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Testimonial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />
JOBSTARTER<br />
Die Welt ohne Geld<br />
erk<strong>und</strong>en<br />
Tippeln für mehr Fachwissen<br />
Sie reisen zu Fuß oder per Anhalter, denn für ihre Beförderung dürfen sie<br />
kein Geld ausgeben. Die Rede ist von den Handwerksgesellen auf der Walz.<br />
Die Wanderjahre, auch als Wanderschaft, Walz, Tippelei oder Gesellenwanderung<br />
bezeichnet, beziehen sich auf das Umherziehen zünftiger Gesellen.<br />
Sie umfassen die Zeit nach dem Abschluss ihrer Lehrzeit (Freisprechung).<br />
Vom Spätmittelalter bis Mitte des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts war die Walz Voraussetzung<br />
für den Gesellen, seine Meisterprüfung zu beginnen. Im Einzelnen regelten<br />
die entsprechenden Zünfte die Dauer <strong>und</strong> den Ablauf der Wanderschaft.<br />
Sinn des Wanderns war es auch, irgendwann einmal den väterlichen Betrieb<br />
zu übernehmen. Ein Handwerker, der sich auf dieser traditionellen Wanderschaft<br />
befindet, wird als Fremdgeschriebener oder Fremder bezeichnet.<br />
Mit der Zunahme der neu gegründeten Manufakturen Ende des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
entstanden immer mehr Konflikte mit dem alten Handwerk. <strong>Das</strong><br />
Wandern verlor an Bedeutung, da die größer werdenden Betriebe Interesse<br />
hatten, das in ihrem Unternehmen vermittelte Wissen für sich zu nutzen.<br />
Anfang der 1950er Jahre stieg das Interesse an der traditionellen Walz<br />
rasch wieder an, erreichte aber nie die Dimensionen der Vorkriegsjahre.<br />
Anfang der 80er Jahre waren der Wunsch nach alternativen Lebensweisen<br />
<strong>und</strong> die Emanzipation der Frauen besonders starke Strömungen. Zwei neue<br />
Handwerkervereinigungen, sogenannte „Schächte“, wurden gegründet. Ihre<br />
Strukturen wichen stark von den „alten“ Traditionsschächten ab. Und: Sie ließen<br />
auch Frauen zu. Im Jahr 2005 waren zwischen 600 <strong>und</strong> 800 Gesellen entweder<br />
freireisend oder, in Schächten organisiert, fremdgeschrieben (auf<br />
Wanderschaft). Der Anteil der Frauen liegt insgesamt bei etwa zehn Prozent.<br />
2010 zählte man in Deutschland noch wenig mehr als 450 Tippelbrüder, weltweit<br />
sollen es etwa 10.000 sein.<br />
Um als Fremdgeschriebener die Welt bereisen zu können, müssen einige<br />
Bedingungen erfüllt sein. Auf die Wanderschaft darf heute nur gehen, wer die<br />
Gesellenprüfung bestanden hat, ledig, kinderlos <strong>und</strong> schuldenfrei ist. Die<br />
Wanderschaft soll nicht als „Flucht“ vor Verantwortung missbraucht werden.<br />
Oftmals ist ein polizeiliches Führungszeugnis ohne Einträge erforderlich. Die<br />
meisten Schächte haben eine Altersbegrenzung. Manchmal ist auch die Mitgliedschaft<br />
in einer Gewerkschaft erforderlich.<br />
Die Tippelei war <strong>und</strong> ist teilweise an schwierige Bedingungen geknüpft. So<br />
darf der Fremdgeschriebene in seiner Reisezeit einen Bannkreis von meist 50<br />
km um seinen Heimatort nicht betreten, auch nicht im Winter oder zu Feiertagen.<br />
Er darf kein eigenes Fahrzeug besitzen <strong>und</strong> bewegt sich nur zu Fuß oder<br />
per Anhalter fort. Öffentliche Verkehrsmittel sind verpönt.<br />
Weiterhin muss er in der Öffentlichkeit immer seine Kluft tragen. Da ein<br />
Fremder oftmals auf die Unterstützung der Bevölkerung angewiesen ist (zum<br />
Beispiel bei der Suche nach Arbeit oder einem Schlafplatz), hat er sich immer<br />
ehrbar <strong>und</strong> zünftig zu verhalten, so dass der Nächste ebenfalls gern gesehen<br />
ist. Eine gepflegte Erscheinung erleichtert die Kontaktaufnahme <strong>und</strong> das<br />
Trampen.<br />
All sein Hab <strong>und</strong> Gut verstaut der wandernde Geselle in einem Charlottenburger<br />
(„Charlie“), ein circa 88 mal 88 Zentimeter großes Tuch, in dem der<br />
Tippelbruder Wechselwäsche, Zahnbürste <strong>und</strong> Werkzeug trägt. Auf den meist<br />
zu einer langen Wurst geknoteten, mit Wappen bedruckten Stoff kommt oben<br />
noch der Schlafsack. Die von den Wandergesellen getragenen Ohrringe<br />
waren in der Zeit der Zünfte noch kein Gruppenkennzeichen von Gesellen<br />
oder bestimmten Berufsgruppen. Im Notfall konnten durch den Verkauf auch<br />
finanzielle Engpässe, zum Beispiel bei vorübergehender Arbeitslosigkeit,<br />
überbrückt werden. Hatte sich ein Geselle unehrenhaft verhalten, wurde ihm<br />
der Ohrring ausgerissen. Auffällig ist sein Stenz <strong>und</strong> vor allem die Bekleidung:<br />
Ein schwarzer Hut mit breiter Krempe, Zylinder, Dreispitz o. ä. <strong>und</strong> eine Kluft<br />
mit weiten Schlaghosen, Weste <strong>und</strong> Jackett, die farblich der Tradition seines<br />
Berufsstandes entspricht.<br />
Da ein hoher Prozentsatz der Fremden Zimmerleute sind, ist es nur wenig<br />
bekannt, dass auch Gesellen anderer Handwerksberufe wie zum Beispiel<br />
Tischler, Maurer, Dachdecker, Betonbauer, Bootsbauer, Töpfer, Schmiede,<br />
Spengler, Steinmetze, Holzbildhauer, Buchbinder, Schneider, Goldschmiede,<br />
Instrumentenbauer, Kirchenmaler <strong>und</strong> viele mehr auf der Wanderschaft sind.<br />
Der Irrglaube, dass nur Zimmerer auf der Walz wären, wird noch dadurch verstärkt,<br />
dass viele Gesellen anderer Gewerke ebenfalls die typische schwarze<br />
Zimmererkluft mit der weißen Staude, einem kragenlosen Hemd, tragen.<br />
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