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Zur Frage der Kategorie des Ewigen im Werke Jeremias ... - DigiBern

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Jahrbuch <strong>des</strong> Oberaargaus, Bd. 47 (2004)<br />

Vorberge, sah, soweit das Auge reichte, den H<strong>im</strong>mel rundum sich senken<br />

den Spitzen <strong>der</strong> Berge zu, sah ihn umranden den Kreis, welchen ihr<br />

Auge ermass, sah wie dass eins ward <strong>der</strong> H<strong>im</strong>mel und die Erde, und von<br />

dieser Einigung kam <strong>der</strong> reiche Segen, kam <strong>der</strong> Sonne Licht, kam <strong>der</strong><br />

Regen, kam <strong>der</strong> gehe<strong>im</strong>nisreiche Tau, kam die wun<strong>der</strong>bare Kraft, welche<br />

Leben schafft <strong>im</strong> Schoss <strong>der</strong> Erde. Es ward dem Änneli ganz eigen ums<br />

Herz, als sie diese Einigung zwischen H<strong>im</strong>mel und Erde erkannte, und<br />

wie eben <strong>des</strong>wegen alles so schön und herrlich sei und so wun<strong>der</strong>bar<br />

anzuschauen, weil Friede sei zwischen H<strong>im</strong>mel und Erde, <strong>der</strong> H<strong>im</strong>mel<br />

seine Fülle spende, die Erde den H<strong>im</strong>mel preise. Und sie dachte, ob denn<br />

eigentlich <strong>der</strong> H<strong>im</strong>mel nicht alles umranden sollte, nicht bloss die Erde,<br />

son<strong>der</strong>n auch <strong>des</strong> Menschen Leben, so dass, wenn die Jahre ihn drängen<br />

an <strong>der</strong> Erde äussersten Rand, vor ihm <strong>der</strong> H<strong>im</strong>mel offen liege. […]<br />

Ja, je<strong>der</strong> Tag <strong>des</strong> Lebens, ein kleines Leben für sich, sollte <strong>der</strong> nicht <strong>im</strong><br />

H<strong>im</strong>mel beginnen, und wenn wir einen heissen Tag lang gewan<strong>der</strong>t sind,<br />

<strong>der</strong> Abend kömmt und <strong>der</strong> Schlaf über die müden Augen, sollten wir<br />

nicht Herberge halten, wo <strong>der</strong> H<strong>im</strong>mel die Erde berührt und die Englein<br />

auf- und nie<strong>der</strong>steigen und Wache halten über dem schlafenden Pilgr<strong>im</strong>,<br />

<strong>der</strong> <strong>im</strong> Herrn entschlafen ist, damit, wenn die Sonne wie<strong>der</strong>kömmt, er<br />

wohlbewahret <strong>im</strong> Herrn erwache, gekräftiget in h<strong>im</strong>mlischer Ruhe zu<br />

irdischer Geschäftigkeit?<br />

Je<strong>der</strong> Tag <strong>des</strong> Lebens sollte <strong>im</strong> H<strong>im</strong>mel beginnen und <strong>im</strong> H<strong>im</strong>mel enden,<br />

je<strong>der</strong> Tag ist, wie das Leben selbst ein Zyklus <strong>der</strong> Entwicklung. Je<strong>der</strong> Tag<br />

je<strong>des</strong> Menschen, jeden Lebens. In diesem Sinne ist <strong>der</strong> Zyklus ewig. Er<br />

wie<strong>der</strong>holt sich jeden Tag in jedem Leben.<br />

Ich glaube an dieser Stelle ist es an <strong>der</strong> Zeit, eine erste Schlussfolgerung<br />

zu ziehen, auch wenn sie erst durch ein Beispiel gestützt wird. Gotthelf<br />

denkt und gestaltet Entwicklung zyklisch. Die Entwicklung, Verstoss aus<br />

dem Paradies und Weltfahrt und das Gewinnen einer höheren Form <strong>des</strong><br />

Paradieses ist ihm ein Zyklus, <strong>der</strong> sich abhebt von <strong>der</strong> linearen Zeit, vom<br />

Zeitpfeil. Dieser Zyklus <strong>der</strong> Entwicklung ist ewig, weil er sich, in tausend<br />

Gestalten zwar, <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> und in jedem Menschen und in jedem<br />

Leben wie<strong>der</strong>holt. Entwicklung in <strong>der</strong> Welt ist aber für Gotthelfs Werk<br />

etwas schlechthin Konstituieren<strong>des</strong>, wie wir noch sehen werden. Dass<br />

sie zyklisch und nicht linear geschieht, macht sie gleichsam ewig, <strong>der</strong><br />

Zyklus <strong>der</strong> menschlichen Entwicklung ist eine Form von Ewigkeit. Sie<br />

findet statt ohne den einzelnen Menschen, sie ist als ewiges Grund-<br />

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