Kai Wolfinger - Robert Walser-Zentrum
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Da das biografisch fundierte Räuberaquarell einem fiktionalen Text beigeordnet<br />
wird, konkretisiert sich seine Funktion: Gewissermaßen schließt das Räuber-Aquarell<br />
den biografischen Kreis und scheint aufzuzeigen, dass <strong>Robert</strong> <strong>Walser</strong> selbst sich in<br />
der Verkleidung seines Berner Räubers befindet, während das Vallotton-Motiv von<br />
diesem Akzent Abstand nimmt und als Umschlagsbild die Handlung des Romans<br />
örtlich verfremdet, wobei Greven die eine zu große Nähe zum russischen Erscheinungsbild<br />
unterstreicht. Man kann also feststellen, dass die Interpretation eines Dichterwerkes<br />
durch ein Buchcover durch strukturelle Äquivalenzen, Strukturähnlichkeiten<br />
und Parallelismen geschieht, welche wir deuten und einordnen. Das Bild des<br />
Buchdeckels gibt uns bereits durch seine Stimmung eine Lesart vor oder modelliert<br />
die Hauptfigur oder ein wichtiges Handlungselement heraus. Wir können gar nicht<br />
anders, als im Titelbild die Gemeinsamkeit mit dem Schrifttext selbst zu suchen.<br />
Die Illustration und das Thema Schule<br />
Ich habe bereits kurz angedeutet, dass die für <strong>Robert</strong> <strong>Walser</strong> so typische Räuberfigur,<br />
die er in seinem großen Roman geradezu magisch auflädt, unter Hinzudenken von<br />
<strong>Walser</strong>s jugendlicher Räuberbegeisterung auch mit der Figur des Schülers und dem<br />
jugendlichen Schreiber zusammenhängt. Bereits <strong>Walser</strong>s erste Buchveröffentlichung,<br />
die Geschichtensammlung «Fritz Kochers Aufsätze» (1904) gliedert sich lückenlos ein<br />
in einen zeithistorischen Diskurs von Schulstoffen, Schülergeschichten und Schülerromanen.<br />
Eine Illustration Karl <strong>Walser</strong>s für <strong>Robert</strong>s Text «Die Schulstunde» zeigt<br />
eine zeittypische Schulklasse, die allerdings im Schrifttext existentiell überhöht und<br />
zu einem Konstrukt für die Befindlichkeit der Gesellschaft wird, deren Keimzelle<br />
bereits im Mikrokosmos der Schule angelegt scheint.<br />
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