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Heft 2 - Institut für Zeitgeschichte

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238 Aufsätze<br />

Zwei Jahrzehnte nach Hetterichs Rückkehr gerät Hans Büchner Mitte der siebziger<br />

Jahre doch noch in die Mühlen justitieller Ermittlungen. Es ist die bundesdeutsche<br />

Justiz, die im Zuge eines Moskauer Rechtshilfeersuchens und der Übersendung<br />

von Materialien des Minsker Prozesses an die Ludwigsburger Zentrale<br />

Stelle der Landesjustizverwaltungen ein Ermittlungsverfahren „u.a. wegen Mordes"<br />

gegen ihn einleitet. Es wird am 7. Mai 1976 durch die Staatsanwaltschaft<br />

beim Landgericht Freiburg eingestellt. Was hatten die Ermittlungen ergeben?<br />

Vier ehemalige Angehörige des Bataillons, darunter zwei Unteroffiziere aus Büchners<br />

12. Kompanie, hatten gleichlautend ausgesagt, daß das 3. Bataillon des<br />

Infanterieregiments 595 nach seiner Abreise aus dem südfranzösischen Raum um<br />

Montpellier und Sete auf direktem Wege zu seinem Einsatzort westlich von Kursk<br />

gebracht worden sei 109 . Büchners damaliger Kompanietruppführer gab darüber<br />

hinaus an, aus seinem eigenen erhalten gebliebenen Wehrpaß gehe hervor, daß<br />

seine Einheit erst am 6. Februar 1943 nach Rußland verlegt worden und nach<br />

etwa zweiwöchigem Transport frühestens Mitte Februar an dem ihm zugewiesenen<br />

russischen Frontabschnitt eingetroffen sei. Ebenso bestritten alle Vernommenen,<br />

Büchner eingeschlossen, daß ihre Einheit, ein gewöhnliches Infanteriebataillon,<br />

jemals <strong>für</strong> die Bewachung von Kriegsgefangenen eingesetzt oder gar an<br />

Aktionen gegen die Zivilbevölkerung beteiligt gewesen sei. Auch hätten sie sich<br />

nie in der Stadt Minsk aufgehalten. Ergänzend dazu schrieb der ermittelnde<br />

Oberstaatsanwalt in seiner Einstellungsverfügung: „Darüber hinaus ergibt sich<br />

aus den durchgesehenen Einsatzbefehlen und Aufzeichnungen in den KTB<br />

[Kriegstagebüchern] der I. D. 327 auch nicht, daß die mit besonderer Beschleunigung<br />

- Tempo 6 - vorgenommene Verlegung der Division in den Raum Kursk<br />

in Minsk oder Umgebung unterbrochen wurde und Einheiten der Division <strong>für</strong><br />

mehrere Tage zur Teilnahme an Erschießungs- oder Vergasungsaktionen - eventuell<br />

auch unter einer Tarnbezeichnung - abgeordnet worden sind." 110<br />

Im Zuge dieses Ermittlungsverfahrens waren am 24. Oktober und 21. November<br />

1975 auch zwei Vernehmungen Alois Hetterichs durch die Kriminalpolizei<br />

Würzburg erfolgt, in denen er Aussagen darüber machte, wie es im Jahre 1945 zu<br />

seinen Geständnissen gekommen war 111 . Diese seien ihm bereits im Frühjahr<br />

und Sommer 1944 als Gefangener im Lager Asa durch Schläge, Hitzebehandlung<br />

in der Entlausungskammer und, quasi als Höhepunkt, durch mehrmaliges Verbringen<br />

in die sogenannte „Tropfsteinhöhle" abgepreßt worden. Bei letzterer<br />

habe es sich um „einen ganz kleinen Raum, in dem man gerade stehen konnte"<br />

gehandelt, wo ihm eine Halsschelle, eine verschraubbare Holzklammer, umgelegt<br />

worden sei.<br />

Plädoyer als einen Angehörigen der 370. Infanteriedivision. Ebenso finden sich falsche Zeitangaben.<br />

Die Anklageschrift nennt Februar 1944 <strong>für</strong> das Verbrechen bei L'gov und verwechselt<br />

den Ort darüber hinaus auch noch mit L'vov, dem galizischen Lemberg. Siehe Sudebnyj process,<br />

S. 4, S. 31, S. 255, S. 393, S. 461 u. S. 470.<br />

109 Im folgenden nach den Vernehmungen im Ermittlungsverfahren gegen Hans Büchner, in:<br />

ZStL, II 208 AR-Z 241/74, S. 218-233.<br />

110 Einstellungsverfügung vom 7.5. 1976, in: Ebenda, Bl. 235-239, hier Bl. 239.<br />

111 Ebenda, Bl. 209-217.<br />

VfZ 2/2004

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