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Lernen in den Religionen. Vom Lehren und Lernen religiöser Texte

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<strong>Lernen</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Religionen</strong><br />

255<br />

Anschluss an die Fastenzeit durch Geschenke zum Ausdruck. In traditionellen<br />

myanmarischen Elternhäusern verlassen die Schulk<strong>in</strong>der morgens nicht<br />

das Haus, bevor sie sich nicht vor dem Schre<strong>in</strong> verbeugt haben, auf dem sich<br />

e<strong>in</strong> Buddhabild sowie Opfergaben bef<strong>in</strong><strong>den</strong>. Pädagogisch bedeutsam s<strong>in</strong>d die<br />

Feste, <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie die Uposatha-Tage. Sie bieten Gelegenheit, die Silas<br />

(»Tugendregeln«) zu üben. Jedes K<strong>in</strong>d soll die für Laien gelten<strong>den</strong> fünf Silas<br />

auswendig kennen, eventuell sogar <strong>in</strong> Pali. E<strong>in</strong>ige der für die Laien gedachten<br />

Passagen des Anguttara-Nikâya (»Angereihte Sammlung«) s<strong>in</strong>d ebenso Bestandteil<br />

der Religionserziehung wie der sich <strong>in</strong> <strong>den</strong> Ländern des Theravâda-<br />

Buddhismus besonderer Beliebtheit erfreuende Dhammapada, e<strong>in</strong> aus 426<br />

Versen über die buddhistischen Lehrgr<strong>und</strong>lagen bestehender Text. Man erwartet<br />

von <strong>den</strong> K<strong>in</strong>dern, dass sie <strong>den</strong> e<strong>in</strong>en oder anderen Vers dieser Sammlung<br />

auswendig können. E<strong>in</strong> besonders wichtiger Text ist das Metta-Sutta,<br />

das die <strong>in</strong>dividual- <strong>und</strong> sozialethische Maxime des Buddhismus entfaltet <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong> dem zentralen Wunsch gipfelt: »Die Wesen alle mögen glücklich se<strong>in</strong>«.<br />

E<strong>in</strong>en besonderen Platz <strong>in</strong> der religiösen Erziehung nehmen Geschichten aus<br />

<strong>den</strong> Heiligen Schriften e<strong>in</strong> (Morgan 1998), allen voran die Jâtakas (»Geburtsgeschichten«).<br />

Diese Erzählungen handeln von früheren Leben des Buddha<br />

Shakyamuni, se<strong>in</strong>er Anhänger <strong>und</strong> Widersacher. Die <strong>in</strong>sgesamt 547 Geschichten,<br />

Märchen oder Fabeln demonstrieren die Auswirkungen des Karma-Gesetzes.<br />

Buddha Shâkyamuni trug diese Geschichten oft selbst vor, die ihn <strong>in</strong><br />

verschie<strong>den</strong>en Dase<strong>in</strong>sformen vorstellen: als Pr<strong>in</strong>z, Gottheit, Löwe, Hirsch<br />

u.a. In e<strong>in</strong>er Jâtaka wirft sich Buddha e<strong>in</strong>er Tiger<strong>in</strong> <strong>und</strong> ihren verhungern<strong>den</strong><br />

Jungen zum Fraûe vor. Die Jâtakas »illustrieren die moralischen Vollkommenheiten<br />

oder Ideale des Buddhismus, z.B. die Ideale der Groûmütigkeit,<br />

des tugendhaften Verhaltens, des Verzichtes, der Fähigkeit, Menschen zu helfen,<br />

der Fre<strong>und</strong>lichkeit <strong>und</strong> des Gleichmutes« (Morgan 1998, 38).<br />

Buddhistische Werte wer<strong>den</strong> auûerdem am Vorbild bedeutender Schlüsselgestalten<br />

aus der Geschichte des Buddhismus vermittelt: Buddhas Liebl<strong>in</strong>gsmönch<br />

€nanda, der wohlhabende Gönner Anâthap<strong>in</strong>dika, der <strong>den</strong> Jeta-<br />

Ha<strong>in</strong> stiftete, Buddhas Tante Mahâprajâpatî Gautami, die auf ihren Neffen so<br />

lange e<strong>in</strong>wirkte, bis dieser ± widerwillig ± e<strong>in</strong>en Nonnenor<strong>den</strong> zulieû. Die<br />

buddhistischen Hel<strong>den</strong> <strong>und</strong> Vorbilder demonstrieren, wie Menschen <strong>den</strong><br />

Dharma verwirklicht haben.<br />

Religiöse Erziehung <strong>in</strong> staatlichen Schulen<br />

Das im Zuge des Kolonialismus e<strong>in</strong>gerichtete staatliche Schulwesen drängte<br />

die Privilegien des Buddhismus zurück <strong>und</strong> lieû das alte Tempelschulwesen<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> (z.B. auf Sri Lanka) treten. Seit vielen Jahren besteht jedoch<br />

<strong>in</strong> Sri Lanka <strong>und</strong> Myanmar wieder die Ten<strong>den</strong>z, die buddhistischen<br />

Klöster <strong>und</strong> Tempel erneut mit der Wahrnehmung der allgeme<strong>in</strong>en Schulbildung<br />

zu beauftragen (Benz 1963, 147ff.). In Thailand, das ke<strong>in</strong>e Kolonialgeschichte<br />

hat, wurde der Anteil der Tempel <strong>und</strong> Klöster am öffentlichen Bildungswesen<br />

weniger beschnitten. Die buddhistische Religion begegnet im

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