Ueber Begriff und Gegenstand - Académie de Nancy-Metz
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Gottlob Frege - <strong>Ueber</strong> <strong>Begriff</strong> <strong>und</strong> <strong>Gegenstand</strong><br />
Ausdrucke „beurtheilbarer Inhalt“ noch das zusammengefasst, was ich jetzt mit<br />
<strong>de</strong>n Wörtern „Gedanke“ <strong>und</strong> „Wahrheitswerth“ unterschei<strong>de</strong>nd bezeichne. Die<br />
dort auf §. 77 gegebene Erklärung billige ich darum ihrem Wortlaute nach nicht<br />
mehr ganz, obwohl ich im Wesentlichen noch <strong>de</strong>rselben Meinung bin. Wir können<br />
kurz sagen, in<strong>de</strong>m wir „Prädicat“ <strong>und</strong> „Subject“ im sprachlichen Sinne verstehen:<br />
<strong>Begriff</strong> ist Be<strong>de</strong>utung eines Prädicates, <strong>Gegenstand</strong> ist, was nie die ganze<br />
Be<strong>de</strong>utung eines Prädicates, wohl aber Be<strong>de</strong>utung eines Subjects sein kann. Dabei<br />
ist zu bemerken, dass die Wörter „alle“, „je<strong>de</strong>r“, „kein“, „einige“ vor<br />
<strong>Begriff</strong>swörtern stehen. Wir sprechen in <strong>de</strong>n allgemein <strong>und</strong> particulär bejahen<strong>de</strong>n<br />
<strong>und</strong> verneinen<strong>de</strong>n Sätzen Beziehungen zwischen <strong>Begriff</strong>en aus <strong>und</strong> <strong>de</strong>uten die<br />
beson<strong>de</strong>re Art dieser Beziehung durch jene Wörter an, die also logisch nicht enger<br />
mit <strong>de</strong>m darauf folgen<strong>de</strong>n <strong>Begriff</strong>sworte zu verbin<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn auf <strong>de</strong>n ganzen<br />
Satz zu beziehen sind. Man sieht das leicht bei <strong>de</strong>r Verneinung. Wenn In <strong>de</strong>m Satze<br />
„alle Säugethiere sind Landbewohner“<br />
die Wortverbindung „alle Säugethiere“ das logische Subject zum Prädicate sind<br />
Landbewohner ausdrückte, so müsste man, um das Ganze zu verneinen, das<br />
Prädicat verneinen „sind nicht Landbewohner“. Statt <strong>de</strong>ssen ist das „nicht“ vor<br />
„alle“ zu setzen, woraus folgt, dass „alle“ logisch zum Prädicate gehört. Dagegen<br />
verneinen wir <strong>de</strong>n Satz „<strong>de</strong>r <strong>Begriff</strong> Säugethier ist untergeordnet <strong>de</strong>m <strong>Begriff</strong>e<br />
Landbewohner“, in<strong>de</strong>m wir das Prädicat verneinen: „ist nicht untergeordnet <strong>de</strong>m<br />
<strong>Begriff</strong>e Landbewohner“.<br />
Wenn wir festhalten, dass in meiner Re<strong>de</strong>weise Ausdrücke wie „<strong>de</strong>r <strong>Begriff</strong> F“<br />
nicht <strong>Begriff</strong>e, son<strong>de</strong>rn Gegenstän<strong>de</strong> bezeichnen, so wer<strong>de</strong>n die Einwendungen<br />
Kerry’s schon grösstentheils [199] hinfällig. Wenn er meint (S. 281), ich habe<br />
<strong>Begriff</strong> <strong>und</strong> <strong>Begriff</strong>sumfang i<strong>de</strong>ntificirt, so irrt er. Ich habe nur meine Meinung<br />
ausgesprochen, man könne in <strong>de</strong>m Ausdrucke „die Anzahl, welche <strong>de</strong>m <strong>Begriff</strong> F<br />
zukommt, ist <strong>de</strong>r Umfang <strong>de</strong>s <strong>Begriff</strong>es gleichzahlig <strong>de</strong>m <strong>Begriff</strong>e F“ die Worte<br />
„Umfang <strong>de</strong>s <strong>Begriff</strong>es“ durch „<strong>Begriff</strong>“ ersetzen. Man beachte hierbei wohl, dass<br />
dies Wort dann mit <strong>de</strong>m bestimmten Artikel verb<strong>und</strong>en ist. Uebrigens war dies nur<br />
eine beiläufige Bemerkung, auf die ich nichts gegrün<strong>de</strong>t habe.<br />
Während es <strong>de</strong>mnach Kerry nicht gelingt, die Kluft zwischen <strong>Begriff</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Gegenstand</strong> auszufüllen, könnte man meine eignen Aussprache in diesem Sinne<br />
verwerthen wollen. Ich habe gesagt 15 , die Zahlangabe enthalte eine Aussage von<br />
einem <strong>Begriff</strong>e; ich spreche von Eigenschaften, die von einem <strong>Begriff</strong>e ausgesagt<br />
wer<strong>de</strong>n, <strong>und</strong> lasse einen <strong>Begriff</strong> unter einen höhern fallen 16 . Ich habe die Existenz<br />
Eigenschaft eines <strong>Begriff</strong>es genannt. Wie ich dies meine, wird an einem Beispiele<br />
am besten klar wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>m Satze „es gibt min<strong>de</strong>stens eine Quadratwurzel aus<br />
4“ wird nicht etwa von <strong>de</strong>r bestimmten Zahl 2 etwas ausgesagt, noch von -2,<br />
son<strong>de</strong>rn von einem <strong>Begriff</strong>e, nämlich Quadratwurzel aus 4, dass dieser nicht leer<br />
14 Vgl. meinen Aufsatz über Sinn <strong>und</strong> Be<strong>de</strong>utung in <strong>de</strong>r Zeitschrift f. Phil. u. phil.<br />
Kritik.<br />
15 Gr<strong>und</strong>lagen § 46.<br />
16 Gr<strong>und</strong>lagen § 58.<br />
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