2.4. Konstruktionen: Sprechakte und kommunikatives Handeln ...
2.4. Konstruktionen: Sprechakte und kommunikatives Handeln ...
2.4. Konstruktionen: Sprechakte und kommunikatives Handeln ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
(2) Verständigung erscheint als Problem der Handlungskoordinierung, wobei<br />
Habermas eine Zurückführung solchen <strong>Handeln</strong>s auf teleologisches, auf strategisch-zielorientiertes<br />
<strong>Handeln</strong> verhindern will. Einverständnis hängt hier „von der<br />
rational motivierten Zustimmung zum Inhalt einer Äußerung“ (ebd., 145) ab.<br />
Halten wir die universalpragmatischen Geltungsansprüche ein 1 , dann kann<br />
scheinbar Einverständnis weder dem Anderen imponiert werden, noch lässt es<br />
sich manipulativ erreichen. Diese starke These knüpft sich an die Beobachtungsmaxime,<br />
dass Einverständnis dort nicht vorliegt, wo es ersichtlich durch äußere<br />
Einwirkung erzwungen wird.<br />
(3) Handlungssituation <strong>und</strong> Sprechsituation: das kommunikative <strong>Handeln</strong> ist eine<br />
Situation – als ausgegrenzter Ausschnitt einer Lebenswelt –, in der relevante,<br />
thematisierungsfähige Gegenstände individuell akzentuiert einen aktuellen Verständigungsbedarf<br />
erzeugen, der in Sprechsituationen interpretativ aufgearbeitet<br />
werden muss. Dabei werden in der Sprechsituation von den <strong>Handeln</strong>den die<br />
Kommunikationsrollen von Sprechern, Adressaten <strong>und</strong> Anwesenden eingenommen,<br />
die Teilnehmerperspektiven einer ersten <strong>und</strong> zweiten Person ermöglichen<br />
<strong>und</strong> eine Beobachterperspektive einer dritten Person – als Beobachtung der intersubjektiven<br />
Ich-Du-Interaktion – herstellen.<br />
(4) Der Hintergr<strong>und</strong> der Lebenswelt markiert die Zirkularität von kommunikativen<br />
Handlungen, die einerseits der Initiative der Individuen entspringen, obschon sie<br />
andererseits bereits Produkt von Verständigungsgruppen, denen dieses Individuum<br />
angehört, sind. Kontext <strong>und</strong> Ressource der Kommunikation werden von der<br />
Lebenswelt bereitgestellt.<br />
(5) Die Subjekte verständigen sich über etwas in der Welt, wobei sie Konzepte<br />
bereithalten, die als Bezugssysteme definieren helfen, was in dieser Welt der Fall<br />
ist oder nicht. Sie definieren eine objektive Welt, die aber nur eine der möglichen<br />
Formen von Welt in der Herstellung von Tatsachen <strong>und</strong> Funktionen dieser Welt<br />
ist. Davon unterscheidet sich eine soziale Welt, in der die Sprecher auf die<br />
legitimen Regelungen der Interaktionen selbst Bezug nehmen, wohingegen in der<br />
subjektiven Welt die Selbstrepräsentationen der Subjekte, d.h. ihr privilegierter<br />
Zugang zu eigenen Erlebnissen, beobachtungsfähig wird. „Die Kommunikationsteilnehmer<br />
legen ihren Verständigungsbemühungen ein Bezugssystem von genau<br />
drei Welten zugr<strong>und</strong>e. So kann sich Einverständnis in der kommunikativen Alltagspraxis<br />
gleichzeitig auf ein intersubjektiv geteiltes propositionales Wissen, auf<br />
normative Übereinstimmung <strong>und</strong> auf reziprokes Vertrauen stützen.“ (Ebd., 147)<br />
Eine Beobachtung solchen Einverständnisses situiert so das Weltverständnis über<br />
drei Beobachtungswelten in der Lebenswelt.<br />
(6) Geltungsansprüche, die akzeptiert oder zurückgewiesen werden, sind für die<br />
Definition der Weltbezüge entscheidend. Hierin werden universalpragmatische<br />
Ansprüche relevant, die Habermas früher als diskursrelevante Geltungsansprüche<br />
erhoben hatte <strong>und</strong> die er mit der Transzendentalpragmatik von Apel teilt: 2<br />
1 Siehe dazu weiter unten unter (6).<br />
2 Vgl. Habermas (1976, 174 ff.), z.B. Apel in Apel/Kettner (1994, 23).<br />
304