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süßungsmittel aus ernährungs- medizinischer sicht

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Der Süßstoff – gewonnen <strong>aus</strong><br />

der Stevia-Pflanze – ist 200 bis<br />

300 mal süßer als Zucker<br />

Süßungsmittel <strong>aus</strong> <strong>ernährungs</strong><strong>medizinischer</strong><br />

Sicht<br />

Der Mensch hat eine Vorliebe für den süßen Geschmack. Aber welche Süßungsmittel sind gut für den Menschen?<br />

Und welche davon machen dick und sollten darum gemieden werden?<br />

D<br />

ie Vorliebe für alles Süße ist festgelegt<br />

und trifft für alle Menschen zu. Scheinbar<br />

ist diese Vorliebe ein Überbleibsel der menschlichen<br />

Evolution, die von Hungersnöten bestimmt<br />

war. Süße Lebensmittel gab es insbesondere,<br />

wenn Früchte reif waren, die sollten<br />

dem Menschen schmecken um einen <strong>aus</strong>reichenden<br />

Verzehr zu garantieren. Aber genau<br />

darin liegt heute ein Problem, denn die<br />

menschlichen Entwicklungsgeschichte, war zu<br />

über 99 Prozent der Zeit von Mangelernährung<br />

geprägt. Es ging in der Menschheitsgeschichte<br />

also fast immer darum, an Nahrung zu gelangen<br />

und diese möglichst effizient zu speichern.<br />

Diese Eigenschaft der „guten Futterverwertung“<br />

hat sich als entscheidender Vorteil erweisen.<br />

Aber inzwischen ist der Mensch sozusagen<br />

in die Genomfalle getappt. Während früher die<br />

Bewegung garantiert war, ist sie es heute nicht<br />

mehr. Demgegenüber war früher die adäquate<br />

Energieaufnahme nicht garantiert. Heutzutage<br />

ist eine unzureichende Kalorienaufnahme weltweit<br />

nicht mehr die Regel. Im Gegenteil, die<br />

Überernährung ist weltweit ein inzwischen größeres<br />

Problem als die Mangelernährung. Der<br />

süße Geschmack kommt natürlicherweise insbesondere<br />

<strong>aus</strong> kohlenhydratreichen Lebensmitteln.<br />

Heute stammt der süße Geschmack häufig<br />

auch <strong>aus</strong> Zusatzstoffen. Zu diesen zählen die<br />

Süßstoffe. Viele davon sind in der Diskussion.<br />

Aber vielleicht sind Fruchtzucker, Dicksäfte, Sirupe<br />

oder Honig besonders gut für den Menschen.<br />

Und vielleicht führt auch eher Fett zu<br />

Übergewicht. Oder ist doch Zucker dafür verantwortlich?<br />

Oder lösen Süßstoffe Hunger und<br />

Appetit <strong>aus</strong>? In der Menschengeschichte spielen<br />

Kohlenhydrate eine wichtige Rolle. Erstmalig<br />

im Leben nimmt der Säugling Kohlenhydrate<br />

über die Muttermilch auf. Und zwar insbesondere<br />

in Form von Milchzucker, denn Muttermilch<br />

ist relativ süß – im Vergleich zu Kuhmilch.<br />

Warum der Mensch überhaupt<br />

Süßes liebt<br />

Die Vorliebe für Süßes ist dem Menschen angeboren:<br />

Studien zeigten schon bei Neugeborenen<br />

eine Präferenz für süße Nahrungsmittel.<br />

Die Menschheit mischt schon seit langem süß<br />

schmeckende Substanzen unter ihre Mahlzeiten.<br />

Der erste bekannte Süßstoff war Honig,<br />

der vor allem in China und Griechenland verwendet<br />

wurde. Später wurde Honig durch Saccharose<br />

(„H<strong>aus</strong>haltszucker“, im englischen als<br />

„Sucrose“ bezeichnet) ersetzt, den man früher<br />

hauptsächlich <strong>aus</strong> Zuckerrohr, das in südlichen<br />

Ländern angebaut wurde und wird, gewann.<br />

Als Ursprung des Zuckerrohrs werden<br />

Indien, Neuguinea oder China vermutet. Heute<br />

wird in Europa hauptsächlich die Zuckerrübe<br />

für die Zuckerherstellung verwendet. Damit<br />

wollte man von Importen <strong>aus</strong> den Kolonialländern<br />

unabhängig werden.<br />

Der Stellenwert von Kohlenhydraten<br />

für die menschliche<br />

Ernährungsweise<br />

Kohlenhydrate stellen für den menschlichen<br />

Organismus leicht verwertbare und bevorzugte<br />

Energielieferanten dar. Die tägliche Kohlenhydratzufuhr<br />

sollte bei 50 bis 60 Prozent der<br />

Gesamtenergiezufuhr liegen und bevorzugt<br />

<strong>aus</strong> stärkehaltigen und ballaststoffreichen Lebensmitteln<br />

bestehen. Nach Angaben des Ernährungsberichts<br />

<strong>aus</strong> dem Jahr 2000 betrug<br />

der Anteil der Kohlenhydrate an der täglichen<br />

Gesamtenergiezufuhr 44,4 Prozent bei Männern<br />

und 46,3 bei Frauen. Lediglich rund die<br />

Hälfte dieser zugeführten Kohlenhydrate bestand<br />

dabei <strong>aus</strong> Polysacchariden (insbesondere<br />

Stärke). Charakteristisch für die Verwertung<br />

6 foodTechnologie Ausgabe 5/2012 November


November Ausgabe 5/2012 foodTechnologie


INGREDIENTS<br />

Makronährstoffe Mikronährstoffe Sonstige Nahrungsbestandteile<br />

Verdauliche Kohlenhydrate<br />

Fette (Lipide)<br />

Eiweiße (Proteine)<br />

Vitamine<br />

Mineralstoffe<br />

Mengenelemente<br />

Spurenelemente<br />

Ultra-Spurenelemente<br />

Nahrungsfasern (Ballaststoffe)<br />

sekundäre Pflanzenstoffe<br />

Wasser<br />

Enzyme<br />

Alkohol<br />

Kohlenstoff (C), Wasserstoff (H) und Sauerstoff<br />

(O) aufgebaut. Sie werden auch als Saccharide<br />

bezeichnet: Mono-, Di-, Oligo- und<br />

Polysaccharide. Die Namen der unterschiedlichen<br />

Zucker sind an der Endung -ose zu erkennen<br />

(beispielsweise Fruktose). Das Wort „Zucker“<br />

wird allerdings eher für Mono- und Disaccharide<br />

verwendet. Mit „H<strong>aus</strong>haltszucker“<br />

ist Saccharose gemeint. Die Molekülgröße bestimmt,<br />

um welches Saccharid es sich handelt<br />

(siehe Tabelle 2).<br />

Tabelle 1: Unterteilung der Nahrungsbestandteile<br />

von Kohlenhydraten ist ein Anstieg des Glucosespiegels<br />

im Blut (Blutzucker). Zum Vergleich<br />

der Blutglucosewirkung verschiedener kohlenhydrathaltiger<br />

Lebensmittel wurden der Glykämische<br />

Index (GI) und die Glykämische Last<br />

(GL) eingeführt. Der GI beschreibt das Ausmaß<br />

des Blutglucoseanstiegs nach dem Verzehr von<br />

50 Gramm verwertbaren Kohlenhydraten eines<br />

Lebensmittels im Vergleich zu 50 Gramm<br />

verwertbaren Kohlenhydraten einer Referenzlebensmittels.<br />

Die GL errechnet sich <strong>aus</strong> dem<br />

GI des Lebensmittels multipliziert mit der Menge<br />

der verwertbaren Kohlenhydrate der verzehrten<br />

Portion dividiert durch 100. Je höher<br />

das Ergebnis ist, desto größer ist die erwartete<br />

Blutglucosesteigerung durch den Verzehr<br />

der Lebensmittelportion. In der Praxis spielen<br />

GI und GL bislang vor allem in der Therapie<br />

des Diabetes mellitus eine Rolle. In zunehmendem<br />

Maße werden GI und GL aber auch mit<br />

der Prävention von <strong>ernährungs</strong>(mit)bedingten<br />

Erkrankungen in Zusammenhang gebracht.<br />

Zahlreiche Studien suchen eine Antwort auf<br />

die Frage, ob eine Ernährung mit niedrigem<br />

GI bzw. GL das Risiko für die Entstehung von<br />

Übergewicht, Diabetes mellitus, kardiovaskulären<br />

Erkrankungen oder sogar Krebs minimieren<br />

könnte. Es gibt viele postulierte positive<br />

Effekte einer Ernährungsweise mit niedrigem<br />

GI und GL, deren wissenschaftlich eindeutiger<br />

Nachweis jedoch noch <strong>aus</strong>steht. Auch wenn es<br />

in den Publikumsmedien und von „Diätbuchautoren“<br />

oftmals anders dargestellt wird, ist<br />

es nicht mit der notwendigen wissenschaftlichen<br />

Evidenz nachgewiesen, dass eine kohlenhydratarme<br />

und fettreiche Ernährungsweise irgendwelche<br />

Vorteile vor einer kohlenhydratreichen<br />

und fettarmen Ernährungsweise hat.<br />

Zucker und andere Kohlenhydratträger für die<br />

Entstehung von Krankheiten und Übergewicht<br />

verantwortlich zu machen, ist somit nachweislich<br />

falsch. Vielmehr entsteht Übergewicht<br />

auf dem Boden einer genetischen Disposition<br />

bei Bewegungsmangel und/oder hyperkalorischer<br />

Kost. Ebenso darf bei Erkrankungen<br />

des Stoffwechsels der Einfluss von Kohlenhydratträgern<br />

wie Saccharose oder Glukose nicht<br />

Organische Säure<br />

überschätzt werden. Der Diabetes mellitus,<br />

der volkstümlich auch als Zuckerkrankheit bezeichnet<br />

wird, entsteht nicht auf dem Boden<br />

einer zuckerreichen Kost, sondern ist ebenfalls<br />

auf dem Boden einer genetischen Prädisposition<br />

sowie Über-/Fehlernährung und Bewegungsmangel.<br />

Er entsteht jedoch nachweislich<br />

nicht durch den Konsum von Zucker. Insgesamt<br />

hat Überernährung aber natürlich etwas<br />

mit der Zusammensetzung der Nährstoffe<br />

zu tun. Kohlenhydrate gehören wie Proteine<br />

und Lipide zu den sogenannten Nährstoffen.<br />

Nährstoffe sind chemisch definierte organische<br />

und anorganische Bestandteile der Nahrung.<br />

Sie dienen dem Aufbau und der Erhaltung<br />

von Körpersubstanzen, liefern Energie<br />

und sind für einen Teil biochemischer Funktionen<br />

im menschlichen Körper verantwortlich.<br />

Aus <strong>ernährungs</strong>physiologischer Sicht werden<br />

Nährstoffe in Makronährstoffe, Mikronährstoffe<br />

und sonstige Nahrungsbestandteile unterteilt<br />

(siehe Tabelle 1). Es wird zwischen unentbehrlichen<br />

(essentiellen) und entbehrlichen<br />

(nicht-essentiellen) Nahrungsinhaltsstoffen<br />

unterschieden. Als unentbehrlich werden<br />

solche Inhaltsstoffe bezeichnet, die vom Organismus<br />

nicht selbst synthetisiert werden können,<br />

auf die der menschliche Körper aber angewiesen<br />

ist. Hierzu gehören beispielsweise<br />

verschiedene Eiweißb<strong>aus</strong>teine (Aminosäuren)<br />

wie Phenylalanin oder Tryptophan, Fettsäuren<br />

wie Linol- oder Linolensäure. Das Fehlen eines<br />

unentbehrlichen Inhaltsstoffes kann somit zu<br />

dementsprechend schwerwiegenden Mangelerscheinungen<br />

führen. Entbehrliche Nährstoffe<br />

können dagegen vom Organismus synthetisiert<br />

werden. Kohlenhydrate sind ebenfalls für<br />

den Menschen lebenswichtig.<br />

Aufbau der Kohlenhydrate<br />

Der Name Kohlenhydrate stammt <strong>aus</strong> dem 19.<br />

Jahrhundert, als man annahm, dass Kohlenhydrate<br />

eine hydratisierte Form des Kohlenstoffs<br />

sind. Kohlenhydrate sind <strong>aus</strong> den Elementen<br />

Saccharose (Rohr-, Rüben-, H<strong>aus</strong>haltszucker)<br />

Saccharose setzt sich <strong>aus</strong> einem Molekül Glukose<br />

und einem Molekül Fruktose zusammen.<br />

Es kommt in Zuckerrüben, Zuckerrohr<br />

und in vielen Früchten und Pflanzensäften vor.<br />

Der Zuckerkonsum in Deutschland von rund<br />

90 g/ Tag (besonders durch gesüßte Getränke,<br />

Süßigkeiten und H<strong>aus</strong>haltszucker) ist nicht<br />

alleine verantwortlich für die Entstehung von<br />

Karies oder Adipositas, ebensowenig ist Zucker<br />

ein Vitaminräuber. Adipositas und Diabetes<br />

mellitus Typ 2 haben multifaktorielle Gründe,<br />

trotzdem ist eine zuckerreiche Ernährungsweise<br />

wenig sinnvoll.<br />

Saccharose hat den GRAS-Status und ist damit<br />

sicher für den Menschen. Die Abkürzung<br />

GRAS steht für Generally Recognized As Safe.<br />

Diese Einstufung von Substanzen wird von der<br />

US-amerikansichen Food and Drug Administration<br />

(FDA) nach wissenschaftlicher Prüfung<br />

vergeben. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung<br />

empfiehlt, dass täglich nicht mehr<br />

als 10 Prozent der empfohlenen Energieaufnahme<br />

<strong>aus</strong> Saccharose stammen sollten. Beim<br />

durchschnittlichen Energiebedarf von 2000 bis<br />

2500 entspricht das 50 bis 62,5 Gramm. Die<br />

tatsächliche Zuckeraufnahme in Deutschland<br />

liegt deutlich oberhalb dieser Empfehlungen.<br />

Mit 33 bis 34 Kilogramm/Jahr durchschnittlicher<br />

Zuckeraufnahme in Deutschland liegt<br />

Einteilung der Saccharide<br />

Einfachzucker<br />

(Monosaccharid)<br />

Zweifachzucker<br />

(Disaccharid)<br />

Mehrfachzucker<br />

(Oligosaccharid)<br />

Vielfachzucker<br />

(Polysaccharid)<br />

Tabelle 2<br />

Besteht <strong>aus</strong> einem Zuckerb<strong>aus</strong>tein<br />

und kann deswegen nicht<br />

mehr gespalten werden<br />

Ist <strong>aus</strong> zwei Zuckerb<strong>aus</strong>teinen<br />

bzw. Monosacchariden aufgebaut.<br />

Die Saccharose gehört zur<br />

Gruppe der Disaccharide<br />

Ist <strong>aus</strong> 3 bis 10 Monosacchariden<br />

zusammengesetzt<br />

Besteht <strong>aus</strong> über 10 Monosacchariden<br />

8 foodTechnologie Ausgabe 5/2012 November


INGREDIENTS<br />

Saccharosereiche Lebensmittel<br />

Kaugummi 95,2 g/100 g 387 kcal/100 g<br />

Baiser 83,5 g/100 g 364 kcal/100 g<br />

Krokant 81,1 g/100 g 452 kcal/100 g<br />

Toffees 71,1 g/100 g 450 kcal/100 g<br />

Weichkaramellen Bonbons 71,1 g/100 g 450 kcal/100 g<br />

Marzipan 71,1 g/100 g 459 kcal/100 g<br />

Orangeat 66,9 g/100 g 309 kcal/100 g<br />

Konfitüre/Gelee Marmeladen 65,0 g/100 g 280 kcal/100 g<br />

Nougat 63,5 g/100 g 474 kcal/100 g<br />

Zitronat (Sukkade) 63,0 g/100 g 293 kcal/100 g<br />

Tabelle 3<br />

der Durchschnittbürger oberhalb<br />

der <strong>aus</strong>geglichenen Kalorienbilanz.<br />

Daher ist die Aussage, dass<br />

Zucker zur Entstehung von Übergewicht<br />

und Adipositas beitragen<br />

kann, nicht vollständig falsch.<br />

Die verschiedenen Kohlenhydrate<br />

haben eine unterschiedliche Süßkraft.<br />

Dieser ist beispielsweise bei<br />

Fruchtzucker besonders hoch und<br />

bei Milchzucker besonders niedrig.<br />

Ungleich größer ist die Süße<br />

von Süßstoffen, die zur Gruppe<br />

der Zusatzstoffe gehören (siehe<br />

Tabelle 4, S. 10). Der Geschmack<br />

von Süßstoffen ist jedoch nicht<br />

mit dem Geschmack von H<strong>aus</strong>haltszucker<br />

vergleichbar.<br />

In den Publikumsmedien wird zunehmend<br />

auf die Gefahren einer<br />

kohlenhydratreichen Ernährungsweise<br />

hingewiesen. Dabei<br />

muß darauf hingewiesen werden,<br />

dass die durchschnittliche Ernährungsweise<br />

in Deutschland überhaupt<br />

nicht kohlenhydratreich ist.<br />

Zudem sind Kohlenhydrate für<br />

den Menschen lebenswichtig. Bestimmte<br />

Zellen des Körpers können<br />

ohne die im Blut enthaltene<br />

Glukose nicht überleben. Der tägliche<br />

Kohlenhydratbedarf liegt bei<br />

mindestens 120 g. Natürlich ist<br />

eine zuckerreiche Ernährungsweise<br />

oftmals auch eine fettreiche Ernährungsweise,<br />

da viele Süßwaren<br />

beide Nährstoffe enthalten<br />

und der Konsum von zuckergesüßten<br />

Softdrinks sicher nicht unbegrenzt<br />

sinnvoll ist. Problematisch<br />

ist hierbei insbesondere, dass<br />

Getränke keine oder keine <strong>aus</strong>reichende<br />

Sättigung hervorrufen.<br />

Seit mehr als 120 Jahren gibt es<br />

also Gründe für Zuckerersatzprodukte.<br />

Dazu zählen insbesondere<br />

die Zucker<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chstoffe, wie<br />

Fruktose und Süßstoffe.<br />

SüSSstoffe werden zu<br />

Unrecht gescholten<br />

Keine anderen Produkte werden<br />

so sehr kritisiert wie Süßstoffe.<br />

Experten und „Laien“ berichten<br />

über angeblich gesundheitsschädigenden<br />

Wirkungen von Süßstoffen.<br />

Dies führt zu Verunsicherung<br />

der Konsumenten, die einerseits<br />

gerne die Vorteile der Süßstoffe<br />

nützen möchten, andererseits<br />

aber Angst haben durch deren<br />

Konsum krank zu werden. Der immer<br />

wieder beschriebene Effekt<br />

auf die Hunger-Sättigungs-Regulation<br />

scheint nicht vorhanden zu<br />

sein. In jedem Falle führen Süßstoffe<br />

nicht zur Insulin<strong>aus</strong>schüttung.<br />

Studien zeigen zudem, dass<br />

Süßstoffe bei der Gewichtsreduktion<br />

helfen können. Zudem haben<br />

sie viele weitere Indikationen und<br />

dazu gehören insbesondere:<br />

• Diabetes mellitus (alle Typen)<br />

• Hypertriglyzeridämie<br />

• Fruchtzuckerunverträglichkeit<br />

• Fruktoseintoleranz<br />

• Übergewicht<br />

• Adipositas<br />

• Kariesvorbeugung<br />

Die Zuckerrübe wurde <strong>aus</strong> der<br />

Runkelrübe gezüchtet und hatte<br />

anfangs einen niedrigen Zucker-<br />

November Ausgabe 5/2012 foodTechnologie<br />

9


INGREDIENTS<br />

Saccharid<br />

Süßkraft<br />

Sacharose 1<br />

Fruktose 1,5<br />

Glukose 0,6<br />

Laktulose 0,55<br />

Galaktose 0,5<br />

Trehalose 0,45<br />

Mannose 0,4<br />

Maltose 0,35<br />

Laktose 0,3<br />

Vergleich mit<br />

Süßstoffen<br />

Süßkraft<br />

Cyclamat 35<br />

Aspartam 200<br />

Acesulfam-K 200<br />

Sacharin 500<br />

Neohesperidin DC 500 - 2.000<br />

Thaumatin 2.000 - 3.000<br />

Tabelle 4: Süßkraft von Mono- und Disacchariden<br />

bezogen auf Saccharose<br />

gehalt. Durch gezielte Züchtung konnte dieser<br />

auf circa 17% Zucker gesteigert werden. Die<br />

Zuckerrübe wächst in gemäßigten Gebieten<br />

und braucht im Sommer relativ viel Wasser. Die<br />

Überreste, die bei der Zuckerherstellung entstehen,<br />

(zum Beispiel Hackschnitzel) werden<br />

als Tierfutter eingesetzt. Im I. und II. Weltkrieg<br />

wurde „Zucker“ zunehmend teurer und knapper<br />

wodurch der erste „künstliche Süßstoff“<br />

auf den Markt gebracht wurde. Der 1879 von<br />

Remsen und Fahlberg zufällig entdeckte Zuckerersatz<br />

wurde unter den Namen Saccharin<br />

bekannt und war im Gegensatz zu Zucker<br />

billiger zu produzieren. Nach den Weltkriegen<br />

wurde „Zucker“ wieder billiger und leichter<br />

erhältlich und verdrängte Saccharin wieder<br />

kurzfristig vom Markt. Mit dem zunehmenden<br />

Wohlstand und der wachsenden Süßwaren-<br />

und Fastfood Industrie nahmen allerdings<br />

auch die typischen Krankheiten einer Wohlstandsgesellschaft,<br />

wie Übergewicht/Adipositas,<br />

Diabetes mellitus, Bluthochdruck, zu. So<br />

wurde Saccharin wieder populär, diesmal nicht<br />

<strong>aus</strong> Kostengründen, sondern <strong>aus</strong> Gründen der<br />

Kalorienreduktion. Sie dienten nun als synthetisch<br />

hergestellte oder natürliche Ersatzstoffe<br />

für Zucker in gesüßten Lebensmitteln und Getränken.<br />

So entstand ein Markt für kalorienreduzierte<br />

„Diätprodukte“, in welchen Zucker,<br />

neben anderen Maßnahmen zur Kalorieneinsparung<br />

(z.B.: Fettreduktion) gegen Süßstoffe<br />

mit wenigen Kalorien <strong>aus</strong>get<strong>aus</strong>cht wurde. Im<br />

Rahmen der Harmonisierung und der Anpassung<br />

der Verordnungen über diätetische Lebensmittel<br />

(etc.) wurden diätetische Lebensmittel<br />

für Diabetiker inzwischen abgeschafft.<br />

Süßstoffe sind aber im Rahmen der diabetesgerechten<br />

Ernährungsweise auch nach nationaler-<br />

und internationaler Ernährungsleitlinien<br />

für Diabetiker empfohlen. Der erste entdeckte<br />

Süßstoff war das Saccharin. Da Saccharin einen<br />

bitteren Nachgeschmack hat, wuchs die<br />

Notwendigkeit für die Entwicklung von Süßstoffen<br />

mit besserem Geschmack. Mit der Entwicklung<br />

von Cyclamat in den 1950ern, konnte<br />

der Geschmack von Saccharin deutlich verbessert<br />

werden. Beide Substanzen wurden zusammen<br />

mit weiteren Zusätzen vermischt und<br />

als „Sweet’n’low“ vor allem in den USA mit Erfolg<br />

auf den Markt gebracht.<br />

Nach einer jahrzehntelangen Diskussion um<br />

das sogenannte Süßkraut Stevia hat die Europäische<br />

Kommission am 12. November 2011<br />

den Einsatz dieses Süßstoffs – der etwa 200<br />

bis 300 mal süßer als Zucker ist – ab Dezember<br />

2011 genehmigt, hat. Dabei darf aber<br />

nicht vergessen werden, dass damit nicht Stevia,<br />

sondern Steviol-Glycoside zugelassen worden<br />

sind. Süßstoffe sind die einzigen Süßungsmittel,<br />

die bei der Süßung von Produkten eingesetzt<br />

werden können, aber praktisch keine<br />

Kalorien liefern. Zur Zeit sind in der Europäischen<br />

Union zehn Süßstoffe im Lebensmittelrecht<br />

aufgenommen:<br />

• Acesulfam<br />

• Aspartam<br />

• Aspartam-Acesulfam-Salz<br />

• Cyclamat<br />

• Neohesperidin DC<br />

• Neotam<br />

• Saccharin<br />

• Steviol-Glycoside<br />

• Sucralose<br />

• Thaumatin<br />

Durch immer wieder in den Medien auftauchende<br />

Negativschlagzeilen, haben viele Menschen<br />

beim Gebrauch von Süßstoffen (vor allem<br />

den künstlichen Süßstoffen) ein ungutes<br />

Gefühl. Es finden sich häufig Horrormeldungen<br />

über Süßstoffe die Beispielsweise gerne<br />

über das Internet verbreitet werden. Ein Beispiel<br />

dazu: Aspartam sei ein starkes Nervengift,<br />

Aspartam verursacht Krebs, löst das Gehirn<br />

auf – das ist nur ein sehr kleiner Auszug<br />

von unqualifizierten Meldungen, die den Konsumenten<br />

verunsichern.<br />

Süßstoffe besitzen eine wesentlich stärkere<br />

Süßkraft als Zucker und haben keine oder<br />

nur wenig Kalorien. Lebensmittel oder Getränke<br />

die Energie liefernden Süßstoffe enthalten,<br />

besitzen trotzdem einen geringeren Brennwert<br />

als vergleichbare Lebensmittel die mit Zucker<br />

gesüßt sind. Im Gegensatz zu Saccharose, bieten<br />

sie Karies verursachenden Bakterien keine<br />

Nahrung, da sie von diesen nicht als Nährstoff<br />

genutzt werden können, was ein weiterer Vorteil<br />

gegenüber Zucker ist und der Zahngesundheit<br />

förderlich ist.<br />

Die Süßstoffe werden vor allem für stark Übergewichtige<br />

Menschen und Diabetikern produziert,<br />

um ihnen eine Umstellung auf eine andere<br />

Ernährungsweise etwas erleichtern zu<br />

können. In Amerika wird dafür auch gerne<br />

Fruktosesirup verwendet (aber auch bei uns<br />

finden sich Diabetikerprodukte die mit Fruktose<br />

gesüßt sind), der ebenfalls insulinunabhängig<br />

verstoffwechselt wird. Die Fruktose<br />

kommt in natürlicher Form in Obst und Honig<br />

(Bestandteil des Invertzuckers) vor, wobei<br />

Birne, Trauben und Äpfel einen verhältnismäßig<br />

hohen Fruktoseanteil besitzen. Fruktose<br />

hat um eine um 20% höhere Süßkraft<br />

als der H<strong>aus</strong>haltszucker und besitzt den gleichen<br />

Brennwert: nämlich 4kcal/g. Kalorieneinsparung<br />

erfolgt hier dadurch, dass weniger<br />

Fruktose eingesetzt werden muss um dieselbe<br />

Süßkraft wie Zucker zu erhalten. Aber die<br />

Einsparung an Energie ist hier nicht so hoch,<br />

wie bei künstlichen Süßstoffen die zwar ebenfalls<br />

Energie liefern, aber eine noch viel intensivere<br />

Süßkraft haben und normalerweise<br />

nur in Mischungen mit anderen nicht kalorischen<br />

Süßungsmittel eingesetzt werden. Viele<br />

Konsumenten, die abnehmen wollen, glauben<br />

unbegrenzt bei fruktosehaltigen Getränken<br />

zugreifen zu dürfen (der Aufdruck „Diät“<br />

verführt dazu) und vergessen dabei, dass sie<br />

trotzdem eine beträchtliche Menge an Kalorien<br />

zu sich nehmen. Manche Studien kommen<br />

zu dem Schluss, dass die starke Zunahme an<br />

übergewichtigen Menschen in den USA mit einem<br />

gesteigerten Konsum von mit Fruktosesirup<br />

gesüßten Limonaden korreliert. Andere<br />

Studien sehen hier wieder keinen Zusammenhang<br />

obwohl es Hinweise gibt, dass Fruktose<br />

den Fettstoffwechsel beeinflusst.<br />

Fruchtzucker – Aufnahme besser<br />

nur über Früchte!<br />

Insgesamt ist die Hinwendung der Lebensmittelindustrie<br />

zur Süßung von Getränken und<br />

Lebensmitteln mit Fruchtzucker und dar<strong>aus</strong><br />

hergestellter Süßungsmittel mehr als fraglich.<br />

Desweiteren kann Fruktose bei Personen mit<br />

einer Fruktosemalabsorption zu Bauchschmerzen<br />

und Durchfall führen. Einen weiteren<br />

Nachteil hat Fruktose gegenüber Süßstoffen,<br />

sie kann von der Mundflora verwertet werden<br />

und fördert damit die Entstehung von Karies.<br />

Außer den Süßstoffen künstlichen und natürlichen<br />

Ursprungs sind noch sogenannte Zuckeralkohole,<br />

auch Zucker<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chstoffe genannt,<br />

am Markt. Diese können nur bedingt<br />

10 foodTechnologie Ausgabe 5/2012 November


INGREDIENTS<br />

eingesetzt werden, da sie in höhere<br />

Mengen abführend wirken.<br />

Vor allem Kaugummis werden<br />

heutzutage damit gesüßt. Zuckeralkohole<br />

besitzen einen etwas<br />

niedrigeren Brennwert als Kohlenhydrate,<br />

nämlich 2,4 kcal/g<br />

und ihre Süßkraft beträgt circa<br />

50 – 120% der Saccharose, abhängig<br />

vom verwendeten Zuckeralkohol.<br />

Um die Süßkraft zu erhöhen,<br />

werden Zuckeralkohole<br />

gerne als Mischung mit Süßstoffen<br />

eingesetzt.<br />

der Gewichtsreduktion helfen<br />

können. Zudem kann festgehalten<br />

werden, dass nur Zucker zuckersüß<br />

schmeckt und Süßstoffe<br />

weder die koch- und küchentechnischen<br />

Eigenschaften von<br />

Zucker, noch den Geschmack.<br />

Zucker sollte besonders als Gewürz<br />

möglichst in Maßen eingesetzt<br />

werden.<br />

Fazit<br />

Vor dem Hintergrund der durchschnittlichen<br />

Saccharose-Aufnahme<br />

ist eine moderate Verwendung<br />

von H<strong>aus</strong>haltszucker und damit<br />

gesüßten Produkten ratsam.<br />

Es darf nicht übersehen werden,<br />

dass eine übermäßige Zuckeraufnahme<br />

nicht im Sinne der gesundheitsförderlichen<br />

Lebensmittel<br />

ist. Der Einsatz von Süßstoffen<br />

erscheint sinnvoll, da diese nachweislich<br />

keinerlei Einfluss auf<br />

die Hunger- Sättigung-Regulation<br />

haben und nachweislich bei<br />

Autor:<br />

Sven-David Müller, M.Sc,<br />

Master of Science in Applied<br />

Nutritional Medicine, staatlich<br />

anerkannter Diätassistent,<br />

Diabetesberater DDG, Zentrum<br />

und Praxis für Ernährungskommunikation,<br />

Diätberatung und<br />

Gesundheitspublizistik (ZEK)<br />

Weitere Informationen:<br />

www.svendavidmueller.de<br />

Literatur: Beim Verfasser<br />

Kampffmeyer Food Innovation:<br />

Clean-Label und Gesundheit im Fokus<br />

Geschmacksvorteil bei stark zuckerreduzierten Produkten<br />

S<br />

eit 50 Jahren kommen die funktionellen<br />

Mehle der Produktlinie Purafarin ® in<br />

den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen<br />

zum Einsatz. Mit der Entwicklung zweier<br />

Varianten <strong>aus</strong> Mais und Reis reagiert das Unternehmen<br />

auf die steigende Nachfrage nach<br />

glutenfreien Clean-Label-Bindesystemen. Diese<br />

Anforderung besteht vor allem seitens des<br />

Außer-H<strong>aus</strong>-Marktes, insbesondere von Unternehmen,<br />

die Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten<br />

versorgen.<br />

Purafarin ® Hydrosoft auf Weizenbasis verbessert<br />

die Frischhaltung und Qualität von Backwaren<br />

und sorgt für eine weiche und saftige Krume.<br />

Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Herstellung<br />

von Clean-Label-Pizza, denn das funktionelle<br />

Mehl kann Additive sowie Fett in der Teigrezeptur<br />

ersetzen. Bei der industriellen Herstellung<br />

von Pizza werden diese Inhaltsstoffe üblicherweise<br />

benötigt, um die gewünschte Textur<br />

und Frischhaltung zu erreichen. Durch den Einsatz<br />

von Purafarin ® Hydrosoft ist es möglich, Pizzateig<br />

auch industriell mit den vier Grundzutaten<br />

Mehl, Wasser, Salz und Hefe herzustellen.<br />

Resultat sind elastische Teige mit einer lockeren<br />

und saftigen Textur. Tests belegen, dass diese Eigenschaften<br />

auch nach mehrwöchiger Gefrierkühlung<br />

bestehen bleiben.<br />

Goldader ® Weizen Aleuron besteht <strong>aus</strong> den<br />

nährstoffreichsten Bestandteilen des Weizens.<br />

Reich an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen,<br />

sorgt es bei allen Arten von Backwaren<br />

und auch Lebensmitteln wie Pasta oder Frühstückscerealien<br />

für ein verbessertes Nährwertprofil.<br />

Goldader ® Weizen Aleuron hat eine sehr<br />

helle Farbe und kann sparsam dosiert werden.<br />

So bleiben Aussehen und Geschmack der Endprodukte<br />

fast unverändert. Die Getreidespezialität<br />

wird durch einen innovativen mehrstufigen<br />

Mühlenprozess gewonnen und veredelt.<br />

Hi Europe:<br />

Stand F64<br />

Weitere Informationen:<br />

www.kampffmeyer.com<br />

Quelle(n) Bild(er): Kampffmeyer<br />

November Ausgabe 5/2012 foodTechnologie<br />

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