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Jens Tasche Körper, Bindung und Abwehr - Bioenergetik Berlin

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In einer beruflichen Praxis, in der die meisten Klienten unter strukturellen Störungen leiden,<br />

bestätigt sich diese Idee leider nicht. Die in der OPD als strukturelle Fähigkeiten (Fähigkeit<br />

zur Selbststeuerung, Selbstwahrnehmung, Objektwahrnehmung, <strong>Bindung</strong> <strong>und</strong> <strong>Abwehr</strong>)<br />

formulierten Kompetenzen sind keineswegs Teil eines natürlichen, unzerstörbaren<br />

Regulierungssystems. Sie können mehr oder minder starke Defizite aufweisen, die vielleicht<br />

gerade erst dann sichtbar werden, wenn sich in der Therapie der Muskelpanzer mit Hilfe der<br />

bioenergetisch-kathartischen <strong>Körper</strong>arbeit beginnt aufzulösen. Ängste <strong>und</strong> <strong>Abwehr</strong>prozesse<br />

bestimmen in einem weitaus höherem Maße die kindliche Entwicklung als die BA annimmt.<br />

Sie sind unmittelbar an das <strong>Bindung</strong>sstreben gekoppelt <strong>und</strong> bestimmen zu einem großen Teil<br />

die Ausbildung der Fähigkeit zur Affekt- <strong>und</strong> Beziehungsregulation.<br />

Charakter <strong>und</strong> „inner working model“<br />

Die Annahme eines Arbeitsmodells, das auf der Basis realen frühkindlichen Geschehens <strong>und</strong><br />

phantasmatischer Ängste die Beziehungen reguliert, ist eine sinnvolle Ergänzung der<br />

bioenergetischen Charaktertheorie <strong>und</strong> weist einen Ausweg aus der äußerst einschränkenden<br />

Typenlehre.<br />

Man kann die von Lowen beschriebenen Charaktertypen auch als weit verbreitete „inner<br />

working models“ beschreiben, wenn man die jeweiligen Eigenschaften als die kindlichen<br />

Anstrengungen versteht, eine Nähe zur Mutter herzustellen.<br />

Affekt <strong>und</strong> Affektabwehr<br />

Anders als die BA annimmt, lässt sich der Prozess der Affektabwehr nicht auf den Affektstau,<br />

d.h. auf chronisch muskuläre Blockaden reduzieren.<br />

Störungen der Affektregulation entstehen nicht nur auf Gr<strong>und</strong> von Verpanzerungen. Der<br />

Umgang mit Affekten wird stark von Signalängsten, insbesondere von der „Angst vor<br />

Objektverlust“ geprägt. Entstehen in der sozialen Interaktion Affekte, die dem „inner working<br />

model“ widersprechen, führt eine Signalangst dazu, dass die Affekte seelisch <strong>und</strong> körperlich<br />

abgewehrt werden. <strong>Körper</strong>lich zeigt sich diese <strong>Abwehr</strong> aber gerade nicht in chronischen<br />

Muskelverspannungen, sondern in situativen kleinen oder größeren Muskelanspannungen<br />

(z.B. kurzfristigem Anhalten des Atems) bzw. Bewegungsmustern (z.B. Vermeidung des<br />

Augenkontaktes oder „nervösen Fuchteln mit den Armen“), mit denen insbesondere die<br />

Objektgerichtetheit der Affekte neutralisiert wird.<br />

Konsequenzen für die bioenergetische <strong>Körper</strong>arbeit<br />

Das modifizierte Verständnis von Motiv, Charakter, <strong>Abwehr</strong> <strong>und</strong> intrapsychischem Geschehen<br />

führt auch zu einer veränderten Betrachtung des körpertherapeutischen Prozesses.<br />

Geht man davon aus, dass sich die klassisch bioenergetische <strong>Körper</strong>arbeit aus den Elementen<br />

Aufladung-Entladung(Katharsis)-Aufarbeitung zusammensetzt, interessiert aus der<br />

modifizierten Perspektive sehr viel stärker, in welchem Maße die evozierten Affekte Teil der<br />

sozialen Interaktion sein dürfen. Das bioenergetische Setting wird also stärker als ein<br />

intersubjektives Feld (vgl. <strong>Tasche</strong>/Weber2002,47)) verstanden, in dem gemeinsam mit dem<br />

Klienten untersucht werden kann, wie frühe <strong>Bindung</strong>smuster verhindern, dass bestimmte<br />

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