29.12.2013 Aufrufe

trennt 1/2009 - Altstoff Recycling Austria

trennt 1/2009 - Altstoff Recycling Austria

trennt 1/2009 - Altstoff Recycling Austria

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

WIRTSCHAFT<br />

UMWELT<br />

KONSUM<br />

TECHNOLOGIE<br />

FORSCHUNG<br />

KULTUR<br />

Das Magazin des ARA Systems Nummer 1/<strong>2009</strong><br />

METALLE – GANZ FANTASTISCHE STOFFE<br />

VERPACKUNGSVERORDNUNG NEU<br />

ALTSTOFFKRISE TRIFFT AUCH ARA


Editorial<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

schon lange stand für diese TRENNT-Ausgabe das Generalthema „Metall“ fest.<br />

Aus Anlass zweier Ereignisse, die für die ARA und ihre Kunden und Partner von<br />

großer Bedeutung sind, haben wir uns kurzerhand entschlossen, den TRENNT um<br />

zwei weitere Schwerpunktthemen zu ergänzen: die <strong>Altstoff</strong>krise und die Novelle der<br />

Verpackungsverordnung.<br />

Metall ist aus unserer modernen Welt nicht mehr wegzudenken. Wir begegnen ihm<br />

tagtäglich ganz selbstverständlich, ob in Autos, Handys, Waschmaschinen oder als<br />

Verpackungsmaterial, das bereits vor 200 Jahren Napoleons Truppen gute Dienste bei<br />

ihren Feldzügen leistete. Denn mit der Konservendose bot sich erstmals die Möglichkeit,<br />

Nahrungsmittel in einer bruchsicheren Verpackung über längere Zeit haltbar zu<br />

machen.<br />

Doch so gefragt Verpackungen aus Metall auch als Sekundärrohstoff sind, auch sie<br />

blieben von der <strong>Altstoff</strong>krise nicht verschont. Denn wenn immer weniger produziert<br />

und verkauft wird, bricht auch die Nachfrage nach Rohstoffen ein. Das hat auch die<br />

ARA zu spüren bekommen. Die <strong>Altstoff</strong>erlöse, die für das Non-Profit-Unternehmen<br />

eine wichtige Einnahme bedeuten, sind eingebrochen. Die Verwertungskosten sind<br />

damit markant gestiegen und die Notwendigkeit von Tariferhöhungen steht im Raum.<br />

Eine Normalisierung der <strong>Altstoff</strong>märkte wird herbeigesehnt, doch scheint sie noch<br />

nicht in Sicht.<br />

Zwar nicht von allen herbeigesehnt, aber mit Spannung erwartet wird die neue<br />

Verpackungsverordnung, die den Wettbewerb im Haushaltsbereich regeln soll. Im<br />

Moment gibt es noch einige Wunschmodelle von Wirtschaft, Lebensministerium und<br />

Kommunen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Einig sind sich alle Beteiligten<br />

aber darüber, dass die bestehende Qualität der Verpackungssammlung und -verwertung<br />

beibehalten werden soll.<br />

Seit einem halben Jahr sind Christoph Scharff und Werner Knausz die neuen ARA<br />

Vorstände. In einem Interview ziehen sie Bilanz über die ersten turbulenten Monate<br />

und sprechen über die geglückte Fusionierung, die <strong>Altstoff</strong>krise und die mit Spannung<br />

erwartete neue Verpackungsverordnung.<br />

Christian Mayer<br />

ARA System Kommunikation<br />

2


Content<br />

Topic<br />

Comment<br />

Ambience<br />

GANZ FANTASTISCHE<br />

STOFFE<br />

VON QUASI-MONOPOLISTEN<br />

UND ROSINENPICKERN<br />

ACHTERBAHNFAHRT<br />

DER ABFALLWIRTSCHAFT<br />

SEITE 4<br />

SEITE 8<br />

SEITE 11<br />

Portrait<br />

ARA System Inside<br />

ARA System Inside<br />

DIE ERFRISCHENDSTE<br />

BRAUEREI ÖSTERREICHS<br />

SAMMELOPTIMIERUNG<br />

AUCH IN KRISENZEITEN<br />

PRODUKTIVE ARCHITEKTUR<br />

SEITE 14<br />

SEITE 16<br />

SEITE 17<br />

Special<br />

Characters<br />

Extras<br />

VIELE WÜNSCHE FÜR EINE<br />

VERORDNUNG<br />

EIN ECHTER KENNER DER<br />

ALUMINIUMBRANCHE<br />

FACTS & FIGURES<br />

SEITE 18<br />

SEITE 22<br />

SEITE 23<br />

Extras<br />

TERMINE<br />

SEITE 23<br />

IMPRESSUM<br />

HERAUSGEBER<br />

ARA <strong>Altstoff</strong> <strong>Recycling</strong> <strong>Austria</strong> AG<br />

CHEFREDAKTION<br />

Simone de Raaij, Tel. +43 (0)1/599 97-310, Fax: +43 (0)1/599 97-399<br />

CHEFIN VOM DIENST<br />

Barbara Puhr, Ecker & Partner Öffentlichkeitsarbeit und Lobbying GmbH<br />

ANSCHRIFT DES HERAUSGEBERS UND DER REDAKTION<br />

ARA <strong>Altstoff</strong> <strong>Recycling</strong> <strong>Austria</strong> AG<br />

Mariahilfer Straße 123; 1062 Wien<br />

Tel. +43 (0)1/599 97-0, Fax: +43 (0)1/595 35 35<br />

www.ara.at<br />

PRODUKTION UND DESIGN<br />

R+K Kowanz<br />

HERSTELLUNG UND DRUCK<br />

Grasl Druck & Neue Medien, Bad Vöslau<br />

OFFENLEGUNG GEMÄSS § 25 MEDIENGESETZ<br />

Medieninhaber: ARA <strong>Altstoff</strong> <strong>Recycling</strong> <strong>Austria</strong> AG<br />

Sitz: Mariahilfer Straße 123; 1062 Wien<br />

OFFENLEGUNG DER BLATTLINIE GEMÄSS § 25 ABS. 4 MEDIENGESETZ<br />

Erklärung über die grundlegende Richtung: Die Publikation dient der<br />

Information aller Bezugsgruppen des ARA Systems und verpflichtet sich,<br />

einen umfassenden und umfangreichen Überblick über aktuelle Entwick lungen,<br />

Trends und Ereignisse zu liefern, die von besonderer Relevanz für Kunden und<br />

ARA System sind.<br />

3


Topic<br />

GANZ FANTASTISCHE STOFFE<br />

Ohne Metalle kein Leben. Auf diese Formel kann man das Verhältnis der Menschheit zu diesen speziellen<br />

chemischen Elementen bringen. Metalle und ihre Verarbeitung sind Wegbereiter der zivilisatorischen Entwicklung.<br />

Menschen waren schon immer fasziniert vom Glanz des Goldes, beeindruckt von der Härte<br />

des Stahls, angewiesen auf die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Aluminium und Kupfer. Vor allem als<br />

Verpackungsmaterial begleitet uns Metall in unserem täglichen Leben.<br />

„Metalle sind in der Luft, die wir atmen, in den Lebensmitteln,<br />

die wir essen, und in deren Verpackungen“, schreibt der<br />

Designer Chris Lefteri in seinem einschlägigen Werk „Metall“.<br />

Und stellt fest: „Wir sind Metallen näher als anderen Materialien,<br />

denn Metalle befinden sich auch in unserem Blut.“<br />

Kupfer, Eisen, Aluminium finden sich darin als Spurenelemente.<br />

GEDIEGEN ODER LEGIERT. Unterschieden wird zwischen<br />

Reinmetallen, hier spricht man auch von „gediegenen“ Metallen,<br />

und ihren Legierungen. „Die meisten für uns sichtbaren<br />

Metallprodukte sind Legierungen verschiedener Art“, erklärt<br />

Lefteri. Es sind Metalle aus zwei oder mehreren Elementen,<br />

die zusammengeschmolzen wurden, um bessere physikalische<br />

und mechanische Eigenschaften zu erzielen. Das gilt bespiels -<br />

weise für Edelstahl, ein Material, das ebenso zu unserem Alltag<br />

gehört wie Weißblech, das die Grundlage für Konservendosen<br />

bildet.<br />

„Metalle machen etwa drei Viertel der im Periodensystem<br />

aufgelisteten Elemente aus – ungefähr die Hälfte davon<br />

wiederum sind von wirtschaftlicher Bedeutung“, meint<br />

Lefteri. Es sei der Menschheit gelungen, aus diesen vergleichsweise<br />

wenigen Elementen weit über 10.000 Legierungen<br />

herzustellen.<br />

METALL- UND ANDERE ZEITEN. Viele dieser Legierungen<br />

wurden im Laufe von Jahrtausenden entdeckt und weiterentwickelt,<br />

manche von ihnen wurden zu zivilisatorischen<br />

Entwicklungsmerkmalen. Anhand der Nutzungs- und Verarbeitungsweisen<br />

werden wichtige Epochen der Menschheitsgeschichte<br />

unterschieden. „Metalle gaben den Anstoß zur industriellen<br />

Revolution und verwandelten unsere Landschaft“,<br />

unterstreicht der britische Industriedesigner und Architekt<br />

Ron Arad die Bedeutung von Kupfer, Eisen und Co für die<br />

Entwicklung der Menschheit, sei es kulturell, politisch oder<br />

wirtschaftlich.<br />

4


Topic<br />

Fotos: Fotolia.com / Lukas Maximilian Hüller<br />

Von Kupfer- und Bronzewerkzeugen ist es ein langer Weg, bis<br />

mit der Ingangsetzung des ersten Hochofens das „abgestochene“<br />

Roheisen in Mengen für Eisenguss und ab dem 18. Jahr hundert<br />

für die Stahlerzeugung verfügbar wird. „Die Stahl zeit<br />

und die im 20. Jahrhundert neben sie getretene Erdmetallzeit<br />

bestimmen heute in Vielem die Lebensumstände der Menschheit“,<br />

heißt es in dem hervorragenden Wikipedia-Artikel zur<br />

Metallverarbeitung und -gewinnung, der Metallurgie.<br />

WICHTIGSTE KONSUMVERPACKUNG. Heute begegnen wir<br />

Metall in unserem täglichen Leben in den unterschiedlichsten<br />

Formen und Verwendungen. Im Grunde sind wir permanent<br />

von Aluminium, Eisen oder Stahl umgeben. Eine der wichtigsten<br />

Anwendungsformen für unseren Alltag sind<br />

Verpackungen: Als „Alu-Folie“, um das übrig gebliebene<br />

Schnitzerl mit nach Hause zu nehmen,<br />

als Konservendose aus Weißblech für Suppen,<br />

Früchte, Gemüse und Fleisch, als hochwertige<br />

Verpackung von Parfums und Uhren oder als<br />

Behälter für unser Lieblingsgetränk, ob in der<br />

handlichen 0,33-Liter-Dose oder im 50-Liter-<br />

Bierfass. Metall als Packstoff bietet Schutz vor<br />

Hitze, Feuchtigkeit sowie Licht und stellt eine<br />

perfekte Barriere für Schmutz, Parasiten und<br />

Bakterien dar. So bleiben in Lebensmitteln<br />

sensible Vitamine und Nährstoffe erhalten.<br />

Farben und Lacke bleiben, in Metall verpackt,<br />

ebenso resistent gegen sämtliche Einwirkungen<br />

von außen – Lösemittel härten nicht und Pigmente<br />

verblassen nicht.<br />

EIN KLASSIKER – HITZEBESTÄNDIG, ROBUST UND LANGE<br />

HALTBAR. Für die Wirtschaft haben Metalldosen generell<br />

viele wichtige Vorteile: Die kompakte Form, die Schlagfestigkeit<br />

sowie die einfache und schnelle Befüllung machen die<br />

Metalldosen zu Energie- und Kostensparern. Auch bei den<br />

VerbraucherInnen geht der Spareffekt weiter, denn Lebensmittel<br />

in Metalldosen brauchen keine Kühlung und sind länger<br />

haltbar. So können KonsumentInnen die Lebensmittel<br />

dann konsumieren, wenn sie es möchten. Ein wichtiger Vorteil,<br />

bedenkt man, dass etwa ein Drittel der in Europa gekauften<br />

Lebensmittel wegen überschrittenem Haltbarkeitsdatum<br />

weggeworfen werden. In der Vergangenheit hatten die Dosen<br />

allerdings einen Nachteil: einmal offen, ließen sie<br />

sich nicht mehr verschließen. Mittlerweile gibt es<br />

aber bereits innovative Verpackungslösungen,<br />

die ein Wiederverschließen möglich machen.<br />

Der Klassiker unter den Metallverpackungen<br />

ist sicherlich die Weißblechdose – und das<br />

nicht nur, weil Andy Warhol ihr in seinem<br />

Pop-Art-Gemälde Campbell’s Soup Can von<br />

1964 ein künstlerisches Denkmal gesetzt hat.<br />

Schon seit knapp 200 Jahren werden<br />

Lebensmittel in Metallkonserven haltbar gemacht.<br />

Kontinuierliche Entwicklung führte<br />

zu der heute gebräuchlichen Weißblechdose.<br />

Das weiß schimmernde Zinn, das ihr den<br />

Namen gibt, schützt das Blech vor Korrosion<br />

und beeinflusst, im Gegensatz zum in anderen<br />

Bereichen gebräuchlichen Zink, die Qualität<br />

Fortsetzung auf Seite 6<br />

5


Topic<br />

Fortsetzung von Seite 5<br />

durch das <strong>Recycling</strong> von Weißblechverpackungen 4,8 Millionen<br />

Tonnen Eisenerz, 1,7 Millionen Tonnen Kohle und damit<br />

4,7 Millionen Tonnen CO 2 -Emissionen eingespart. Mit der<br />

eingesparten Energie könnte der Energiebedarf der Stadt<br />

Linz für sechs Jahre gedeckt werden.<br />

Einer der beliebtesten <strong>Recycling</strong>stoffe ist wohl Aluminium.<br />

So sind rund 75 Prozent des bisher produzierten Primäraluminiums<br />

noch immer im Umlauf, teilweise seit 150 Jahren.<br />

Foto: Lukas Maximilian Hüller<br />

der Nahrungsmittel nicht. Der entscheidende Vorteil von<br />

Weißblechdosen: Nach der Abfüllung können die Lebensmittel<br />

in der Dose mit Hitze sterilisiert werden.<br />

ZISCHFRISCH … Die Getränkedose als Vorläufer der heute<br />

allseits gebräuchlichen Aludose wurde Anfang der 30er Jahre<br />

in den USA erfunden: Die Brauerei Krueger „verpackte“ ihr<br />

Bier in eine Dose aus Weißblech, die sich anfangs nur mit<br />

einem spitzen Gegenstand öffnen ließ. Viele Jahre und viele<br />

Entwicklungsstufen später konnte 1958 die erste Aluminium-<br />

Dose produziert werden. Heute werden Getränkedosen weltweit<br />

überwiegend aus Aluminium hergestellt. Die Aludose<br />

hat sich inzwischen zur global wichtigsten Verpackungsart<br />

gemausert. Für diese Art der Verpackung spricht, dass sie<br />

sehr leicht und vielseitig ist. „Aluminium ist das ideale Material<br />

für eine Kreislaufwirtschaft. Denn der Einschmelzprozess<br />

gebrauchten Aluminiums benötigt nur fünf Prozent der Energie,<br />

die bei der Herstellung von neuem Primäraluminium verbraucht<br />

wird. Das schont natürlich die Umwelt“, betont<br />

Wolfgang Stenzel, Aluminium-Experte der ARA AG. Die Aludose<br />

sei mittlerweile zu so etwas wie einer Design-Ikone geworden,<br />

meint Trish Lorenz im aktuellen European Can Market<br />

Report. Die Aludose strahle Frische, Convenience, Jugendlichkeit,<br />

Urbanität – über ihren eigent lichen Zweck als<br />

Verpackung – aus. In manchen Fällen schafft es die Aludose<br />

sogar zum vergoldeten Kultobjekt: So findet sich am Online-<br />

Marktplatz eBay unter anderem eine mit 24-Karat-Blattgold<br />

überzogene Getränkedose, der Flügel verleihende Inhalt<br />

kann gleich mitersteigert werden.<br />

METALL STEHT FÜR NACHHALTIGKEIT. Aber nicht nur<br />

durch den Nutzen, sondern auch aufgrund des Materials<br />

selbst stehen Verpackungen aus Metall für Nachhaltigkeit,<br />

denn gerade Alu, Blech und Stahl eignen sich perfekt für eine<br />

Kreislaufwirtschaft. Metallverpackungen können immer wieder<br />

eingeschmolzen werden, ohne dass das Material an Qualität<br />

verliert. Damit werden natürliche Ressourcen geschont, aber<br />

auch Energie wird gespart: Stellt man Stahl aus Schrott her,<br />

wird nur ein Viertel der Energie verbraucht, die zur Produktion<br />

von Primärstahl benötigt wird. So wurden alleine 2006<br />

Foto: Huber Packaging Group<br />

Es gibt immer wieder Innovationen im Zusammenhang mit<br />

Metall und Verpackung. So gewann etwa Vogel & Noot für<br />

seine konsumentInnenfreundliche Verpackung „Peelend“ den<br />

„Staatspreis Vorbildliche Verpackung 2008“ in der Kategorie<br />

„Konsumverpackung“. In der Kategorie „Transportverpackung“<br />

ging die Auszeichnung an die Weißblechdose „2K-CombiCan“<br />

von Reichsfeld. Die Jury überzeugte bei der „Vogel & Noot<br />

Peelend“, einer aus einem Weißblechring und einer Kunststofffolie<br />

bestehenden Verpackung, der hohe Convenience-<br />

Charakter, der sich durch die guten Öffnungseigenschaften<br />

ergibt. Außerdem ersetzt diese innovative Entwicklung<br />

herkömmliche Weißblechdeckel – Materialeinsparung ist<br />

die erfreuliche Folge. Für die Jury war dies „eine großartige<br />

neue Entwicklung mit guten Öffnungseigenschaften,<br />

konsumentenfreundlich, ressourcenschonend und vielseitig<br />

gestaltbar“.<br />

Die „2K-CombiCan“ von Reichsfeld wurde für ihr einfaches<br />

Handling und ihre Materialeinsparung ausgezeichnet. Die<br />

beiden Weißblechbehälter sind über einen spannringlosen<br />

Kunststoffverschluss verbunden und enthalten unterschiedliches<br />

Füllgut, das unmittelbar vor Gebrauch vermischt wird.<br />

ERSTE RECYCLINGVERFAHREN. Die Wiederverwertung<br />

von Metallen ist keine Erfindung des 20. Jahrhunderts. Mit<br />

den so genannten Wolfs- oder auch Stücköfen wurden ab<br />

6


Topic<br />

dem 12. Jahrhundertmit durch Wasserkraft angetriebenen<br />

Blasebälgen dauerhaft Temperaturen von mehr als 1400 Grad<br />

Celsius erreicht. Dadurch wurde auch wiederholtes Einschmelzen<br />

von Eisen möglich. Napoleon Bonaparte beispielsweise<br />

ließ aus den erbeuteten Kanonen nach der Schlacht<br />

von Austerlitz die Triumphsäule für die Place Vendome gießen<br />

– das wäre ohne die vorangegangene Weiterentwicklung<br />

nicht möglich gewesen.<br />

Der Hochofen jedenfalls wurde zunehmend verfeinert, etwa<br />

durch das 1949 bei der VÖEST in Linz entwickelte Linz-Donawitz-Verfahren<br />

(LD-Verfahren), wo bei der Stahlerzeugung<br />

reiner Sauerstoff zugeführt wird. Dieses Verfahren ist nach<br />

wie vor Stand der Technik, auch wenn es daneben mittlerweile<br />

andere Methoden der Stahlerzeugung gibt. Erwähnenswert<br />

ist zudem, dass schon früh Roheisen zusammen mit<br />

oxidhaltigem Schrott zu kohlenstoffarmem Stahl verarbeitet<br />

wurde – somit war die Schrottverwertung eines der ersten<br />

<strong>Recycling</strong>verfahren.<br />

NEBEN- UND MITEINANDER. Sieht man sich beispielsweise<br />

Kupfer und dessen moderne Einsatzbereiche an, so könnte<br />

man fast glauben, die Kupferzeit sei noch nicht vorbei: Man<br />

findet es etwa in Sieben für Haushalt und Gewerbe, aber<br />

auch in „Kabelbäumen“, nach denen die moderne Elektronik<br />

nicht nur in Kraftfahrzeugen und Großflugzeugen verlangt.<br />

Es ist nach Silber der beste Leiter für Elektrizität. Ihm kommt<br />

auch eine Schlüsselrolle in der modernen Kommunikation<br />

zu. Kupferrohre finden sich in so gut wie jedem Haushalt.<br />

Für wassergekühlte Verbrennungsmotoren in Autos wird<br />

ein Röhrenkühler aus Kupfer verwendet. Insgesamt waren<br />

im Jahr 2008 in einem Kfz rund 25 Kilogramm Kupfer<br />

enthalten. Es kommt aber auch beim Bauen zum Einsatz<br />

(Kupferdach etc.).<br />

Neben die sich den Erfordernissen der Moderne – wie Stahlkonstruktionen<br />

– anpassende Eisenzeit tritt seit dem Ende<br />

des 19. Jahrhunderts etwas völlig Neues, die „Erdmetallzeit“.<br />

Diese Bezeichnung ist darauf zurückzuführen, dass die sie bestimmenden<br />

Elemente nicht als metallführendes Erz vorkommen,<br />

sondern nur in Verbindungen, die als „Erden“ bezeichnet<br />

werden. Beim bekanntesten „Erdmetall“, Aluminium, ist<br />

dies die so genannte oxidische Form, nämlich Bauxit. Dieser<br />

enthält 50 Prozent Aluminiumoxid (Tonerde). In dieser Form<br />

gehört Aluminium zu den häufigsten Metallen der Erde.<br />

EIN HIGH-TECH-WERKSTOFF. Aber auch in seiner verarbeiteten<br />

Form ist Aluminium weit verbreitet: Die gegenwärtigen<br />

Produktionsmenge übersteigt die aller anderen Nichteisenmetalle<br />

zusammen: 20 Millionen Tonnen Rohaluminium pro<br />

Jahr sollen heute weltweit erzeugt werden. Und das, obwohl<br />

es erst seit relativ kurzer Zeit eingesetzt wird.<br />

Zum Beispiel im Fahrzeugbau: „Der Trend geht zur so genannten<br />

Mischbauweise“, erklärt Werner Fragner vom<br />

Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen. „Das bedeutet,<br />

dass verschiedene Materialien eingesetzt werden, um eine<br />

optimale Kombination aus niedrigem Gewicht, Funktionalität<br />

und Preis zu erzielen.“<br />

Aluminium eignet sich dafür hervorragend, denn es ist dehnbar,<br />

bildet leicht Legierungen, hat ein gutes Festigkeit-Masse-<br />

Verhältnis, leitet hervorragend Wärme und Elektrizität, ist<br />

korrosionsbeständig und recycelbar. Es ist heute kaum mehr<br />

aus unserem Alltag wegzudenken und hat sich den Status<br />

eines „Hauptmetalls“ redlich verdient.<br />

EINBRUCH DER NACHFRAGE. Mit der Konjunkturkrise legt<br />

sich ein Schatten auf eine der größten Industrien des Landes:<br />

rund 170.000 Personen finden ihr Auskommen in der Metallindustrie.<br />

Oder fanden. „Wir haben eine dramatische negative<br />

Entwicklung bei den Auftragseingängen, eine negative<br />

Beschäftigungseinschätzung und rückläufige Produktionswerte“,<br />

berichtet der Geschäftsführer der Bundessparte<br />

Industrie, Manfred Engelmann.<br />

Auch der Markt für so genannte Sekundärrohstoffe ist unter<br />

Druck. So sind beispielsweise die Schrottpreise schon zwischen<br />

Juli und Oktober 2008 um mehr als 50 Prozent abgesackt.<br />

Geschnittener Eisenschrott ist in diesem Zeitraum von<br />

360 auf 140 Euro je Tonne gefallen, berichtet das Bundesgremium<br />

für Sekundärrohstoffe in der Wirtschaftskammer.<br />

Und: „Trotz des Preisverfalls werden kaum Käufer gefunden“,<br />

klagt der Obmann des Bundesgremiums, Herbert Müller-<br />

Guttenbrunn. Für Aluminiumschrott gebe es derzeit überhaupt<br />

keine Käufer.<br />

HEISS BEGEHRTE KRISENWÄHRUNG. Sinkt in wirtschaftlich<br />

schlechten Zeiten die Nachfrage nach diversen (Industrie-) -<br />

Metallen, so steigt auf der anderen Seite die Nachfrage nach<br />

einem ganz bestimmten an: Gold. Das wohl bekannteste<br />

Edelmetall und neben Kupfer, Silber, Blei, Zinn, Eisen und<br />

Quecksilber einer der Wegbereiter unserer Zivilisation, wie<br />

Lefteri schreibt, spielte bereits bei den Pharaonen als Wertaufbewahrungsmittel<br />

eine Rolle, aber auch für die Herstellung<br />

von Schmuck.<br />

Mit König Krösus von Lydien (ungefähr 600 v. Chr.) wird es<br />

zum Zahlungsmittel. Von großer Bedeutung sind ab 700 v.<br />

Chr. die ersten Münzprägungen aus Gold oder Silber. Gerade<br />

in Krisenzeiten besinnt man sich immer wieder auf den Wert<br />

des Goldes. Und so hat sich die Nachfrage im Jahreszeitraum<br />

verzehnfacht, wie Christian Lechner vom Online-Goldhändler<br />

pro aurum feststellt. Auch auf Silber gibt es einen Run: in<br />

Barrenform ist es momentan kaum zu haben.<br />

Foto: Fotolia.com<br />

7


Comment<br />

VON QUASI-MONOPOLISTEN<br />

UND ROSINENPICKERN<br />

Foto: Kurt Keinrath<br />

Seit einem halben Jahr sind<br />

Dr. Christoph Scharff und<br />

Ing. Werner Knausz die<br />

neuen ARA Vorstände.<br />

Leicht waren die ersten<br />

Monate angesichts der <strong>Altstoff</strong> -<br />

krise und der anstehen den<br />

Novelle der Verpackungsverordnung<br />

sicher nicht. Im<br />

TRENNT-Interview ziehen sie<br />

eine erste Bilanz über ihren<br />

Start in einem turbulenten<br />

Umfeld.<br />

TRENNT: Die Fusionierung scheint geschafft. Wie sieht Ihre<br />

Bilanz für die ersten Monate der ARA neu aus?<br />

Scharff: Wir haben die Fusion sehr erfolgreich über die<br />

Bühne gebracht. Acht Unternehmen gleichzeitig nicht nur<br />

gesellschafts rechtlich zu verschmelzen, sondern auch organisatorisch,<br />

wirtschaftlich, räumlich und kulturell zusammenzu -<br />

führen, ist keine alltägliche Aufgabe. Auch von externer Seite<br />

wird uns immer wieder bestätigt, dass wir bei diesem Projekt<br />

in derart kurzer Zeit eine reife Leistung hingelegt haben.<br />

Knausz: Man muss aber auch sagen, dass unsere MitarbeiterInnen<br />

toll mitgezogen haben. Binnen acht Wochen waren<br />

alle Aufgaben neu verteilt und alle MitarbeiterInnen am<br />

Standort der ARA zusammengeführt, und wir konnten sehr<br />

schnell wieder zum Tagesgeschäft übergehen, das mit der<br />

Wirtschaftskrise und der Novelle der Verpackungsverordnung<br />

im Moment zugegebenermaßen ein wenig turbulent ist. Ich<br />

bin sehr stolz auf diese Entwicklung, weil sie gezeigt hat, dass<br />

wir mit diesem Team die künftigen Herausforderungen erfolgreich<br />

meistern werden.<br />

TRENNT: War es vernünftig, zu fusionieren, bevor man überhaupt<br />

weiß, wie die neue Verpackungsverordnung aussehen<br />

wird?<br />

Scharff: Die Welt steht nicht still, nur weil die österreichische<br />

Verpackungsverordnung novelliert wird. Mit der Fusionierung<br />

haben wir uns auf den Wettbewerb im Haushaltsbereich vorbereitet,<br />

der eher früher als später kommen wird, unabhängig<br />

davon, wie die Verpackungsverordnung aussieht. Mit unserer<br />

neuen, schlankeren Struktur sind wir einfach wendiger und<br />

können schneller auf Veränderungen am Markt reagieren. Und<br />

eine vorausschauende Restrukturierung lässt sich sorgfältiger<br />

planen und umsetzen als unter äußerem Anpassungsdruck.<br />

Knausz: Sobald es die neue Verordnung gibt, werden wir uns<br />

ansehen, ob wir unsere Strukturen im Detail noch anpassen<br />

müssen. Das werden aber nur Feinjustierungen sein, denn wir<br />

haben den größten Teil der Hausaufgaben bereits gemacht.<br />

Unsere Strategie ist nach vorwärts gerichtet. Wir feilen im<br />

Moment an einem erweiterten Dienstleistungsangebot für unsere<br />

Kunden, das uns neue Produktbereiche, aber auch neue<br />

Märkte im In- und Ausland erschließen soll.<br />

TRENNT: Apropos Verpackungsverordnung: Ist die ARA in<br />

die Gespräche zur Novellierung der Verpackungsverordnung<br />

eingebunden?<br />

Knausz: Wir haben seit 1995 die Sammelmengen um 38 %<br />

gesteigert und gleichzeit die Lizenztarife um durchschnittlich<br />

57 % gesenkt. Ich glaube, wir haben damit gezeigt, dass wir<br />

die Verpflichtungen unserer Kunden aus der Verpackungsverordnung<br />

ökologisch und ökonomisch effizient umsetzen.<br />

Bei der Novellierung der Verpackungsverordnung stehen wir<br />

gerne mit unserem Wissen und unserer Erfahrungen beratend<br />

8


Comment<br />

zur Verfügung; in die Verhandlungen sind wir nicht eingebunden.<br />

Wir versprechen aber, dass wir auch die künftige Verpackungsverordnung<br />

mit vollem Einsatz und hoher Effizienz<br />

zum Wohle aller Beteiligten umsetzen werden.<br />

TRENNT: Als Quasi-Monopolist in der Haushaltssammlung<br />

sind Sie über den Wettbewerb sicher nicht erfreut. Sie fordern<br />

von der neuen Verpackungsverordnung immer wieder einen<br />

fairen Wettbewerb ein. Wie sieht der denn aus?<br />

Scharff: Sie haben richtigerweise von einem Quasi-Monopol<br />

gesprochen. Wir sind im Haushaltsbereich – noch – die<br />

Einzigen mit einem Leistungsangebot im Markt. Und dennoch<br />

haben wir ein für einen Monopolisten ungewöhnliches<br />

Preisverhalten gezeigt, nämlich eine Reduktion um 57 %,<br />

wie Werner Knausz eben gezeigt hat. Die ARA ist also kein<br />

Gewinnmaximierer, sondern ein Kostenminimierer, und das<br />

erklärt sich aus unserer Eigentümerstruktur und dem Non-<br />

Profit-Prinzip. Dieses erfolgreiche Modell soll weiter möglich<br />

sein, schließlich hat es sich außerordentlich bewährt. Unsere<br />

Forderung nach fairem Wettbewerb heißt also: Nicht-Diskriminierung<br />

der ARA als Universaldienstleister. Es kann nicht<br />

sein, dass die Verpackungssammlung von Rosinenpickern<br />

beherrscht wird und sich diese Systeme nur die lukrativsten<br />

Packstoffe und Kunden aussuchen.<br />

In der Verpackungsverordnung muss sichergestellt werden,<br />

dass alle Packstoffe abgedeckt sind, dass es eine klare Abgrenzung<br />

zwischen Haushalts- und Gewerbeverpackungen<br />

gibt und dass auch Kleinst-Inverkehrsetzer zu tragbaren<br />

Kosten eine Entpflichtungsmöglichkeit vorfinden. Mit der<br />

Vorgabe, dass nur Verpflichtete Sammelsysteme betreiben<br />

dürfen, wären viele Probleme gelöst.<br />

Bei einem unkontrollierten Wettbewerb bleiben alle auf der<br />

Strecke: Wirtschaft, Konsumenten und nicht zuletzt die Umwelt,<br />

zu deren Entlastung die Verpackungsverordnung<br />

schließlich geschaffen wurde.<br />

Knausz: Sie müssen sich bloß die Wettbewerbssituation in<br />

Deutschland ansehen: von Non-Profit und fairem Wettbewerb<br />

keine Spur. Keines der neun Sammelsysteme ist mehr<br />

im Eigentum der verpflichteten Wirtschaft. Binnen drei Jahren<br />

hat man ein funktionierendes System gegen die Wand<br />

gefahren und kämpft nun mit einem hohen Trittbrettfahreranteil,<br />

schlechter Sammelqualität und unzufriedenen Kommunen<br />

und Konsumenten. Es kann mir niemand weismachen,<br />

dass er sich für Österreich ähnliche Verhältnisse wünscht. Es<br />

muss deshalb auch im Wettbewerbsszenario unbedingt einen<br />

geben, der für das Sammelsystem verantwortlich ist und für<br />

sinnvolle Weiterentwicklungen sorgt.<br />

TRENNT: Damit sprechen Sie das nicht zuletzt von Ihnen<br />

prä ferierte Modell eines Leitsystems an. Wie soll das funktionieren?<br />

Scharff: Als Provider würde die ARA nach wie vor die komplette<br />

Haushaltssammlung sicherstellen und damit weiterhin<br />

für den Betrieb, innovative Fortentwicklungen und Effizienzsteigerungen<br />

sorgen. Die Entpflichtungssysteme erhalten<br />

nach der Entleerung der Sammelfahrzeuge die gesammelten<br />

Verpackungen dann im Verhältnis zu ihrem Marktanteil und<br />

sind für die Sortierung und Verwertung dieser Verpackungen<br />

verantwortlich. Gleichzeitig wäre die ARA – ebenfalls wie<br />

bisher – eines der Entpflichtungssysteme, das die Verpackungs -<br />

entpflichtung im Wettbewerb zu anderen genehmigten Entpflichtungssystemen<br />

anbietet.<br />

TRENNT: Wäre es nicht sinnvoller, Entpflichtung und<br />

Sammlung strikt zu trennen und eine unabhängige Infrastrukturgesellschaft<br />

zu etablieren?<br />

Foto: Fotolia.com<br />

„Es kann nicht sein, dass die Verpackungssammlung von<br />

Rosinenpickern beherrscht wird und sich diese Systeme nur<br />

die lukrativsten Packstoffe und Kunden aussuchen.“<br />

Scharff: Es gibt keine unabhängige Infrastrukturgesellschaft;<br />

irgendjemand hat immer das Sagen. Aus der Sicht unserer<br />

Eigentümer gilt der Spruch: „Wer zahlt, schafft an“. Auf die<br />

Verpackungsverordnung umgemünzt heißt das, dass die verpflichtete<br />

Wirtschaft im Sinne der Produzentenverantwortung<br />

die Kosten trägt und daher auch einen maßgeblichen Einfluss<br />

auf System- und Kostengestaltung haben muss. Ein Leitsys -<br />

tem im Eigentum der verpflichteten Wirtschaft erfüllt durch<br />

seine Doppelfunktion als Entpflichtungssystem und Sammelsystemprovider<br />

diese Voraussetzungen, weil es im Unterschied<br />

zu einer neuen Infrastrukturgesellschaft ein großes<br />

Eigeninter esse an einer effizienten Sammlung und niedrigen<br />

Kosten hat.<br />

TRENNT: Die ARA ist von der <strong>Altstoff</strong>krise nicht verschont<br />

ge blieben. Welche Auswirkungen hat die <strong>Altstoff</strong>krise auf die<br />

ARA?<br />

Scharff: Unsere <strong>Altstoff</strong>erlöse sind in den Keller gesunken.<br />

Wir haben zum Beispiel für eine Tonne Kunststoffe im Sommer<br />

noch einige hundert Euro bekommen, jetzt müssen wir vielfach<br />

für die Verwertung bezahlen. Auch bei Altpapier und<br />

Metallen sind die Preise stark gefallen.<br />

Fortsetzung auf Seite 10<br />

9


Comment<br />

Fortsetzung von Seite 9<br />

Sicherstellung der Entsorgung in den Vordergrund. Vor allem<br />

die Konsumentinnen und Konsumenten sind im Moment verunsichert.<br />

Wir können mit unseren Partnern aus dem Kreise<br />

der Gebietskörperschaften und der Entsorgungswirtschaft<br />

allerdings garantieren, dass auch in diesen Zeiten alle Behälter<br />

ordnungsgemäß entleert und die Verpackungen verwertet<br />

werden.<br />

Foto: Mark Fallander/CCHBC<br />

„Unsere <strong>Altstoff</strong>erlöse sind in den Keller gesunken.“<br />

TRENNT: Bleiben Sie im Moment auf Ihren Verpackungen sitzen?<br />

Knausz: Wir haben Gott sei Dank ein langjähriges und gut<br />

funktionierendes Netzwerk an Verwertungsbetrieben, die<br />

unsere Verpackungen auch in Zeiten der Krise übernehmen.<br />

Hier kommt uns zugute, dass wir mehrjährige Verträge abschließen<br />

und unsere Verpackungen nie rein opportunistisch<br />

auf Spotmärkten verkauft haben, sondern weitestmöglich<br />

unseren österreichischen Partnern treu geblieben sind. Kontinuität,<br />

Verlässlichkeit und Handschlagqualität gehören auch<br />

in diesem Bereich zu unseren Tugenden, und das macht sich<br />

in Krisenzeiten bezahlt.<br />

Scharff: Für uns ist das auch eine ganz neue Situation. Die<br />

Verpackungssammlung war viele Jahre ein wichtiger Rohstofflieferant<br />

für die Wirtschaft, nun rückt aber vor allem die<br />

TRENNT: In den letzten Jahren war immer von möglichen<br />

Tariferhöhungen die Rede. Es ist aber nie etwas passiert.<br />

Wird die <strong>Altstoff</strong>krise zu Tariferhöhungen führen?<br />

Knausz: Die ARA hat seit 1995 die Tarife durchschnittlich<br />

um 57 % gesenkt. Rund die Hälfte der Tarifsenkungen resultiert<br />

aus Kostensenkungen im Bereich Sammlung, Logistik<br />

und bei den Overheadkosten. Die zweite Hälfte resultiert aus<br />

den gestiegenen <strong>Altstoff</strong>erlösen, die wir selbstverständlich<br />

auch an unsere Kunden weitergegeben haben.<br />

Wie gesagt, sind uns durch die veritable Wirtschaftskrise die<br />

<strong>Altstoff</strong>erlöse aus der Vermarktung der gesammelten Verpackungen<br />

massiv weggebrochen und unsere ungeplanten<br />

Überschüsse aus der Vergangenheit wurden durch die Tarifsenkungen<br />

größtenteils an die Kunden zurückgegeben. Wir<br />

haben im November 2008 gleich nach dem Erkennen des<br />

Ausmaßes der Krise ein internes und externes Sparprogramm<br />

initiiert, welches uns jährliche Einsparungen von 5 bis 6 Mio.<br />

Euro bringen wird. Diese Einsparungen reichen allerdings<br />

nicht aus, um die immensen Ausfälle durch den Verfall der<br />

<strong>Altstoff</strong>märkte wettzumachen.<br />

Die Tarifanhebungen werden je nach Bedeutung der <strong>Altstoff</strong>erlöse<br />

für den Packstoff durchschnittlich mehr als 20 % betragen.<br />

Trotz dieser signifikanten Tarifanhebungen werden dann<br />

– als Resultat der nachhaltigen Kostensenkungen der letzten<br />

Jahre – die durchschnittlichen Lizenztarife noch immer um<br />

rund 40 3 % niedriger sein als im Jahr 1995.<br />

Sigi M<br />

Sigi M<br />

Menz<br />

Sigi<br />

Foto: Kurt Keinrath<br />

„Die Verpackungssammlung war viele Jahre ein wichtiger Rohstofflieferant für die Wirtschaft,<br />

nun rückt aber vor allem die Sicherstellung der Entsorgung in den Vordergrund.“<br />

10


Ambience<br />

ACHTERBAHNFAHRT<br />

DER ABFALLWIRTSCHAFT<br />

Foto: Fotolia.com<br />

Die globale Wirtschaftskrise macht auch vor den Rohstoffmärkten nicht Halt. Nach Höhenflügen stürzten die<br />

Preise für Wertstoffe in den Keller. Wenn Fabriken stillstehen, immer weniger produziert und verkauft wird,<br />

sind auch Verpackungen als Sekundärrohstoffe nicht besonders gefragt.<br />

KEIN KUNSTSTOFF- UND PAPIEREXPORT NACH CHINA.<br />

Wo vor ein paar Monaten für die Produktion von Kunststoffprodukten<br />

noch <strong>Recycling</strong>material eingesetzt wurde, wird<br />

jetzt Primärmaterial aus Rohöl verwendet, und der <strong>Altstoff</strong>export<br />

ist zum Erliegen gekommen. Als Ergebnis stürzte der<br />

Preis von 420 Euro im September auf aktuell 125 Euro. Zu<br />

Recht sprechen viele Beteiligte von einem noch nie erlebten<br />

Ausnahmezustand. Der Absatz nach Fernost ist praktisch<br />

zum Erliegen gekommen. China, Hauptabnehmer für viele<br />

Kunststoffabfälle, tätigt vorerst keine Zukäufe mehr. Zusammenbrüche<br />

von Verarbeitern, fehlende Kredite, aber auch ein<br />

massiver Einbruch der Bestellungen für Produkte wie Spielzeug<br />

oder Haushaltsgeräte werden als Gründe genannt.<br />

„Asien war für viele europäische Verwerter der Hoffnungsmarkt“,<br />

sagt auch ARA Vorstand Scharff. Bereits im vierten<br />

Quartal 2008 seien aber europäische Schiffe mit Papier und<br />

Kunststoff vollbeladen wieder zurückgekommen. Die überschüssige<br />

Ware drängt nun auf den europäischen Markt zurück,<br />

so dass wir jetzt ein Überangebot haben, das die Preise<br />

noch zusätzlich drückt.<br />

Die Auftragslage der Papier- und Kartonindustrie – und damit<br />

der Bedarf nach dem Rohstoff Altpapier – hat sich konjunkturbedingt<br />

in den letzten Monaten stetig verschlechtert. Das<br />

Ergebnis ist auch hier ein Preisverfall. „Noch im Sommer des<br />

Vorjahrs war Altpapier ein weltweit begehrter Rohstoff, der<br />

um 100 Euro pro Tonne gehandelt wurde. Im Dezember bekamen<br />

wir dafür nur noch einen Bruchteil“, erklärt ARA Vorstandssprecher<br />

Dr. Christoph Scharff die Auswirkungen der<br />

Wirtschaftskrise auf die <strong>Altstoff</strong>märkte.<br />

Zwischenzeitlich werden wenigstens wieder alle ARA Mengen<br />

kontinuierlich angenommen, so dass keine kostenintensiven<br />

Lager erforderlich werden.<br />

PREISREDUKTION BEI ALTMETALL. Am Metallsektor ist es<br />

vor allem die Automobilindustrie, als einer der größten Abnehmer<br />

von Produkten, in denen Altmetalle eingesetzt werden,<br />

die unter der momentanen schwierigen Wirtschaftslage zu<br />

leiden hat. Kurzarbeit ist die Folge, Werke wurden für einige<br />

Wochen überhaupt zugesperrt. Auch in anderen metallintensiven<br />

Industriesparten wird derzeit sehr wenig investiert.<br />

Fortsetzung auf Seite 12<br />

11


Ambience<br />

Fortsetzung von Seite 11<br />

Die Folge sind drastische Preisreduktionen im Schrottbereich<br />

bzw. bei geringeren Qualitäten generelle Abnahmeprobleme.<br />

Wie im Kunststoffbereich hat sich der chinesische bzw. generell<br />

der südostasiatische Markt fast völlig als Nachfrager aus<br />

dem europäischen Schrotthandel zurückgezogen. Das Ausmaß<br />

und die Dauer dieser Krise sind noch nicht absehbar.<br />

Nach Ansicht von ExpertInnen kann frühestens in der zweiten<br />

Jahreshälfte <strong>2009</strong> mit einer Stabilisierung des Fernostmarkts<br />

gerechnet werden.<br />

Einzig die Preise für Verpackungen aus Glas und Holz sind<br />

stabil und von der Krise derzeit nicht betroffen.<br />

„Die Gründe für die Krise an den <strong>Recycling</strong>märkten ist nicht<br />

nur auf die aktuelle Konjunkturflaute zurückzuführen“, so<br />

Leopold Frey, Leiter der betrieblichen Abfallwirtschaft beim<br />

Umweltconsulter denkstatt gegenüber der APA. Vor dem<br />

Hintergrund des Wirtschaftsbooms der vergangenen Jahre sei<br />

auch die Nachfrage nach Metall, Papier, Karton und Kunststoff<br />

gestiegen. Dadurch seien die weltweiten Produktionskapazitäten<br />

sowohl bei <strong>Recycling</strong>betrieben als auch bei Primärenergieproduzenten<br />

(etwa Kunststoffherstellung aus Erdöl)<br />

massiv ausgebaut worden. In der Krise gingen nun die <strong>Altstoff</strong>lager<br />

über, weil die Sekundärrohstoffe nicht mehr in dem<br />

Ausmaß verarbeitet werden können.<br />

Vor allem in China habe der „extreme Hunger“ nach Kunststoffen<br />

und Verpackungen dazu geführt, dass viele Anlagen<br />

gebaut wurden, so Frey.<br />

VERPACKUNGSSAMMLUNG UND -VERWERTUNG GESI-<br />

CHERT. „Wenn <strong>Altstoff</strong>e nichts mehr wert sind, werden die<br />

Behälter sicher bald nicht mehr ausgeleert, und die Sammlung<br />

von Verpackungen wird bald eingestellt“, befürchtet ein Konsument<br />

bei einer Sammelinsel. Hofrat Dr. Robert Hink, Generalsekretär<br />

des Gemeindebunds, kann aber Entwarnung für<br />

besorgte BürgerInnen geben: „Die ARA hat den österreichischen<br />

Gemeinden garantiert, dass alle Sammelbehälter auch<br />

weiterhin planmäßig entleert werden. Das gilt für Altpapier<br />

ebenso wie für Leicht-, Metall- und Glasverpackungen.“<br />

Selbst für den Extremfall, dass ein beauftragtes Entsorgungsunternehmen<br />

in Turbulenzen geraten sollte, werden Belastungen<br />

für die Gemeinden verhindert und die Entsorgung durch<br />

rasche Ersatzlösungen sichergestellt. Und auch ARA Vorstandsprecher<br />

Scharff beruhigt: „Für uns als Non-Profit-<br />

Unternehmen ist die Verpackungssammlung eine Frage der<br />

Nachhaltigkeit und nicht eine von kurzfristigem Profitdenken.<br />

Im Gegenteil: Wir müssen unabhängig von den gerade erzielbaren<br />

<strong>Altstoff</strong>erlösen die Entsorgungssicherheit für die KonsumentInnen,<br />

Städte und Gemeinden weiterhin garantieren,<br />

um das Vertrauen in die Mülltrennung nicht zu erschüttern.<br />

Denn eine Verpackungssammlung auf derart hohem Niveau<br />

wie in Österreich lässt sich unmöglich ein- und ausschalten<br />

wie eine Leselampe.“ Nach Jahren, in denen sich die Verpackungssammlung<br />

zu einem wichtigen Rohstoff- und Energie -<br />

lieferanten für die Wirtschaft entwickelt hat, tritt nun die<br />

Sicherstellung der Entsorgung und der Verwertung zunehmend<br />

in den Vordergrund.<br />

ARA FEHLEN WICHTIGE ALTSTOFFERLÖSE. Absatzschwierig<br />

keiten trotz einer Talfahrt der Preise von Sekundärrohstoffen,<br />

wie Aluminium-, Buntmetall- oder Eisenschrott,<br />

machen dem österreichischen Sekundärrohstoffhandel<br />

derzeit schwer zu schaffen. „Zahlen belegen die derzeit<br />

schwierige Situation“, sagt Herbert Müller-Guttenbrunn,<br />

Obmann des Bundesgremiums Sekundärrohstoffhandel,<br />

<strong>Recycling</strong> und Entsorgung in der Wirtschaftskammer<br />

Österreich. Ein großes Problem stellt die Tatsache dar,<br />

„dass die Unternehmen für ihre Ware kaum Käufer finden“,<br />

so Müller-Gutten brunn.<br />

Foto: Kurt Keinrath<br />

Sammelbehälter werden auch in Zukunft planmäßig entleert.<br />

12


Ambience<br />

KRISENSTIMMUNG IN DEUTSCHLAND. Nicht anders sieht es<br />

bei unseren deutschen Nachbarn aus. „Selten kann man auf<br />

ein Jahr zurückblicken, in dem Licht und Schatten so nah<br />

beieinander liegen“, machte der Vorsitzende des bvse-Fachverbandes<br />

Papierrecycling, Hubert Neuhaus, in einem Rückblick<br />

auf 2008 deutlich. „Gute Altpapiergeschäfte im ersten<br />

Halbjahr und ein Absturz des Marktes in der zweiten Jahreshälfte,<br />

so lässt sich die Entwicklung zusammenfassen.“ Nach<br />

der Einschätzung von Neuhaus bestehe „kein Zweifel“, dass<br />

<strong>2009</strong> eher stürmisches Wetter als eitel Sonnenschein bieten<br />

werde. Dennoch gibt es nach Auffassung von Eric Rehbock,<br />

Hauptgeschäftsführer des deutschen bvse (Bundesverband<br />

Sekundärrohstoffe und Entsorgung), keinen Grund, unter<br />

den gegebenen Umständen in eine Art „Schockstarre“ zu verfallen.<br />

„Wir haben es hier zwar mit radikalen volkswirtschaftlichen<br />

Veränderungen zu tun, dennoch werden die Geschäfte<br />

nicht zum Erliegen kommen. Die Unternehmen müssen jetzt<br />

ihre Kostenstrukturen optimieren und sich durch schnelles<br />

und konsequentes Handeln den Marktgegebenheiten anpassen.<br />

Ohne Zweifel werden diejenigen besser durch diese<br />

schwierige Phase kommen, die ihre Kundenbeziehungen unabhängig<br />

von der Marktlage gepflegt und nicht ausgereizt<br />

haben.“<br />

NACHHALTIGKEIT RÜCKT IN DEN HINTERGRUND. „Durch<br />

die Wirtschaftskrise sind uns sehr viele Kunden weggebrochen,<br />

da sie weniger Aufträge haben und dadurch auch weniger<br />

Regranulate brauchen“, erklärt Werner Kruschitz, Geschäftsführer<br />

des Kunststoff-Recyclers Kruschitz. „Der Absatz ist seit<br />

September sehr stockend und unsere Lager sind voll.“<br />

In diesen wirtschaftlich angespannten Zeiten sehen sich viele<br />

Unternehmen gezwungen, vom Nachhaltigkeitsgedanken abzurücken.<br />

Wo vor ein paar Monaten für die Produktion von<br />

Kunststoffprodukten noch <strong>Recycling</strong>material eingesetzt wurde,<br />

greift man im Moment auf den deutlich billigeren Primärrohstoff<br />

Erdöl zurück. „Wenn die Preise passen, kann man noch<br />

<strong>Recycling</strong>material verkaufen. Es ist nur so, dass sich die Preise<br />

halbiert haben, und mit diesen Preisen kostendeckend zu<br />

produzieren ist schwierig. Regranulate haben derzeit einen<br />

geringeren Preis, als wir im Sommer für die Abfälle bezahlt<br />

haben. Wir hoffen, dass sich die Situation im 3. Quartal<br />

wieder normalisiert und vor allem durch die Konjunkturprogramme<br />

die Wirtschaft wieder angekurbelt wird und die<br />

Produktion wieder steigen kann und dadurch auch die Nachfrage<br />

von Regranulaten steigt“, so Kruschitz.<br />

Gesammelte Mengen werden von Verwertungsbetrieben nicht<br />

mehr übernommen, da deren Lager bereits randvoll sind.<br />

ENTSORGER MIT VERMARKTUNGSPROBLEMEN. Gesammelte<br />

Mengen werden von Verwertungsbetrieben nicht mehr<br />

übernommen, da deren Lager bereits randvoll sind. Mit an<br />

Grenzen stoßenden Aufnahmekapazitäten kämpfen auch<br />

Entsorger, wie Dr. Andrea Rachbauer, Unternehmenssprecherin<br />

des Entsorgers Saubermacher bestätigt: „Nach wie vor können<br />

die Übermengen an Papier äußerst schwer vermarktet werden.<br />

Besonders schwer betroffen ist Kaufhausaltpapier, welches<br />

nicht lizenziert ist. Hierfür findet man kaum Abnehmer. Wir<br />

liefern zwar an unsere Abnehmer, jedoch nur im eingeschränkten<br />

Ausmaß, da die Unternehmen noch immer ihre<br />

Produktion gedrosselt haben“, erklärt Rachbauer. „Zum jetzigen<br />

Zeitpunkt sind unsere Lager voll, wir verteilen die Sekundärrohstoffe<br />

auf verschiedene Standorte, d.h. wir können<br />

zum jetzigen Zeitpunkt von einer Anmietung von<br />

Lagerplätzen absehen.“<br />

Die ARA hat in dieser Krisensituation zumindest das Glück,<br />

dass sie gesammelte Verpackungen nicht teuer zwischenlagern<br />

muss. „Wir sind in den letzten 15 Jahren den österreichischen<br />

Verwertern treu geblieben und haben uns nicht als Glücksritter<br />

in China versucht. Mehr als 95 % der ARA Sammelmengen<br />

werden im Inland verwertet. Das kommt uns jetzt zugute.<br />

Unsere Partner haben uns zugesagt, ARA-lizenzierte Verpackungen<br />

auch in diesen Krisenzeiten anzunehmen und zu<br />

verwerten“, erklärt Scharff.<br />

VORSICHTIG POSITIVE PROGNOSEN. „Viele Unternehmen<br />

und Händler wagen eine vorsichtige Prognose, dass ab April<br />

eine Besserung der Lage eintritt, da die asiatischen Lager leer<br />

sind und vor allem die Chinesen wieder Papier nachfragen.<br />

Laut Händlern sollen in Rotterdam schon wieder 10 Schiffe<br />

mit Papier den Hafen verlassen haben, zu Weihnachten<br />

waren es nur 2 Schiffe“, erklärt Rachbauer. „Grundsätzlich<br />

kann man sehr schwer abschätzen, wie sich die Situation in<br />

Zukunft entwickeln wird, wir hoffen jedoch auf eine leichte<br />

Besserung. Dennoch, wenn sich beispielsweise die Lage ab<br />

April bessern würde und die Nachfrage steigt, würde es 2 bis<br />

3 Monate dauern, bis die Lager wieder im Normbereich sind.<br />

Und dies gilt dann auch nur für die Lagersituation beim Entsorger<br />

– die Preissituation wird längere Zeit die Werte von<br />

den ersten 3 Quartalen im Jahr 2008 nicht erreichen.“<br />

KRISE ALS HARTE PRÜFUNG. „Die derzeitige Wirtschaftskrise<br />

ist eine harte Prüfung, wie ehrlich wir es mit Umweltschutz<br />

und Produzentenverantwortung meinen“, sagt Scharff.<br />

„Es ist uns deshalb wichtig, unsere Partner – Gemeinden wie<br />

Entsorgungswirtschaft – in diesen schwierigen Zeiten im<br />

Rahmen unserer Möglichkeiten zu unterstützen. Vorrangiges<br />

Ziel der Verpackungssammlung ist schließlich die Ressourcen -<br />

schonung und nicht reine Geschäftemacherei.“<br />

Foto: Nettingsdorfer<br />

13


Portrait<br />

DIE ERFRISCHENDSTE<br />

BRAUEREI ÖSTERREICHS<br />

Die Ottakringer Brauerei im 16. Wiener Gemeindebezirk Ottakring genießt seit Jahren beinahe schon Kultstatus.<br />

Seit nunmehr 170 Jahren versorgt sie als zweitgrößte Privatbrauerei Österreichs die ÖsterreicherInnen<br />

mit dem Gerstensaft, den angeblich schon die Götter getrunken haben.<br />

1837 vom Müllermeister Heinrich Plank gegründet, ist die<br />

Ottakringer Bierbrauerei heute im Eigentum der Getränkeindustrie<br />

Holding AG, die sich zu 81 Prozent im Besitz der<br />

Familien Wenckheim und Menz befindet. Die Privatbrauerei<br />

erwirtschaftete im Jahr 2007 einen Umsatz von 73 Millionen<br />

Euro. Mit einem Marktanteil von 19 % ist Ottakringer in<br />

Wien Marktführer und liegt mit 14,7 % in Ostösterreich auf<br />

Platz zwei.<br />

Dass das Ottakringer so erfrischt und gut schmeckt, liegt laut<br />

Informationen der Brauerei unter anderen am frischen Quellwasser.<br />

Dieses stammt aus einem 118 Meter tiefen Brunnen,<br />

der seit 1898 die Wasserversorgung der Brauerei sicherstellt.<br />

In Summe werden in der Ottakringer Brauerei pro Jahr rund<br />

600.000 Hektoliter Bier für Österreich gebraut. Mehr als 200<br />

MitarbeiterInnen sorgen dafür, dass in Österreich täglich<br />

rund 320.000 Krügel Ottakringer Bier an den Mann bzw. an<br />

die Frau kommen. Wobei Frauen im Übrigen gerade mal für<br />

10 Prozent des Bierkonsums verantwortlich sein sollen. Trotz<br />

des verhältnismäßig schwachen Frauenanteils gehören die<br />

ÖsterreicherInnen zu den fleißigsten Biertrinkern weltweit,<br />

obwohl sie deutlich hinter Deutschland und Irland rangieren.<br />

Den größten Pro-Kopf-Verbrauch erzielen nach wie vor die<br />

Tschechen.<br />

Im Interview mit TRENNT spricht Ottakringer-Vorstand Sigi<br />

Menz über Dosenbier, die Wirtschaftskrise, Nachhaltigkeit<br />

und die neue Verpackungsverordnung.<br />

TRENNT: Ottakringer ist eine der letzten unabhängigen<br />

österreichischen Brauereien und ein Stück Wiener Tradition.<br />

Wie schaffen Sie es, sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen?<br />

Sigi Menz: Mit Kreativität, Innovationen und enormem Einsatz.<br />

Als mittelständisches Familienunternehmen musst du<br />

hervorstechen, anders sein, um gegen die Konzernriesen eine<br />

Chance zu haben.<br />

TRENNT: Ottakringer steht für erfrischende<br />

Ideen, ob das nun Produkte oder<br />

das Design betrifft. Wie positionieren Sie<br />

sich am österreichischen Markt?<br />

Sigi Menz: Wir sind die erfrischendste<br />

Brauerei Österreichs. Und das nicht nur<br />

was unser Bier anbelangt, das von einzigartiger<br />

Qualität ist – und als erstes mit dem<br />

AMA-Gütesiegel ausgezeichnet wurde. Die<br />

Frische erstreckt sich bei uns auch auf unsere<br />

Einstellung, unsere Philosophie. Alles,<br />

was wir tun, soll uns und andere erfrischen.<br />

So macht der Job auch mehr Spaß.<br />

TRENNT: Ottakringer legt Wert auf originelle<br />

Verpackungen, wie die stylische UO-<br />

Gastroflasche oder die 16er-Blech-Dose<br />

mit Noppen. Welchen Stellenwert rechnen<br />

Sie dem Verpackungsdesign am Markt zu?<br />

14


Portrait<br />

Sigi Menz: Unser Bier können wir<br />

kaum noch verbessern, das ist geschmacklich<br />

und qualitativ einfach<br />

Top. Also konzen trierten wir uns<br />

nicht zuletzt auch auf die Verpakkung.<br />

Schließlich ist Genuss<br />

ganzheitlich zu verstehen. Zum<br />

guten Geschmack gehören – auch<br />

sinnbildlich gesprochen – eben<br />

auch die Optik und der Tastsinn.<br />

Da ist uns zuletzt mit dem Szenebier<br />

UO Ottakringer und dem urwienerischen<br />

16er-Blech einiges<br />

gelungen.<br />

TRENNT: Wie hat sich Ottakringer Bier seit seiner Gründung<br />

vor über 170 Jahren verändert? Haben die heutigen<br />

KonsumentInnen einen anderen Biergeschmack?<br />

Sigi Menz: Freilich, der Geschmack ändert sich ständig. Bestes<br />

Beispiel ist das dunkle Bier. Früher war es selbstver ständlich,<br />

dass das gezuckert ist. Mittlerweile aber wird dem Ottakringer<br />

Dunklen überhaupt kein Zucker mehr beigemengt.<br />

So schmeckt es herrlich herb mit einem Kaffeearoma. Es ist<br />

vom Oma-Bier zur genialen Bierspezialität geworden.<br />

TRENNT: Die Wirtschaftskrise hat alle Branchen fest im<br />

Griff. Wie wirkt sie sich auf die Bierproduktion aus?<br />

Sigi Menz: Die Feierlaune war freilich schon einmal besser,<br />

aber Bier ist immer noch etwas, was man sich zur Belohnung<br />

nach einem harten Tag gerne gönnt. Während der Wirtschafts<br />

krise vielleicht ja auch zum Trost.<br />

TRENNT: Trinken die ÖsterreicherInnen in Zeiten der Wirtschaftskrise<br />

mehr oder weniger Bier?<br />

Sigi Menz: Darauf bin auch ich gespannt. Wir werden sehen.<br />

Noch ist es zu früh, um das zu beurteilen.<br />

TRENNT: Ottakringer hat sich viel mit Dosenbier beschäftigt.<br />

Seit rund zwei Jahren gibt es das 16er Blech. Haben sich<br />

Bierdosen über all die Jahre verändert?<br />

Sigi Menz: Das Design natürlich. Das Bier selbst relativ<br />

wenig. Wir brauen im Sudhaus, und danach wird das Bier in<br />

die verschiedenen Gebinde gefüllt. In Fass, Flasche und Dose<br />

ist die Bierqualität demnach identisch.<br />

Sigi Menz: Bisher war das bei unseren Mitbewerbern kein<br />

sonderlich großer Erfolg.<br />

TRENNT: Die österreichische Wirtschaft gründete 1993 die<br />

ARA AG, um ihre Verpflichtungen aus der Verpackungsverordnung<br />

zu erfüllen. Was halten Sie von der bisherigen Umsetzung<br />

der Verpackungsverordnung durch die ARA?<br />

Sigi Menz: Die geschaffene Lösung ist sinnvoll, praxisnah<br />

und klug. Hier ist wirklich etwas gelungen, das allen von<br />

Nutzen ist: den Konsumenten, der Umwelt und auch der<br />

Wirtschaft.<br />

TRENNT: Im Moment wird an einer Novelle der Verpackungs -<br />

verordnung gearbeitet. Welche Forderungen stellen Sie an die<br />

Politik?<br />

Sigi Menz: Nur nicht einmischen, alles funktioniert bestens.<br />

Nur keine Re-Kommunalisierung.<br />

TRENNT: Ottakringer ist Österreichs erste Brauerei mit<br />

AMA-Gütesiegel. Was war der Grund, am AMA-Gütesiegelprogramm<br />

teilzunehmen? Wie ist die Resonanz der KonsumentInnen?<br />

Sigi Menz: Ja, Ottakringer ist die erste Brauerei und das erste<br />

Bier mit AMA-Gütesiegel. Wir haben entschieden, uns den<br />

hohen qualitativen Anforderungen zu unterwerfen, um allen<br />

zu beweisen, dass wir hier das beste Bier Österreichs brauen.<br />

Bei den Biergenießern kommt das sehr gut an.<br />

TRENNT: Ihr Unternehmen leistet einen Beitrag zum Umweltschutz.<br />

Sie setzen dabei auf eine Innovation namens<br />

NADES. Was kann man sich darunter vorstellen?<br />

Sigi Menz: Es ist eine neue Technik, die uns hilft, jährlich 3<br />

Millionen Liter Wasser und 17 Tonnen Reinigungsmittel zu<br />

sparen. Das funktioniert dank speziell behandeltem Wasser,<br />

dem durch eine neue Technik (eine spezielle Elektrolyse)<br />

Elektronen entzogen werden. Die fehlenden Elektronen holt<br />

sich das Wasser bei den zu entfernenden Mikroorganismen –<br />

und macht ihnen so den Garaus.<br />

TRENNT: Über welche Ottakringer-Innovationen dürfen sich<br />

die KonsumentInnen in Zukunft freuen?<br />

Sigi Menz: Lassen Sie sich überraschen! Bloß so.<br />

TRENNT: Hat sich der Marktanteil von Bierdosen verändert?<br />

Sigi Menz: Im städtischen Bereich stieg er in den letzten<br />

Jahren deutlich. Dosen in den 4. Stock zu schleppen ist nun<br />

einmal leichter als Flaschen. Am Land ist das einfacher, da<br />

fährt man mit dem Auto zum Supermarkt und dann direkt bis<br />

in die Garage.<br />

TRENNT: Können Sie sich Bier in PET-Flaschen als Alternative<br />

zu Metalldosen und Glas vorstellen?<br />

Fotos: Ottakringer<br />

Sigi Menz,<br />

Vorstand<br />

OTTAKRINGER<br />

15


ARA System Inside<br />

SAMMELOPTIMIERUNG<br />

AUCH IN<br />

KRISENZEITEN<br />

Die ARA stellt in Zeiten der <strong>Altstoff</strong>krise nicht nur<br />

die Entsorgung von Verpackungsabfällen sicher,<br />

sondern arbeitet auch ständig an der Optimierung<br />

der Sammlung. Gemeinsam mit der MA 48 der<br />

Stadt Wien wurde allein im letzten Jahr eine Reihe<br />

von Maßnahmen umgesetzt, um vor allem die ge<strong>trennt</strong>e<br />

Sammlung von Metallverpackungen weiter<br />

zu verbessern.<br />

Foto: Stadt Wien/MA 48<br />

Noch immer landen Verpackungen im Restmüll anstatt in der<br />

ge<strong>trennt</strong>en Sammlung. In einem Modellversuch testen ARA<br />

und MA 48 deshalb derzeit, ob sich Sammelinseln, die direkt<br />

in Wohnhausanlagen aufgestellt werden, positiv auf die Sammelmoral<br />

der BürgerInnen auswirken und damit die Sammelmenge<br />

und -qualität steigen. Im Fokus steht dabei die Sammlung<br />

von Metallverpackungen, zu deren Erfassung im Modellversuch<br />

erstmals Blaue Kermits zum Einsatz kommen.<br />

GELBER KERMIT BEKOMMT GESELLSCHAFT. Nachdem<br />

sich die Gelben Kermits mit ihren charakteristischen Einwurfstutzen<br />

in den letzten Jahren bei der Sammlung von<br />

PET-Flaschen bewährt haben, setzt die ARA nun auch bei<br />

der Metallsammlung auf diesen bewährten Sammelbehälter.<br />

In Wien werden in der Metallsammlung neben Verpackungen<br />

auch Kleineisenteile, wie Werkzeug, Nägel oder Drähte, mitgesammelt.<br />

In der Vergangenheit landeten auch große sperrige<br />

Eisenteile wie Wäscheständer oder Maschinenteile in den<br />

Sammelbehältern. Der neue Blaue Kermit soll den KonsumentInnen<br />

signalisieren, nur kleine Metallteile, die durch<br />

die runden Öffnungen passen, in den Behälter zu werfen.<br />

SAMMELERGEBNISSE MIT SPANNUNG ERWARTET. Begleitet<br />

wurde die Einführung der neuen Sammelinfrastur von einer<br />

Informationskampagne. Abfallberater der MA 48 informierten<br />

die BewohnerInnen vor Ort über das Projekt und verteilten<br />

zusätzlich Informationsfolder. Alternativ dazu wurde in zwei<br />

weiteren Wohnhausanlagen lediglich eine Informationskampagne<br />

durchgeführt, ohne Sammelinseln innerhalb der<br />

Wohn hausanlage zu errichten.<br />

Vor Projektbeginn wurde im September 2008 das Sammelmaterial<br />

in den Restmüllbehältern der vier Wohnanlagen<br />

untersucht. Im April wird die Zusammensetzung der Restmüll-<br />

und Sammelbehälter nun erneut analysiert. „Wenn sich<br />

herausstellt, dass durch zusätzliche Sammelinseln in den<br />

Wohnanlagen bzw. durch die Informationskampagnen eine<br />

deutliche Steigerung der <strong>Altstoff</strong>-Sammelmenge erreicht wird<br />

– was wir natürlich hoffen –, dann ist eine Ausdehnung des<br />

Projektes auf ganz Wien vorgesehen“, erklärt Erwin Janda<br />

von der ARA Haushaltssammlung.<br />

SACKSAMMLUNG FÜR PET-FLASCHEN IN WIEN. Die Optimierung<br />

der Sammlung steht auch in einem weiteren Modellversuch<br />

im Mittelpunkt, bei dem der Gelbe Sack erstmals<br />

auch in Wien zum Einsatz kommt.<br />

Die ge<strong>trennt</strong>e Sammlung mit dem Gelben Sack hat sich in<br />

vielen Regionen Österreichs bewährt. Gemeinsam mit der<br />

MA 48 startete die ARA im Winter 2008 einen Modellversuch<br />

zur Sammlung von PET-Flaschen mit dem Gelben Sack in<br />

ausgewählten Einfamilienhausgebieten in Wien. „Unser Ziel<br />

ist es, den Komfort der ge<strong>trennt</strong>en Sammlung von PET-Flaschen<br />

für die WienerInnen weiter zu steigern und damit die<br />

Erfassungsquote zu erhöhen. Vergleichswerte aus Sacksammlungen<br />

im urbanen Raum zeigen, dass Erfassungsquoten von<br />

90 % erreicht werden können“, ist Janda vom Erfolg des<br />

Modellversuchs überzeugt, der jedenfalls bis Ende <strong>2009</strong> laufen<br />

wird. Die Haushalte wurden mit Gelben Säcken ausgestattet<br />

und entsprechende Informationsfolder wurden verteilt. Außerdem<br />

wird ein besonders praktisches SMS-Service zur Abholerinne<br />

rung angeboten.<br />

PET-FLASCHEN UND GETRÄNKEDOSEN AUS PAPIERKÖR-<br />

BEN. In Wien erfassen die MitarbeiterInnen der MA 48 PET-<br />

Flaschen und Getränkedosen aus den Papierkörben und dem<br />

Straßenkehricht seit dem Jahr 2008 gesondert. „Bereits im<br />

ersten Jahr wurden 300 Tonnen Flaschen und Dosen gesammelt“,<br />

erklärt Janda.<br />

Die PET-Flaschen und Dosen aus Papierkörben und dem<br />

Straßenkehricht werden von den MA-48-MitarbeiterInnen in<br />

den Gelben Sack aussortiert. Die vollen Säcke werden dann<br />

zur Sortierung in die Abfallbehandlungsanlage der Stadt<br />

Wien geliefert. „Eine Analyse der Gelben Säcke hat ergeben,<br />

dass das gesammelte Material praktisch keine Fehlwürfe<br />

aufweist“, freut sich Janda über das gute Sammelergebnis.<br />

16


ARA System Inside<br />

PRODUKTIVE<br />

ARCHITEKTUR<br />

Foto: Kiss + Cathcart<br />

„Green Buldings“, die sich selbst mit Energie versorgen und dabei trotzdem wirtschaftlich bleiben, sind<br />

längst keine Zukunftsmusik mehr. Das bewies der erfolgreiche Architekt Gregory Kiss mit der Präsentation<br />

seiner innovativen Projekte anlässlich der zweiten ARA Lecture.<br />

Architekt Gregory Kiss bei der zweiten ARA Lecture<br />

Unter dem Titel „Towards the productive infrastructure: Buildings<br />

that benefit the environment“ referierte der New Yorker<br />

Architekt Gregory Kiss bei den ARA Lectures. Wohnhäuser,<br />

die Komfort und Gemütlichkeit mit höchsten ökologischen<br />

Ansprüchen verbinden, oder Wolkenkratzer, die sich durch<br />

Wind- und Solarenergie selbst mit Elektrizität versorgen –<br />

was nach utopischer Vision klingt, gehört für Kiss bereits<br />

heute zum Arbeitsalltag. Mit seinen MitarbeiterInnen des<br />

Architekturbüros Kiss + Cathcart entwickelt er revolutionäre<br />

neue Architekturlösungen. Ökologie und Wirtschaftlichkeit<br />

gehören für Kiss zusammen. Gerade durch die Einbeziehung<br />

moderner Technik – seien es Photovoltaikanlagen oder sorgsam<br />

durchdachte Klima- und Wärmeisolierungssysteme –<br />

werden seine architektonischen Projekte auch zum ökonomischen<br />

Erfolg.<br />

Foto: TU Wien<br />

RICHTUNGWEISENDE PROJEKTE. Gregory Kiss wendet<br />

seine Philosophie in ganz unterschiedlichen Architekturbereichen<br />

an: Zu den kürzlich von Kiss + Cathcart realisierten<br />

Projekten gehören Industriebauten, wie das mit Solarzellen<br />

gedeckte U-Bahn-Terminal Stillwell Avenue in Coney Island<br />

(New York) ebenso wie eine Umweltforschungsstation in<br />

Panama oder Öko-Reihenhäuser in den Niederlanden.<br />

Derzeit beschäftigt er sich etwa damit, wie man Wasseraufbereitung<br />

und Energieerzeugung in der Gebäudehülle integrieren<br />

kann.<br />

„Der Regierungswechsel in den USA könnte solche neue<br />

Trends in Städtebau und Architektur beschleunigen“, hofft<br />

Gregory Kiss, der im Amtsantritt von Barack Obama auch<br />

den Beginn einer neuen Ära der nachhaltigen, ökologischen<br />

Politik sieht.<br />

ARA LECTURES.<br />

Mit den ARA Lectures bieten das Center for Sustainable<br />

Technology (CST) der Technischen Universität<br />

Wien, die TU Wien und ARA System einen<br />

neuen Ort der Information, der Inspiration und<br />

des Austauschs mit herausragenden internationalen<br />

ReferentInnen aus dem Spektrum des Ressourcenmanagements<br />

und der nachhaltigen Entwicklung.<br />

17


Special<br />

VIELE WÜNSCHE<br />

FÜR EINE VERORDNUNG<br />

Foto: Fotolia.com<br />

Mit Spannung wird die Novelle der Verpackungsverordnung erwartet, die neue Rahmenbedingungen für<br />

Wettbewerb im Haushaltsbereich schaffen soll. Die möglichen Auswirkungen auf die erfolgreiche österreichische<br />

Sammlung und Verwertung werden schon lange heftig und kontroversiell diskutiert.<br />

Seit einem Jahr wird die Novelle der Verpackungsverordnung<br />

diskutiert, nun soll sie in Kürze auf dem Tisch liegen und den<br />

Wettbewerb in der Sammlung haushaltsnah anfallender Verpackungen<br />

fair regeln. Darüber, wie faire Wettbewerbsbedingungen<br />

aussehen, gehen die Meinungen bei den Beteiligten<br />

allerdings weit auseinander. In einer Sache sind sich aber<br />

alle einig: Die hohe Qualität der Verpackungssammlung und<br />

-verwertung muss unter allen Umständen beibehalten werden.<br />

WETTBEWERB UM JEDEN PREIS? „Grundsätzlich sollte<br />

diese Öffnung des Wettbewerbs ohne wesentliche Veränderung<br />

der bisherigen mit hoher Qualität stattfindenden Sammlung<br />

und Verwertung in Österreich weitergeführt werden“,<br />

erklärt Sektionschef Dr. Leopold Zahrer vom Lebensminis -<br />

terium. So ganz verstehen kann ARA Vorstand Dr. Christoph<br />

Scharff deshalb noch immer nicht, warum „Wettbewerb um<br />

jeden Preis“ geschaffen werden soll: „In Österreich gibt es<br />

seit mehr als 15 Jahren ein perfekt funktionierendes System,<br />

dessen Erfolg durch die Sammel- und Verwertungszahlen<br />

und die Zufriedenheit der Wirtschaft und der KonsumentInnen<br />

untermauert wird.“ Doch wie erfolgreich die ARA in<br />

der Vergangenheit auch war, der Wettbewerb im Haushaltsbereich<br />

wird auf alle Fälle kommen. Dessen ist sich auch<br />

Scharff bewusst und fordert, dass „faire Wettbewerbsbedingungen<br />

und das Funktionieren der Verpackungssammlung<br />

in der Novelle der Verpackungsverordnung im Vordergrund<br />

stehen.“<br />

Mit dieser Forderung sind sich Ministerium und ARA jedenfalls<br />

einig, denn auch Zahrer betont: „Wichtig ist, dass das<br />

ökologische Optimum nicht mit dem individuellen, ökonomisch<br />

günstigsten Lösungsansatz zu verwechseln ist. Eine<br />

flächendeckende ge<strong>trennt</strong>e Sammlung ist daher weiterhin<br />

Voraussetzung für eine weitgehende stoffliche Verwertung“.<br />

Damit erteilt Zahrer auch dem Versuch von Systemen, die<br />

geforderte Flächendeckung über den Restmüll nachzuweisen,<br />

eine Abfuhr.<br />

18


Special<br />

Die österreichische Wirtschaft ist verunsichert. Als größte<br />

Gefahren im Wettbewerbsszenario, die unbedingt verhindert<br />

werden müssen, sieht Dr. Christian Laske, Forschungs- und<br />

Entwicklungschef von Henkel CEE, „höhere Kosten, mehr<br />

Trittbrettfahrer, keine Gleichbehandlung der Systemteilnehmer<br />

und Duplizität der Sammelstrukturen, die keine Kostenvorteile<br />

bringen können“.<br />

SUPER-GAU IN DEUTSCHLAND. Bei der ARA ist man überzeugt,<br />

für die künftigen Herausforderungen gut positioniert<br />

zu sein. Mit der Fusion der ARA AG und der Branchenrecycling-Gesellschaften<br />

– ausgenommen die AGR – hat man<br />

das Unternehmen auf eine neue Basis gestellt und damit auf<br />

den Wettbewerb im Haushaltsbereich vorbereitet. „Wir sind<br />

jetzt einfach wendiger und können uns schneller auf eine<br />

veränderte Marktsituation einstellen“, so ARA Vorstand<br />

Ing. Werner Knausz. Keinesfalls dürfe es zu schlecht reguliertem<br />

Wettbewerb und den viel zitierten „deutschen Verhältnissen“<br />

kommen. „In der deutschen Verpackungssammlung ist der<br />

Super-GAU eingetreten, der Wirtschaft, KonsumentInnen<br />

und Umwelt gleichermaßen belastet. Die ‚Marktöffnung‘<br />

führte zu massiven Verschlechterungen. Die Preise wurden<br />

zwar gesenkt, aber auf Kosten von Qualität und Service“, so<br />

Knausz. Die Qualität der Sammlung und Verwertung hat<br />

sich in den letzten drei Jahren drastisch verschlechtert, die<br />

Trittbrettfahrerquote ist rapide angestiegen und liegt bei<br />

kolportierten 50 %, und Kunden werden schon längst nicht<br />

mehr gleich behandelt. „Es ist an der Tagesordnung, dass die<br />

großen Inverkehrsetzer Kombiangebote und Rabatte erhalten<br />

und die Kleinen dafür die Rechnung präsentiert bekommen“,<br />

resümiert Knausz. „Österreich mit seinem Modell ist als eines<br />

der erfolgreichsten Verpackungssammelsysteme in der günstigen<br />

Situation, am Negativbeispiel Deutschlands der ‚Falle‘<br />

einer Fehlentwicklung ausweichen und deren schwere und<br />

irreparable Schäden vermeiden zu können“, erwartet sich<br />

Dr. Johann Brunner vom Fachverband der Nahrungs- und<br />

Genussmittelindustrie von der neuen Verpackungsverordnung<br />

eine bessere Lösung als in Deutschland.<br />

Umso verwunderlicher ist, dass in Österreich über dasselbe<br />

System der Mitbenutzung auf Behälterebene nachgedacht<br />

wird, um neuen Systemen den Marktzutritt zum österreichischen<br />

Haushaltssystem zu erleichtern. Mit der Mitbenutzung<br />

hat man in Deutschland ein innovationsfeindliches Sammelsystem<br />

geschaffen. Das bestehende mitbenutzte Duale System<br />

Deutschland (DSD) sieht keinerlei Anreiz mehr für qualitätsorientierte<br />

Maßnahmen. Denn die Kosten für Innovationen<br />

werden von den Mitbewerbern nicht mitgetragen, der Nutzen<br />

käme ihnen aber in gleicher Weise zugute. Also wird in die<br />

Qualität der Sammlung einfach nicht mehr investiert.<br />

ROSINENPICKERN TÜR UND TOR ÖFFNEN. In Österreich<br />

geht man sogar noch einen Schritt weiter und diskutiert eine<br />

partielle Mitbenutzung. „Mit diesem Modell wäre regionalem<br />

und sektoralem Rosinenpicken Tür und Tor geöffnet. In lukrativen<br />

Marktnischen oder Ballungsräumen bieten Konkurrenz<br />

systeme selbst an, in weniger attraktiven Bereichen wählen<br />

sie die Mitbenutzung des ARA Systems. Das hat schon<br />

bei der Post nicht funktioniert“, warnt Scharff vor Marktverzerrungen:<br />

„Das hält kein Universaldienstleister aus.“<br />

Auch bei der Unterscheidung von Gewerbe- und Haushaltsverpackungen<br />

sieht die ARA in der Novelle Handlungsbedarf:<br />

„Die Abgrenzung ist im Moment noch relativ schwammig<br />

formuliert“, erklärt Knausz und verdeutlicht das derzeitige<br />

Problem am Beispiel einer PET-Getränkeflasche. „Wird die<br />

Flasche im Handel gekauft und zu Hause getrunken, ist sie<br />

eine Haushaltsverpackung. Wird die gleiche Flasche bei<br />

einem Würstelstand getrunken, kann sie nach den derzeitigen<br />

gesetzlichen Bestimmungen offensichtlich bei einem Gewerbe -<br />

system lizenziert werden, weil ein Würstelstand ja ein Gewerbe -<br />

betrieb ist. Doch beide Flaschen landen nach der Konsumation<br />

in der gleichen ‚Gelben Tonne‘, da die Sammlung für das<br />

Kleingewerbe sinnvollerweise über die gleichen Behälter wie<br />

die für Haushalte erfolgt. Das Gewerbesystem erbringt also<br />

keinerlei Leistungen und die Einnahmen bleiben zur Gänze<br />

als Gewinn. Die Konkurrenz in der Gewerbesammlung freut<br />

diese Lücke, uns und unsere Kunden im Haushaltsbereich,<br />

die die Kosten zu tragen haben, aber weniger.“ Von der neuen<br />

Verordnung wünscht man sich klare Vorgaben, die sicherstellen,<br />

dass im Sinne der Kostenwahrheit identische Verpackungen,<br />

die im selben Sammelsystem anfallen, mit identischen Lizenzie<br />

rungskosten belastet sind. Entpflichtungsentgelte einzuheben,<br />

ohne dafür Sammelleistungen zu erbringen, soll<br />

verhindert werden.<br />

KONSEQUENZ VON NICHT REGULIERTEM WETTBEWERB.<br />

„Wenn die Verpackungsverordnung den Wettbewerb nicht<br />

klar regelt, steht das Ende des erfolgreichen österreichischen<br />

Systems, das Politik, Wirtschaft und Kommunen gemeinsam<br />

aufgebaut haben, zu befürchten“, warnt Scharff. „Europäische<br />

Entsorgungskonzerne scharren schon in den Startlöchern.<br />

Denen geht es nicht darum, die Verpflichtungen der österreichischen<br />

Wirtschaft zu den nachhaltig günstigsten Kosten zu<br />

erfüllen. Dort steht selbstverständlich der Profit im Vordergrund.<br />

Unsere Ziele als ARA – Entpflichtungssicherheit für<br />

die Wirtschaft, Entsorgungssicherheit für KonsumentInnen<br />

und Betriebe und Verwertungssicherheit, unabhängig von<br />

Marktlagen – haben dort keinen hohen Stellenwert“, erklärt<br />

Scharff die ungleichen Interessen.<br />

Die ARA ist ein Non-Profit-Unternehmen im Eigentum der<br />

österreichischen Wirtschaft. Für alle Kunden gelten die gleichen<br />

Preise, die Tarife werden strikt materialspezifisch kalkuliert.<br />

In Deutschland sieht die Situation durch den Wettbewerb<br />

anders aus: Längst wurden für alle geltende Preislisten durch<br />

Einzelangebote ersetzt und damit zumeist große Lizenz partner<br />

gegenüber kleinen bevorzugt. Nicht nur, dass diese Vorgehensweise<br />

eine Ungleichbehandlung bedeutet, sie führt auch<br />

die grundsätzlichen Ziele der Verpackungsverordnung ad absurdum,<br />

nämlich Verpackungsmengen zu reduzieren.<br />

In Österreich sind selbst Unternehmen mit großen Verpackungs -<br />

mengen dafür, dass Sammel- und Verwertungssysteme auch<br />

künftig allen Verpflichteten gleiche Konditionen anbieten.<br />

„Das sollte fairerweise im Haushaltsbereich der Fall sein, da<br />

der Aufwand für die Sammlung und Entsorgung nichts mit<br />

der verkauften Menge zu tun hat“, erklärt Laske von Henkel.<br />

Das Preisdumping in Deutschland bringt aber scheinbar niemandem<br />

etwas. Mit Preisunterschieden von bis zu 50 % liegen<br />

Fortsetzung auf Seite 20<br />

19


Special<br />

Fortsetzung von Seite 19<br />

die Kosten in Deutschland deutlich über jenen in Österreich.<br />

Um die Vorteile des österreichischen Systems zu erhalten, fordert<br />

Brunner als Vertreter der Nahrungs- und Genussmittel industrie,<br />

dass „Systembetreiber dem Non-Profit-Charakter verpflichtet<br />

sein müssen. Ihre Gestion und Prüfung haben unter maßgeblicher<br />

Mitsprache der verpflichteten Wirtschaft zu erfolgen“.<br />

PRODUZENTENVERANTWORTUNG BLEIBT. Mit der Novelle<br />

wurde bereits eine Reihe von Modellen diskutiert, um die<br />

Sammlung im Wettbewerb zu organisieren. Chancen auf eine<br />

Umsetzung haben neben dem Modell der „Mitbenutzung“,<br />

das bereits jetzt möglich ist und eigentlich keine Novelle der<br />

Verpackungsverordung erfordert, die Modelle „Rekommunalisierung“,<br />

„Leitsystem“ und „Infrastrukturgesellschaft“. Doch<br />

egal welches Modell es in die Verpackungsverordnung schafft<br />

– eine von allen Interessengruppen mitgetragene Non-plus-<br />

Ultra-Lösung wird es nicht geben.<br />

Außer Frage steht für Lebensministerium, Wirtschaft, Kommunen<br />

und Entsorgungsbetriebe aber, dass das bewährte<br />

Prinzip der Produzentenverantwortung auch in Zukunft<br />

bestehen bleiben soll. „Es ist für die Novelle wichtig, dass der<br />

bewährte Ansatz der Produzentenverantwortung aufrecht<br />

bleibt und auch künftig keine Chance besteht, die Verpflichtung<br />

auf andere abzuwälzen“, erklärt Zahrer die Position des<br />

Lebensministeriums.<br />

Will man die Selbstbestimmung der Wirtschaft beibehalten,<br />

muss man sich allerdings von dem von Städten, Gemeinden<br />

und Abfallwirtschaftsverbänden geforderten Modell der<br />

„Rekommunalisierung“ lösen. Bei diesem Modell liegt die<br />

Verantwortung für die Infrastruktur und die Sammlung zu<br />

100 % bei den Gebietskörperschaften, die diese dann allen<br />

Systemen zur Verfügung stellen. Die Wirtschaft soll nach<br />

Vorstellung der Kommunen die gesamten abfallseitigen<br />

Verpackungsmengen aus der ge<strong>trennt</strong>en Sammlung und dem<br />

Restmüll finanzieren. Diese kommunalen Forderungen stehen<br />

im krassen Widerspruch zur Selbstbestimmung der Wirtschaft.<br />

„Die 100%-Finanzierung ist schon deshalb abzulehnen, weil<br />

Unternehmen, die sich verordnungskonform verhalten und<br />

an einem Sammelsystem teilnehmen, gegenüber Trittbrettfahrern<br />

noch deutlicher benachteiligt werden als heute“,<br />

vertritt Scharff die Interessen der Wirtschaft. Das Ganze ist in<br />

erster Linie eine fiskalpolitische und keine ökologische Frage,<br />

denn an den Stoffströmen ändert sich durch die 100%-Finanzierung<br />

nichts. Denn es wird weder mehr ge<strong>trennt</strong> gesammelt<br />

noch verwertet. „Es werden lediglich direkte Kosten, die<br />

Konsumentinnen und Konsumenten als Müllgebühr zahlen,<br />

durch indirekte Kosten im Produktpreis ersetzt“, so Scharff.<br />

WIRTSCHAFT FORDERT LEITSYSTEM. Die Wirtschaft setzt<br />

sich für das Modell „Leitsystem“ ein, das auf die bereits bestehende<br />

etablierte Struktur zurückgreift und damit keine<br />

zusätzlichen Kosten und Unsicherheiten bedeutet.<br />

Dabei würde die ARA eine Doppelfunktion einnehmen:<br />

Sie tritt als „Provider“ auf, übernimmt dabei den Betrieb des<br />

Sammelsystems für alle Entpflichtungssysteme im Rahmen<br />

der bestehenden Verträge mit Kommunen und Entsorgern<br />

ab bzw. schließt bei Bedarf neue Verträge ab. Die Entpflichtungssysteme<br />

erhalten dann die gesammelten Verpackungen<br />

im Verhältnis ihres Marktanteils und sind für die Sortierung<br />

und Verwertung verantwortlich. Gleichzeitig wäre die ARA<br />

als Entpflichtungssystem tätig und stünde hier im Wettbewerb<br />

zu den anderen Entpflichtungssystemen.<br />

„Im Unterschied zu einer erst neu zu schaffenden Infrastruktur<br />

gesellschaft hat die ARA als Leitsystem durch die Doppelfunktion<br />

als Provider und Entpflichtungssystem ein unmittelbares<br />

Interesse an einer effizienten Sammlung und Verwertung.<br />

Die Kontrolle bleibt durch die Eigentümerstellung im Bereich<br />

der verpflichteten Wirtschaft, die hohes Interesse an einem<br />

effizienten Funktionieren von Sammlung und Verwertung<br />

hat. Dadurch kann auch die bewährte Kooperation mit den<br />

Gebietskörperschaften im Haushaltsbereich – erforderlichenfalls<br />

mit erweiterten Mitspracherechten – fortgeführt werden“,<br />

erklärt Scharff das von Wirtschaft und den Eigentümern der<br />

ARA präferierte Modell. „Die ARA hat zur Vermeidung von<br />

Quersubventionen das Haushalts- vom Gewerbesystem seit<br />

1993 strikt ge<strong>trennt</strong>. Falls das Leitsystem ungesetzt wird, werden<br />

wir selbstverständlich auch die Aktivitäten des Providers<br />

von denen des Entpflichtungssystems trennen, die Schnittstelle<br />

transparent sowie unsere Kalkulationen einer unabhängigen<br />

Schiedsstelle zugänglich machen“, ergänzt Knausz.<br />

Unterstützung für die Wirtschaft kommt hier auch von den<br />

Entsorgungsbetrieben. „Von der EU-Vorgabe Produzentenverantwortung<br />

darf nicht abgewichen werden. Das derzeitige<br />

20


Special<br />

Fotos: L.M. Hüller<br />

System der Wirtschaft muss auch aufgrund der Produzentenverantwortung<br />

ein System der Wirtschaft bleiben“, erklärt die<br />

Geschäftsführerin des Verbands Österreichischer Entsorgungsbetriebe,<br />

Mag. Daisy Kroker.<br />

KOSTENBELASTUNG DURCH INFRASTRUKTURGESELL-<br />

SCHAFT. Kritikern, die eine strikte Trennung von Infrastruktur -<br />

betreiber und Entpflichtungssystem fordern, ist das von der<br />

Wirtschaft präferierte Modell ein Dorn im Auge. Sie fordern<br />

eine unabhängige Infrastrukturgesellschaft als Betreiber des<br />

Sammelsystems. „Wer soll denn diese unabhängige Infrastruktur<br />

gesellschaft bezahlen? Die österreichische Wirtschaft<br />

will sich keine zwei Systeme leisten“, wirft Brunner ein. Er<br />

kritisiert die dadurch entstehenden Doppelgleisigkeiten: „Die<br />

Idee einer Infrastrukturgesellschaft wird von der Wirtschaft<br />

negativ bewertet. „Diese würde zu administrativem Mehraufwand<br />

und einer Kostenbelastung für die Verpflichteten<br />

führen und einen grundlegenden Systembruch darstellen,<br />

da zu befürchten sei, dass daran auch die Leistungserbringer<br />

Kommunen und Entsorger beteiligt sein wollen.“<br />

Sollte wirklich eine Infrastrukturgesellschaft gegründet werden,<br />

dann müssten die bereits bestehenden Sammelvereinbarungen<br />

der ARA mit Kommunen und Entsorgern gekündigt und von<br />

der Infrastrukturgesellschaft neu verhandelt und abgeschlossen<br />

werden. „Der Bestand der Verträge muss aber garantiert<br />

sein“, fordert Kroker als Vertreterin der Entsorgungsbetriebe.<br />

„Ein System, das 15 Jahre funktioniert und sich eingespielt<br />

hat, darf nicht mutwillig zerschlagen werden. Die volkswirtschaftlichen<br />

Kosten durch eine gänzliche System änderung sind<br />

nicht abschätzbar. Sinnvolle Adaptierungen werden unterstützt,<br />

aber nicht auf Kosten aller Beteiligten. Die enormen<br />

Investitionen der privaten Entsorgungswirtschaft in Infrastruktur<br />

bis hin zu Sortierung und Verwertung dürfen nicht<br />

vernichtet werden. Wir warnen auch dringend davor, in der<br />

derzeit wirtschaftlich angespannten Situation zusätzliche<br />

Stellen, wie eine Regulierungsbehörde, zu schaffen.“<br />

WÜNSCHE AN DIE VERPACKUNGSVERORDNUNG. Wie die<br />

Verordnung im Endeffekt aussehen wird, steht noch in den<br />

Sternen. „Die Verpackungsverordnung ist kein Wunschkonzert,<br />

aber wir hoffen, dass die Inputs der Wirtschaft, die sich<br />

nie gesträubt hat, ihre Produzentenverantwortung wahrzunehmen,<br />

in der Verordnung berücksichtigt werden, und wir<br />

nicht in Kürze mit deutschen Verhältnissen kämpfen müssen“,<br />

gibt sich Knausz vorsichtig optimistisch. Und wenn doch die<br />

gute Fee vorbeikommt und ihm drei Wünsche für die Zukunft<br />

der Verpackungssammlung erfüllt, ist Scharff bestens<br />

vorbereitet: „Erstens, dass die Umsetzung der Verpackungssammlung<br />

und -verwertung weiterhin in der Hand der verpflichteten<br />

Wirtschaftskreise bleibt, zumal seit 15 Jahren alle<br />

Ziele mit hoher Effizienz erreicht wurden. Zweitens, dass es<br />

keinen Wettbewerb auf der Sammelbehälterebene gibt, um<br />

das erreichte Qualitätsniveau zu sichern und Leistungsdumping<br />

zu verhindern. Und drittens, dass wir eine praxisgerechte<br />

und für alle Beteiligten rechtssichere Abgrenzung zwischen<br />

Haushalts- und Gewerbeverpackungen bekommen. Unabhängig<br />

vom Umsetzungsmodell ist dies eine Kernforderung.<br />

Damit wäre eine große bestehende Wettbewerbsverzerrung<br />

beseitigt.“<br />

Scharff hat selbstverständlich noch eine Reihe von Wünschen<br />

an die Verordnung, einen will er aber unbedingt noch formulieren:<br />

„Gerade in Zeiten der <strong>Altstoff</strong>krise ist uns bewusst geworden,<br />

dass die Entsorgungssicherheit auch in schwierigen<br />

Zeiten garantiert sein muss. Es kann nicht sein, dass die<br />

Verpackungssammlung anstelle von Nachhaltigkeit und<br />

Sicherheit für unsere Kunden von kurzfristigem Profitdenken<br />

bestimmt wird. Deshalb hoffen wir, dass in der Verordnung<br />

auch in diesem Bereich verbindliche Vorgaben für Systeme<br />

getroffen werden.“<br />

Wie zu Redaktionsschluss bekannt wurde, haben die Experten<br />

des Lebensministeriums die Ergebnisse der Evaluierung der<br />

vorgeschlagenen Modelle und das zukünftige Modell bereits<br />

den Interessenvertretern vorgestellt. Laut Information des<br />

Lebensministeriums ist für die neue Verpackungsverordnung<br />

eine Trennung der Funktionen in Sammelsystemprovider<br />

und in Entpflichtungssysteme vorgesehen, jedoch ohne eine<br />

Regulierungsbehörde zu schaffen. Damit wird im Grunde<br />

das von der Wirtschaft bevorzugte Modell umgesetzt und<br />

die bewährte Struktur der Sammlung kann aller Voraussicht<br />

nach aufrecht erhalten werden. Nach Expertenmeinung<br />

werden nun die Details der Umsetzung und die Übergangsbestimmungen<br />

entscheidend für Wirtschaft und ARA.<br />

21


Characters<br />

EIN<br />

ECHTER<br />

KENNER<br />

DER<br />

ALUMINIUMBRANCHE<br />

Fotos: ARA<br />

Wolfgang Stenzel beschäftigt sich täglich mit einem Stoff, der<br />

eigentlich immer in unserer Umgebung zu finden ist: Aluminium.<br />

Bei der ARA ist er für die Sortierung und Verwertung des Leichtmetalls<br />

zuständig, das in vielen Lebensbereichen eine tragende<br />

Rolle spielt.<br />

Seit über einem Vierteljahrhundert ist Wolfgang Stenzel in<br />

der Aluminiumbranche. Angefangen hat seine Karriere bei<br />

einem Dosenfabrikanten, für den der Niederösterreicher nach<br />

einigen Jahren im Einkauf das Sammelsystem „Cash for<br />

Cans“ entwickelte. Über die ARGEV und die Salzburger Aluminium<br />

AG kam Stenzel zur ALU REC: „Als 1993 die neue<br />

Verpackungsverordnung kam, wurde ich gefragt, ob ich die<br />

Interessenvertretung der Aluminium-Verpackungsindustrie<br />

übernehmen möchte. Seit damals beschäftige ich mich mit<br />

der effizienten Verwertung von Aluminium in Österreich“,<br />

erzählt Stenzel.<br />

ALUMINIUM IST DAS IDEALE MATERIAL FÜR EINE<br />

KREISLAUFWIRTSCHAFT. Mit Aluminium verbinden<br />

ihn nicht nur 27 Berufsjahre, sondern auch eine gewisse<br />

Faszination: „Aluminium ist leicht, vielseitig<br />

und das ideale Material für eine Kreislaufwirtschaft.<br />

Denn der Einschmelzprozess gebrauchten Aluminiums<br />

benötigt nur fünf Prozent der Energie, die bei<br />

Herstellung von neuem Primäraluminium verbraucht<br />

wird. Das schont natürlich auch die Umwelt.“ Deshalb<br />

wünscht sich Stenzel eine hohe Rücklaufquote<br />

des grau-glänzenden Metalls, denn die ist in<br />

Österreich noch ausbaufähig. „Aluminiumrecycling<br />

ist aber auch in anderen<br />

Bereichen und Branchen wichtig. Aluminium<br />

ist zwar ein sehr langlebiges<br />

Material – aber früher oder später<br />

kommt es schon zum <strong>Recycling</strong>“,<br />

weiß Stenzel.<br />

SCHWIERIGE LAGE FÜR<br />

ROH STOFF VERWERTER. Generell<br />

hat man es aber in der Verwertungsbranche<br />

zurzeit nicht leicht. „Aufgrund der wirtschaftlichen<br />

Lage ist es im Augenblick sehr schwierig für alle Rohstoffverwerter,<br />

denn die Lager sind voll und die Preise im Keller.“<br />

Stenzel ist aber davon überzeugt, dass es wieder bergauf<br />

gehen wird, denn viele Branchen profitieren sehr stark von<br />

den Eigenschaften des Leichtmetalls: „Gerade die Transportund<br />

die Baubranche schätzt den Gewichtsvorteil gegenüber<br />

anderen Materialien.“<br />

SCHNITTSTELLE ZWISCHEN SORTIERBETREIBEN UND<br />

VERWERTERN. Seit Oktober vergangenen Jahres arbeitet<br />

Stenzel für die ARA. Damit hat sich auch sein Aufgabenfeld<br />

auf die Sortierung der Metallfraktion erweitert.<br />

„Im Grunde bin ich eine Schnittstelle<br />

zwischen Sortierbetrieben und Verwertern<br />

und sichere die Qualität der angelieferten<br />

Materialen ab und versuche<br />

damit einen möglichst guten Preis für diesen<br />

Wertstoff zu erzielen.“ Dass es irgendwann<br />

kein Alu mehr zu recyceln gibt,<br />

glaubt Stenzel nicht, denn „die Qualität<br />

bleibt auch bei mehrmaligem Einschmelzen<br />

gleich, deshalb geht uns die Arbeit schon<br />

nicht aus“.<br />

Auch privat greift Stenzel gerne und bewusst<br />

zu Aluminium, obwohl er sich in<br />

erster Linie für ein Produkt und erst dann<br />

für ein Material entscheidet: „Trotz aller<br />

Vorteile, die Aluminium bietet – mein Bier<br />

trinke ich doch lieber aus der Flasche.<br />

Aber wenn ich wandern gehe, nehme ich<br />

schon mal Erfrischungsgetränke in Dosen<br />

mit, die sind nämlich viel leichter und<br />

praktischer zu verstauen.“<br />

22


Extras<br />

FACTS & FIGURES<br />

Die Herstellung von Stahl aus Schrott erzeugt um 75 % weniger<br />

CO 2 als die aus Eisenerz. Bei Aluminium sind es sogar um<br />

95 % weniger.<br />

Jede/r ÖsterreicherIn sammelt<br />

pro Jahr im Durchschnitt 3,8 kg<br />

Metallverpackungen.<br />

Jede Tonne Verpackungsstahl, die recycelt wird, spart<br />

zwei Tonnen wertvolle Rohstoffe (1,5 Tonnen Eisenerz<br />

und eine halbe Tonne Kohle).<br />

Stahlprodukte bestehen im Durchschnitt<br />

zu 56 % aus wiederverwertetem Material,<br />

Aluminium für Verpackungen<br />

enthält 50 % recyceltes Material.<br />

Mehr als 40.000 Tonnen<br />

Metallverpackungen<br />

werden pro Jahr von<br />

der ARA gesammelt.<br />

Die Konservendose wurde am 25. 4. 1810<br />

vom britischen Kaufmann Peter Durand<br />

zum Patent angemeldet. Der Dosenöffner<br />

wurde aber erst 1855 erfunden.<br />

Der Materialwert einer 1-Euro-Münze liegt unter<br />

10 Cent.<br />

Andy Warhol hatte seine erste Ausstellung als Künstler 1962<br />

in der Ferus-Gallery in Los Angeles mit den „Campbell’s“-<br />

Suppendosen.<br />

Limonaden in Getränkedosen gibt es seit 1938. „Clicquot Club Ginger<br />

Ale“ war das erste Erfrischungsgetränk, das in einer Dose verkauft wurde.<br />

Die grundlegenden Techniken der Metallverarbeitung wurden in der Kupferzeit<br />

zwischen 4300 und 2200 v. Chr. entwickelt.<br />

Die ersten Münzen aus Metall wurden 2000 v. Chr. im Mittelmeerraum verwendet.<br />

Foto: Fotolia.com<br />

Insgesamt generiert die Maschinen- und Metallwarenindustrie in Österreich eine Wertschöpfung<br />

von 45,73 Mrd. Euro, was rund 12,15 % der gesamtwirtschaftlichen Produktion ausmacht.<br />

TERMINE<br />

1.–3. APRIL <strong>2009</strong><br />

Salzburg<br />

Volatile Rohstoffmärkte: Wohin geht der Abfall?<br />

Österreichische Abfallwirtschaftstagung <strong>2009</strong><br />

Info: www.oewav.at<br />

5.–9. OKTOBER <strong>2009</strong><br />

Sardinien<br />

SARDINIA <strong>2009</strong><br />

Internationales Abfallwirtschaftssymposium<br />

Info: www.sardiniasymposium.it<br />

12.–15. OKTOBER <strong>2009</strong><br />

Lissabon<br />

Turning Waste into Ideas<br />

ISWA World Congress<br />

Info: www.iswa<strong>2009</strong>.org<br />

23


P.b.b. Verlagspostamt 1060 Wien, GZ 02Z032145 M<br />

Foto: Lukas Maximilian Hüller

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!