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Albvereinsblatt_2009-2.pdf

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EW<br />

Ellwangen – Stadt der<br />

Fürstpröpste und des Barock<br />

Von Dr. Anselm Grupp<br />

Ellwangen ist eine »wunderbare« Stadt, »ein Kunstwerk in<br />

heiler Landschaft«, die »Barocke Perle der Ostalb« – an<br />

schmeichelnden Zitaten und löblichen Prädikaten hat es<br />

der Stadt im nordöstlichen Zipfel Baden-Württembergs in<br />

der Vergangenheit nie gefehlt. Theodor Heuss war der prominenteste<br />

Autor, der versucht hat, den besonderen Charakter<br />

der Stadt und die herbe Schönheit der sie umgebenden<br />

Landschaft in passende Worte zu kleiden. Auch<br />

heu te hat das 25.000 Einwohner starke Mittelzentrum im<br />

Ostalbkreis nichts von seiner Ausstrahlung und Anziehungskraft<br />

auf seine Besucher verloren. Eine behutsame<br />

Industrieansiedlung und die zurückhaltende Ausweisung<br />

von neuen Wohngebieten haben das historische Gesicht<br />

der über 1.200 Jahre alten Stadt bewahren können.<br />

Wer sich heute der Stadt nähert, erkennt schon aus der<br />

Ferne: Ellwangen ist eine Stadt mit geistlicher Tradition.<br />

Vor dem Auge des Besuchers breitet sich eine Architekturlandschaft<br />

aus, die in der Konstellation ihrer Hauptwerke<br />

den Vergleich mit anderen geistlich geprägten Städten<br />

nahe legt. Die Wallfahrtskirche auf dem Schönenberg,<br />

das fürstpröpstliche Residenzschloss auf der benachbarten<br />

Anhöhe, im Tal die Stiftskirche St. Vitus, unmittelbar<br />

daneben die ehemalige Jesuitenkirche – Vergleiche mit<br />

Würz burg oder Passau drängen sich auf. Vermag sich bei<br />

einer ersten Betrachtung das Barocke in Form von geschweiften<br />

Giebeln, welschen Hauben oder Mansardendächern<br />

in den Vordergrund schieben, so ist dieser Eindruck<br />

nur ein Auszug einer reichen (Kunst-) Geschichte.<br />

Schon im Jahr 764 ist hier eine Klostergründung durch die<br />

burgundischen Bischöfe Hariolf und Erlolf erfolgt. Anstelle<br />

der ersten Klosterkirche steht heute die 1233 geweihte<br />

Basilika St. Vitus, ein Hauptwerk der schwäbischen Spätromanik<br />

und zugleich Kristallisationspunkt für die Siedlungsgeschichte<br />

der Stadt. An diesem Ort wollen wir unseren<br />

Rundgang durch die Stadt beginnen. Vom kastaniengesäumten<br />

Marktplatz lassen sich die Erhabenheit und<br />

Würde dieses bedeutenden Sakralbaus am besten erfassen:<br />

Neben seiner klaren Gliederung und den gelungenen<br />

Proportionen besticht der weitgehend romanisch verbliebene<br />

Außenbau durch seine von fünf Apsiden und zwei Chor -<br />

7<br />

Im Bogenfeld über dem Hauptportal der romanischen Basilika St.<br />

Vitus thront Christus als Weltenrichter zwischen Maria und<br />

Johannes (oben). Außen romanisch, innen Barock: In der Basilika<br />

gibt es viel zu entdecken, nicht nur die barocke Innenausstattung<br />

(unten), auch die Krypta und den Kreuzgang.<br />

türmen bestimmte Ostpar -<br />

tie. Im Innern trium phiert<br />

der Barock, wenngleich in<br />

zurück hal tenden Formen,<br />

den ursprüng lichen romani -<br />

schen Wandaufbau fast noch<br />

betonend. Den Auftrag für<br />

die damalige Modernisierung<br />

erteilte Fürstpropst<br />

Franz Georg von Schönborn<br />

(1732 –1756), ein Vertreter<br />

jener gräflichen Familie, die<br />

in der ersten Hälfte des 18.<br />

Jahrhunderts so entscheiden<br />

den Einfluss auf den<br />

Süd westen des Reiches aus -<br />

geübt hat und deren Fami -<br />

lienmitglieder sich mehrfach »vom Bauwurm besessen« bezeichnet<br />

haben. Franz Georg von Schönborn steht stellvertretend<br />

für eine Reihe von Fürstpröpsten des 18. Jahr -<br />

hunderts, die nur selten in Ellwangen residierten, aber mit<br />

der Entsendung von Malern, Architekten und Kunsthandwerkern<br />

aus den damaligen Kunstzentren des Reiches der<br />

Fürstpropstei zu einer Blüte verholfen haben. So haben die<br />

Baumeister und Architekten Balthasar Neumann, Maximillian<br />

von Welsch und Franz Keller oder die Maler Melchior<br />

Steidl und Christoph Thomas Scheffler hier gewirkt. Wer<br />

einen Besuch der unmittelbar benachbarten evangelischen<br />

Stadtkirche, der ehemaligen Jesuitenkirche, anschließen<br />

möchte, kann diesen Gang auf zweierlei Wegen zum Erleb -<br />

nis werden lassen:<br />

Wer die Stiftskirche zum Marktplatz verlässt, den wird das<br />

ungewöhnliche Ineinandergreifen der beiden Kirchenfassaden<br />

an der Westseite beeindrucken.<br />

Stadt Ellwangen

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