Jens Tasche Körper, Bindung und Abwehr - Bioenergetik Berlin
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Die Ich-Psychologie als dominierende Kraft<br />
1936 veröffentlicht Anna Freud „Das Ich <strong>und</strong> die <strong>Abwehr</strong>mechanismen“. Zwei Jahre später<br />
publiziert Heinz Hartmann „Ich-Psychologie <strong>und</strong> Anpassungprobleme“. Mit diesen beiden<br />
Büchern etabliert sich die Ich-Psychologie für lange Zeit als dominierende Kraft in der<br />
Psychoanalyse. Wesentlicher Gegenstand der Ich-Psychologie ist der Ich-Apparat <strong>und</strong> seine<br />
Funktionen. So geht die Ich-Psychologie von angeborenen Kompetenzen wie den Fähigkeiten<br />
zur Autonomie <strong>und</strong> Anpassung aus, die im Laufe der kindlichen Entwicklung reifen müssen.<br />
Mit Hilfe dieser Fähigkeiten bewältigt das Kind die parallel zum Reifungsprozess der<br />
Funktionen auftretenden seelischen Konflikte.<br />
Die moderne Ich-Psychologie ist heute eine Konflikttheorie, in der alle psychischen Inhalte,<br />
Gedanken, Handlungen, Pläne, Phantasien <strong>und</strong> Symptome als Kompromissbildungen betrachtet<br />
werden. Am Konflikt sind dabei vorrangig vier Ebenen der Ich-Entwicklung beteiligt:<br />
1. Die Triebebene/ intensive, einzigartige Kindheitswünsche nach Befriedigung.<br />
2. Die Angstebene/ Angst oder depressiver Affekt <strong>und</strong> deren Vorstellungsinhalt vor<br />
Objektverlust, Liebesverlust oder Kastration.<br />
3. <strong>Abwehr</strong>ebene/ psychische Operationen von variierender Komplexität, die zur<br />
Verringerung von Angst <strong>und</strong> Unlust eingesetzt werden.<br />
4. Über-Ich Ebene/ Schuld, Selbstbestrafung, Reue <strong>und</strong> Buße sowie andere<br />
Manifestationen des Über-Ichs.<br />
(vgl. Fonagy 2001, 63)<br />
Alexander Lowen <strong>und</strong> das „International Institut for Bienergetic Analyses“<br />
1956 gründet Alexander Lowen gemeinsam mit John Pierrakos das „International Institut for<br />
Bioenergetic Analysis“. Neben der Gr<strong>und</strong>konzeption der „funktionalen Identität“ von <strong>Körper</strong><br />
<strong>und</strong> Seele übernimmt Lowen noch eine ganze Reihe von theoretischen <strong>und</strong> methodischen<br />
Elementen der Vegetotherapie Wilhelm Reichs. Über Reich steht er damit auch in einem gewissen<br />
Maße in der psychoanalytischen Denktradition der Triebpsychologie. Fragen der<br />
Energieökonomie, des Affektstaus <strong>und</strong> der Triebunterdrückung stehen dann auch im Zentrum<br />
der Bioenergetischen Analyse (BA).<br />
Ebenfalls in Anlehnung an Reich konzentriert sich Lowen in seinen<br />
entwicklungspsychologischen Vorstellungen auf die Charakterentwicklung. Im Ergebnis<br />
verfügt die BA über eine differenzierte Charakterlehre, nicht aber über ein strukturelles<br />
Modell, mit deren Hilfe sich intrapsychische Prozesse abbilden lassen. Lowens<br />
Charakterlehre unterscheidet sich jedoch in wesentlichen Punkten von Reich <strong>und</strong> der<br />
triebpsychologischen Konzeption Freuds. So orientiert sich Lowen weniger an den Phasen der<br />
Libidotheorie <strong>und</strong> mehr an einer sich im Laufe der kindlichen Entwicklung verändernden<br />
Hierarchie von Bedürfnissen, die sich als Rechte des Kindes beschreiben lassen. Dabei<br />
unterscheidet Lowen sechs Rechte:<br />
- das Recht zu existieren<br />
- das Recht auf Befriedigung von Bedürfnissen<br />
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