Achim Detmers, Calvin und die Juden als PDF - reformiert-info.de
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kannter Weise konfrontiert wor<strong>de</strong>n sein. Denn Ferrara war eine <strong>de</strong>r Hochburgen <strong>de</strong>s<br />
norditalienischen <strong>Ju<strong>de</strong>n</strong>tums. Zu Beginn <strong>de</strong>s 16. Jahrh<strong>und</strong>erts haben dort ca. 3.000<br />
<strong>Ju<strong>de</strong>n</strong> gelebt, <strong>die</strong> in mehreren Synagogengemein<strong>de</strong>n organisiert waren. Zwei Jahre<br />
vor <strong>Calvin</strong>s Aufenthalt in Ferrara hatte Herzog Ercole II. d’Este sogar weiteren marrano-jüdischen<br />
Flüchtlingen aus Spanien <strong>und</strong> Portugal zugestan<strong>de</strong>n, sich in Ferrara<br />
nie<strong>de</strong>rzulassen <strong>und</strong> zu ihrem ursprünglichen Glauben zurückzukehren.<br />
Lei<strong>de</strong>r hat <strong>Calvin</strong> in <strong>die</strong>ser frühen Phase an keiner Stelle erkennen lassen, dass er<br />
einzelnen <strong>Ju<strong>de</strong>n</strong> begegnet ist o<strong>de</strong>r sich mit <strong>de</strong>m <strong>Ju<strong>de</strong>n</strong>tum auseinan<strong>de</strong>rgesetzt hat.<br />
Gleichwohl aber dürfte er – entgegen <strong>de</strong>m stillschweigen<strong>de</strong>n Konsens <strong>de</strong>r Forschung<br />
– schon früh nach seiner Flucht aus Frankreich auf jüdisches Leben <strong>und</strong> jüdische<br />
Kultur aufmerksam gewor<strong>de</strong>n sein.<br />
1.4. Der erste Genfer Aufenthalt<br />
Während <strong>de</strong>s ersten Genfer Aufenthalts (1536-1538) bestand für <strong>Calvin</strong> dann wenig<br />
Anlass sich eingehen<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m <strong>Ju<strong>de</strong>n</strong>tum zu befassen. Zum einen war <strong>Calvin</strong> ganz<br />
auf <strong>die</strong> Durchsetzung <strong>de</strong>r Reformen konzentriert. Zum an<strong>de</strong>ren gab es in Genf <strong>und</strong><br />
Umgebung schon seit <strong>de</strong>r Vertreibung von 1491 keine <strong>Ju<strong>de</strong>n</strong> mehr. Ebenso sind hinreichen<strong>de</strong>n<br />
Hebräisch-Kenntnisse bei <strong>Calvin</strong> in <strong>die</strong>ser frühen Phase noch nicht zu erkennen.<br />
1.5. Die Straßburger Zeit (1538-1541)<br />
Die än<strong>de</strong>rte sich in <strong>de</strong>r Folgezeit. In <strong>de</strong>r Straßburger Phase hatte <strong>Calvin</strong> gleich an<br />
mehreren Orten Gelegenheit, sich mit <strong>de</strong>r Existenz jüdischen Lebens <strong>und</strong> jüdischer<br />
Kultur auseinan<strong>de</strong>rzusetzen. Denn er hielt dam<strong>als</strong> nicht nur in Straßburg auf, son<strong>de</strong>rn<br />
reiste auch nach Frankfurt a. M., Hagenau, Worms <strong>und</strong> Regensburg. In Frankfurt<br />
hielt sich <strong>Calvin</strong> im Frühjahr 1539 anlässlich <strong>de</strong>r Fürstenversammlung etwa sechs<br />
Wochen lang auf. Dort existierte eine <strong>de</strong>r letzten großen <strong>Ju<strong>de</strong>n</strong>gemein<strong>de</strong>n im Reich.<br />
<strong>Calvin</strong> könnte <strong>als</strong>o während seines Frankfurter Aufenthalts – ähnlich wie in Ferrara –<br />
zumin<strong>de</strong>st einen visuellen Eindruck von <strong>de</strong>m jüdischen Leben in Frankfurt erhalten<br />
haben.<br />
Darüber hinaus dürfte <strong>Calvin</strong> mit <strong>de</strong>n Fragen einer Duldung von <strong>Ju<strong>de</strong>n</strong> in Berührung<br />
gekommen sein. Denn <strong>die</strong>se Frage wur<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r Frankfurter Fürstenversammlung<br />
kontrovers diskutiert. Erinnert sei hier an <strong>die</strong> öffentliche Disputation, bei <strong>de</strong>r Josel<br />
von Rosheim <strong>die</strong> antijüdischen Vorwürfe Luthers <strong>und</strong> Bucers zurückwies. <strong>Calvin</strong><br />
könnte bei <strong>die</strong>ser Disputation sogar zugegen gewesen sein. Außer<strong>de</strong>m <strong>de</strong>ckte Melanchthon<br />
in Frankfurt <strong>de</strong>n Bran<strong>de</strong>nburger Hostienfrevelskandal (1510) auf <strong>und</strong> diskutierte<br />
mit <strong>de</strong>m hessischen Hofprediger Melan<strong>de</strong>r über <strong>die</strong> Duldung von <strong>Ju<strong>de</strong>n</strong>. Sowohl<br />
mit Bucer <strong>als</strong> auch mit Melanchthon stand <strong>Calvin</strong> beim Frankfurter Fürstentag<br />
in intensivem Austausch, so dass ihm <strong>die</strong>se Problematik kaum verborgen geblieben<br />
sein wird.