2.4. Konstruktionen: Sprechakte und kommunikatives Handeln ...
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<strong>und</strong> Experience unterscheiden, um die Beobachtungen über diese Handlungen<br />
durch Unterscheidungen zu schärfen, aber man wird sich zugleich für die Teilnahme<br />
an Handlungen davor hüten müssen, ihnen eine höhere Wertigkeit oder<br />
universale Norm zuzuschreiben, die allein im Prozesse des <strong>Handeln</strong>s erst zu erweisen<br />
wären. Verständigung ist auch bei Dewey ein durchgehendes Ziel für jegliche<br />
Teilnahme in einer Gesellschaft, aber sie ist in jedem Moment auch durchaus<br />
von Zwecken, Bedürfnissen, vielfältigen anderen Aspekten durchquert – <strong>und</strong><br />
es lässt sich nicht ausmachen, wie die Akteure in ihren Handlungen je zu einer<br />
gereinigten Verständigung kommen könnten, die nicht bereits durch diese anderen<br />
Aspekte betroffen wären. 1 Aus dieser Sicht erscheint die Trennung von<br />
Verständigungs- <strong>und</strong> Erfolgsorientierung damit als künstlich <strong>und</strong> für die Handlungen<br />
in der gegenwärtigen Kultur wohl auch unrealistisch. Der interaktionistische<br />
Konstruktivismus sieht sich hier deutlicher in der Tradition des<br />
Pragmatismus als in der wenngleich schönen Hoffnung einer Theorie kommunikativen<br />
<strong>Handeln</strong>s nach Habermas.<br />
Zu (b): Verständigung kann vom Sprecher nicht als etwas bloß kausal zu<br />
Intendierendes gedacht werden, weil der Erfolg des Verständigungshandelns von<br />
der rational motivierten Zustimmung des Hörers abhängt. Solche Zustimmung<br />
setzt ein freies Zustimmen voraus, so dass hier ein Sprecher nicht wie in der<br />
Zwecktätigkeit aufgr<strong>und</strong> seiner eigenen Handlungsziele <strong>und</strong> seiner Handlungsdurchführungen<br />
von einem kausal bewirkten Erfolg bei seinem Gegenüber ausgehen<br />
kann.<br />
Diese Unterscheidung von Habermas deckt sich teilweise mit konstruktivistischen<br />
Einsichten in die Zirkularität von Beziehungsprozessen <strong>und</strong> in die Einsichten,<br />
wann eine kommunikative Situation als gelingend betrachtet werden kann. 2<br />
Allerdings ist diese nicht gleichzusetzen mit der idealtypischen Annahme einer<br />
jeweils symmetrischen Beziehung, in der Sprecher <strong>und</strong> Hörer in gleichen Anteilen<br />
die Freiheit <strong>und</strong> die Möglichkeit haben, einander zu verstehen <strong>und</strong> die jeweilige<br />
Geltung anzuerkennen. In komplementären Beziehungen wird solches Verständnis<br />
<strong>und</strong> solche Geltung durch die Komplementarität, die immer ein Machtgefälle<br />
impliziert, selbst vorgeregelt. In der Kommunikationstheorie nach Gregory<br />
Bateson (dargestellt insbesondere durch Watzlawick u.a.) werden gelingende<br />
kommunikative Situationen als kongruent beschrieben, wenn die symmetrischen<br />
<strong>und</strong> komplementären Anteile in der Kommunikation konstruktiv zusammenwirken,<br />
weil von vornherein bedacht ist, dass es immer zu Mischungen dieser<br />
Typen kommen wird. Reine Symmetrie erscheint eher als eine Abweichung, die<br />
nur Probleme macht, weil dann die Kommunikationspartner oft darum ringen, wer<br />
die bessere Seite ist (symmetrische Eskalation). Diese aus der Praxis der<br />
Kommunikation gewonnenen Einsichten decken sich mit Foucaults Analyse, dass<br />
in allen Verständigungen <strong>und</strong> Kommunikationen stets schon Machtaspekte eingeschlossen<br />
sind, die wir nicht vermeiden können. Oder alltagssprachlich gewendet:<br />
Allein dadurch, dass wir uns als Menschen unterscheiden (alt <strong>und</strong> jung,<br />
1 Vgl. dazu auch Reich in http://www.uni-koeln.de/hf/konstrukt/reich_works/aufsatze/index.html<br />
Nr. 52, 61, 62.<br />
2 Solche Einsichten sind insbesondere für konkrete pädagogische <strong>und</strong> unterrichtsbezogene Situationen<br />
sehr wesentlich, um die Handlungen als Zielkontext zu leiten. Vgl. dazu ausführlich Reich<br />
(2005, 2008).<br />
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