Rezension zum Buch von Dr. Unzicker - Kosmologie-neu
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Raum selbst erzittern lassen und bis <strong>zum</strong> anderen Ende des Universums spürbar sind.<br />
Allerdings schießen die Schwerkraftwellen, wie die Modelle zeigen, bevorzugt in eine<br />
Richtung da<strong>von</strong>, vergleichbar dem Antriebsstrahl einer startenden Rakete. Auf diese Weise<br />
kommt es zu einem gigantischen Rückstoßeffekt, der das <strong>neu</strong> entstehende größere Schwarze<br />
Loch genau in die entgegen gesetzte Richtung beschleunigt – und ihm seine<br />
Rekordgeschwindigkeit verleiht (siehe Grafik).<br />
Doch wie hat die Astrophysikerin diesen „Super-Kick“ überhaupt entdecken können?<br />
Schließlich kann man Schwarze Löcher nicht sehen. Und bislang haben die Sternenforscher<br />
auch noch niemals Schwerkraftwellen aufgefangen. Wie also erkennt man ein Schwarzes<br />
Loch, das durch die Schwärze des Alls saust? Der Trick: Das Ungetüm fliegt nicht allein<br />
da<strong>von</strong>. Als es aus seiner Galaxie geschleudert wurde, hat das Schwarze Loch gewaltige<br />
Mengen Gas und Staub und sogar ganze Sterne mit sich gerissen: Mehrere zehntausend<br />
Sonnen befinden sich in seinem Schlepptau. Genau diese leuchtende kosmische Karawane,<br />
die durch den Leerraum rast, hat Komossa mit ihrem Team nachgewiesen.<br />
Es ist eine Reise nach nirgendwo. Unermesslich sind die Abgründe zwischen den Galaxien.<br />
Trotz seines hohen Tempos wird das vagabundierende Schwarze Loch wahrscheinlich nie<br />
wieder eine <strong>neu</strong>e Welteninsel erreichen. Aber <strong>zum</strong>indest hat es im Reisegepäck genügend<br />
Sonnen als Futter, die es im Laufe <strong>von</strong> Äonen vertilgen kann. So geschieht es alle paar<br />
tausend Jahre, dass einer der Begleitsterne ihm zu nahe kommt. Gewaltige Gezeitenkräfte<br />
zerren dann an dem Stern, reißen ihn auseinander. In jeder Minute saugt das Schwarze Loch<br />
eine Masse vergleichbar der Erde an. Ehe die Materie für immer in seinem Schlund<br />
verschwindet, wirbelt diese – ähnlich wie Badewannenwasser um das Abflussloch –<br />
spiralförmig darum herum. Schneller und schneller rast der Materiestrom auf das Schwarze<br />
Loch zu und wird, weil die Partikel immer stärker aneinander reiben, auf viele Millionen Grad<br />
Celsius aufgeheizt – der Todesschrei einer fernen Sonne.<br />
Ungefähr zehn Jahre dauert es, bis das Schwarze Loch einen Stern vollständig zermalmt hat.<br />
Als starker Röntgenblitz ist das ultraheiße Feuerwerk der Vernichtung selbst in großer<br />
Entfernung sichtbar. „Auf diese Weise ist es uns möglich“, erklärt Komossa, „das Schwarze<br />
Loch und seine Begleitsterne auf ihrem weiteren Weg durch die intergalaktischen Weiten zu<br />
verfolgen.“ Wenig lässt sich hingegen über die Muttergalaxie in Erfahrung bringen, aus der<br />
das Schwarze Loch einst katapultiert wurde; sie befindet sich rund zehn Milliarden Lichtjahre<br />
<strong>von</strong> der Erde entfernt. Viel zu weit weg, um irgendwelche Einzelheiten zu erkennen. Das<br />
<strong>Dr</strong>ama hat sich folglich in fernster Vergangenheit abgespielt, was kein Zufall ist: In den ersten<br />
Jahrmilliarden nach dem Urknall war das Universum noch sehr viel kleiner als heute.<br />
Entsprechend lagen die Galaxien enger beieinander. Hundertmal häufiger stießen die<br />
Sterneninseln damals zusammen und vereinigten sich zu größeren. Und genau dadurch<br />
gerieten dann auch ihre jeweiligen supermassiven Schwarzen Löcher auf Kollisionskurs.<br />
Heute ereignen sich solche Galaxien-Crashs nur noch selten. Denn nach Art eines<br />
Luftballons, der unaufhörlich aufgeblasen wird, hat sich das Universum seit seiner<br />
stürmischen Jugendzeit immer weiter ausgedehnt. Die Abstände zwischen den Galaxien<br />
haben drastisch zugenommen.<br />
Und doch wird ein solches Inferno auch in Zukunft noch vorkommen. Sogar die Milchstraße<br />
ist <strong>von</strong> einem Zusammenstoß bedroht. Unsere Heimatgalaxie besteht aus geschätzten hundert<br />
Milliarden Sonnen, und in ihrem Herzen beherbergt sie ebenfalls ein superschweres<br />
Schwarzes Loch. Fast ebenso groß ist die Sterneninsel, die mit 500 000 Stundenkilometern<br />
auf die Milchstraße zurast: die benachbarte Andromeda-Galaxie. Bis <strong>zum</strong> Weltuntergang wird<br />
es allerdings noch eine Weile dauern: Voraussichtlich erst in fünf Milliarden Jahren kommt es<br />
zur Kollision der Giganten. Doch dann wird die menschenleere Erde wohl längst um eine<br />
ausgebrannte Sonne kreisen.“ So weit <strong>Dr</strong>. Olaf Stampf.<br />
Email an <strong>Dr</strong>. Stampf (Spiegel) vom 25.07.2008: