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HBB-Nr. 94.pdf - Hörselberg Bote

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Thüringer Mädchen in Mazedonien<br />

ein Erlebnisbericht von Ronja Kindler Teil4<br />

56<br />

August 2013 in Mazedonien - seit Wochen hält<br />

die Hitze an, die Temperaturen bewegen sich<br />

täglich bei 40°C - in der Mittagszeit wirken die<br />

Dörfer wie ausgestorben doch zum Abend bis in<br />

die Nacht hinein kommt das Leben wieder auf die<br />

Straßen.<br />

Und in dieser Zeit lag dieses Jahr Ramadan, der<br />

neunte Monat des muslimischen<br />

Mondkalenders, die Fastenzeit, in der<br />

30 Tage zwischen Sonnenauf- und<br />

untergang weder gegessen noch getrunken<br />

wird. Die meisten derjenigen<br />

die fasteten, versuchten so lange wie<br />

möglich in den Tag hinein zu schlafen,<br />

um möglichst lange der Hitze<br />

zu entkommen. Der Tagesrhythmus<br />

wechselt, so dass mehr am Nachmittag<br />

und in der Nacht stattfindet. Die<br />

erste Gebetszeit des Tages Fajr ist ca.<br />

3 bis 4 Uhr morgens und dann beginnt<br />

das Fasten wieder. Bis zur Iftar, dem<br />

Essen nach Sonnenuntergang, wird<br />

gebetet und im Koran gelesen. Die<br />

Stimmung während des Ramadan hat<br />

mir gefallen, alles ist sehr ruhig und<br />

bedächtig. Zum Ende der Fastenzeit wurde Bajram,<br />

das Zuckerfest, gefeiert. Alle Verwandten<br />

besuchen sich an diesem Tag gegenseitig und es<br />

gibt viel leckeres Essen. Der Ramadan hat eine<br />

besondere Bedeutung und der abschließende Bajram<br />

ist das größte muslimische Fest, da im Koran<br />

geschrieben steht, dass im Monat des Ramadan<br />

auch der Koran als Rechtleitung hinabgesandt<br />

wurde.<br />

Doch habe ich selber drei Wochen des Ramadan<br />

nicht in Tearce miterlebt, da ich durch Bosnien<br />

und Herzegowina reiste und bei einem Festival<br />

in Serbien war. In Bosnien habe ich verschiedene<br />

Orte besucht. Meine Route führte von Serbien<br />

ausgehend nach Brcko, Jajce, Banja Luka und<br />

schließlich Sarajevo. In Bosnien war ich oftmals<br />

überrascht wie mitteleuropäisch viele Orte aussehen,<br />

wenn die Häuser nicht überall Einschusslöcher<br />

hätten. Gerade in Sarajevo wurde ich<br />

immer wieder hin- und hergerissen zwischen so<br />

vielen multikulturellen Eindrücken. Die Fußgängerzone<br />

Ferhadija im österreichisch-ungarischen<br />

Stil mündet mit einem Schlag im türkischen Viertel,<br />

welches geprägt vom Stil des osmanischen<br />

Reichs ist. Gerade standest du noch neben einer<br />

Kirche, dann ist zur Linken die Synagoge und<br />

wenige Meter weiter eine prachtvolle Moschee.<br />

Erst als ich auf einen Aussichtspunkt in Sarajevo<br />

(1) Mein Lieblingsplatz: Arat e Sathit<br />

gelangte, konnte ich die vielen Friedhöfe sehen,<br />

die eindrücklich die Todestaten der Jahre zwischen<br />

1992-1995 widerspiegelten, es war schockierend<br />

- ein Krieg der noch in meiner Kindheit<br />

liegt. Während ich mich mit den Geschehnissen<br />

der jungen Vergangenheit Bosniens beschäftigte,<br />

stellten sich mir viele unbeantwortete Fragen.<br />

Wie kann es sein, dass ein bewaffneter Konflikt<br />

mitten in Europa mit solchen Ausmaßen noch vor<br />

so kurzer Zeit geschehen konnte - nachdem schon<br />

so viele Grausamkeiten in der Geschichte statt<br />

gefunden haben? Warum waren die internationalen<br />

Institutionen nicht fähig, diese Gewalttaten<br />

rechtzeitig einzudämmen? Wer war da verfeindet<br />

mit wem, Nationen? Individuen? Was wird man<br />

in ein paar Jahren über die laufenden Konflikte<br />

in Afrika sagen, was wird man dann wissen, was<br />

jetzt noch nicht klar ist und wie werden die Handlungen<br />

welcher Seiten, der Mächtigen und der<br />

Weltorganisationen beurteilt? Ich weiß gar nicht,<br />

ob ich wirklich Antworten erwarte, etwas steht

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