Heft 2 - Institut für Zeitgeschichte
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236 Aufsätze<br />
1. Die Erschießung von insgesamt 10000 Häftlingen des Lagers Masjukovscina<br />
im Bereich des Minsker Güterbahnhofs, Zivilisten und Kriegsgefangene, durch<br />
die vier Kompanien seines Bataillons innerhalb dreier Nächte zwischen dem<br />
28. und 31. Januar 1943, wobei sein eigener Zug jede Nacht 500, insgesamt<br />
also 1500 Erschießungen, durchgeführt haben will.<br />
2. Mitwirkung an der Tötung von 20000 (!) Sowjetbürgern innerhalb von vier<br />
Tagen ab dem 10. Februar 1943 mittels mehrerer Gaswagen (russ. dusegubki =<br />
Seelenvernichter) in einem Ort in der unmittelbaren Nähe von Krasnodar (!),<br />
wobei sein Bataillon die Menschen aus ihren Häusern geholt und in die Gaswagen<br />
eines dortigen SD-Kommandos getrieben habe.<br />
3. Die Tötung von 500 der Verbindung zu Partisanen verdächtigter Zivilisten<br />
einer Ortschaft in ca. 20 km Entfernung der Stadt L'gov, westlich von Kursk,<br />
in den Tagen zwischen dem 21. und 25. Februar 1943 durch seinen Zug, wobei<br />
er persönlich an der Erschießung von zwei Gruppen zu je 50 männlichen Personen<br />
teilgenommen habe 100 .<br />
Alle drei Aktionen seien auf dem Transportweg seines Bataillons von Südfrankreich,<br />
wo es Ende Dezember 1942 verladen worden sei, an die russische Front<br />
geschehen. Bereits in der 4. Vernehmung am 27. Dezember - Hetterich ist inzwischen,<br />
der sowjetischen Strafprozeßordnung gemäß, vom Inhaftierten (arestovannyj)<br />
zum Beschuldigten (obvinjaemyj) geworden - kommen dem Untersuchungsführer,<br />
einem Hauptmann der Spionageabwehr („Smers"), massive Zweifel an<br />
der Stichhaltigkeit des Krasnodar-Komplexes, worauf Hetterich einräumen muß,<br />
sich im Hinblick auf den Ort dieses Vorgangs im unklaren zu sein. Schon in der<br />
Vernehmung am darauffolgenden Tag spielen Krasnodar und die dusegubki<br />
keine Rolle mehr 101 . Die Fragen des Vernehmers konzentrieren sich nunmehr<br />
ganz auf die beiden Komplexe Minsk und L'gov; letzteres die Stadt, in der das<br />
Infanterieregiment 595 im Rahmen der 327. Infanteriedivision schließlich seinen<br />
russischen Frontabschnitt bezog, und wo Hetterich schon bei seinem ersten Einsatz<br />
am 26. Februar 1943 in Gefangenschaft gerät. Am 29. Dezember sagt ein<br />
kriegsgefangener Zeuge, ein früherer Angehöriger des Landesschützenbataillons<br />
332, gegenüber Hetterichs Vernehmer aus, einige jüdische Mädchen aus dem<br />
Minsker Getto hätten ihm Ende Januar 1943 von der Ankunft einer „deutschen<br />
Polizei- oder SS-Abteilung" berichtet, die im Bereich des Güterbahnhofs Quartier<br />
bezogen und eine große Zahl von Zivilisten aus dem Getto erschossen hätte 102 .<br />
Zwei einheimische Zeugen, Bewohner des Dorfes Masjukovscina, die später auch<br />
im Prozeß auftreten, berichten am 20. und 21. Dezember von ihren Beobachtungen<br />
in bezug auf Gefangenen- und Zivilistenhinrichtungen in größerer Zahl<br />
100 ZStL, 202 AR-Z 184/67, Bl. 80-88 (russische maschinenschriftliche Vernehmungsprotokolle),<br />
und ZStL, II 208 AR-Z 241/74, Bl. 33-36, Bl. 46 f. u. Bl. 52 f. (handschriftliche Protokolle<br />
vom 22., 25. und 27.12. 1945 in deutsch).<br />
101 ZStL, 202 AR-Z 184/67, Bl. 173-175 (russisch).<br />
102 Vernehmung des Gustav Karl Häger, geb. 1902, in: ZStL, II 208 AR-Z 241/74, Bl. 128 f.<br />
(deutsch).<br />
VfZ 2/2004