Seniorenresidenzen by Carnival & Co.? - Hochschule Bremerhaven
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M. Vogel: <strong>Seniorenresidenzen</strong> <strong>by</strong> <strong>Carnival</strong> & <strong>Co</strong>.? 2<br />
Monopolstellungen einnehmen.<br />
Wettbewerbsdruck führt zu Effizienz<br />
und damit zu niedrigen<br />
Kosten, fehlender Wettbewerb<br />
zum Gegenteil.<br />
• Marktnähe: Kreuzfahrtgesellschaften<br />
müssen ihre Kabinen<br />
wöchentlich oder vierzehntägig<br />
neu füllen. Die Produkte haben<br />
darum jederzeit attraktiv und<br />
marktfähig zu sein. Altersheime<br />
dagegen profitieren von der<br />
‚Lock-in’-Situation ihrer Kunden:<br />
die Bewohner wechseln den<br />
Anbieter höchst selten, vor allem<br />
im höheren Alter. Damit bleiben<br />
Altersheimen ihre Kunden auch<br />
bei einem marktfernen Preis-<br />
Leistungsverhältnis erhalten.<br />
• Personalkosten: Die Kosten für<br />
Servicepersonal auf Kreuzfahrtschiffen<br />
sind deutlich niedriger<br />
als in Altersheimen. Dies liegt<br />
zum einen am Fehlen von Sozialabgaben,<br />
zum andern an den<br />
niedrigen Lebenshaltungskosten<br />
der Crew an Bord, den Niedriglohn-Herkunftsländern<br />
vieler<br />
Crewmitglieder und nicht zuletzt<br />
an der starken Nachfrage junger<br />
Leute nach Jobs auf Kreuzfahrtschiffen.<br />
• Größenvorteil: Besonders bei<br />
großen Schiffen verteilen sich die<br />
Gemeinkosten auf eine viel größere<br />
Menge zahlender Kunden,<br />
als dies in Altersheimen der Fall<br />
ist. Dadurch sinken die Durchschnittskosten<br />
pro Passagier, was<br />
preisliche Spielräume nach unten<br />
eröffnet. Dieser Effekt begünstigt<br />
den Bau immer größerer Schiffe.<br />
Realitätsnähe und<br />
Vergleichbarkeit<br />
Einige große Fragezeichen hinsichtlich<br />
der Realitätsnähe der Annahmen<br />
und der Vergleichbarkeit von<br />
Altersheim und Kreuzfahrtschiff ergeben<br />
sich dennoch aus der Studie:<br />
• Tagesrate: Für 90 Dollar pro Tag<br />
gibt es auf der Majesty of the<br />
Seas 2005 lediglich eine einfache<br />
Innenkabine in der Nebensaison.<br />
In der Hauptsaison kostet die<br />
gleiche Kabine bereits 154 Dollar.<br />
Eine ganzjährige Durchschnittsrate<br />
von 90 Dollar wäre<br />
also höchstens auf dem Verhandlungsweg<br />
erzielbar. Angesichts<br />
der ohnehin hohen Durchschnittsauslastung<br />
der Royal Caribbean<br />
Schiffe von über 100%<br />
ist zu bezweifeln, dass sich die<br />
Reederei auf den Langzeit-<br />
Sonderpreis einlassen würde.<br />
• Kabinenbelegung: Die Autoren<br />
Lindquist und Golub gehen bei<br />
dem Preis von 33.000 Dollar für<br />
die einjährige Kreuzfahrt von<br />
doppelt belegten Kabinen aus.<br />
Tatsächlich aber ziehen die meisten<br />
Menschen allein ins Altersheim,<br />
nachdem die Partnerin o-<br />
der, häufiger noch, der Partner<br />
verstorben ist. Damit ist die Annahme<br />
der Doppelbelegung sehr<br />
problematisch.<br />
• Kabinengröße: Ein typisches<br />
Zimmer im Altersheim ist größer<br />
als die Innenkabine, die in der<br />
Studie für den Vergleich herangezogen<br />
wurde. Ob ein Lebensabend<br />
auf 12 Quadratmetern Privatsphäre<br />
erstrebenswert ist, erscheint<br />
zudem fraglich.<br />
• Zusatzausgaben: Sämtliche Ausgaben<br />
an Bord für Getränke, Friseur,<br />
Kleiderwäsche und andere<br />
zusätzlich zu bezahlende Leistungen<br />
wurden in der Studie vernachlässigt.<br />
Zwar dürften solche<br />
Leistungen auch im Preis eines<br />
Altersheims nicht eingeschlossen<br />
sein, doch wird das Preisniveau<br />
an Bord deutlich höher liegen als<br />
an Land, wodurch die Vergleichbarkeit<br />
der beiden Alternativen<br />
weiter eingeschränkt wird.<br />
Aus diesen Kritikpunkten folgt vor<br />
allem eines: unter Berücksichtigung<br />
realistischer Preise und vergleichbarer<br />
Leistungen würden Kreuzfahrtschiffe<br />
gegenüber Altersheimen nicht<br />
mehr so gut abschneiden wie in der<br />
Studie. Der grundsätzliche Vorschlag,<br />
Kreuzfahrtschiffe als eine Variante<br />
des betreuten Seniorenwohnens zu<br />
betrachten, wird davon aber nicht entwertet.<br />
Empfehlungen der Studie<br />
Die Autoren der Studie sehen<br />
Kreuzfahrtschiffe nicht nur als edle<br />
Substitute für Altersheime. Nach<br />
Meinung der beiden Ärzte liegt der<br />
besondere Mehrwert von Kreuzfahrtschiffen<br />
als Altersruhesitz nicht im<br />
Preis-Leistungsverhältnis, sondern<br />
vor allem in der positiven psychischen<br />
und emotionalen Wirkung auf<br />
die Betroffenen.<br />
Während der Übergang aus einem<br />
selbständig geführten Haushalt in ein<br />
Altersheim von den meisten Menschen<br />
als Problem empfunden werde,<br />
würde die Perspektive, auf ein Kreuzfahrtschiff<br />
zu ziehen, eine motivierende<br />
Wirkung entfalten. Der letzte<br />
Lebensabschnitt erhielte auf diese<br />
Weise eine neue Attraktivität, etwas,<br />
worauf man sich freuen könne.<br />
Zugleich könne der gesellschaftliche<br />
Statusverlust, der mit dem Älterwerden<br />
verbunden sei, durch den<br />
Wohnsitz auf einem Kreuzfahrtschiff<br />
kompensiert werden. Und schließlich<br />
seien auch Familienbesuche auf dem<br />
Kreuzfahrtschiff erfreulicher - und<br />
deshalb vermutlich auch häufiger -<br />
als im Altersheim an Land.<br />
Lindquist und Golub raten davon<br />
ab, Schiffe zu großen Teilen oder gar<br />
komplett in Altersheime umzuwandeln.<br />
Nicht mehr als fünfzehn Prozent<br />
der Passagierkapazität solle für seniore<br />
Dauerbewohner vorgesehen werden.<br />
Ein Vorteil von Kreuzfahrtschiffen<br />
gegenüber Altersheimen sei nämlich<br />
die Ankunft neuer Passagiere im<br />
Rhythmus von acht bis vierzehn Tagen.<br />
Durch den Kontakt mit immer<br />
anderen Menschen könnten geistige<br />
Fähigkeiten der Senioren länger bewahrt<br />
und ein Versinken in Isolation<br />
und Depression vermieden werden.<br />
Anders als von der Presse verschiedentlich<br />
kolportiert, empfiehlt<br />
die Studie übrigens nicht, die Altenpflege<br />
vom Land auf das Wasser