ZT | Mai 2013
Ausgabe 14 - 05/13
Ausgabe 14 - 05/13
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Titelstory<br />
Werden Sie gerne eines Besseren belehrt?<br />
Kennen Sie einen Menschen, der gerne überzeugt wird?<br />
Bitte verzeihen Sie diese rhetorischen Fragen, aber so wird schnell deutlich, dass niemand gerne das<br />
Opfer von Überzeugungsarbeit ist. Daher wird der Versuch, andere von etwas zu überzeugen, auch<br />
nicht als tugendhaft angesehen, denn dafür müsste es Menschen geben, die sich wünschen, überzeugt<br />
zu werden. Verständnis beispielsweise ist eine Tugend, weil Menschen sich Verständnis von<br />
anderen erhoffen. Zuwendung gilt als Tugend, weil jeder sich Zuwendung wünscht. Das Gleiche gilt<br />
für Verzeihung, Liebe, Güte, Aufmerksamkeit und viele andere Tugenden.<br />
Wie kann man ernsthaft erwarten, erfolgreich zu sein, wenn man eine Haltung<br />
einnimmt, die wirklich niemand, der bei Verstand ist, haben will. Wer wünscht sich<br />
schon, überzeugt zu werden? Wer möchte seine Meinung ausgetauscht bekommen?<br />
Wer will bitte manipuliert oder beeinflusst werden?<br />
Es ist Zeit für einen völlig anderen Ansatz.<br />
Nehmen wir mal ein - zugegeben - abstruses Beispiel. Angenommen,<br />
ich möchte Sie für ein neues Hobby begeistern:<br />
Fliegenfischen. Wenn Sie einen der Filme „Aus der<br />
Mitte entspringt ein Fluss“ oder „Lachsfischen im Jemen“<br />
gesehen haben, wissen Sie zumindest, was das ist. Falls<br />
nicht: Es ist eine besondere Art des Angelns. Kunstvoll<br />
aus Nylonfäden gestaltete Köder, die unterschiedliche Insekten überraschend<br />
naturgetreu nachahmen, werden mit einer langen Angel und<br />
wunderbar rhythmischen Bewegungen weit ausgeworfen. Fische halten<br />
die Köder für Insekten, die ins Wasser fallen, und schnappen zu. Wie kann<br />
ich Sie dafür interessieren, dieses Hobby zu wählen?<br />
Angenommen, Sie sind noch kein Fan dieser Freizeitbeschäftigung: Wie<br />
kann ich Sie begeistern? Vielleicht, indem ich versuche herauszufinden,<br />
was Sie interessiert. Vielleicht würde ich Sie fragen, was Sie von einem<br />
Hobby halten, das bei extrem hohem Erholungswert nur minimales Budget<br />
erfordert. Oder ich würde mich nach Ihrer Meinung zu einer Freizeitbeschäftigung<br />
erkundigen, die in warmen Jahreszeiten eine Betätigung<br />
an der frischen Luft ermöglicht und dennoch auch im Winter, wenn man<br />
lieber zu Hause bleibt, spannende Tätigkeiten bietet. Oder ich möchte<br />
wissen, wie Sie über ein Steckenpferd denken, das gleichsam handwerkliches<br />
Geschick und körperliche Betätigung verlangt. Und dabei würde ich<br />
genau hinsehen und zuhören. Und ich würde auf das Leuchten in Ihren<br />
Augen warten. Und dann würde ich mit Ihnen über genau dieses - Ihr -<br />
Interesse sprechen. Es ist sehr viel einfacher, vorhandenes Interesse zu<br />
finden als Interesse zu erzeugen.<br />
Perspektiv-Wechsel<br />
„Dich liebe ich“ statt „Ich liebe Dich“<br />
Warum ist „Ich liebe Dich“ höchstens die zweitbeste Liebeserklärung?<br />
Führen Sie sich vor Augen, dass der Satz im Prinzip Folgendes ausdrückt:<br />
„Ich, also die Person, die mir am wichtigsten ist, hat beschlossen, jemanden<br />
zu lieben - und das bist Du.“ Der Fokus liegt auf „Ich“. Und jetzt drehen<br />
wir das um: „Du, also die wundervolle Person, die mir am wichtigsten ist,<br />
wird geliebt - und zwar von mir.“ Besser?<br />
<strong>Mai</strong> <strong>2013</strong> | <strong>ZT</strong> 9