ten s<strong>i<strong>ch</strong></strong> aber<br />

bisher auf, die Gebirge Antarcticas abseits<br />

des imageträ<strong>ch</strong>tigen Vinson-Massivs zu<br />

erfors<strong>ch</strong>en: Zu aufwändig die Logistik, zu<br />

ho<strong>ch</strong> die Kosten, zu unbekannt die Bergwelt.<br />

Antarctica umfasst eine s<strong>ch</strong>ier unübers<strong>ch</strong>aubare<br />

Anzahl no<strong>ch</strong> unbestiegener Berge: Vom<br />

Da<strong>ch</strong> des Kontinents in der Sentinel Range<br />

über die einsamen Züge des Trans ant -<br />

arktis<strong>ch</strong>en Gebirges, die s<strong>ch</strong>windelerregenden<br />

Felstürme des Dronning-Maud-Lands<br />

und die komplexen S<strong>ch</strong>önheiten der<br />

Antarktis<strong>ch</strong>en Halbinsel bis hin zu dem<br />

sturmumtosten Gipfeln des subpolaren<br />

Inseljuwels Südgeorgien im Südatlantik.<br />

Die spektakulärsten und bizarrsten Berge des<br />

Kontinents sind in Dronning-Maud-Land zu<br />

finden. Erst eine Handvoll der Gipfel wur de<br />

von insgesamt knapp drei Dutzend Alpin -<br />

isten bestiegen, darunter so bekannte Namen<br />

und Spitzenbergsteiger wie Robert Caspersen<br />

und Ivar Tollefsen (1994 und 2006), Conrad<br />

Anker, Alex Lowe und Jon Krakauer (1997),<br />

Alain Hubert, Andre Georges und Ralf<br />

Dujmovits (2000), Cestmir Lukes (2000),<br />

Mike Libecky (2003 und 2006) oder Stefan<br />

Siegrist mit Thomas und Alex Huber (2008 –<br />

siehe <strong>Polar</strong>NEWS Nummer 9).<br />

Die Pioniere unternahmen aber n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t nur<br />

grossartige kombinierte Eis- und Felstouren.<br />

Einigen der besten Kletterern der Welt gelangen<br />

sogar s<strong>ch</strong>wierigste Big-Wall-Klettereien<br />

unter den wohl härtesten Kletterbedingungen<br />

der Erde – an Bergen mit so klingenden<br />

Namen wie Ulvetanna (Wolfszahn), der au<strong>ch</strong><br />

als das Matterhorn der Antarktis gilt,<br />

Holtanna (Hohlzahn) oder Rakekniven<br />

(Rasierklinge).<br />

Wertvolle Pionierarbeit leistete au<strong>ch</strong> der<br />

Australier Damien Gildea, der über Jahre<br />

hinweg immer wieder in die Sentinel Range<br />

reiste, um die hö<strong>ch</strong>sten Berge zu besteigen<br />

und neu zu vermessen. Das alpinistis<strong>ch</strong>e<br />

Potenzial des se<strong>ch</strong>sten Kontinents wurde<br />

gerade erst entdeckt und bietet Neuland no<strong>ch</strong><br />

für ganze Generationen abenteuerhungriger<br />

Alpinisten.<br />

<strong>Polar</strong>NEWS<br />

Christoph Höbenre<strong>i<strong>ch</strong></strong>, 43, ist promovierter Geo -<br />

graph und Sportpädagoge im Tirol. Er verbra<strong>ch</strong>te<br />

auf 13 Expeditionen und <strong>Polar</strong>reisen über eineinhalb<br />

Jahre in Eis und S<strong>ch</strong>nee der Arktis und<br />

Antarktis und gilt als Österre<strong>i<strong>ch</strong></strong>s polarerfahrenster<br />

Berg- und Skiführer.<br />

45


Intern<br />

<strong>Polar</strong>NEWS an den Ferienmessen<br />

Bald ist es wieder soweit: Ab Januar heissen die Ferienmessen Aussteller, Gastländer und Besu<strong>ch</strong>er willkommen. In Luzern, Bern, Zür<strong>i<strong>ch</strong></strong>, Basel<br />

und St. Gallen können Abenteuer- und Reiselustige am <strong>Polar</strong>NEWS-Stand Ferienluft s<strong>ch</strong>nuppern.<br />

Alle lieben Ferien und <strong>Reisen</strong>. Und wer s<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

früh genug informieren und planen will, führt<br />

s<strong>i<strong>ch</strong></strong> die ganze Angebotspalette vers<strong>ch</strong>iedener<br />

Anbieter zu Gemüte. Auf diese Weise garantiert<br />

man s<strong>i<strong>ch</strong></strong> im voraus s<strong>ch</strong>on ein unvergessl<strong>i<strong>ch</strong></strong>es<br />

Urlaubserlebnis. Ob Golfen, Wandern,<br />

Surfen oder baden und relaxen. Ja warum<br />

n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t mal ein beraus<strong>ch</strong>endes Trekking oder<br />

eine abenteuerl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Reise in unberührte<br />

Gebiete? Vielle<strong>i<strong>ch</strong></strong>t au<strong>ch</strong> nur mal s<strong>ch</strong>nuppern,<br />

was es so gibt! Die Ferienmessen inspirieren<br />

die Besu<strong>ch</strong>er und s<strong>ch</strong>icken ihre Sinne s<strong>ch</strong>on<br />

im Januar auf <strong>Reisen</strong>.<br />

Au<strong>ch</strong> <strong>Polar</strong>NEWS wird wieder mit einem<br />

Stand vertreten sein. Wir bieten Ihnen vor Ort<br />

die Mögl<strong>i<strong>ch</strong></strong>keit, s<strong>i<strong>ch</strong></strong> über unsere <strong>Reisen</strong> ausführl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

zu informieren. Oder Sie besu<strong>ch</strong>en<br />

den Vortrag von Heiner Kubny und erfahren<br />

Wissenswertes über das Thema Arktis/Ant -<br />

arktis.<br />

Am <strong>Polar</strong>NEWS-Stand der Ferienmessen zeigen die Kubnys au<strong>ch</strong><br />

grossformatige Fotografien aus ihrem langjährigen S<strong>ch</strong>affen.<br />

Ferien.<br />

Die Messe für Ferien und <strong>Reisen</strong><br />

19. – 22. Januar 2012<br />

Messeplatz Bern<br />

Do/Fr 13 – 20 Uhr, Sa/So 10 – 18 Uhr<br />

www.ferienmesse.<strong>ch</strong><br />

Wir zeigen Ihnen den Weg ins Paradies.<br />

FESPO.<br />

Die grösste Messe für Ferien und <strong>Reisen</strong><br />

26. – 29. Januar 2012<br />

Messe Zür<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

Do/Fr 13 – 20 Uhr, Sa/So 10 – 18 Uhr<br />

www.fespo.<strong>ch</strong><br />

Basler<br />

Ferienmesse.<br />

Die grosse Messe für Ferien und <strong>Reisen</strong><br />

3. – 5. Februar 2012<br />

Messe Basel<br />

Fr 13 – 20 Uhr, Sa/So 10 – 18 Uhr<br />

www.baslerferienmesse.<strong>ch</strong><br />

Hier ist <strong>Polar</strong>NEWS dabei:<br />

Travel Expo Luzern vom 6. bis 8.Januar 2012<br />

Ferien Bern vom 19. bis 22. Januar 2012<br />

Fespo Zür<strong>i<strong>ch</strong></strong> vom 26. bis 29. Januar 2012<br />

Ferienmesse Basel vom 3. bis 5. Februar 2012<br />

Ferienmesse St. Gallen vom 10. bis 12.<br />

Februar 2012<br />

Weitere Informationen zu den Messen unter<br />

www.polar-reisen.<strong>ch</strong><br />

Christian Hug<br />

Werner Breiter ist S<strong>ch</strong>weizer Meister<br />

Gle<strong>i<strong>ch</strong></strong> mit zwei Preisen wurde Werner Breiter vom <strong>Polar</strong>NEWS-Filmteam am jährl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Swiss Movie, dem Wettbewerb der S<strong>ch</strong>weizer<br />

Amateurfilmer, ausgeze<strong>i<strong>ch</strong></strong>net – mit einer Dokumentation über Ts<strong>ch</strong>ukotka.<br />

...and the winner is: Werner Breiter! Unser<br />

Mann an der Kamera sahnte am Swiss Movie<br />

mit seinem Film «Ts<strong>ch</strong>ukotka – Das erstarrte<br />

Land» den ersten Preis in der Kategorie<br />

Dokumentarfilme ab. Fernsehmoderatorin<br />

Sabine Dahinden begründete das Urteil der<br />

Jury bei der Preisübergabe: «S<strong>ch</strong>on im ersten<br />

Augenblick lässt m<strong>i<strong>ch</strong></strong> der kalte Wind auf der<br />

Tonspur s<strong>ch</strong>audern und zieht m<strong>i<strong>ch</strong></strong> mitten hinein<br />

in Ts<strong>ch</strong>ukotka, das erstarrte Land. Es<br />

dominieren Weiss und Blau. S<strong>ch</strong>nee und Eis.»<br />

Somit ist Werner offiziell S<strong>ch</strong>weizer Meister<br />

der n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t professionellen Dokumentarfilmer.<br />

Damit n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t genug: Werner erhielt au<strong>ch</strong> den<br />

Spezialpreis für aussergewöhnl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Kamera.<br />

Entstanden ist der Film während einer von<br />

<strong>Polar</strong>NEWS dur<strong>ch</strong>geführten Ts<strong>ch</strong>ukotka-<br />

Expe dition im April letzten Jahres. Es war<br />

Werners allererste Reise in eine Gegend, wo<br />

minus 35 Grad herrs<strong>ch</strong>en. Do<strong>ch</strong> die Kälte hinderte<br />

ihn n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t daran, mit einem s<strong>ch</strong>arfen<br />

Auge die Essenz dieses Landes auf Film zu<br />

bannen. Wir gratulieren herzl<strong>i<strong>ch</strong></strong>!<br />

Der 30-minütige Film ist zu sehen unter<br />

www.polar-news.<strong>ch</strong>/filme/polarnewsfilme/387-<strong>ch</strong>ukotka-das-erstarrte-land.html<br />

Christian Hug<br />

Werner Breiter holte s<strong>i<strong>ch</strong></strong> neben Gold für den<br />

besten S<strong>ch</strong>weizer Amateur-Dokumentarfilm au<strong>ch</strong><br />

den Sonderpreis für aussergewöhnl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Kamera.<br />

46 <strong>Polar</strong> NEWS<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

47

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