KULTUR „Da ist einiges in Bewegung“ IM GESPRÄCH Laurence Lachnit ROXY ULM 24
KULTUR Seit Laurence Lachnit die Regie im <strong>Ulm</strong>er Roxy führt, weht unterm Dach der alten Industriehallen frischer Wind. Die Powerfrau hat neue Veranstaltungsreihen wie den „Science Slam“, den Talk im „Kulturcafé“ oder eine Mitmach-Karaoke-Show etabliert und neue Publikumskreise für das Kulturzentrum erschlossen. Außerdem präsentiert sich die „Bastion für Kunst und Kultur“ neuerdings an der Hauptfront in Anthrazit statt im wilden Graffiti-Chaos sowie mit neuem Logo. Und damit ist ihr Tatendrang längst noch nicht gestillt, wie sie im Gespräch verriet. Frau Lachnit, überspringen wir das Jammern, dass für die Kultur immer zu wenig Geld übrig ist. Wie ist die Stimmung in der lokalen Kulturszene? Nach meinem Empfinden ist im Moment einiges in Bewegung. Beispiel gefällig? Die Stadt stellt erstmals 100.000 Euro zur Verfügung für die freie Tanzszene und diverse Projekte, darunter ein Tanzfestival, das wir 2013 in Kooperation mit dem Stadthaus erstmals organisieren werden. Und wer offenen Auges durch die Stadt läuft, findet immer wieder freie, kleine verborgene Kulturschätze. Es tut sich was. Warum setzen Sie so stark auf Reihen? Um so professionelle Schwerpunkte zu markieren, um profilbildende Marken für das Roxy zu etablieren. In der Ferne schwebt mir vor, eine Nische zu finden und zu besetzen, mit der <strong>Ulm</strong> überregionale Aufmerksamkeit auf sich ziehen könnte, wie das einige andere mittelgroße Städte bereits haben: Mit Comic, Tanz, Puppentheater, Film. Ein Filmfestival könnte ich mir in <strong>Ulm</strong> vorstellen. Natürlich würde das nur mit den richtigen Partnern funktionieren. Mit dem Science-Slam, bei dem junge Wissenschaftler in aller Kürze und möglichst unterhaltsam ihr Fachgebiet erklären müssen, ist das ja aus dem Stand gelungen. Ist es eigentlich schwer, dafür Slammer zu finden? Einfach ist es nicht. Nicht jeder ist begabt für die Bühne, aber es finden sich immer wieder Charaktere, die bei uns etwas ausleben können, was im Kontext ihrer Arbeit bei ihnen nicht zur Geltung gekommen ist. Dürfte bei der Roxy Horror Music Show ähnlich sein? Karaoke mit Live-Musik – sind tolle Abende. In der Reihe „Lied:gut!“ präsentieren Sie deutsche Singer/ Songwriter und treten damit der Tendenz von immer weniger Live-Acts entgegen. Bewusst, weil uns daran sehr viel liegt. 2013 bauen wir das Konzertangebot sogar noch aus, durch eine neue Reihe übrigens. Sie heißt „Welt:klasse!“ und bringt Welt-Musik. Ebenso wollen wir verstärkt in der Sparte der Indie-Music mit der Reihe „Indie: blendend!“ Akzente setzen. Laurence Lachnit, 33, ist seit 2011 Geschäftsführerin des Roxy. Nach den Universitätabschlüssen in „Europäische Studien“ und Kulturmanagement arbeitete sie in Paris, Montpellier und zuletzt in Stuttgart, dort am „Treffpunkt Rotebühlplatz“. Sie könne sich vorstellen, eines Tages wieder aufs Land zu ziehen. Die Fragen stellte Thomas Vogel. Der demographische Wandel scheint ja am Roxy spurlos vorbei zu gehen. Nein, tut er nicht. Sie finden in unserem Programm auch viele generationenübergreifende Angebote, Kulturdiskussionen, Kabarett und weiteres. Im Moment denken wir darüber nach, Tanzabende zu entwickeln. Mit allen unseren Spartenangeboten wollen wir jedoch nicht nur die eingefleischten Fans ansprechen, sondern erhoffen wir uns, dass da auch mal andere zumindest reinschnuppern. Zentren wie das 1989 gegründete Roxy segelten anfangs unter dem Banner der Sozio-Kultur. Hat diese noch eine Relevanz? Jüngeren ist dieser Begriff wohl nicht mehr sehr präsent. Ebenso hat sich der Ansatz – hier die „bürgerliche Hochkultur“, da eine freie und lebendige „Szene“ – wohl überholt, da sich beide Sphären längst gegenseitig durchdringen. Zentren wie wir sind jedoch nach wie sehr flexibel. Geblieben ist uns ebenfalls der Auftrag: Leute zur kulturellen Teilhabe zu animieren, durch möglichst niederschwellige Angebote, durch aktivierende Elemente. Was steckt hinter dem „Labor“, das 2013 erstmals öffnen wird? Ein Raum-Angebot des Roxy an die freie Künstlerszene, hier für eine gewisse Zeit zu arbeiten, multimediale Projekte, Installationen oder anderes zu realisieren, egal, ob am Ende der Arbeit eine Vernissage folgt oder alles im Verborgenen bleibt. Als Sie vor zwei Jahren ihren Job im Roxy antraten, hatten Sie noch keinen Lieblingsort in <strong>Ulm</strong> gefunden. Und jetzt? Mehrere. Einer davon ist das „Casa di España“, das Vereinslokal von in <strong>Ulm</strong> lebenden Spaniern in der Schillerstraße. Verströmt zwar Resopal-Charme, doch man kommt darin mit sehr vielen Menschen in Kontakt und kann richtig schön vom Alltag abschalten. ROXY: <strong>Ulm</strong> moves TIPP Das Tanzfestival „<strong>Ulm</strong> moves“ ist zwischen 3. und 7. Juli terminiert. Täglich wird dann ab 18 Uhr ein „Tanzparcours“ im öffentlichen Raum bespielt. Um 20 Uhr beginnen Gastspiele professioneller Tanz kompanien an verschiedenen Auftrittsorten in <strong>Ulm</strong>. Sobald die Planungen abgeschlossen sind, sind Infos unter www.roxy.ulm.de abrufbar. ROXY – Kultur in <strong>Ulm</strong> Schillerstraße 1 / 12, <strong>Ulm</strong> Tel. 0731 96862-0 25