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Jens Tasche Körper, Bindung und Abwehr - Bioenergetik Berlin

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auftretenden Ansprüchen des Es durch die Entwicklung von spezifischen <strong>Abwehr</strong>mechanismen<br />

zu schützen. Nach Freuds entwicklungspsychologischen Überlegungen lässt sich jetzt<br />

folgende Abfolge von Ängsten festhalten:<br />

• Angst vor dem Verlust der Mutter oder ihrer Brust,<br />

• Angst vor dem Verlust der mütterlichen Liebe,<br />

• Angst vor dem Verlust des Penis,<br />

• Angst vor dem Verlust der Liebe <strong>und</strong> Wertschätzung des eigenen Über-Ichs.<br />

Anna Freud fügt später die Angst vor der eigenen Triebstärke <strong>und</strong> die Angst vor dem Ich-Zerfall<br />

hinzu. Heinz Kohut ergänzt nochmals sehr viel später diesen Kanon um die Angst vor der<br />

Vernichtung des Selbst. (vgl. Mertens 1992, 29)<br />

Das Ich versucht sich vor phantasmatisch-entwicklungsbezogenen Gefahren zu schützen, in<br />

dem es eine Signalangst entwickelt. D.h. das Ich aktiviert <strong>Abwehr</strong>vorgänge, die die Umsetzung<br />

von triebhaften Phantasien verhindern.<br />

Die vielfältigen <strong>Abwehr</strong>vorgänge, mit denen das Ich die Gr<strong>und</strong>ängste bewältigt, stehen von<br />

jetzt ab im Mittelpunkt des ich-psychologischen Interesses. Es wird fast ausschließlich das<br />

intrapsychische Geschehen betrachtet. Analytiker, die dennoch realen Erlebnissen nachspüren<br />

wollen (z.B. Ferenczi) setzen sich der Gefahr aus, von der psychoanalytischen Communitiy<br />

als „naive Analytiker“ verspottet zu werden, die die intrapsychischen Vorgänge herunterspielen<br />

oder gar leugnen wollen.<br />

Während sich Freud immer weiter von seinen ursprünglichen triebtheoretischen Vorstellungen<br />

entfernt, beschäftigt sich Reich zentral mit Fragen der Energieökonomie. Noch 1895<br />

nahm Freud an, dass keine psychischen Krankheiten auftreten, wenn die affektive Energie<br />

abreagiert werden kann. In Übereinstimmung mit dem frühen Freud untersucht Reich<br />

zwischen 1922 <strong>und</strong> 1926 die Prozesse der Abfuhr <strong>und</strong> Speicherung von Energie. Seine<br />

klinischen Erfahrungen führen ihn dabei zu einer engen Verknüpfung der Konzepte von<br />

Energie <strong>und</strong> Orgasmusfunktion (vgl.Kriz 1994, 81). So geht er davon aus, dass neurotische<br />

Erkrankungen auch immer genitale Störungen beinhalten <strong>und</strong> die volle Befriedigung im<br />

Geschlechtsverkehr beeinträchtigen. Ihm war z.B. aufgefallen, dass kein einziger seiner<br />

Patienten beim Onanieakt die Vorstellung hatte, Lust durch den natürlichen<br />

Geschlechtsverkehr zu erleben (vgl. Sharaf 1994, 110). Die seelische Ges<strong>und</strong>heit hängt nach<br />

Reich von der „orgastischen Potenz“ ab. „Bei der orgastischen Potenz geht es um die<br />

Fähigkeit, sich dem Strömen der biologischen Energie, die sich vornehmlich in<br />

unwillkürlichen Muskelkontraktionen entlädt, ohne Hemmungen <strong>und</strong> Blockierungen hingeben<br />

zu können“ (Kriz 1994, 81)<br />

Reich ist 29 Jahre alt als er seine Vorstellungen, die er als Ergänzung zu Freuds erster Angsttheorie<br />

versteht, in der Schrift „Die Funktion des Orgasmus“ niederlegt <strong>und</strong> das Manuskript<br />

1926 Freud zu dessen siebzigsten Geburtstag verehrt. Freud bedankt sich zwar zwei Monate<br />

später mit einem höflichen Schreiben, unternimmt aber ansonsten nichts, um den in nächsten<br />

Jahren immer größer werdenden Gegensatz zwischen Reichs energieökonomischer<br />

Lebensforschung <strong>und</strong> der analytischen Ich-Psychologie zu überbrücken.<br />

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