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Stufenübergreifende Zusammenarbeit auf der Sek ... - Projekt Schul-In

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<strong>Stufenübergreifende</strong>r Unterricht an <strong>der</strong> Oberstufe Rupperswil -<br />

Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer lernen<br />

miteinan<strong>der</strong> und voneinan<strong>der</strong><br />

<strong>In</strong>terview vom 23. März 2011 von Jürg Müller mit Susanne Siegrist und Zacharias Borer<br />

Susanne Siegrist unterrichtet eine 3. <strong>Sek</strong>undarklasse an <strong>der</strong> Kreisschule Lotten in Rupperswil, Zacharias<br />

Borer im selben <strong>Schul</strong>haus eine 3. Realklasse. Die <strong>Sek</strong>undarlehrerin mit einem Lehrpatent<br />

aus den achtziger Jahren des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts und <strong>der</strong> Reallehrer mit <strong>Sek</strong> I-Fachhochschulabschluss<br />

praktizieren ein aussergewöhnliches Modell <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong>. Sie verstehen ihre Klassen<br />

als eine grosse Lerngruppe und unterrichten diese auch gemeinsam, soweit dies möglich ist. Die<br />

Anfänge <strong>der</strong> stufenübergreifenden <strong>Zusammenarbeit</strong> in Rupperswil reichen ins Jahr 2007 zurück.<br />

Der Anfang<br />

Susanne Siegrist: "Nach dem Besuch eines Moduls des CAS Lerncoaching fasste ich den Entschluss, nun<br />

wirklich einmal radikal umzusetzen, was ich an Anregungen <strong>auf</strong>genommen hatte. Der erste Schritt war, dass<br />

ich meinen Mann dazu überredete, übers Wochenende mit mir zusammen das <strong>Schul</strong>zimmer <strong>auf</strong> den Kopf zu<br />

stellen, mit dem Resultate, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Arbeitstische am Montag mit Sicht aus<br />

den Fenstern ausgerichtet vorfanden und nicht mehr mit Blick <strong>auf</strong> die Wandtafel.<br />

Mein damaliger Kollege, Jörg Graf, liess sich von meinem Elan anstecken. Und so wagten wir den Einstieg in<br />

eine <strong>Zusammenarbeit</strong>, die sich mit einer 4. Real und einer 4. <strong>Sek</strong> gut anliess und viel auslösen sollte.<br />

Wir staunten, wie rasch sich positive Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Selbst- und Sozialkompetenz und <strong>der</strong> Selbständigkeit<br />

<strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler einstellten und dass einige <strong>der</strong> typischen Oberstufenprobleme an Bedeutung<br />

verloren, ich vermute, weil die kooperativen und partizipativen Lernformen dem altersgemässen<br />

Bedürfnis <strong>der</strong> Jugendlichen nach Kommunikation und Austausch unter peers entgegen kamen. Durch das<br />

Mitgestalten und das gemeinsame Arbeiten wurden wichtige Entwicklungsthemen des Jugendalters zum<br />

Lerngegenstand, nicht aber zum <strong>Schul</strong>stoff, was die Lernatmosphäre nachhaltig verän<strong>der</strong>te.<br />

Vieles mussten wir damals neu herausfinden, zum Beispiel wie weit die Mitgestaltung durch die Schülerinnen<br />

und Schüler bei welchen Gelegenheiten gehen kann."<br />

Stundenpläne<br />

Zacharias Borer: "Die Stundenpläne <strong>der</strong> beiden Klassen sind so weit als möglich parallelisiert. Bei <strong>der</strong> Jahresplanung<br />

streben wir an, dass die Lehrpersonen bei<strong>der</strong> Klassen möglichst oft gleichzeitig dasselbe Fach<br />

unterrichten können. So wird es möglich, zu einem Thema in unseren beiden <strong>Schul</strong>zimmern ein breit gefächertes<br />

Angebot für alle 30 Schülerinnen und Schüler bereitzustellen. Der Unterricht ist generell so angelegt,<br />

dass die Schülerinnen und Schüler innerhalb <strong>der</strong> zweiklassigen Lerngruppe unabhängig von <strong>der</strong> nominellen<br />

Stufenzugehörigkeit gemeinsam und kooperativ zum gleichen Thema lernen und arbeiten. Es freut uns, zu<br />

wissen, dass sich die meisten Schülerinnen und Schüler als Angehörige einer einzigen Klasse mit zwei Klassenlehrpersonen<br />

verstehen.“<br />

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Küttigerstrasse 42<br />

5000 Aarau<br />

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Gemeinsam vorbereiten<br />

Zacharias Borer: „Wir bereiten in allen <strong>Schul</strong>ferien mindestens eine Woche lang gemeinsam vor. Dann haben<br />

wir genügend Zeit, um die zu behandelnden Themen differenziert <strong>auf</strong>zuarbeiten und ihre Anschlussfähigkeit<br />

für möglichst viele verschiedene Herangehensweisen und Aufgabenstellungen zu entdecken. Im Bestreben,<br />

den Unterricht ganzheitlich zu planen, vernetzen wir wenn immer möglich die Lerninhalten verschiedener<br />

Fächer, insbeson<strong>der</strong>e im Deutsch und in den Realienfächern.“<br />

Susanne Siegrist: „Die Themen werden von uns richtiggehend ausgemolken. Wir untersuchen sie <strong>auf</strong> ihre<br />

Anschlussfähigkeit hinsichtlich zu erwerben<strong>der</strong> Sach- und Fachkompetenzen, Lernstrategien, Methodenkompetenzen<br />

und <strong>der</strong> Anwendbarkeit kooperativer Lernformen. Unsere Unterrichtsplanung schliesst zusätzlich<br />

zur Sach- und Fachebene immer auch ganz gezielt zusätzliche Lernfel<strong>der</strong> aus dem Bereich <strong>der</strong> Schlüsselkompetenzen<br />

mit ein, die Fähigkeit zur <strong>Zusammenarbeit</strong> im Team, Methodenkompetenz, Selbsteinschätzung,<br />

Feedback geben und entgegen nehmen, über das eigene Lernen nachdenken etc.“<br />

Zacharias Borer: „Die gemeinsame Vorbereitung hat für uns einen hohen Stellenwert. Sie hat eine hohe Qualität.<br />

Und wir haben auch entsprechend viel davon, etwa in Form gegenseitiger Anerkennung und Anregung,<br />

durch die Erweiterung unserer individuellen Kompetenzen durch den ständigen Austausch und dadurch, dass<br />

wir beide das gemeinsame Tragen <strong>der</strong> Verantwortung als grosse Entlastung erleben. Eine gute Vorbereitung<br />

während <strong>der</strong> Ferien kommt <strong>der</strong> Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern sehr zu gute. Wir haben im Unterricht<br />

mehr Zeit für sie.<br />

Unterdessen stehen uns auch verschiedene bewährte Vorbereitungstools zur Verfügung, die wir selber entwickelt<br />

haben, Pläne, Übersichten, Konzepte etc. Ein stets wachsen<strong>der</strong>, übersichtlich <strong>auf</strong>gebauter und leicht<br />

zu bewirtschaften<strong>der</strong> Speicher mit digitalen und analogen Daten- und Materialien erleichtert uns die Arbeit<br />

zusätzlich.“<br />

Susanne Siegrist: “ Während <strong>der</strong> <strong>Schul</strong>zeiten können die Arbeitstage schon einmal lang sein, insbeson<strong>der</strong>e<br />

während <strong>der</strong> Phasen, in denen die Standortgespräche durchgeführt werden. Trotzdem beträgt die wöchentliche<br />

Arbeitszeit im Normalfall nicht mehr als 40 bis 45 Arbeitsstunden. Das ist allerdings nur deshalb so, weil<br />

wir vieles bereits während <strong>der</strong> Ferien detailliert vorbereiten.“<br />

Kooperatives Lernen: Differenzierende Lern<strong>auf</strong>gaben<br />

Susanne Siegrist: „Wir legen unseren Unterricht konsequent so an, dass eine Thematik aus verschiedenen<br />

Perspektiven und unter verschiedenen Fragestellungen angegangen werden kann. Wir achten auch dar<strong>auf</strong>;<br />

Aufgabestellungen unterschiedlicher Anspruchsgrade zu formulieren. <strong>In</strong>dem wir uns an <strong>der</strong> Bloomschen Taxonomie<br />

<strong>der</strong> Lernziele orientieren, maximieren wir die Wahrscheinlichkeit, dass es allen Schülerinnen und<br />

Schülern gelingt, einen Zugang zum Lerngegenstand zu finden, beispielsweise zu einem Lesetext. Den Lernenden<br />

ist das theoretische Konzept hinter den Aufgabenstellungen nicht bekannt. Ihnen gegenüber sprechen<br />

wir von Grundanfor<strong>der</strong>ungen und mittleren Anfor<strong>der</strong>ungen. Das hat sich so eingebürgert.“<br />

Zacharias Borer: „Wir machen die Erfahrung, dass die kooperative Bearbeitung von Fragestellungen dann<br />

beson<strong>der</strong>s gut gelingt, wenn es uns Lehrpersonen gelingt, einen vielfältigen Mix von Arbeits<strong>auf</strong>trägen anzubieten,<br />

<strong>der</strong> die Schülerinnen und Schüler <strong>auf</strong> unterschiedliche Weise anspricht und sie so zur Arbeit wie auch<br />

zum Austausch über ihre unterschiedlichen Entdeckungen und Erkenntnisse anregt.“<br />

Kooperatives Lernen: <strong>Zusammenarbeit</strong> in Gruppen<br />

Zacharias Borer: „Kooperatives Lernen bedeutet, dass jeweils mehrere Lernende gemeinsam, aber mit Hilfe<br />

verschiedener Aufgabenstellungen ein Thema bearbeiten. Damit sich alle Mitglie<strong>der</strong> einer Gruppe entsprechend<br />

ihren Fähigkeiten in die <strong>Zusammenarbeit</strong> einbringen können, ist die Zusammenstellung <strong>der</strong> Arbeits-<br />

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teams ein wichtiger Faktor bei <strong>der</strong> Steuerung <strong>der</strong> Lernprozesse. Wir Lehrpersonen entscheiden deshalb,<br />

wieweit die Mitsprache <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler bei <strong>der</strong> Gruppenbildung geht und wie gross ihre Wahlmöglichkeiten<br />

bei <strong>der</strong> Bearbeitung von Aufträgen sein sollen. Die Gestaltung <strong>der</strong> Teambildungsprozessen<br />

erfolgt also lernstrategisch und pädagogisch begründet mit dem Ziel, die unterschiedlichen Ressourcen <strong>der</strong><br />

Schülerinnen und Schüler punkto Fach-, Selbst-, Sozial- und Methodenkompetenz optimal zu kombinieren,<br />

um sie optimal ins Spiel zu bringen. Zurzeit ist die Lern- und Klassenkultur <strong>auf</strong> einem Stand, dass uns Lehrpersonen<br />

in <strong>der</strong> Regel genügend Zeit für das Coaching von Gruppen und Einzelnen wie auch für die Prozessbeobachtung<br />

bleibt. Dadurch gewinnen wir immer wie<strong>der</strong> wichtige Hinweise für die weitere Planung des<br />

Unterrichts und zuweilen auch überraschende und motivierende Erkenntnisse.“<br />

Lernverständnis<br />

Susanne Siegrist: „Wir gehen davon aus, dass schulische Lernprozesse nicht von sozialen Prozessen losgelöst<br />

verstanden werden können, dass das Lernen <strong>der</strong> einzelnen Schülerinnen und Schüler stets mit dem<br />

Lernen ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler verwoben ist. Vor diesem Hintergrund ist es für uns selbstverständlich,<br />

dass gemeinschaftsbildende Elemente für unseren Unterricht eine grosse Bedeutung haben.<br />

Neben einzelnen herausragenden Aktivitäten (z. B. Velotour, Klassenlager, Teamtrainingstage), bei denen<br />

das Zusammenleben unter beson<strong>der</strong>en Bedingungen geübt werden kann, legen wir viel Wert dar<strong>auf</strong>, dass<br />

unser Unterricht grundsätzlich von einer Kultur <strong>der</strong> Kooperation geprägt wird. Der Aufbau und die stete Weiterentwicklung<br />

einer von gegenseitiger Anerkennung, Respekt und Wertschätzung geprägten Unterrichtsund<br />

Klassenkultur ist die Basis unserer Arbeit. Wir wollen den Schülerinnen und Schülern dadurch die Erfahrung<br />

ermöglichen, dass eine gelingende Kooperation das Lernen und Arbeiten interessanter und ertragreicher<br />

macht und dass letztlich mit allen Kameradinnen und Kameraden eine erfolgreiche Kooperation möglich<br />

ist, wenn man einan<strong>der</strong> gegenseitig respektiert und in <strong>der</strong> Lage ist, <strong>auf</strong> <strong>der</strong> Sachebene miteinan<strong>der</strong> zu kommunizieren.“<br />

Zum Beispiel Sprachen lernen<br />

Susanne Siegrist: „<strong>In</strong> den Sprachfächern legen wir viel Wert <strong>auf</strong> die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> kommunikativen Fertigkeiten<br />

Hören, Lesen, Sprechen und Schreiben. Das Training von Strukturen steht gemäss dem aktuellen<br />

sprachdidaktischen Erkenntnisstand ja auch weniger im Vor<strong>der</strong>grund. Wir arbeiten nach dem Prinzip <strong>der</strong><br />

entdeckenden Grammatik und lassen die Schülerinnen und Schüler Sprachforschung betreiben und Sprachregeln<br />

selber herausfinden. Zurzeit testen wir Teile aus dem Lehrmittel ‚Die Sprachstarken 7’. Die Schülerinnen<br />

und Schüler erforschen, wie unbekannte Sprachen funktionieren und lernen dabei, zu verstehen, nach<br />

welchen Regeln die eigene o<strong>der</strong> eine fremde Sprachen funktioniert.“<br />

Lernzielbefreite Schüler<br />

Zacharias Borer:“ Die <strong>In</strong>tegration zweier ehemaliger Schüler aus <strong>der</strong> Kleinklasse - sie sind nicht teillernzielbefreit<br />

- in die Lerngruppe ist für uns eine grosse Herausfor<strong>der</strong>ung. Gleichzeitig ist die regelmässige Mitarbeit<br />

eines <strong>Schul</strong>ischen Heilpädagogen im Unterricht für uns eine grosse Unterstützung, weil durch ihn Fachwissen<br />

ins Team einfliesst, über das wir Klassenlehrpersonen nicht verfügen.<br />

Da die neu integrierten Schüler genau wie alle an<strong>der</strong>en auch in Lerngruppen mitarbeiten, beziehen sich die<br />

Aktivitäten des <strong>Schul</strong>ischen Heilpädagogen nicht ausschliesslich <strong>auf</strong> die beiden integrierten Schüler. Er steht<br />

allen Schülerinnen und Schülern zur Verfügung, die seine Unterstützung benötigen. Seine Arbeit hat schon<br />

sehr viel in Bewegung gesetzt. So wirkte sich spürbar positiv <strong>auf</strong> das Lernen in allen Fächern aus, dass er<br />

nach einer differenzierten Erhebung <strong>der</strong> Lesekompetenz aller Schülerinnen und Schüler ein För<strong>der</strong>programm<br />

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zusammenstellte, das es schwachen Leserinnen und Lesern ermöglichte, ihre Lesekompetenz zu erweitern.<br />

So etwas hätten Susanne und ich nicht leisten können.“<br />

Beurteilen: Feedbackkultur<br />

Susanne Siegrist: „Bei unserer Arbeit spielen differenzierte Beurteilungen mit Hilfe von Kriterien- und Beurteilungsrastern,<br />

aber auch mit Noten und das Nachdenken und Sprechen über das Lernen und Arbeiten eine<br />

wichtige Rolle. Die Schülerinnen und Schüler erhalten von uns lernzielorientierte Arbeits<strong>auf</strong>träge und kriteriengestützte<br />

und för<strong>der</strong>orientierte Rückmeldungen zu ihren Leistungen und ihrem Lernverhalten. Sie kennen<br />

also die an sie gerichteten Erwartungen und können aus den Rückmeldungen ersehen, was sie schon gut<br />

können und wo nächste Entwicklungsschritte möglich und fällig sind. Das gibt ihnen die Möglichkeit, ihren<br />

Lernstand und ihr Lern- und Arbeitsverhalten selber beschreiben und einordnen zu lernen.<br />

Durch die kooperativen Lernformen gehört es zum ganz normalen Lernalltag, dass die Schülerinnen und<br />

Schüler lernen, einan<strong>der</strong> gegenseitig Arbeiten zu zeigen, einan<strong>der</strong> gegenseitig anerkennende und wertschätzende<br />

Feedbacks zu geben und Rückmeldungen entgegen zu nehmen. Wir beobachten immer wie<strong>der</strong> mit<br />

Genugtuung, dass Schülerinnen und Schüler das ziemlich rasch und gut lernen können. Man muss einfach<br />

einmal damit anfangen.“<br />

Beurteilen: Standortgespräche<br />

Susanne Siegrist: „Etwas, wor<strong>auf</strong> wir beson<strong>der</strong>s stolz sind, ist die Sache mit den Standortgesprächen.<br />

Standortgespräche führen wir - beide Lehrpersonen sind anwesend - regelmässig zusammen mit allen Schülerinnen<br />

und Schülern und <strong>der</strong>en Eltern nach einem selber entwickelten Modell durch, wobei <strong>der</strong> Lead von A<br />

bis Z bei den Schülerinnen und Schülern liegt. Sie bereiten das Gespräch vor. Sie wählen für ihr Lernen und<br />

Arbeiten repräsentative Arbeiten aus, die sie vorstellen wollen. Sie formulieren eine Selbstbeurteilung zu<br />

ihrem Lernen und Arbeiten. Und sie bereiten eine Einschätzung <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> mit den Lehrpersonen<br />

vor.<br />

Die Schülerinnen und Schüler führen dann auch durch das Gespräch. Sie beschreiben ihre Situation und<br />

legen ihre Einschätzungen gegenüber den Eltern und Lehrpersonen offen. Wir Lehrpersonen führen Protokoll.<br />

Anschliessend an die Standortbestimmung werden, <strong>auf</strong>bauend <strong>auf</strong> den Ausführungen <strong>der</strong> Lernenden,<br />

gemeinsam nächste Entwicklungsschritte benannt, Ziele formuliert und Vorgehensweisen vereinbart.<br />

Die Erfahrungen mit unserem Modell sind praktisch ausnahmslos positiv. Wir stellen immer wie<strong>der</strong> fest, dass<br />

Eltern bas erstaunt sind darüber, wie gut ihre Kin<strong>der</strong> ihr Arbeiten und Lernen beschreiben und ihre Anliegen<br />

und Ziele formulieren können. Die Standortgespräche sind für alle Beteiligten Ankerpunkte im <strong>Schul</strong>jahr, weil<br />

bei dieser Gelegenheit <strong>auf</strong> eindrückliche Weise erkennbar wird, wie intensiv und wie kompetent sich Schülerinnen<br />

und Schüler mit ihrem schulischen Fortkommen auseinan<strong>der</strong>setzen können, wenn sie Gelegenheit<br />

erhalten, dies zu lernen, und wie genau sie wahrnehmen und beschreiben können, was für sie wichtig ist.“<br />

Gelingensfaktor Persönliche Dispositionen und Kompetenzen<br />

Zacharias Borer: „Der wichtigste Gelingensfaktor zur Umsetzung unseres Modells <strong>der</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> über<br />

die Stufengrenzen hinweg liegt we<strong>der</strong> im Bereich <strong>der</strong> räumlichen, <strong>der</strong> zeitlichen noch <strong>der</strong> finanziellen Bedingungen.<br />

<strong>In</strong> unserem Fall ist <strong>der</strong> wichtigste Gelingensfaktor wohl vielmehr unser <strong>In</strong>teresse und unser Wille,<br />

aus unserer Sicht zeitgemässe pädagogische und didaktische Gestaltungsmöglichkeiten zu finden, damit<br />

Schülerinnen und Schüler <strong>der</strong> Oberstufe ihr schulisches Lernen und Arbeiten als etwas Eigenes und etwas<br />

Lohnendes erfahren können. Wir sind beide neugierig, erfin<strong>der</strong>isch, experimentierfreudig und auch bereit,<br />

gewisse Risiken einzugehen. <strong>In</strong>dem wir Neues ausprobieren, bleiben wir in Bewegung. Wir lernen selber<br />

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ständig dazu und erweitern unsere Kompetenzen. Wichtig ist wohl auch, dass wir beide quasi von Haus aus<br />

über eine gewisse Empathiefähigkeit verfügen. Wir interessieren uns sehr für die schulische und persönliche<br />

Entwicklung unserer Schülerinnen und Schüler und denken gern mit ihnen zusammen über das Lernen und<br />

Arbeiten nach. Unsere Erfahrung ist die, dass es sich in den meisten Fällen lohnt, gewohnte Pfade zu verlassen<br />

und sich <strong>auf</strong> Neues einlassen. Man versetzt sich so in die Lage, seine Haltungen und Überzeugungen<br />

immer wie<strong>der</strong> neu überprüfen und - wo nötig – revidieren zu können.“<br />

Gelingensfaktor Etwas <strong>auf</strong> sich zu nehmen bereit sein<br />

Susanne Siegrist: „Etwas Neues zu wagen, geht nicht ohne eine gewisse Bereitschaft, einen zusätzlichen<br />

Aufwand zu betreiben, etwas <strong>auf</strong> sich zu nehmen. Aber es geht nicht an<strong>der</strong>s. Wer herausfinden will, ob etwas<br />

geht, muss es tun. Wer erfahren will, was aus einer Idee zu machen ist, muss die Idee umsetzen. Wir wissen,<br />

dass es sich lohnt, etwas Neues auszuprobieren, beispielsweise das Wagnis Teamteaching einzugehen. Das<br />

Unterrichten zu zweit verlangt von beiden Beteiligten die Bereitschaft zur gegenseitigen Rücksichtnahme und<br />

zur vertrauensvollen Akzeptanz gegenüber dem Partner o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Partnerin, und zwar auch dann, wenn sie<br />

o<strong>der</strong> er Dinge tut, die man selber nicht o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s täte.“<br />

Gelingensfaktor Klärung persönlicher Überzeugungen<br />

Zacharias Borer: „Persönliche Haltungen und Überzeugungen bilden den Hintergrund dessen, was sich im<br />

Berufsalltag in <strong>der</strong> Form von Verhaltensweisen und Handlungen zeigt. Eine erfolgreiche <strong>Zusammenarbeit</strong><br />

beruht deshalb <strong>auf</strong> einer hinsichtlich wichtiger Haltungen und Überzeugungen geklärten Arbeitsbeziehung<br />

zwischen den beteiligten Lehrpersonen. Differenzen dürfen, ja sollen sein. Durch sie erweitert sich <strong>der</strong> gemeinsame<br />

Horizont und eröffnen sich Spannungen, die immer wie<strong>der</strong> zum Nachdenken und Diskutieren über<br />

Grundlegendes anregen: Menschenbil<strong>der</strong>, Schülerbil<strong>der</strong>, Elternbil<strong>der</strong>, Lehrerbil<strong>der</strong>, Lernverständnisse, berufliche<br />

Selbstverständnisse, Unterrichtsbil<strong>der</strong> etc.“<br />

Gelingensfaktor Weiterbildung und Reflexion<br />

Susanne Siegrist: „Ich besuche viele Weiterbildungen und erteile selber auch Kurse in <strong>der</strong> Weiterbildung.<br />

Meine Erfahrung ist die, dass vertiefende Weiterbildungen Schlüssel zur weiteren beruflichen Entwicklung<br />

sind. So erkannte ich erst durch die Weiterbildung in Lerncoaching so richtig, was es in <strong>der</strong> Konsequenz für<br />

mein Arbeiten und meinen Umgang mit Jugendlichen bedeutet, wenn ich Jugendliche bei ihrem möglichst<br />

eigenständigen Lernen und Arbeiten unterstützend begleiten will. Durch die Weiterbildung erhielt ich Zugang<br />

zu Hintergrundwissen und zu Konzepten und <strong>In</strong>strumenten, die unmittelbar umsetzbar waren. Ich sah, dass<br />

es funktionierte und war motiviert, weiterzumachen. Die stete Auseinan<strong>der</strong>setzung mit aktuellen Themen und<br />

Strömungen (z. B. Sprachenportfolio, Beurteilungsraster etc.) ist für mich heute ein selbstverständlicher Bestandteil<br />

meiner Berufsarbeit, sei es im Rahmen von Weiterbildungen, durch die Lektüre von Fachliteratur<br />

o<strong>der</strong> durch die Reflexion unserer gemeinsamen Arbeit hier in Rupperswil. Durch unsere strukturierte <strong>Zusammenarbeit</strong><br />

werden uns Ressourcen zugänglich, die einer Einzelperson verborgen bleiben, weil das Gegenüber<br />

fehlt und damit die Differenz zwischen dem eigenen und einem an<strong>der</strong>en eigenständigen Blick in<br />

dieselbe Welt.“<br />

Jürg Müller, <strong>In</strong>stitut Weiterbildung und Beratung<br />

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