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Albvereinsblatt_2009-2.pdf

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Schauplatz Gaildorf<br />

Wer ist schuld an dem so eigenartig klingenden<br />

Namen dieser »Metropole der Limpurger<br />

Berge«? Es sind die Ritter von Geilndorff, die<br />

ursprünglichen Erbauer des Alten Schlosses<br />

dort. Das Geschlecht der Geilndorffer ist längst<br />

ausgestorben, doch ihr Name ist der Stadt geblieben<br />

– wenngleich mit einer kleinen Lautverschiebung.<br />

Prägend für die Stadtgeschichte sind dann freilich<br />

die Schenken von Limpurg geworden, die<br />

nach den Geilndorffern in das Schloss gezogen<br />

sind und die Stadt ab dem Jahr 1482 sogar<br />

zu ihrem Herrschaftsmittelpunkt gemacht<br />

haben. Eine kleine, ländlich-rustikale Residenz.<br />

Immerhin war Gaildorf seitdem die Hauptstadt<br />

einer Grafschaft, die bis zum Jahr 1806 als<br />

reichsunmittelbare Herrschaft geglänzt hat. Ein<br />

eigenständiger Kleinstaat also. Bis man dann im Zuge der<br />

von Napoleon betriebenen Flurbereinigung im Südwesten<br />

zum neu entstandenen Königreich Württemberg gekommen<br />

ist. Aber zu dieser Zeit waren auch die Schenken von Limpurg<br />

bereits ausgestorben – denn sowohl Schenk Wilhelm<br />

Heinrich (gestorben 1690), als auch Schenk Vollrat aus der<br />

Nebenlinie Obersontheim, der im Jahr 1713 seinen letzten<br />

Schnaufer tat, haben keine Söhne gehabt. Die insgesamt<br />

zehn erbberechtigten Töchter waren für andere renommierte<br />

deutsche Adelsfamilien natürlich schon deshalb ein dementsprechend<br />

attraktives Objekt der Begierde. Der Heiratsmarkt<br />

muss nun regelrecht gebrummt haben. Das ist<br />

auch der Grund dafür, weshalb die ehemaligen Besitzungen<br />

der Schenken von Limpurg inzwischen den Familien derer<br />

von Solms, von Bentheim, von Waldeck und von Pückler gehören.<br />

Pückler? War da nicht mal was? Ja, genau: die Sache<br />

mit dem »Fürst Pückler-Eis«. Eine der Limpurgischen Erbtöchter<br />

war die Großtante des späteren Eiserfinders (Schokolade,<br />

Vanille, Erdbeere: himmlisch!).<br />

Die große Zeit der fränkisch-schwäbischen Adelsfamilie der<br />

Schenken von Limpurg hatte aber natürlich viel früher begonnen.<br />

Spätestens seitdem sie noch auf der Limpurg, ihrer<br />

namensgebenden Burg, sozusagen direkt über den Dächern<br />

der einstmals Freien Reichsstadt Schwäbisch Hall residiert<br />

haben. Schon damals besaßen sie einen riesigen<br />

Waldbesitz – und genau das war ihr großer Vorteil. Denn der<br />

Holzbedarf der Salzsieder von Hall war unersättlich, durch<br />

den Verkauf ihres Holzes gegen gutes Geld an die Haller<br />

Nachbarn sind die Schenken folglich reich geworden. Und<br />

noch heute gilt der Holzreichtum der Landschaft rund um<br />

Gaildorf mitten im Schwäbischen Wald ja als eine der wichtigsten<br />

Einnahmequellen dort: Sägewerke, Zimmereien, Holzhandlungen<br />

und so weiter.<br />

Ins Licht der Deutschen Geschichte rückten die Limpurger<br />

schon in der Zeit der Staufer, und ganz »amtlich« wird ihr<br />

Platz im »Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation« spätestens<br />

mit der Erwähnung der Limpurger in der »Goldenen<br />

Thomas Pfündel<br />

21<br />

Bulle« des Kaisers Karl IV. von 1356, wo sie als jene Familie<br />

bezeichnet werden, die das Reichserzamt eines Schenken<br />

erblich verliehen bekommen hat.<br />

Was ein solcher Schenk zu tun hatte? Der war ein wichtiger<br />

Mann beim Ablauf einer Kaiserkrönung. Denn bevor der<br />

neue Kaiser gekrönt werden konnte, musste jener erst einmal<br />

auf einem möglichst edlen Ross in die Stadt seiner Krönung<br />

hineinreiten, am Marktplatzbrunnen sein Pferd zum<br />

Stehen bringen und sich dann von einem dafür besonders<br />

ge schulten Adeligen (eben dem Schenken) einen extra für<br />

die sen Zweck angefertigten goldenen Becher reichen lassen,<br />

der mit jenem Wein gefüllt worden ist, der zur Feier des<br />

Tages aus dem Brunnen floss. Austrinken war natürlich Pflicht!<br />

Als Dank für seinen Dienst hat der Schenk vom nunmehr<br />

leicht beschwingten Kaiser nach dessen erfolgreicher Krönung<br />

das Krönungspferd samt dem Becher geschenkt bekommen.<br />

Gut und gerne fünf Dutzend solcher »Schenkenbecher«<br />

muss es während der Kaiserzeit wohl gegeben haben.<br />

Erhalten geblieben ist davon freilich nur ein einziger:<br />

der Becher von der Krönung Kaiser Maximilians II. aus dem<br />

Jahr 1562. Wo man diese Kostbarkeit wohl bestaunen kann?<br />

Natürlich im Gaildorfer Schloss, dessen Besuch sich noch<br />

aus weiteren Gründen lohnt. Denn es ist einer der größten<br />

Fachwerkbauten im ganzen Land und glänzt zusätzlich auch<br />

noch mit einem sehenswerten Innenhof aus der Renaissance.<br />

Bei unserem nächsten Ausflug geht es hinauf auf den »Kleinen Heuberg«.<br />

Dort – ganz in der Nähe von Meßkirch – wird die Erinnerung an<br />

einen Sohn einfacher Leute hoch gehalten, der vor genau 300 Jahren, als<br />

mittlerweile berühmter Mann, in Wien gestorben ist. Er gilt als der wortgewaltigste<br />

Prediger der Barockzeit. Wenn Sie den Namen seines Geburtsortes<br />

kennen, dann schreiben Sie ihn bitte auf eine Postkarte und<br />

schicken diese an die »Blätter des Schwäbischen Albvereins«, Waldburgstrasse<br />

48, 70563 Stuttgart. Einsendeschluss ist der 25. März <strong>2009</strong>.<br />

Zu gewinnen gibt es dieses Mal Gunter Haugs neues Buch »So war die<br />

Zeit – Lebensgeschichten aus den Aufbaujahren«. Die Rätselfrage aus<br />

dem letzten Heft hat Ursula Kübler aus Leonberg gewonnen.

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