trennt 4/2008 - Altstoff Recycling Austria
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WIRTSCHAFT<br />
UMWELT<br />
KONSUM<br />
TECHNOLOGIE<br />
FORSCHUNG<br />
KULTUR<br />
Das Magazin des ARA Systems Nummer 4/<strong>2008</strong><br />
ABFALLVERMEIDUNG
Editorial<br />
2<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
Seit seiner Gründung steht das ARA System für Mülltrennung, aber auch für Abfallvermeidung,<br />
wenn auch am Anfang indirekt: Um ihre Kosten für die Entpflichtung durch<br />
das ARA System möglichst gering zu halten optimierten viele Unternehmen ihre Verpackungen<br />
nach dem Motto: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich.“ Denn eines ist<br />
klar: Die Aufgabe der Verpackung als Produktschutz und Präsentationsmedium auf<br />
dem gesamten Weg vom Produzenten bis zu den KonsumentInnen darf unter der<br />
umweltpolitischen Zielsetzung der Abfallvermeidung nicht vernachlässigt werden.<br />
In den letzten Jahren engagiert sich das ARA System aktiv in der Abfallvermeidung:<br />
Eine Bestimmung des Abfallwirtschaftgesetzes machte es möglich, dass das ARA<br />
Sys tem nicht nur die Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfall organisiert,<br />
sondern bereits eingreifen kann, bevor Abfall entsteht. Entsprechend dem Grundsatz<br />
„Vermeiden vor Verwerten vor Beseitigen“ unterstützt das ARA System Projekte, die<br />
einen Beitrag zur nachhaltigen Entlastung unserer Umwelt leisten. Das Engagement<br />
des ARA Systems reicht dabei von der Förderungsinitiative Abfallvermeidung zur Unter -<br />
stützung von KMU über eine Stiftungsprofessur für Ressourcenmanagement an der<br />
TU Wien, Abfallvermeidungstagen an Schulen bis hin zu ökologischem Beschaffungs -<br />
wesen im kommunalen Sektor.<br />
Der aktuelle TRENNT bietet einen Überblick über die vom ARA System umgesetzten<br />
Abfallvermeidungsmaßnahmen, stellt aber auch andere Initiativen vor. So verkaufen<br />
Sozialsupermärkte Waren, die zwar noch einwandfrei sind, aber im normalen Handel<br />
nicht mehr verkauft werden können, zu erheblich vergünstigten Preisen an Einkommensschwache.<br />
Und in sozialökonomischen Betrieben werden Elektrogeräte mit dem<br />
Slogan „länger nutzen statt öfter kaufen“ repariert und verkauft.<br />
Abfallvermeidung und Ressourcenschonung kann aber nicht auf Wirtschaft, Forschung<br />
und Politik abgewälzt werden. Jeder Einzelne ist gefordert, sich mit seinem persönlichen<br />
Abfallmanagement und seinen Möglichkeiten zur Abfallvermeidung auseinanderzusetzen.<br />
Geldbörse und Umwelt wird’s freuen!<br />
Christian Mayer<br />
ARA System Kommunikation<br />
Topic<br />
EIN UNBEQUEMES LEBEN<br />
Facts & Figures<br />
FACTS & FIGURES<br />
IMPRESSUM<br />
HERAUSGEBER<br />
ARA <strong>Altstoff</strong> <strong>Recycling</strong> <strong>Austria</strong> AG<br />
SEITE 4<br />
SEITE 12<br />
ARA System Inside<br />
ARA SYSTEM EINSATZ<br />
LOHNT SICH<br />
Ambience<br />
VERSORGEN STATT<br />
ENTSORGEN<br />
SEITE 18<br />
SEITE 24<br />
CHEFREDAKTION<br />
Simone de Raaij, Tel. +43 (0)1/599 97-310, Fax: +43 (0)1/599 97-399<br />
CHEFIN VOM DIENST<br />
Barbara Puhr, Ecker & Partner Öffentlichkeitsarbeit und Lobbying GmbH<br />
ANSCHRIFT DES HERAUSGEBERS UND DER REDAKTION<br />
ARA <strong>Altstoff</strong> <strong>Recycling</strong> <strong>Austria</strong> AG<br />
Mariahilfer Straße 123; 1060 Wien<br />
Tel. +43 (0)1/599 97-0, Fax: +43 (0)1/595 35 35<br />
www.ara.at<br />
Topic spezial<br />
AUSGEZEICHNETE<br />
ABFALLVERMEIDUNG<br />
ARA System Inside<br />
SEITE 8<br />
VORBILDLICHE<br />
VERPACKUNGEN PRÄMIERT<br />
Lab<br />
ABFALL – QUO VADIS?<br />
VOM VERSUCH,<br />
DIE WELT ZU RETTEN<br />
SEITE 13<br />
SEITE 20<br />
SEITE 26<br />
PRODUKTION UND DESIGN<br />
R+K Kowanz<br />
Portrait<br />
HERSTELLUNG UND DRUCK<br />
Grasl Druck & Neue Medien, Bad Vöslau<br />
DIE PERFEKTE WELLE<br />
ABFALLVERMEIDUNG<br />
FOREVER<br />
OFFENLEGUNG GEMÄSS § 25 MEDIENGESETZ<br />
Medieninhaber: ARA <strong>Altstoff</strong> <strong>Recycling</strong> <strong>Austria</strong> AG<br />
Sitz: Mariahilfer Straße 123; 1060 Wien<br />
SEITE 10<br />
ARA System Inside<br />
Zone<br />
Characters Extras<br />
ABFALL IM DESIGN<br />
EMBALLISSIMO<br />
AUSGESCHRIEBEN<br />
TERMINE<br />
Content<br />
SEITE 14<br />
SEITE 22<br />
SEITE 27<br />
OFFENLEGUNG DER BLATTLINIE GEMÄSS § 25 ABS. 4 MEDIENGESETZ<br />
Erklärung über die grundlegende Richtung: Die Publikation dient der<br />
Information aller Bezugsgruppen des ARA Systems und verpflichtet sich,<br />
einen umfassenden und umfangreichen Überblick über aktuelle Entwick lungen,<br />
Trends und Ereignisse zu liefern, die von besonderer Relevanz für Kunden und<br />
ARA System sind.<br />
3
Foto: Laurence Mouton/Photo Alto<br />
Topic<br />
4<br />
Abfallvermeidung schont die Umwelt und hilft dabei, sie für zukünftige<br />
Generationen zu bewahren.<br />
EIN UNBEQUEMES LEBEN<br />
„Wir brauchen zu vü Plastik und wir werfen zu vü weg“, beklagt Austropopper Wolfgang Ambros in seinem<br />
Lied mit dem viel sagenden Titel „Die Wegwerfgesellschaft und ihre Alternative“. „Und was ma nimmer<br />
brauchen, na, des werf ma halt weg“, heißt es dort weiter. Tatsächlich hat sich unsere Gesellschaft ans<br />
Wegwerfen – wenn auch fein säuberlich ge<strong>trennt</strong> – gewöhnt. ExpertInnen und NGO fordern und fördern<br />
ein Umdenken bei KonsumentInnen und Betrieben.<br />
Der verschwenderische Umgang mit Rohstoffen im Konsumgüterbereich<br />
ist – neben Verkehr und Industrie – einer der<br />
Hauptgründe für die Klima- und Umweltprobleme der Gegen -<br />
wart. Professor Helmut Rechberger vom Institut für Wassergüte,<br />
Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft an der<br />
Technischen Universität Wien spricht in diesem Zusammenhang<br />
von einer „Entwertung von Ressourcen“: „Aus nützlichen<br />
Produkten werden Abfälle, die niemand mehr haben will.“<br />
Bei einem „Einweg“-Kugelschreiber – dem Symbol der Wegwerf<br />
gesellschaft schlechthin – mag dies zutreffen, bedenklich<br />
stimmt allerdings die Tatsache, dass beispielsweise voll funk tions<br />
tüchtige Haushalts- und Elektronikgeräte – und damit wert -<br />
volle Rohstoffe – im Müll landen. Prognosen der Europä ischen<br />
Kommission gehen davon aus, dass es in den nächs ten zehn<br />
Jahren zu einem enormen Zuwachs an Elektronikschrott in den<br />
Mitgliedsstaaten kommen wird, rund fünf Prozent sollen es sein.<br />
Schon heute fallen laut der Elektroaltgeräte Koordinie rungsstelle<br />
<strong>Austria</strong> hierzulande jährlich etwa 100.000 Tonnen an.<br />
KREISLAUFWIRTSCHAFT ZUR ABFALLVERRINGERUNG.<br />
Aber lässt sich Abfall überhaupt vermeiden? „Streng genommen<br />
nur dadurch, dass man etwas gar nicht erst herstellt oder mit<br />
geringem Abfallanfall produziert“, führt Helmut Rechberger<br />
aus. Er beschäftigt sich mit der optimalen Gestaltung von<br />
Stoff- und Güterflüssen. Eingerichtet wurde die Professur von<br />
der TU Wien und dem ARA System. Vieles, was landläufig<br />
der Abfallvermeidung zugerechnet werde, sei allerdings der<br />
Abfallverwertung bzw. dem <strong>Recycling</strong> von Abfällen zuzuordnen.<br />
„Indem Materialien wie Papier, Metalle und Kunststoffe<br />
im Kreislauf geführt werden, kann der Anfall von zu entsorgen<br />
den Abfällen verringert werden“, erklärt Rechberger weiter.<br />
„Allerdings nicht auf Null, das heißt, es werden immer Abfälle<br />
übrig bleiben, die es umweltverträglich zu entsorgen gilt.“<br />
ARA SYSTEM BEITRAG ZUM KLIMASCHUTZ. Das ARA<br />
System steht für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft.<br />
Durch die ge<strong>trennt</strong>e Verpackungssammlung des ARA Systems<br />
werden pro Jahr über 180.000 Tonnen CO 2-Äquivalente eingespart,<br />
wie eine Analyse des Beratungsunternehmens denkstatt<br />
zeigt. „Das heißt, die ge<strong>trennt</strong>e Sammlung und Verwertung<br />
durch das ARA System hat eine ähnliche Wirkung, wie<br />
wenn jedes Jahr an 18 Tagen alle Autos in ganz Österreich<br />
stillstehen würden“, erklärt ARA Vorstand Werner Knausz.<br />
Ohne ge<strong>trennt</strong>e Sammlung würden sämtliche Verpackungsabfälle<br />
im Restmüll landen und damit nicht für eine hochwertige<br />
stoffliche Verwertung zur Verfügung stehen – zusätzliche<br />
CO 2-Emissionen wären die Folge.<br />
Topic<br />
Auch beim Transport der gesammelten Verpackungen setzt<br />
das ARA System auf hohe Umweltschonung. Entsprechend<br />
einem Öko-Punkte-System erfolgt die Auswahl von Transportpartnern<br />
nicht nur nach den Aspekten Preis und Zuverlässigkeit,<br />
sondern berücksichtigt auch die ökologische<br />
Fahrzeugausstattung. Sowohl von ihren Fracht- als auch von<br />
ihren Verwertungspartnern verlangt das ARA System, alle<br />
wirtschaftlich vertretbaren Maßnahmen zu ergreifen, schädliche<br />
Emissionen zu vermeiden.<br />
ABFALLMENGEN GERING HALTEN. „Abfallvermeidung ist ein<br />
geeignetes Instrument, um die Ziele einer nachhaltigen Abfallwirtschaft<br />
zu erreichen“, sagt Christian Pladerer vom Österreichischen<br />
Ökologie Institut. „Wir unterstützen in unserer täglichen<br />
Arbeit die Ziele des österreichischen Abfallwirtschafts gesetzes,<br />
schädliche Einwirkungen auf den Menschen, Pflanzen<br />
und Tiere zu vermeiden, Schadstoffemissionen so gering wie<br />
möglich zu halten und Ressourcen zu schonen.“ Dennoch<br />
sei das wesentliche Ziel das Bestreben, nur solche Abfälle zu<br />
generieren, deren Ablagerung keine Gefährdung für nachfolgende<br />
Generationen darstellen. „Daher ist der primäre<br />
Grund satz, Abfallmengen und deren Schadstoffgehalte so<br />
gering wie möglich zu halten“, meint Pladerer und betont:<br />
„Kauf verhalten und Produktion spielen dabei eine wesentliche<br />
Rolle.“ Gerade in der Produktion würden die „großen Schrauben<br />
der Abfallvermeidung liegen“, wie er es ausdrückt. Man<br />
würde daher Betriebe dabei beraten, die Produktion umweltgerechter<br />
zu gestalten und konkrete Abfallvermeidungsmaßnahmen<br />
umzusetzen. Bei bestimmten Projekten arbeitet das<br />
Österreichische Ökologie Institut auch mit der ARA zusammen.<br />
Nachfüllbeutel haben sich längst etabliert.<br />
Das Verpackungsgewicht wird dadurch um 82 % verringert.<br />
Foto: ARA/Fiedler<br />
5
Topic<br />
VERPACKUNGSEINSPARUNG DURCH WIRTSCHAFT. Viele<br />
Unternehmen setzen bereits auf Abfallvermeidung. Durch<br />
laufende Weiterentwicklung und ständige Optimierung reduziert<br />
die Wirtschaft den Verpackungseinsatz: Material wird<br />
eingespart, Packstoffe sind erheblich dünner und leichter geworden,<br />
und auch das Volumen von Füllgütern wurde vielfach<br />
deutlich verringert. Das bringt zum einen Kostenersparnisse<br />
bei Produktion und Entsorgung für Unternehmen und<br />
spart zum anderen Ressourcen.<br />
ARA SYSTEM UND ABFALLVERMEIDUNG. Das ARA System<br />
liefert nicht nur durch die Sammlung und Verwertung einen<br />
wichtigen Beitrag zur Entlastung der Umwelt, sondern auch<br />
durch die Umsetzung von abfallvermeidenden Maßnahmen.<br />
Entsprechend den Vorgaben des Abfallwirtschaftgesetzes ist<br />
das ARA System verpflichtet, drei Promille seiner Lizenzeinnahmen<br />
für Projekte zur Abfallvermeidung aufzuwenden. In<br />
den letzten Jahren wurde eine Reihe von Projekten umgesetzt,<br />
und das ARA System hat sich auch im Bereich der Abfallvermeidung<br />
zu einem wichtigen Partner für Wirtschaft,<br />
Forschung, Kommunen und KonsumentInnen entwickelt.<br />
UNTERSTÜTZUNG FÜR KMU. So unterstützt die ARA seit<br />
2005 unter anderem gemeinsam mit der Stadt Wien kleine<br />
und mittlere Unternehmen (KMU) bei deren Abfallvermeidungsmaßnahmen.<br />
Weil es dort besonders großes Potenzial<br />
gebe, wie die Wiener Umweltstadträtin Ulli Sima erklärt.<br />
Förderungswürdig seien jene Projekte zur Vermeidung gefährlicher<br />
und ungefährlicher Abfälle, die technisch und wirtschaftlich<br />
umsetzbar seien, zu konkreten Abfallvermeidungseffekten<br />
führen, ein möglichst effizientes Kosten-Nutzen-<br />
Verhältnis aufweisen und einen umfassenden Nachhaltig keits -<br />
effekt ausüben. „Vor allem bei KMU scheitert die Umsetzung<br />
von abfallvermeidenden Maßnahmen des Öfteren an den<br />
not wendigen Investitionen“, sagt ARA Vorstand Dr. Christoph<br />
Scharff. „Durch die Förderung wollen wir helfen, diese Hürde<br />
abzubauen.“<br />
Manchmal bedarf es nur einer Kleinigkeit, zum Beispiel des<br />
Umstiegs auf Mehrweggebinde, wie das im vergangenen Jahr<br />
geförderte Projekt des Hauses der Barmherzigkeit in Wien 16<br />
zeigt. Durch die Verwendung von Mehrwegdessertschalen<br />
konnten jährlich 118.000 Stück Kunststoffeinwegschalen oder<br />
7,1 Tonnen Hausmüll vermieden werden. Im zweiten Teil des<br />
Projekts wurden Wasserkrüge angekauft, wodurch der Genuss<br />
von Leitungswasser forciert und damit eine Viertelmillion<br />
Mineralwasserflaschen und, daraus resultie rend, neun Tonnen<br />
PET-Abfälle vermieden werden konnten.<br />
„DAGOBERT“ HILFT SPAREN. Auch in den Bundesländern<br />
werden Vermeidungsmaßnahmen gefördert. So setzte die<br />
Schlotterer Rollladen-Systeme GmbH & Co KG mit Unterstützung<br />
des ARA Systems zwei Projekte um. Das Projekt<br />
„Dagobert“ reduzierte den Aluminiumverschnitt im Unternehmen.<br />
In der Vergangenheit wurde 914,9 Tonnen Aluminium<br />
mit einer Verschnittquote von 12,3 Prozent verarbeitet.<br />
Diese konnte durch Steigerung des Bewusstseins bei den<br />
MitarbeiterInnen um zwei Prozent gesenkt werden. Mit dem<br />
Projekt „Neuer Verpackungsautomat“ wurde die ursprünglich<br />
6<br />
manuelle Verpackung von Rollläden automatisiert, Verpackungs -<br />
material eingespart und der Transportschutz verbessert.<br />
EMIL – DIE FLASCHE. Auch die <strong>Austria</strong> Glas <strong>Recycling</strong> GmbH<br />
(AGR) hat einen Fond eingerichtet, über den einschlägige<br />
Initiativen unterstützt werden. Eines der geförderten Projekte<br />
heißt „EMIL – die Flasche“, eine bruchsicher verpackte<br />
Glasflasche, die nun an den Pflichtschulen des Bezirks Radkersburg<br />
Einzug gehalten hat. EMIL eignet sich für Pausengetränke<br />
und kann einfach von zu Hause mitgenommen werden.<br />
Ein Herunterfallen übersteht die Glasflasche durch die schützende<br />
Hülle problemlos und ist daher auch für Kindergartenkinder<br />
geeignet. Durch die Wiederbefüllbarkeit der Glasflasche<br />
soll nun auf den Kauf von Einweggetränkeverpackungen<br />
verzichtet werden.<br />
Kinder sind von EMIL,<br />
der bruchsicher verpackten Glasflasche, begeistert<br />
KONSUMENTiNNEN-BESCHWÖRUNG. Aber kann es überhaupt<br />
eine moderne Gesellschaft ohne Wegwerfen geben?<br />
„Ja – es kann“, ist sich Christian Pladerer vom Österreichischen<br />
Ökologie Institut sicher, fügt allerdings hinzu: „Im Moment<br />
sind wir noch meilenweit entfernt von einer funktionierenden,<br />
globalen Material- und Stoffkreislaufwirtschaft.“ Es gehe<br />
neben der umweltschonenden Produktion von Gütern<br />
darum, nur solche Produkte in den Wirtschaftskreislauf einzubringen,<br />
die man nach ihrem Nutzen, der möglichst lange<br />
sein soll, wieder in den natürlichen oder künstlichen Kreislauf<br />
bringen könne. „Produkte, die weder stofflich noch energetisch<br />
wieder- bzw. weiterverwendet werden können, sollen<br />
erst gar nicht produziert werden“, sagt Pladerer. Zudem solle<br />
man die Macht der KonsumentInnen nicht unterschätzen.<br />
„Die steigende Aufmerksamkeit unserer globalen Zivilgesell-<br />
Foto: AWV Radkersburg<br />
schaft gegenüber der derzeitigen Fehlentwicklung und herrschenden<br />
Weltordnung wird auch dazu führen, unsere westlichen<br />
Lebensmuster und unser Konsumverhalten zu überdenken“,<br />
meint er.<br />
Und wer weiß, vielleicht trägt auch die aufziehende Wirtschaftskrise<br />
zu einem gesellschaftlichen Umdenkprozess bei.<br />
Immerhin ist das ge<strong>trennt</strong>e Sammeln von Verpackungen für<br />
die ÖsterreicherInnen selbstverständlich geworden. Einen<br />
wichtigen Beitrag dazu leisteten die über 200 AbfallberaterInnen<br />
der ARA. Sie fungieren als Schnittstellen zu den<br />
BürgerInnen und versuchen durch kreative Maßnahmen das<br />
Bewusstsein für das Verpackungssammeln zu stärken.<br />
SECONDHAND ALS LIFESTYLE. 60 Prozent aller ÖsterreicherInnen<br />
tauschen ihr Mobiltelefon gegen eine neues aus, obwohl<br />
dieses noch voll funktionsfähig ist. Das fand eine von<br />
eBay und WWF in Auftrag gegebene Marketagent-Studie<br />
heraus. 64 Prozent ersetzten Computer, 55 Prozent Fotoapparate,<br />
41 Prozent MP3-Player und 75 Prozent der Spielkon -<br />
solenbesitzerInnen ihre alten, aber noch funktions tüchtigen<br />
Geräte durch Neuware.<br />
„Neben einer Ressourcen schonenden Produktion ist es in<br />
Zukunft wichtig, die Nutzungsdauer von Konsumgütern<br />
wieder zu verlängern“, meint daher Hildegard Aichberger,<br />
Geschäftsführerin des WWF. Die bereits verbrauchten wertvollen<br />
Rohstoffe müssten länger und sinnvoller eingesetzt<br />
werden, erklärt sie. Ein Ansatz, dies zu gewährleisten, liegt<br />
im Second-Hand-Handel, der durch Online-Plattformen wie<br />
eBay eine neue Dimension gewonnen hat – weshalb die Umweltschutzorganisation<br />
und das Online-Auktionshaus seit<br />
kurzem auch miteinander kooperieren.<br />
TAUSCHEN UND REPARIEREN. Ein weiterer verfolgenswerter<br />
Ansatz findet sich bei den so genannten „Kost-nix-Läden“. Es<br />
sind Geschäfte ohne Kassen. Die Idee, die dahinter steckt, ist,<br />
dass jeder die Dinge mitnehmen kann, die er selbst braucht,<br />
und Leute ihre Sachen abgeben können, die ihnen Platz<br />
wegnehmen. Ein anarchistisches Projekt, getrieben von der<br />
Utopie einer geldlosen Gesellschaft, die anscheinend Erfolg<br />
hat: Mittlerweile gibt es Kost-nix-Läden in Wien, Graz und<br />
Innsbruck.<br />
Auf eine „gesellschaftspolitische Veränderung in Richtung<br />
Nutzungsorientierung statt Massenkonsum von kurzlebigen<br />
Produkten“ zielte auch das Projekt die „Reparaturgesellschaft“<br />
ab, das 1995 gestartet wurde und zur Gründung des Reparaturund<br />
Servicezentrum (R.U.S.Z.) und des Reparaturnetzwerks<br />
(RNW) in Wien beigetragen hat. Man wolle die Reparatur<br />
wieder zu einer gesellschaftspolitisch akzeptierten Lösung<br />
machen und verstehe sich als Gegenkonzept zur Wegwerfgesellschaft.<br />
Auch der im November 2004 gegründete Verein „RepaNet“,<br />
der aus dem vom Europäischen Sozialfonds und dem Bundes -<br />
ministerium für Wirtschaft und Arbeit geförderten EQUAL-<br />
Projekts „RepaNet – Reparaturnetzwerk Österreich“ hervorging,<br />
sieht sich in dieser Tradition. Sein Motto: „Reparieren<br />
ist Zukunft!“. In vier RepaNet-Reparaturnetzwerken in Wien,<br />
Topic<br />
der Steiermark und in Oberösterreich haben sich insgesamt<br />
108 nach genau festgelegten Qualitätsstandards arbeitende<br />
Reparaturbetriebe zusammengeschlossen. Auch RepaNet will<br />
die Reparatur in der Bevölkerung wieder salonfähig machen.<br />
Es trägt zudem zur Existenzsicherung kleiner Betriebe und<br />
damit zur Sicherung von Arbeitsplätzen bei.<br />
BACKEN FÜR DEN MÜLL. Ohne Überfluss keine Wegwerfgesellschaft.<br />
Deren krasseste Ausformung ist die Tatsache, dass<br />
jedes fünfte Stück Gebäck in Österreich auf dem Müll landet<br />
– so wie es aus dem Ofen kommt. Das sind täglich mehrere<br />
Tonnen. Die Wiener Universität für Bodenkultur hat berechnet,<br />
dass nur 85 Prozent des gekauften Brotes auch gegessen<br />
werden. Der Rest landet in der Tonne. Die heimischen LandwirtInnen<br />
bauen demnach jedes Jahr rund 20.000 Hektar<br />
Getreide an, das schließlich als Abfall endet. Das ist nicht<br />
zuletzt ein ethisches Problem, wofür sich Handel, Erzeuger<br />
und KundInnen gegenseitig die Verantwortung zuschieben.<br />
GEGEN DIE WEGWERFMENTALITÄT. Täglich retten engagierte<br />
Sozialeinrichtungen Lebensmittel vor dem Müll. Sie<br />
holen Essen dort ab, wo es überflüssig ist, und bringen es<br />
dorthin, wo es dringend benötigt wird. Diese Initiativen<br />
haben sich dem Kampf gegen die Wegwerfmentalität verschrieben.<br />
Sie leben die Prinzipien der Nachhaltigkeit und<br />
Ressourcenschonung ebenso wie jene der Wirtschaftlichkeit<br />
und der sozialen Verantwortung. Das ergibt eine einmalige<br />
„Win-win-win“-Situation: Unternehmen sparen Entsorgungskosten<br />
und entlasten ihre Lagerhaltung. Die Umwelt wird<br />
geschont. „Essen gelangt in den Magen und nicht in den<br />
Müll“, lautet die Botschaft.<br />
Foto: Ambra Duda/gabarage<br />
Die Aktenordnergarderobe – eine<br />
skurrile Einsatzmöglichkeit von<br />
alten Ordnern, die sonst im Müll<br />
landen würden.<br />
7
Topic spezial<br />
Foto: TEWA<br />
„Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet Abfall vermeiden vor<br />
verwerten vor beseitigen.“ Nach diesem Grundsatz schufen<br />
ARA, die Stadt Wien, das Land Niederösterreich und die<br />
Wirt schaftskammer Österreich die „Förderungsinitiative Abfallvermeidung“.<br />
Unterstützt werden innovative Maßnahmen<br />
zur Abfallvermeidung, -reduktion und zur Bewusstseinsbildung.<br />
<strong>2008</strong> ging die Initiative in die vierte Runde. Vorrangig<br />
werden Abfallver meidungs projekte von KMU, kommunalen<br />
Dienststellen, Vereinen sowie Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen<br />
unterstützt, die sich durch messbare Ergebnisse,<br />
Kosteneffizienz, Nachhaltigkeit und hohen Innovationsgrad<br />
auszeichnen. 48 Projekte aus sechs Bundesländern wurden<br />
von 2005 bis 2007 mit über 700.000 Euro gefördert und damit<br />
Umweltinvestitionen von rund 3,5 Mio. Euro unterstützt. Die<br />
Maßnahmen reichten dabei von der Verpackungsoptimierung<br />
über Abfallreduzierung und Bewusstseinsbildung an Schulen<br />
bis hin zur Digitalisierung von Archiven oder Lungenröntgen.<br />
Der TRENNT hat sich einige besonders innovative Projekte<br />
der vergangenen Jahre herausgegriffen und stellt kreative und<br />
nachhaltige Ansätze in der Abfallvermeidung im Rahmen<br />
eines „Topic spezial“ vor.<br />
Wellpappenfabrik TEWA GmbH<br />
„Faltkartons statt Altpapier“<br />
8<br />
Wellpappenfabrik TEWA GmbH<br />
„Faltkartons statt Altpapier“<br />
AUSGEZEICHNETE<br />
ABFALLVERMEIDUNG<br />
DIE INNOVATIVEN PROJEKTE DER „FÖRDERINITIATIVE ABFALLVERMEIDUNG“<br />
In der Wellpappenfabrik TEWA GmbH wird aus unterschiedlichen<br />
Papierbreiten Wellpappe hergestellt. Je nach Aufträgen<br />
und Kombinationsmöglichkeiten ergeben sich immer Nebenbahnen,<br />
die nur sehr schwer verwertet werden können und<br />
Foto: Hopfenbaugenossenschaft<br />
Hopfenbaugenossenschaft reg.Ges.m.b.H<br />
„Erneuerte Abfüllanlage spart<br />
Verpackungsmaterial“<br />
daher vom Shredder zerkleinert werden. „Vor der Zerkleinerung<br />
lagen die Nebenbahnen im Lager, und das kostet natürlich<br />
Platz und Geld“, so Franz Ronge, Geschäftsführer der TEWA<br />
GmbH. Im Zuge dieses Projektes wurde ein so genannter<br />
„Boxmaker“ angeschafft, mit dem aus den produzierten<br />
Nebenbahnen, Faltkartons und Fachwerke produziert werden.<br />
Die Abfallmenge an Papier konnte somit von 460.749 Kilogramm<br />
auf 356.033 Kilogramm reduziert werden. Hinzu<br />
kommt, dass der geringere Einsatz des Shredders unter Berück<br />
sichtigung des Stromverbrauchs des Boxmakers zu einer<br />
Energieeinsparung von 17.600 kWh führt. Ronge schätzt, dass<br />
sich die Investitionen innerhalb von vier Jahren amortisieren<br />
werden. „Zusätzlich ergibt sich auch noch ein Synergieeffekt<br />
in der Produktion, da der Boxmaker gewisse Arbeitsschritte<br />
vereinfacht.“ Auch die Zusammenarbeit während des Projekts<br />
war für Ronge sehr positiv: „Der Ablauf war sehr kundenfreundlich<br />
und unbürokratisch.“<br />
Hopfenbaugenossenschaft reg.Ges.m.b.H<br />
„Erneuerte Abfüllanlage spart Verpackungsmaterial“<br />
Die Hopfenbaugenossenschaft hat die Erneuerung der Abfüllanlage<br />
für Hopfenpellets umgesetzt, um die Abfüllung in<br />
Großverpackungen zu ermöglichen. Dafür ist eine effiziente<br />
Feingutabscheidung erforderlich, da die Pellets sonst verkleben<br />
und von den Brauereien nicht mit automatischen Dosieranlagen<br />
verarbeitet werden können. Vor der Umstellung wurden<br />
die Pellets in Kleinverpackungen von durchschnittlich<br />
3,5 Kilogramm abgefüllt, vakuumiert und begast. „Jetzt füllen<br />
Foto: R.U.S.Z.<br />
Reparatur und Service Zentrum R.U.S.Z.<br />
„Modernisierung gebrauchter Haushaltsgeräte“<br />
Foto: Wiener Tafel<br />
wir die Pellets in 130-Kilogramm-Säcken ab“, erzählt Hermann<br />
Bayer von der Hopfenbaugenossenschaft. Dadurch<br />
wird der Einsatz von nicht verwertbarer Aluverbundfolie für<br />
die Kleinverpackungen um ca. zwei Drittel verringert. Aber<br />
auch die Brauereien sparen durch die größeren Säcke Kosten<br />
ein. „Aufgrund des Kostennachteils für die Brauereien hätten<br />
wir die kleinen Säcke nicht mehr lange produzieren können.<br />
Hätten wir die Anlage nicht erneuert, hätten wir in einem anderen<br />
Werk produzieren müssen. Dann wären zusätzlich<br />
auch noch Transportkosten angefallen“, so Bayer.<br />
Reparatur und Service Zentrum R.U.S.Z.<br />
„Modernisierung gebrauchter Haushaltsgeräte“<br />
Das Reparatur und Service Zentrum R.U.S.Z. führt Entwicklungs<br />
arbeiten bei gebrauchten Haushaltsgeräten während der<br />
Reparaturen durch. Dabei konnte der Energie- und Wasserver -<br />
brauch gesenkt und die Lebensdauer der Geräte von acht auf<br />
18 Jahre ausgedehnt werden. Zusätzlich wurden Maßnahmen<br />
zur Verbrauchsreduktion noch im Betrieb befindlicher Geräte<br />
umgesetzt. Mehr zum R.U.S.Z. auch in der Rubrik „Characters“.<br />
Wiener Tafel<br />
„Sammlung unverkäuflicher Lebensmittel“<br />
Wiener Tafel<br />
„Sammlung unverkäuflicher Lebensmittel“<br />
Die Wiener Tafel sammelt Lebensmittel und Hygieneartikel<br />
aus Handel und Industrie. Dabei handelt es sich um Überproduktionen,<br />
Retouren, Ladenhüter oder Produkte, deren<br />
Mindesthaltbarkeitsdatum bald abläuft. Statt die Produkte zu<br />
entsorgen, stellt sie die Wiener Tafel Bedürftigen zur Verfügung.<br />
„Unser Projekt war die Anschaffung eines Kühltransporters“,<br />
erzählt Mag. Martin Haiderer, Geschäftsführer der Wiener<br />
Tafel. Dadurch können nun auch Lebensmittel wie Milch,<br />
Obst und Tiefkühlprodukte verteilt werden, die gekühlt gelagert<br />
und transportiert werden müssen. „Unsere Kapazität hat sich<br />
durch den neuen Kühltransporter verdoppelt. Jetzt können<br />
wir bis zu zwei Tonnen Lebensmittel am Tag verteilen“, so<br />
Haiderer. „Die Anschaffung des Transporters war schon<br />
Foto: Kapellner<br />
Topic spezial<br />
länger geplant, vor dem Projekt mit der ‚Initiative Abfallvermeidung‘<br />
fehlten aber die finanziellen Mittel.“ Die Wiener<br />
Tafel schätzt, dass jährlich rund 300 Tonnen Lebensmittel<br />
verteilt statt entsorgt werden.<br />
Ing. Mag. Ewald Kapellner<br />
„Nachwachsende Schulmilchbecher“<br />
Ing. Mag. Ewald Kapellner<br />
„Nachwachsende Schulmilchbecher“<br />
Bei dem Projekt „Schulmilch 2006“ wurden die herkömmlichen<br />
Polystyrolbecher durch Becher aus nachwachsenden<br />
Materialien ersetzt. „Die Idee kam mir, als mein Sohn mit<br />
einem Plastik-Schulmilchbecher nach Hause kam“, erzählt<br />
Ing. Mag. Ewald Kapellner: „Unglaublich, wie viel Müll<br />
dadurch anfallen muss.“ Sowohl für die neuen Becher als<br />
auch Deckel wird kompostierbare Polymilchsäure verwendet.<br />
„Das Material kannte ich aus dem Catering-Bereich und der<br />
Becher war auch schnell entwickelt. Die Platine, die der Ersatz<br />
für den Deckel ist, bereitete uns allerdings Kopfzerbrechen“,<br />
so Kapellner. Nach zwei Jahren Entwicklungszeit war der<br />
kompostierbare Schulmilchbecher samt Deckel markttauglich.<br />
Im heurigen Jahr lieferte Kapellner über vier Millionen Becher<br />
aus, Tendenz für 2009 stark steigend. Hochgerechnet auf<br />
jährlich 30 Millionen Portionen Schulmilch in Österreich,<br />
liegt das Abfallvermeidungspotenzial bei 200.000 Kilogramm<br />
Polystyrol und 30.000 Kilogramm Aluminium, das durch die<br />
Deckel anfiel.<br />
Möglichkeiten zur Abfallvermeidung oder -reduktion sind in<br />
nahezu jedem Betrieb jeder Größe vorhanden. Beratung und<br />
nähere Informationen für interessierte Projektwerber gibt es<br />
bei Public Consulting. „Die Projekte sind nicht nur gut für die<br />
Umwelt, sondern auch wirtschaftlich durchaus sinnvoll. Es ist<br />
auch spannend zu sehen, wie kreativ viele der Bewerber<br />
sind“, sagt Mag. Manfred Grill, zuständiger Sachbearbeiter<br />
bei Public Consulting: „Und jedes Jahr wird die Bandbreite<br />
der Bewerber und Maßnahmen noch größer.“<br />
Informationen finden Sie unter: www.publicconsulting.at<br />
9
Portrait<br />
10<br />
DIE PERFEKTE WELLE<br />
Seit über 120 Jahren produziert Mosburger hochwertige Transportverpackungen aus Wellpappe. Ob Henkel,<br />
Manner, Philips oder Sandoz – sie alle verpacken ihre Produkte in Mosburger-Wellpappe. Das Unternehmen<br />
setzt bei seinen Verpackungslösungen auf eine umweltgerechte und ressourcenschonende Produktion und<br />
wurde dafür bereits mehrfach ausgezeichnet.<br />
Gemüse, Weinflaschen, Elektrogeräte oder Fahrräder – Mosburger<br />
bietet für nahezu jedes Produkt eine individuelle nach<br />
Kundenwünschen entwickelte Wellpappeverpackung. Mit Innovation<br />
und Flexibilität hat sich das Unternehmen in diesem<br />
Verpackungssegment als Marktführer in Österreich etabliert.<br />
An den beiden Standorten Wien und Straßwalchen beschäftigt<br />
Mosburger insgesamt 440 MitarbeiterInnen.<br />
Das Unternehmen gehört zur Prinzhorn Gruppe, die mit insgesamt<br />
11 Standorten zu den führenden Wellpappeanbietern<br />
im osteuropäischen Markt zählt. Neben der Produktion von<br />
Wellpappeverpackungen beschäftigt sich die Unternehmensgruppe<br />
mit der Erzeugung von braunen und weißen Wellpappe -<br />
rohpapieren auf <strong>Recycling</strong>basis.<br />
Für die umweltschonende Produktion der Wellpappe kommen<br />
mehr als 80 Prozent <strong>Recycling</strong>-Rohpapier zum Einsatz. Unter<br />
Druck- und Hitzeeinwirkung erhält das befeuchtete Papier<br />
seine Wellenstruktur, wird mit Weizenstärke und Wasser zu<br />
Wellpappe verklebt und dann auf das gewünschte Format<br />
zugeschnitten.Für seine ressourcenschonenden Wellpappeverpackungen<br />
erhielt das Unternehmen bereits mehreren<br />
Preise, wie den Emballissimo oder den Staatspreis Vorbildliche<br />
Verpackung.<br />
Im Interview mit TRENNT spricht Mosburger-Verkaufsleiter<br />
Hubert Donhauser über innovative Verpackungslösungen,<br />
Abfallvermeidung, Kundenwünsche und technologische<br />
Entwicklungen.<br />
TRENNT: Mosburger wurde vor zwei Jahren für eine Transporteinlage<br />
für Bordeauxgläser mit dem Sonderpreis des ARA<br />
Systems im Rahmen des Staatspreises Vorbildliche Verpackung<br />
ausgezeichnet. Was unterscheidet diese Verpackung von anderen?<br />
Welchen Stellenwert haben solche Auszeichnungen in<br />
Ihrem Unternehmen?<br />
Hubert Donhauser: Entwicklung und Innovation sind Haupt -<br />
schwerpunkte unserer Unternehmensphilosophie. Wir haben<br />
in allen unserer Werke eigene Abteilungen mit speziell ausge-<br />
bildeten Mitarbeitern, die ausschließlich mit der Umsetzung<br />
von Verpackungsentwicklungen beschäftigt sind. Wir führen<br />
regelmäßig auch firmeninterne Wettbewerbe und Auszeichnungen<br />
von innovativen Ideen durch. Selbstverständlich leitet<br />
sich daraus ab, dass wir spezielle Verpackungslösungen auch<br />
im Rahmen von Wettbewerben einreichen. Der Staatspreis<br />
Vorbildliche Verpackung bildet hier immer einen jährlichen<br />
Höhepunkt. Und dementsprechend stolz sind wir, wenn<br />
unsere Einreichungen prämiert werden. Die von Ihnen angesprochene<br />
Verpackung zeichnet sich vor allem dadurch aus,<br />
dass es unseren Produktentwicklern gelungen ist, sowohl die<br />
vom Kunden gewünschte Reduzierung des Volumens durch<br />
versetzte Anordnung der Gläser in einer raffinierten Inneneinrichtung<br />
zu erreichen als auch die geforderten Falltests –<br />
trotz anfänglich vieler Scherben – souverän überstand. Die<br />
ausschließlich aus Wellpappe bestehende Transportverpackung<br />
reduzierte das Packvolumen des Kunden um mehr als 40%.<br />
TRENNT: Wie viel Wert legen Sie auf umweltgerechte<br />
Verpackungen und Herstellungsprozesse?<br />
Hubert Donhauser: Der Rohstoff, der für unsere Verpackungen<br />
verarbeitet wird, ist Papier. In unserem Unternehmen setzen<br />
wir über 80% <strong>Recycling</strong>papiere ein, der Rest sind Frischfaserpapiere.<br />
Die <strong>Recycling</strong>quote für Wellpappeverpackungen<br />
beträgt in Österreich über 98%! Schon allein daran kann<br />
„Ausgezeichnete“ Verpackungen<br />
man ableiten, dass wir mit Sicherheit eines der umweltfreundlichsten<br />
Verpackungsmaterialen produzieren. Auch in<br />
der Herstellung wird auf Ökologie allergrößter Wert gelegt.<br />
Die eingesetzten Leime basieren auf Stärke, als Druckfarben<br />
werden ausschließlich wasserlösliche Systeme verwendet.<br />
TRENNT: Welche Ansprüche stellen Ihre Kunden an Verpackungen?<br />
Ist bei Ihren Kunden in Bezug auf umweltgerechte<br />
Verpackungen in den letzten Jahren ein Umdenken<br />
zu beobachten?<br />
Hubert Donhauser: Waren früher fast ausschließlich wirtschaftliche<br />
Parameter für die Auswahl des eingesetzten Packstoffes<br />
bei unseren Kunden im Vordergrund, so stehen heute<br />
sehr wohl die Aspekte der Umwelt sehr hoch oben in der<br />
Rangliste der Entscheidungskriterien für die Packstoffauswahl.<br />
„Ökologischer Fußabdruck“, „Öko-Geamtbilanz“ usw.<br />
sind nur einige Schlagworte für den hohen Stellenwert, den<br />
der Umweltaspekt heute einnimmt. Nicht zuletzt auch auf<br />
Grund seiner hohen Umweltverträglichkeit haben sich die<br />
von uns hergestellten Wellpappe-Verpackungen in den letzten<br />
Jahren immer stärker als das gesamte Wirtschaftswachstum<br />
entwickelt.<br />
TRENNT: Gibt es eine Verpackung bzw. Verpackungslösung, auf<br />
die Mosburger besonders stolz ist, die besonders innovativ ist?<br />
Hubert Donhauser: Einige! Wie schon vorhin erwähnt, reichen<br />
wir regelmäßig Verpackungen zu diversen Wettbewerben ein.<br />
Zum Beispiel haben wir im letzten Jahr eine Auszeichnung<br />
für eine Spargelverpackung erhalten, die neben dem Transportschutz<br />
auch für eine optimale Kühlmöglichkeit des Produktes<br />
sorgt. Dies ist aber nur ein Beispiel, stellvertretend für<br />
sehr viele innovative Ideen. Meist stehen auch hier wieder<br />
ökologische Aspekte wie wenig Materialeinsatz, geringes Gewicht,<br />
Verbundfreiheit usw. im Mittelpunkt der Überlegungen.<br />
TRENNT: Wie lang dauert die Umsetzung einer Verpackung<br />
von der Anfrage des Kunden über die Entwicklung und die<br />
Produktion, bis sie fix fertig beim Konsumenten ist?<br />
Hubert Donhauser: Das hängt natürlich sehr stark von der<br />
Komplexität der Entwicklung einer Verpackung ab. An einem<br />
Display arbeitet ein Entwickler mindestens 1–2 Tage. Meist<br />
muss es aber sehr schnell gehen! Es kann schon passieren, dass<br />
wir von der ersten Anforderung unseres Kunden bis zum Zeit -<br />
punkt der Auslieferung nur einige Tage zur Verfügung haben.<br />
Wir stellen uns auch diesen Herausforderungen; nicht zuletzt<br />
deshalb sind Flexibilität und kurze Arbeitsabläufe eine unserer<br />
Kernkompetenzen, auf die wir allerhöchsten Wert legen.<br />
TRENNT: Wie können Sie mich von Wellpappe im Gegensatz<br />
zu anderen Materialien überzeugen?<br />
Hubert Donhauser: Einige Argumente, wie Umweltverträglichkeit,<br />
wurden bereits genannt. Grundsätzlich muss die Verpackung<br />
ja eine ganze Reihe von Aufgaben erfüllen. Neben<br />
dem optimalen Transportschutz stehen der Schutz der Ware<br />
und die Werbewirksamkeit der Verpackung im Vordergrund.<br />
Fotos: Mosburger<br />
Portrait<br />
Wellpappe vereint die Erfüllung der wesentlichen Anforderungen<br />
an eine Verpackung wie wahrscheinlich kein anderer<br />
Werkstoff.<br />
TRENNT: Mosburger wurde bereits im Jahr 1886 gegründet.<br />
Was hat sich in dieser Zeit technologisch geändert?<br />
Hubert Donhauser: Alles hier aufzuzählen würde wohl den<br />
Rahmen sprengen. Wir produzieren heute mit einer der<br />
schnellsten und modernsten Wellpappen-Anlagen in Europa.<br />
Die Maschine am Standort Wien wurde 2000 installiert und<br />
schafft eine max. Geschwindigkeit von 400 m/min. Wir stellen<br />
auf dieser Anlage eine Anzahl verschiedener Wellenprofile her.<br />
Im Verarbeitungsbereich arbeiten wir u. a. mit modernsten<br />
In-Line- und Stanzmaschinen. Wir haben erst im letzten Jahr<br />
eine 6-Farben-Masterline mit 2,10 m Arbeitsbreite am Standort<br />
Wien in Betrieb genommen und heuer in eine 4-Farben-<br />
In-Line investiert. Auch im Werk Straßwalchen konnte 2006<br />
eine Masterline mit 3 Farben und einer Arbeitsbreite von 1,70 m<br />
die Produktion aufnehmen. Mit dem Gründungszustand von<br />
1886 hat dies alles wohl nicht mehr viel zu tun. Eines ist jedoch<br />
unverändert geblieben: Unser Werkstoff ist Papier, und<br />
das Grundprinzip einer Wellpappe-Verpackung funktioniert<br />
heute noch so wie damals.<br />
TRENNT: Die Vielfalt und damit der Konkurrenzkampf am<br />
Verpackungsmarkt sind enorm. Wie schafft es Mosburger,<br />
dem heutigen Wettbewerb standzuhalten?<br />
Hubert Donhauser: Neben dem ständigem Bemühen um<br />
Kos tenführerschaft zählen Flexibilität, Innovationskraft,<br />
Service und Kundenorientierung zu unseren „Core Values“.<br />
Nur wenn wir ständig die Anforderungen und Bedürfnisse<br />
unserer Kunden im Auge haben, werden wir weiterhin am<br />
Markt bestehen und unsere Position weiter ausbauen.<br />
TRENNT: Welche Pläne gibt es für die Zukunft? Welche<br />
Trends sehen Sie?<br />
Hubert Donhauser: Wir werden weiterhin unsere Standorte<br />
mit modernsten Technologien betreiben. Neben unseren<br />
österreichischen Werken betreiben wir ja schon jetzt eine<br />
Reihe von Betrieben in Osteuropa. Dieser Markt ist sicherlich<br />
auch in der Zukunft die Region für die weitere Expansion unserer<br />
Unternehmensgruppe.<br />
Als Trends für unsere Verpackungen sehe ich für die Zukunft<br />
die Entwicklung in sehr hochwertige Drucklösungen sowie<br />
den Einsatz von leichteren Papieren. Auf beide Entwicklungen<br />
sind wir bestens vorbereitet.<br />
Hubert Donhauser,<br />
Verkaufsleiter<br />
11
FACTS & FIGURES<br />
15 Prozent des<br />
in Österreich<br />
gekauften Brots<br />
wird weggeworfen.<br />
Foto: Fotolia.com Facts & Figures<br />
12<br />
Glasflaschen für alkoholfreie<br />
Getränke sind heute<br />
um 120 Gramm leichter<br />
als im Jahr 2006.<br />
Das bringt pro Jahr eine<br />
Einsparung von 2.040<br />
Tonnen Glas.<br />
Babys brauchen<br />
im Schnitt eine<br />
Tonne Wegwerfwindeln.<br />
Durch<br />
Verpackungsoptimierung<br />
wiegt<br />
eine Aludose heute<br />
um 10 Prozent<br />
weniger als noch<br />
im Jahr 1993.<br />
Während der<br />
EURO <strong>2008</strong><br />
waren 1,4 Mio.<br />
Mehrwegbecher<br />
im Einsatz. Damit<br />
wurden 25 Tonnen<br />
Abfall vermeiden.<br />
Wer sich von seinem<br />
Abfall nicht trennen<br />
kann, wird heute<br />
„Messie“ genannt.<br />
Etwa 30.000 ÖsterreicherInnen<br />
leiden am<br />
„Messie-Syndrom“.<br />
Bei vielen<br />
Haushaltsgeräten sind<br />
Lebensdauerverlängerungen<br />
durch einfache<br />
Reparaturen um<br />
50–100 % möglich.<br />
Der Verbrauch der<br />
entsprechenden<br />
materiellen<br />
Ressourcen sinkt<br />
dann um 33–50 %.<br />
Das ARA System<br />
spart jährlich<br />
so viel CO 2, wie<br />
wenn alle Autos<br />
in Österreich an<br />
18 Tagen<br />
still stehen.<br />
Durchschnittlich<br />
zwölf Prozent des<br />
Mülls bestehen<br />
in Österreich<br />
aus original<br />
verpackten oder<br />
angebrochenen<br />
Lebensmitteln.<br />
Zu Weihnachten<br />
steigt das<br />
Abfallvolumen<br />
um 20 Prozent.<br />
VORBILDLICHE<br />
VERPACKUNGEN PRÄMIERT<br />
Mit dem Staatspreis Vorbildliche Verpackungen würdigt das<br />
Wirtschaftsministerium gemeinsam mit dem Lebensministerium<br />
vorbildliches wirtschaftliches Handeln. Beide Staatspreisträger<br />
sind herausragende Beispiele für die optimale Erfüllung<br />
der Bewertungskriterien: einerseits durch eine Verschmelzung<br />
von Produkt und Verpackung einen Imageträger<br />
zu entwickeln, der eine Akzentuierung der Persönlichkeit der<br />
Marke erreicht und die Zielgruppe punktgenau anspricht, andererseits<br />
eine „schlüsselfertige“, kunden- und produktspezifische<br />
Aufgabenlösung für Transport und Lagerung anzubieten.<br />
Darüber hinaus zeichnen sich die beiden Siegerverpackungen<br />
durch Materialeinsparung aus.<br />
STAATSPREIS IM ZEICHEN DER MATERIALEINSPARUNG.<br />
Den Staatspreis in der Kategorie „Konsumverpackung“<br />
erhielt Vogel & Noot für „Peelend“, eine aus einem Weißblechring<br />
und einer Kunststofffolie bestehende Verpackung,<br />
die durch ihre guten Öffnungseigenschaften besonders<br />
konsumentInnenfreundlich ist. Darüber hinaus ersetzt diese<br />
innovative Entwicklung herkömmliche Weißblechdeckel,<br />
wodurch sich eine enorme Materialeinsparung ergibt.<br />
Als beste „Transportverpackung“ wurde die von Reichsfeld<br />
für Henkel entwickelte Zweikomponentenverpackung<br />
ARA System Inside<br />
Der „Staatspreis Vorbildliche Verpackung <strong>2008</strong>“ ging an zwei Weißbleichverpackungen, die sich u. a. durch<br />
Materialeinsparungen auszeichnen. Den Sonderpreis der ARA erhielt eine besonders ressourcenschonende<br />
Mehrweg-Transportverpackung.<br />
2K-CombiCan und Peelend wurden mit dem Staatspreis ausgezeichnet.<br />
Normpalettengerechter Spülkorb CR 600<br />
erhielt ARA Sonderpreis<br />
„2K-CombiCan“ für ihr einfaches Handlung und ihre Material -<br />
einsparung ausgezeichnet. Die beiden Weißblechbehälter sind<br />
über einen spannringlosen Kunststoffverschluss verbunden<br />
und enthalten unterschiedliches Füllgut, das unmittelbar vor<br />
Gebrauch vermischt wird.<br />
ARA ZEICHNETE INNOVATIVEN SPÜLKORB AUS. Über den<br />
Sonderpreis der ARA, der für besonders ressourcenschonende<br />
Verpackungen verliehen wird, durfte sich die Theodor<br />
Fries GmbH für ihre normpalettengerechte Mehrweg-Transportverpackung<br />
„CR 600“ freuen. Der Preisträger entwickelte<br />
einen Spülkorb mit optimalen, palettengerechten Maßen. Im<br />
Gegensatz zu herkömmlichen Körben bietet die Transportverpackung<br />
Platz für 33 statt nur 24 Gläser. Damit beim<br />
Waschvorgang eine bessere Zugänglichkeit erreicht wird, ist<br />
der Korb mit einem sehr durchlässigen Boden ausgestattet.<br />
Diese Entwicklung bringt spürbar positive Effekte: „Beim<br />
Spülen werden um sieben Prozent weniger Reiniger und<br />
Energieeinsatz benötigt, und darüber hinaus wird durch die<br />
zusätzlichen Einstellplätze ca. ein Viertel der Waschgänge<br />
eingespart. Für die Anwender ergibt sich durch die Nutzung<br />
dieser Spülkörbe eine Frachtersparnis von 31 Prozent“, lobt<br />
ARA Vorstand Werner Knausz die innovative Lösung.<br />
13<br />
Fotos: Verpackungsinstitut
ARA System Inside<br />
ABFALLVERMEIDUNG FOREVER<br />
Nach dem Motto „Vermeiden vor verwerten vor entsorgen“ setzte das ARA System bereits eine Reihe von<br />
Maßnahmen zur Abfallvermeidung um. Diese Maßnahmen entlasten zum einen die Umwelt, bedeuten zum<br />
anderen aber auch Kostenersparnisse für Wirtschaft und KonsumentInnen.<br />
Entsprechend den Vorgaben des Abfallwirtschaftsgesetzes und<br />
den Grundsätzen modernen Ressourcenmanagements unterstützt<br />
das ARA System seit fünf Jahren Maßnahmen zur Abfallvermeidung.<br />
Indirekt liefert das ARA System allerdings bereits<br />
seit seiner Gründung im Jahr 1993 einen Beitrag zu Abfallvermei -<br />
dung. Zu diesem Zeitpunkt trat die Verpackungs verordnung in<br />
Kraft und Verpackungswirtschaft, Abpacker, Abfüller und Handel<br />
wurden in die Pflicht genommen, für die Entsorgung ihrer<br />
Verpackungen Verantwortung zu übernehmen. Um die Kos ten<br />
für die Entpflichtung ihrer Verpackungen durch das ARA System<br />
möglichst gering zu halten, setzten sich viele Unter nehmen mit<br />
der Optimierung ihrer Verpackungen auseinander. Das brachte<br />
zum einen erhebliche Kostenersparnisse in Pro duk tion und Ent -<br />
sorgung, anderer seits aber auch eine Entlastung der Umwelt.<br />
VERPACKUNGSOPTIMIERUNG DER WIRTSCHAFT. Seit damals<br />
hat sich viel getan: Viele Verbundmaterialien wurden<br />
durch Monopackstoffe ersetzt, Umverpackungen eingespart<br />
und das Verpackungsgewicht erheblich reduziert: So wiegt<br />
heute z.B. eine Aludose um 10 Prozent weniger als 1993. Das<br />
Gewicht einer 0,5-Liter-PET-Flasche wurde allein in den letzten<br />
zwei Jahren um 14 % reduziert. Und auch bei Glas hat sich<br />
einiges getan: Eine Glasflasche für alkoholfreie Getränke wiegt<br />
heute im Durchschnitt um 120 Gramm weniger als im Jahr<br />
2006. Die Verpackungs optimierung ist ein unendlicher Prozess,<br />
durch technische Entwicklung und Forschung gibt es immer<br />
wieder neue Möglichkeiten, Verpackungen einzusparen.<br />
PFLICHT ZUR ABFALLVERMEIDUNG. Das Abfallwirtschaftsgesetz<br />
nimmt aber nicht nur Produzenten, sondern auch das<br />
Sammel- und Verwertungssystem in die Pflicht. Entsprechend<br />
den Vorgaben des Abfallwirtschaftsgesetzes ist das ARA System<br />
verpflichtet, 3 Promille seiner Lizenzeinnahmen für Maßnahmen<br />
zur Abfallvermeidung einzusetzen. In den letzten fünf<br />
Jahren wurden Projekte für Wirtschaft, Forschung, Kommunen<br />
und KonsumentInnen finanziert:<br />
WIRTSCHAFTLICHE EINSPARUNGEN IM FOKUS. Seine Kunden<br />
bei der Umsetzung von Projekten zur Abfallvermeidung<br />
zu unterstützen war und ist eine wichtige Aufgabe für das<br />
ARA System. Seit die Bestimmung zur Abfallvermeidung im<br />
Abfallwirtschaftsgesetz verankert wurde, hat sich für das ARA<br />
System einiges geändert. „Davor konnten wir eigentlich erst<br />
eingreifen, nachdem Abfall entstanden war. Jetzt haben wir die<br />
Möglichkeit, ja sogar die Verpflichtung, dort anzusetzen, wo es<br />
am wirksamsten ist – in den unternehmerischen Prozessen.<br />
Damit können wir die Entstehung von Abfall verhindern bzw.<br />
die Menge reduzieren“, erklärt ARA Vorstand Dr. Christoph<br />
Scharff das erweiterte Aufgabengebiet des ARA Systems.<br />
14<br />
PET-Flaschen, Getränkedosen und Glasflaschen sind heute<br />
wesentlich dünnwandiger und damit ressourcenschonender<br />
als noch vor ein paar Jahren.<br />
FÖRDERUNGSINITIATIVE ABFALLVERMEIDUNG. 2005<br />
initiierte das ARA System die Förderungsinitiative Abfallvermeidung.<br />
Gemeinsam mit der Stadt Wien, dem Land<br />
Niederösterreich und der Wirtschaftskammer Österreich<br />
unterstützte das ARA System im Jahr <strong>2008</strong> nun bereits zum<br />
vierten Mal kleine und mittlere Unternehmen, aber auch<br />
kommunale Betriebe, Dienststellen und Gebietskörperschaften<br />
bei der Umsetzung von Abfall vermeidenden Maßnahmen.<br />
Von 2005 bis 2007 wurden 48 Projekte mit insgesamt 700.000<br />
Euro unterstützt. Gefördert werden Projekte zur Vermeidung<br />
gefährlicher und nicht gefährlicher Abfälle, die technisch<br />
und wirtschaftlich umsetzbar sind, zu konkreten Abfallvermeidungs<br />
ergebnissen führen, möglichst effizientes Kosten-<br />
Nutzen- Verhält nis aufweisen und sich durch umfassenden<br />
Nachhaltigkeitseffekt auszeichnen.<br />
Fotos: L.M. Hüller / Fotolia.com / Vetropack<br />
Die geförderten Projekte werden mit einem einmaligen<br />
Investitionszuschuss im Ausmaß von bis zu 30 % der abfall -<br />
relevanten Kosten, mindestens jedoch mit 2.000 Euro und<br />
maximal mit 30.000 Euro unterstützt.<br />
PROJEKT QUEVEP. Zur quantitativen Evaluierung von Vermeidungsprojekten<br />
entwickelte Prof. Helmut Rechberger vom<br />
Institut für Wassergüte und Abfallwirtschaft an der TU Wien<br />
ein Modell, um die Vergabekriterien und Zielsetzungen bei<br />
der ARA Förderung zu objektivieren. Seit der Förderungsinitiative<br />
Abfallvermeidung 2007 wird das Modell bereits erfolgreich<br />
eingesetzt.<br />
ARA SYSTEM PREISE. Um Unternehmen, die sich durch<br />
besondere Ressourcenschonung auszeichnen, zu prämieren,<br />
verleiht das ARA System im Rahmen etablierter österreichischer<br />
Preise und Sonderpreise:<br />
• Staatspreis Vorbildliche Verpackung: Mit dem Staatspreis<br />
Vorbildliche Verpackungen würdigt das Wirtschaftsminis -<br />
terium gemeinsam mit dem Lebensministerium außer gewöhnliche<br />
Verpackungslösungen. Das ARA System verleiht<br />
dabei einen Sonderpreis für besonders ressourcenschonende<br />
Verpackungen, über den sich <strong>2008</strong> die<br />
Theodor Fries GmbH für ihre normpalettengerechte<br />
Mehrweg-Transportverpackung „CR 600“ freuen. 2007<br />
ging der Preis an die Teich AG für „Low Seal Lidding“,<br />
eine energiesparende Lösung zur Siegelung von Becherverschlüssen,<br />
2006 an Mosburger, die eine innovative<br />
Transporteinlage für Bordeauxgläser entwickelten und<br />
2005 an Mondi Bags, die mit „ONE“, einen 1-lagigen<br />
und damit materialsparenden Industriesack produzierten.<br />
• Emballissimo: Mit dem Emballissimo zeichnet die österreichische<br />
Papierindustrie jährlich Verpackungen aus, die<br />
einem hohen funktionalen und gestalterischen Anspruch<br />
gerecht werden und zugleich neue und innovative Wege<br />
Mit dem Sonderpreis zum Staatspreis Vorbildliche Verpackung<br />
zeichnet das ARA System innovative ressourcenschonende<br />
Verpackungen aus, wie den 1-lagigen Industriesack ONE<br />
von Mondi Packaging.<br />
Foto: BMWA<br />
ARA System Inside<br />
Die Kartonverpackung von Riedel dient dem Produktschutz<br />
und gleichzeitig als Display und wurde dafür mit dem ARA<br />
Sonderpreis zum Emballissimo ausgezeichnet.<br />
beschreiten. Unter der Patronanz des ARA Systems wird<br />
der „Sonderpreis der Jury“ für eine besonders ressourcenschonende<br />
Verpackungslösung verliehen. <strong>2008</strong> erhielt die<br />
von Rondo Ganahl für Pannobile produzierte „Neuner<br />
Wein box“ den ARA Sonderpreis. 2007 ging die Auszeichnung<br />
an die Spargelverpackung „Feel Good“, die Mosburger<br />
für Sojarei entwickelte, 2006 an Riedel Glas für eine<br />
außergewöhnliche Glasverpackung.<br />
• Phönix: Der Innovationspreis der Abfallwirtschaft wird<br />
jährlich vom Lebensministerium gemeinsam mit dem<br />
Österreichischen Wasser- und Abfallverband verliehen.<br />
Das ARA System unterstützt den Preis bereits seit 2005<br />
und verlieh heuer erstmals einen Sonderpreis „Vermeidung“.<br />
Prämiert wurde „Umpädicus“, ein Ausbildungslehrgang<br />
zum/r qualifizierten Umweltpädagogin, den<br />
Preis. In einem Pilotprojekt wurde von Liese Esslinger<br />
und eco4ward in Kooperation mit vier Abfallwirtschaftsverbänden<br />
und mit finanzieller Unterstützung durch das<br />
Lebensministerium ein berufsbegleitender Lehrgang<br />
zum/zur qualifizierten Umweltpädagogin entwickelt.<br />
Ziel des Lehrganges ist es, die TeilnehmerInnen zu<br />
befähigen, in Kindergärten, Volksschulen und Betreuungseinrichtungen<br />
die Umweltbildung und die ökologische<br />
Betriebsführung unter Einbindung der Kommunen, der<br />
ortsansässigen Betriebe und UmweltexpertInnen miteinander<br />
optimal zu vernetzen.<br />
NACHHALTIGKEITSAGENDA FÜR GETRÄNKEVERPACKUNGEN.<br />
Abfüller, Vertreiber und Importeure von Getränken, Verpackungs<br />
hersteller sowie Betreiber von Sammel- und Verwertungssystemen,<br />
und damit auch das ARA System, erbringen<br />
im Rahmen der Nachhaltigkeitsagenda – auch finanzielle –<br />
Beiträge zur Gewährleistung einer möglichst nachhaltigen<br />
Gestaltung der in Österreich verwendeten Getränkeverpackungen.<br />
Fortsetzung auf Seite 16<br />
15<br />
Foto: Austropapier
ARA System Inside<br />
Fortsetzung von Seite 15<br />
16<br />
In Zusammenarbeit mit der TU Wien richtete das ARA System<br />
eine Stiftungsprofessur für Ressourcenmanagement ein<br />
FORSCHUNG IM BEREICH RESSOURCENMANAGEMENT.<br />
Die Frage nach dem richtigen Umgang mit Ressourcen spielt<br />
für die Abfallvermeidung eine große Rolle. „Um eine nachhaltige<br />
Entwicklung zu gewährleisten, ist die Forschung im<br />
Bereich des Ressourcenmanagements besonders wichtig.<br />
Sie setzt sich nicht nur mit unseren natürlichen Rohstoffen<br />
auseinander, sondern mit allen Ressourcen, die unserer<br />
Volkswirtschaft zur Verfügung stehen“, erklärt ARA Vorstand<br />
Dr. Christoph Scharff.<br />
LEHRSTUHL FÜR RESSOURCENMANAGEMENT. In Zusammenarbeit<br />
mit der Technischen Universität Wien richtete das<br />
ARA System 2003 eine Stiftungsprofessur für Ressourcenmanagement<br />
am Institut für Wassergüte und Abfallwirtschaft<br />
ein. Ressourcenmanagement hat große Bedeutung für die Erhaltung<br />
und Förderung der Lebensqualität durch die optimale<br />
Gestaltung von Stoff- und Güterflüssen in der Industriegesellschaft.<br />
Wie zum Start der Professur vereinbart, übernahm das<br />
ARA System die Finanzierung der Professur drei Jahre lang<br />
bis Herbst 2006. Die Folgefinanzierung trägt für weitere drei<br />
Jahre das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung,<br />
danach ist bereits eine Integration der Professur in den regulären<br />
Betrieb der TU samt Finanzierung aus den eigenen univer<br />
sitären Mitteln festgelegt. Damit ist das ARA System in seiner<br />
Stiftungsentscheidung bestärkt und sieht sich als Initiator<br />
einer nachhaltigen Forschung im Bereich des für die Abfallvermeidung<br />
essenziellen Ressourcenmanagements.<br />
CHRISTIAN-DOPPLER-LABOR. <strong>2008</strong> fiel der Startschuss zur<br />
Errichtung eines vom ARA System finanzierten Christian-<br />
Doppler-Labors für fortgeschrittene diagnostische Verfahren<br />
für eine effektive Abfallwirtschaft und im Ressourcenmanagement.<br />
Die endgültige Entscheidung über die Gründung dieses<br />
Labors trifft das zuständige Gremium der Christian-Doppler-<br />
Forschungsgesellschaft im Frühjahr <strong>2008</strong>. Die Christian-<br />
Doppler-Gesellschaft fördert die Entwicklungen von Naturwissenschaften,<br />
Technik und Ökonomie sowie deren wirtschaftliche<br />
Umsetzung. Sie ermöglicht WissenschafterInnen<br />
an renommierten Forschungs stätten qualitativ hochwertige<br />
Forschung und Wissens transfer, von dem wiederum die hei-<br />
Foto: TU Wien<br />
Foto: TU Wien<br />
mische Wirtschaft profitiert. Das Christian-Doppler-Labor<br />
arbeitet interdisziplinär, im Fall des Ressourcenmanagements<br />
bedeutet das eine Zusammenarbeit von TU Wien (Institute<br />
Ressorcenmanagement und Analytische Chemie), WU Wien<br />
(Marktforschung) und Universität Salzburg (Politologie).<br />
ARA LECTURES. Mit den ARA Lectures bieten das Center for<br />
Sustainable Technology der Technischen Universität Wien und<br />
das ARA System eine Plattform der Information, der Inspiration<br />
und des Austauschs mit herausragenden internatio nalen<br />
ReferentInnen aus dem Spektrum des Ressourcenmanagements<br />
und der nachhaltigen Entwicklung. Die ARA Lectures finden<br />
ein- bis zweimal jährlich statt, um energetische, materielle, ökonomische<br />
und humane Ressourcen als Themen zu behandeln.<br />
Für die Auftaktveranstaltung im Juni <strong>2008</strong> konnte der renommierte<br />
Klimafolgenforscher Hans Joachim Schellnhuber<br />
gewonnen werden, der in seinem Vortrag „Die Neuerfindung<br />
der Moderne“ vor den dramatischen Folgen der Erderwärmung<br />
warnte. Die zweite ARA Lecture findet am 20. Jänner 2009<br />
mit dem international anerkannten Architekten Gregory Kiss<br />
statt, der einen Vortrag zum Thema „Towards the Productive<br />
Infrastructure: Buildings that Benefit the Environment” hält.<br />
Für die erste ARA Lectures<br />
konnte der Klimafolgenforscher<br />
Hans Joachim Schellnhuber<br />
gewonnen werden.<br />
KOMMUNEN UND KONSUMENTiNNEN GEFORDERT. Abfallvermeidung<br />
ist nicht nur Aufgabe von Wirtschaft und Forschung.<br />
Auch Kommunen und KonsumentInnen sind wichtige<br />
Partner, wenn es um die Ressourcenschonung geht. Jede/r<br />
Einzelne ist gefordert, sich mit dem Thema Abfallvermeidung<br />
auseinanderzusetzen. „Wir wollen bei KonsumentInnen ein<br />
Bewusstsein für diese Problematik schaffen, denn nur wenn<br />
sie überzeugt sind, dass Abfallvermeidung Sinn macht, haben<br />
wir das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung erreicht“, erläutert<br />
ARA Vorstand Ing. Werner Knausz das Engagement des<br />
ARA Systems in dieser Zielgruppe.<br />
ÖKOLOGISCHES BESCHAFFUNGSWESEN IM KOMMUNA-<br />
LEN SEKTOR. Seit 2007 unterstützt das ARA System Kommunen<br />
bei der gemeinsamen Beschaffung mit dem Ziel der<br />
Kostenoptimierung und der Integration von ökologischen<br />
Kriterien.<br />
Gestartet wurde mit dem Projekt „ÖKOBeschaffungsService“<br />
(ÖBS) des Vorarlberger Umweltverbands, das die Beschaffung<br />
für möglichst alle Vorarlberger Gemeinden (z.B. Büro- und<br />
Schuleinrichtung, Reinigungsprodukte, Papier, Fair Trade,<br />
Telefondienstleistung) übernehmen möchte. Mittlerweile<br />
wurde das Projekt bereits in anderen Bundesländern und<br />
Gemeindeverbänden übernommen. Das ARA System bietet<br />
bei diesem Projekt nicht nur eine finanzielle Unterstützung<br />
sondern auch Beratungsleistungen an und stellt Verträge oder<br />
Ausschreibungsunterlagen zur Verfügung.<br />
BERATUNG IM LANDWIRTSCHAFTLICHEN BEREICH. In<br />
Kooperation mit dem Forum Land startete das ARA System<br />
ein Beratungsprojekt zur Abfallvermeidung im landwirtschaft<br />
lichen (Ab-Hof-)Bereich. Durch Untersuchungen bei<br />
Musterbetrieben wurden Möglichkeiten zur Abfallvermeidung<br />
identifiziert und entsprechendes Informationsmaterial für<br />
Vermeidungsmaßnahmen erstellt, das die Anforderungen<br />
der unterschiedlichen Branchen (Getreide, Vieh, Wein etc.)<br />
berücksichtigt. Das Einsparungspotenzial ist beachtlich: So<br />
können pro Jahr 400 Tonnen Silofolie, 200 Tonnen Düngemittelsäcke<br />
aus Kunststoff, 160 Tonnen Futtermittelsäcke aus<br />
Papier, 13 Tonnen Saatgutsäcke aus Papier und 17 Tonnen<br />
Pflanzenschutzmittelbehälter eingespart werden.<br />
AMOR – KRANKENHAUS LAINZ. Das ARA System unterstützte<br />
ein Projekt des Krankenhaus Lainz, bei dem als<br />
Vorbild für andere Krankenhäuser Vermeidungs- und Verwertungspotenzialen<br />
identifiziert und realisiert wurden.<br />
Dabei entwickelte die Ressourcen Management Agentur<br />
einkaufs- und abfallseitige Maßnahmen: So wurden viele Einweg-<br />
durch Mehrwegartikel ersetzt, die Menge des medizinischen<br />
Abfalls und des Siedlungsabfalls verringert und das<br />
Personal für das Thema Abfallvermeidung sensibilisiert.<br />
ABFALLVERMEIDUNG BEI GROSSVERANSTALTUNGEN. Das<br />
ARA System engagiert sich bei Großveranstaltungen laufend<br />
für die Vermeidung von Abfällen. So gelang es unter anderem,<br />
die Veranstalter des Erntedankfests auf dem Wiener<br />
Heldenplatz davon zu überzeugen, statt Einwegbechern,<br />
Gläser und Mehrwegbecher einzusetzen.<br />
Darüber hinaus bietet das ARA System auch den BesucherInnen<br />
an Infoständen Tipps zur Abfallvermeidung.<br />
Im Vorfeld der EURO <strong>2008</strong> veranstaltete das ARA System<br />
eine Tour durch Österreichs Schulen im gesamten Bundesgebiet.<br />
Mit einem Mix aus Informationen und Spielen wurden<br />
rund 2.000 Kinder animiert, ihr Wissen über die Mülltrennung<br />
und Abfallvermeidung zu beweisen. Bei einem Torschießbewerb<br />
konnten die SchülerInnen den Klimaschutz direkt<br />
unterstützen. Denn die von den SchülerInnen erzielte Punkte -<br />
anzahl wurde vom ARA System in eine Förderung der Klimaschutzinitiative<br />
„Umwelt am Ball“ des Lebensministeriums<br />
zur EURO <strong>2008</strong> eingetauscht.<br />
Im Vorfeld der EURO <strong>2008</strong> informierte das ARA System<br />
Veranstalter und Fußballfans über Möglichkeiten<br />
der Abfallvermeidung.<br />
Foto: ARA/Christian Postl<br />
ARA System Inside<br />
Bereits die Kleinsten werden über Abfallvermeidung und das<br />
richtige Trennen informiert.<br />
Der Stadtschulrat Wien veranstaltet jährlich die Jugendsportolympiade<br />
„Athletics Light“, einen Leichtathletikwettbewerb<br />
für Volksschulen im Praterstadion. Daran nehmen ca. 20.000<br />
Kinder teil. Diese werden von SchülerInnen der Sportmittelschulen<br />
betreut. Neben der Sponsortätigkeit beriet das ARA<br />
System als Spezialist für Abfallvermeidung die Veranstalter<br />
im Jahr 2007 und informierte die LehrerInnen vor Ort bzw.<br />
über die Website von Athletics Light über das Thema Abfallvermeidung.<br />
ABFALLWIRTSCHAFTSKONZEPT FÜR SCHULEN. In Schulen<br />
lässt sich viel Abfall vermeiden. Um Schulen bei der Umsetzung<br />
von Vermeidungsmaßnahmen zu unterstützen, leisteten<br />
die ARA System AbfallberaterInnen seit 2005 Hilfestellung<br />
bei der Erstellung von Abfallwirtschaftskonzepten. Darüber<br />
hinaus finanziert das ARA System das Projekt „Abfall macht<br />
Schule“ des Umweltministeriums mit.<br />
ARA ABFALLVERMEIDUNGSTAG AN SCHULEN. Um SchülerInnen,<br />
LehrerInnen und Eltern über Möglichkeiten der Abfallvermeidung<br />
zu informieren, organisieren die ARA System<br />
AbfallberaterInnen laufend Abfalltage an Schulen. Dabei<br />
werden in Rahmen von Informationsveranstaltungen, Diskussionsforen<br />
Ausstellungen etc. über die Möglichkeiten der Abfallvermeidung<br />
informiert. Themen sind zum Beispiel Möglichkeiten<br />
der Abfallvermeidung bei Schulbuffets oder eine<br />
abfallarme/ökologische Schultasche.<br />
IDEENWETTBEWERB FÜR KINDER- UND JUGENDLICHE. In<br />
der Kronen Zeitung wurde im Jahr 2006 ein Aufruf gestartet,<br />
und Kinder und Jugendliche wurden eingeladen, ihre Ideen<br />
zur Abfallvermeidung und die größten Vorurteile über die<br />
Abfallwirtschaft einzusenden. In drei Berichten im August<br />
und September und in einem Forum auf Krone.at wurde mit<br />
Vorurteilen aufgeräumt und über die richtige Abfallvermeidung<br />
und Sammlung informiert.<br />
SPONSORSHIP CHEMIEWETTBEWERB. Mit Unterstützung<br />
des ARA Systems veranstaltete der „Verband der Chemielehrer<br />
Österreichs“ 2007 einen Wettbewerb für SchülerInnen zum<br />
Thema „Chemie im Kreislauf von Natur und Technik“. 220<br />
Schul klassen nahmen teil und wurden im Rahmen dieses Wettbewerbs<br />
auch für das Thema Abfallvermeidung sensibilisiert.<br />
17<br />
Foto: ARA
ARA System Inside<br />
ARA SYSTEM EINSATZ LOHNT SICH<br />
Die ge<strong>trennt</strong>e Sammlung und Verwertung des ARA Systems macht sowohl für den Klimaschutz als auch<br />
volkswirtschaftlich Sinn, das bestätigen Untersuchungen des Umweltberatungsunternehmens denkstatt.<br />
Durch die ge<strong>trennt</strong>e Verpackungssammlung des ARA Systems<br />
werden pro Jahr über 180.000 Tonnen CO 2-Äquivalente eingespart.<br />
Darüber hinaus stiftet das Sammel- und Verwertungs -<br />
system einen volkswirtschaftlichen Nutzen von 140 Mio. Euro.<br />
Diese und weiter wichtige Studienergebnisse hat Roland Fehringer<br />
von denkstatt für TRENNT zusammengefasst.<br />
BERECHNUNG DES CARBON FOOTPRINT. Das Interesse an<br />
Umweltauswirkungen von Produkten und Dienstleistungen<br />
wird immer größer. Ein wichtiger Aspekt dabei sind die<br />
Emissionen von Treibhausgasen welche zum Klimawandel<br />
beitragen. Bei der Berechnung des Carbon Footprint werden<br />
diese Emissionen quantifiziert. denkstatt hat den Carbon<br />
Footprint der Aktivitäten der ARGEV/ÖKK der Jahre 1998 bis<br />
2006 im Bereich Leichtverpackungen und Metalle berechnet.<br />
Davon wurden 2006 190.000 t gesammelt. Die CO 2-relevanten<br />
Aktivitäten der ARGEV/ÖKK können in vier Abschnitte<br />
eingeteilt werden: Sammlung, Sortierung, stoffliche Verwertung<br />
sowie rohstoffliche, thermische oder energetische Verwertung.<br />
Zusätzlich wurde der interne Ressourcenverbrauch<br />
berücksichtigt.<br />
Im Modell wird die unterschiedliche Sammeleffizienz bei der<br />
Haushalts- und Gewerbesammlung berücksichtigt. Basierend<br />
auf den pro Jahr in den beiden Sammelschienen gesammelten<br />
Massen an Leichtverpackungen und Metallen, der Sammeleffizienz<br />
und dem Treibstoffverbrauch der Sammelfahrzeuge<br />
werden die CO 2-Emissionen berechnet. Diese betragen im<br />
Durchschnitt der Jahre 1998 bis 2006 10.000 t CO 2/a.<br />
18<br />
CO 2 -Einsparungen CO 2 -Emissionen<br />
Carbon Footprint der ARGEV/ÖKK-Aktivitäten (1.000 t CO 2)<br />
Der Sortieraufwand für Leichtverpackungen aus der Haushaltssammlung<br />
ist höher als für Leichtverpackungen aus<br />
der Gewerbesammlung. Durchschnittlich verursacht die<br />
Sortierung 3.000 t CO 2/a.<br />
CO 2-EINSPARUNG DURCH STOFFLICHE VERWERTUNG.<br />
Bei der stofflichen Verwertung der Leichtverpackungen<br />
werden sechs (LDPE, HDPE, PS/PP, PET, EPS und Mischkunststofffraktion),<br />
bei den Metallen zwei Gruppen (Al und<br />
Fe) unterschieden. Je nach Kunststoff- beziehungsweise Metalltyp<br />
wird bei der stofflichen Verwertung Strom, Heizöl-EL<br />
oder Gas in unterschiedlichen Anteilen verwendet. Unter Berücksichtigung<br />
der Ausbeute werden die CO 2-Emissionen der<br />
stofflichen Verwertung berechnet. Weiters können bei der<br />
stofflichen Verwertung von Kunststoffen und Metallen auch<br />
CO 2-Einsparungen berücksichtigt werden, da deren Primärproduktion<br />
eingespart werden kann. Einerseits verursacht die<br />
stoffliche Verwertung im Durchschnitt ca. 35.000 t CO 2, andererseits<br />
können durch substituierte Primärproduktion<br />
130.000 t CO 2 eingespart werden. Die Netto-Einsparung beträgt<br />
ca. 100.000 t CO 2/a.<br />
Die vielfältigen Möglichkeiten zur rohstofflichen, thermischen<br />
und energetischen Nutzung der Leichtverpackungen<br />
finden sich auch im Modell wieder. Folgende Optionen sind<br />
berücksichtigt: Zementdrehrohrofen, Wirbelschichtofen, SVZ<br />
– schwarze Pumpe, Hochofen und Müllverbrennungsanlagen.<br />
Im Durchschnitt der letzten Jahre betrugen die Emissionen<br />
durch rohstoffliche, thermische und energetische Nutzung<br />
von Kunststoffen 150.000 t CO 2. Je nachdem, welcher Energie -<br />
CO 2-Einsparungen (1.000 t CO 2 / a)<br />
Carbon Footprint der ARGEV/ÖKK-Aktivitäten 1998 bis 2006<br />
träger substituiert wird (Kohle, Heizöl-EL, Gas) können<br />
unterschiedliche Mengen an CO 2-Emissionen eingespart<br />
werden, die über den Heizwert der Kunststoffe berechnet<br />
werden. Müllverbrennungsanlagen mit Fernwärmeauskopplung<br />
haben einen höheren Wirkungsgrad als jene die Strom<br />
produzieren. Im Modell sind beide Typen berücksichtigt. Im<br />
Durchschnitt der letzten Jahre konnten durch rohstoffliche,<br />
thermische und energetische Nutzung von Kunststoffen<br />
200.000 t CO 2/a eingespart werden.<br />
Bei der Berechnung der Emissionen des internen Ressourcenverbrauches<br />
werden neben dem Strom- und Gasverbrauch<br />
auch die Emissionen aus den Dienst-PKW berücksichtigt.<br />
Er trägt mit ca. 100 t CO 2/a nur unwesentlich zum Carbon<br />
Footprint der ARGEV/ÖKK bei.<br />
Zwischen1998 und 2006 konnten die Nettoeinsparungen auf<br />
180.000 t CO 2 fast verdoppelt werden.<br />
Das an die ARGEV übergebene Rechenmodell beinhaltet<br />
eine zentrale Eingabemaske für die Massen der separat<br />
gesammelten Verpackungsabfälle sowie die an die verschiedenen<br />
Verwerter übergebenen Massen. In diversen<br />
Submodellen können weitere Details variiert werden wie<br />
zum Beispiel der Prozentsatz der PET Verwertung zu Faser,<br />
Inline-Folie oder Bottle-to-Bottle oder die Substitution von<br />
Primärenergieträgern. Im Jahr 2009 ist die Ausweitung des<br />
Modells auf die Fraktionen Holz, Papier und Glas geplant.<br />
VOLKSWIRTSCHAFTLICHER NUTZEN DER SAMMLUNG UND<br />
VERWERTUNG. Im Zuge der Bemühungen um eine laufende<br />
Optimierung und Weiterentwicklung des Systems zur Sammlung<br />
und Verwertung von Verpackungen haben die ARA und<br />
früher auch die Branchenrecycling-Gesellschaften immer<br />
wieder Kosten-Nutzen-Analysen durchführen lassen. Dabei<br />
wird überprüft, ob die ge<strong>trennt</strong>e Sammlung und Verwertung<br />
von Verpackungen aus volkswirtschaftlicher Sicht sinnvoller<br />
ist als eine Sammlung und Verwertung der Verpackungen gemeinsam<br />
mit dem Restmüll. Bei der Bilanzierung werden alle<br />
Kosten der ge<strong>trennt</strong>en Sammlung, Sortierung und Verwer-<br />
Foto: denkstatt<br />
ARA System Inside<br />
tung von Verpackungen den Kosten der Restmüllsammlung<br />
und -verwertung gegenübergestellt. Auch Nutzeffekte, wie<br />
die ersparte Produktion von Primärrohstoffen und ersparte<br />
Primärenergieträger werden berücksichtigt. Schließlich wird<br />
auch der Wert der erzielten Umweltvorteile, z.B. verringerte<br />
CO 2-Emissionen, in Euro ausgedrückt und in die Kosten-<br />
Nutzen-Bilanz einbezogen.<br />
POSITIVE KOSTEN-NUTZEN-BILANZ. Aufbauend auf Arbeiten<br />
im Auftrag der ARGEV hat die ARA AG zuletzt im Jahr 2007<br />
von der denkstatt GmbH eine Kosten-Nutzen-Bilanz der Verwertungsaktivitäten<br />
innerhalb des ARA Systems erstellen lassen.<br />
Dabei wurde für das Bezugsjahr 2005 errechnet, dass die<br />
ge<strong>trennt</strong>e Sammlung und Verwertung von Verpackungen im<br />
ARA System jährlich einen volkswirtschaftlichen Nutzen von<br />
etwa 140 Mio. Euro stiftet. Zu diesem Nutzen leisten vor<br />
allem die auch mengenmäßig bedeutendsten Packstoffe<br />
Papier und Glas einen großen Beitrag. Durch die Optimierungsanstrengungen<br />
der letzten Jahre erreicht mittlerweile<br />
aber auch die Verwertung von Kunststoffverpackungen eine<br />
positive Kosten-Nutzen-Bilanz. Metall-, Holz- und Verbundverpackungen<br />
haben aufgrund der vergleichsweise geringen<br />
Mengen nur untergeordnete Bedeutung in der Kosten-<br />
Nutzen-Bilanz.<br />
Gegenüber der Sammlung und Verwertung von Verpackungen<br />
gemeinsam mit dem Restmüll wird durch die Aktivitäten im<br />
ARA System jährlich eine Energiemenge von 16.000 TJ eingespart.<br />
Ing. Roland Fehringer,<br />
Senior Consultant denkstatt GmbH<br />
19
Foto: Fotolia.com<br />
Lab<br />
20<br />
ABFALL –<br />
QUO VADIS?<br />
Ressourcenmanagement und Abfallvermeidung haben sich zu einem wichtigen Forschungszweig entwickelt.<br />
Im Mittelpunkt der Forschung stehen alle der Volkswirtschaft zur Verfügung stehenden Ressourcen als<br />
Grundlage für den Erhalt und die Förderung unserer Lebensqualität.<br />
Pro Person und Jahr landen Lebensmittel im Wert von 100<br />
Euro im Mülleimer. Durchschnittlich 40 % des gesamten<br />
Restmülls sind Lebensmittel, die zum Teil noch originalverpackt<br />
oder nur teilweise verbraucht sind, hat das Institut für<br />
Abfallwirtschaft an der BOKU Wien errechnet. Eine Erklärung<br />
dafür könnte sein, dass viele KonsumentInnen heute weniger<br />
oft, dafür aber in größeren Mengen einkaufen, wovon ein Teil<br />
dann verdirbt. Leben wir in einer Wegwerfgesellschaft ohne<br />
jedes Bewusstsein für Abfälle und Abfallvermeidung? Christian<br />
Nohel, Geschäftsführender Gesellschafter von „Brainbows“,<br />
kann das jedenfalls bejahen: „Die Wegwerfgesellschaft ist mit<br />
der Industrialisierung einhergegangen. Es gibt immer mehr<br />
Produkte und Verpackungen, und wenn über Abfallvermeidung<br />
nachgedacht wird, dann hauptsächlich nur aus Kostengründen.<br />
Denn es ist teuer, Abfälle zu deponieren oder zu<br />
verbrennen.“<br />
Jedenfalls trägt der Lebensmittelmüll aus dem Privathaushalt<br />
dazu bei, das Abfallaufkommen stetig weiterwachsen zu lassen.<br />
Doch er ist freilich nur ein kleiner Teil des Ganzen – vor<br />
allem Müll aus Industrie und Wirtschaft, Bauabfälle oder<br />
Elektronikmüll wie alte Handys stellen die Abfallwirtschaft<br />
immer wieder vor große Herausforderungen. „Wir kennen<br />
schon unsere Abfälle von morgen, sie werden als Güter heute<br />
von uns verwendet oder sind in unseren Gebäuden und in<br />
der Infrastruktur eingebaut. Mit den absehbaren Veränderungen<br />
der Abfälle haben wir uns aber noch wenig auseinandergesetzt“,<br />
stellt Wolfgang Stark, Geschäftsführer und Leiter<br />
des Bereichs Abfall & Ressourcen bei „denkstatt“, fest.<br />
UNTERSUCHUNGSGEGENSTAND: ABFALL. Bewusstseinsfördernde<br />
Maßnahmen und Initiativen zum Thema Abfall gibt<br />
es viele. „Im Bereich des <strong>Recycling</strong>s und der Verwertung ist in<br />
Österreich viel passiert, hier sind wir gut aufgestellt. In der<br />
Bevölkerung wurde das Bewusstsein geschaffen, dass <strong>Recycling</strong><br />
ein absolutes Muss ist“, erklärt Nohel. In der tatsächlichen<br />
Vermeidung von Abfällen aber, die vornehmlich im produzierenden<br />
Sektor von entscheidender Bedeutung ist, weil<br />
dort die größten Abfallmengen anfallen, sieht Nohel allerdings<br />
großen Nachholbedarf. Und hier kann auch die Forschung<br />
ansetzen und Wege weisen. Sie hat zum Ziel, Entwicklungen,<br />
Potenziale und Gefahren aufzuzeigen, Handlungsempfehlungen<br />
zu geben und über innovative Ansätze zu<br />
informieren. Zukunftsorientierte Strategien und damit umweltverträgliche<br />
und ressourcenschonende Maßnahmen und<br />
Richtlinien – die auch in Gesetze gegossen werden – sollen<br />
so festgelegt werden.<br />
MODELLE, METHODEN, POTENZIALE – ABFALLWIRT-<br />
SCHAFT UND FORSCHUNG. Wie breit gefächert die Forschung<br />
zu Abfall und Abfallvermeidung ist, zeigen einige<br />
Beispiele aus dem Wissenschaftsbereich.<br />
Gemeinsam mit Prof. Paul Hans Brunner startete die ARA<br />
kürzlich ein Projekt zur Errichtung eines Christian-Doppler-<br />
Labors. Dort erfolgt der Brückenschlag zwischen Grundlagen -<br />
forschung und der Wirtschaft. Jungen WissenschafterInnen<br />
wird ermöglicht, an renommierten Einrichtungen im universitären<br />
und außeruniversitären Bereich zu arbeiten. Voraussetzung<br />
ist ein Partnerunternehmen aus der Wirtschaft, das die<br />
Finanzierung übernimmt und einen konkreten Bedarf für<br />
Know-how aus der Grundlagenforschung hat. Für die ARA<br />
sollen die WissenschafterInnen an einer neuen Wissensbasis<br />
für die Abfallwirtschaft arbeiten. „Das Abfallwirtschaftsgesetz<br />
definiert die Ziele der Abfallwirtschaft, nämlich den Schutz<br />
der Menschen und der Umwelt und den schonenden Umgang<br />
mit Ressourcen“, erklärt Prof. Brunner: „Noch fehlen uns aber<br />
viele Informationen um Entscheidungen zu treffen, die notwendig<br />
sind um die Ziele nachhaltig umzusetzen.“<br />
Gerade durch den Schwenk zum vermehrten <strong>Recycling</strong> brauchen<br />
Wirtschaft und Wissenschaft eine größere Wissensbasis.<br />
„Nur so können alle Probleme erkannt und Prioritäten gesetzt<br />
werden. Teilweise sind auch unsere Methoden noch<br />
ungenügend, gerade wenn es darum geht, zuverlässig und<br />
kosten effizient Wertstoffe aus Abfall zu gewinnen“, so Brunner.<br />
Weiteres wichtiges Thema sind <strong>Recycling</strong>-Prozesse und ihre<br />
Auswirkungen.<br />
Das Projekt im Christian-Doppler-Labor soll ab 2009 sieben<br />
Jahre laufen. Mit ersten Ergebnissen rechnet Brunner aber<br />
schon deutlich früher: „Bis 2010 oder 2011 sollten wir die<br />
ersten Antworten auf wichtige Fragen haben.“<br />
Im großen Stil forscht das Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement<br />
und Abfallwirtschaft der TU Wien. Das<br />
Team unter Leitung von Paul Hans Brunner untersucht aktuell,<br />
welche Abfälle nach Ressourcenkategorien in den nächsten<br />
25 Jahren in den EU-Staaten voraussichtlich anfallen<br />
werden. Zudem werden die Möglichkeiten der Vermeidung,<br />
des <strong>Recycling</strong> und Verwertungsmöglichkeiten analysiert und<br />
mögliche Umweltauswirkungen bewertet. „Das Projekt soll<br />
das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Denkens in Produktlebenszyklen<br />
und das Vertrauen in die Anwendung von<br />
Umweltindikatoren bei Entscheidungen zu rohstoff- und abfallwirtschaftlichen<br />
Entscheidungen stärken“, dokumentiert<br />
die Projektbeschreibung.<br />
LEHRSTUHL FÜR RESSOURCENMANAGEMENT UND AB-<br />
FALLWIRTSCHAFT. Am selben Institut hat die ARA gemeinsam<br />
mit der TU Wien eine Stiftungsprofessur für Ressourcenmanagement<br />
und Abfallwirtschaft eingerichtet. Professor Helmut<br />
Rechberger beschäftigt sich im Rahmen dieser Professur<br />
mit der optimalen Gestaltung von Stoff- und Güterflüssen.<br />
„Durch die Einrichtung dieser Professur wird eine Ausbildung<br />
angeboten, mit der sichergestellt werden soll, dass Produkte<br />
entstehen, die nicht nur die Wünsche der KonsumentInnen<br />
erfüllen, sondern auch den Anforderungen der Nachhaltigkeit<br />
entsprechen“, zeigt sich Christoph Scharff,<br />
Lab<br />
Vorstand der ARA, die somit Initiator einer nachhaltigen Forschung<br />
im Bereich des auch für die Abfallvermeidung essenziellen<br />
Ressourcenmanagements ist, von diesem Projekt überzeugt.<br />
So forschte Rechberger im Rahmen des Projekts<br />
„QUEVEP“ an einem Modell zur quantitativen Evaluierung<br />
von Vermeidungsprojekten. Ziel war es, eine Methode zur<br />
Bewertung von Abfallvermeidungsmaßnahmen auf betrieblicher<br />
Ebene zu entwickeln. Seit 2007 wird dieses Modell für<br />
die Beurteilung der bei der ARA Förderungsinitiative Abfallvermeidung<br />
eingereichten Projekte erfolgreich eingesetzt.<br />
ARA LECTURES ALS INFORMATIONSPLATTFORM. Die Zusammenarbeit<br />
des Instituts mit der ARA erfolgt auch über die<br />
so genannten „ARA Lectures“, die einen neuen Ort der Information<br />
und des Austauschs mit herausragenden nationalen<br />
und internationalen ReferentInnen aus dem Spektrum des<br />
Ressourcenmanagements und der nachhaltigen Entwicklung<br />
bilden. Die ARA Lectures werden in regelmäßigem Rhythmus<br />
an der TU Wien abgehalten und behandeln energetische, materielle,<br />
ökonomische und humane Ressourcen als Themen.<br />
Am Institut für Abfallwirtschaft an der Universität für Bodenkultur<br />
in Wien sind derzeit ganze Deponiekörper Untersuchungsgegenstand.<br />
Im Rahmen eines Projektes sollen Untersuchungsmethoden<br />
weiterentwickelt werden, die den Zustand<br />
der organischen Substanz in Deponien mit hohen<br />
Anteilen an Siedlungsabfällen erfassen. Das Restemissionspotenzial<br />
der Ablagerungen soll so definiert werden, um eine<br />
möglichst realistische Beurteilung des Zustands des untersuchten<br />
Deponiekörpers sowie der zukünftigen Entwicklung<br />
von Emissionen bei gleichzeitig reduziertem Untersuchungsaufwand<br />
feststellen zu können.<br />
LANGLEBIGE PRODUKTE FÜR DIE ZUKUNFT. Für Wolfgang<br />
Stark ist Abfallvermeidung allgemein ein primär volkswirtschaftliches<br />
Projekt, kein abfallwirtschaftliches. Produzentenverantwortung,<br />
wie in der Verpackungsverordnung, mache<br />
Sinn, eine stärkere Besteuerung von Ressourcen könne aber<br />
beispielsweise die Basis für mehr Material- und damit Abfallvermeidung<br />
und effektivere Verwendung sein. „Die Forschung<br />
zur Abfallvermeidung braucht also umfassende Methoden,<br />
wie die Entwicklung der Materialflussanalyse, des<br />
Life-Cycle-Thinking und der Kosten-Nutzen-Analyse“, meint<br />
Stark. Längerfristig sei das Zukunftsthema in der Forschung<br />
für ihn daher die Beschäftigung mit Materialflüssen – also<br />
durchaus im Sinne Rechbergers – in der gesamten Volkswirtschaft,<br />
die folgende Fragen beantwortet könnte: „Wie erreichen<br />
wir einen geringeren Rohstoffverbrauch, welche ,wenig<br />
nachhaltigen‘ Materialien können wir substituieren, wie werden<br />
unsere Produkte wieder langlebiger?“<br />
Aber ist eine Gesellschaft, die ohne Ressourcenvernichtung<br />
auskommt, überhaupt vorstellbar? Prof. Rechberger meint<br />
auf diese Frage: „Wenn die Entwertung von Ressourcen so<br />
verstanden wird, dass aus nützlichen Produkten Abfälle entstehen,<br />
die niemand mehr haben will, kann man sagen: Eine<br />
Gesellschaft ohne Ressourcenverbrauch ist nicht vorstellbar.<br />
Man könnte das auch so vereinfachen: Ohne Verbrauch an<br />
Ressourcen kein Leben.“<br />
21
Foto: D.R.Z.<br />
Zone<br />
ABFALL IM DESIGN<br />
Abfall begleitet unseren Alltag: Wir produzieren und sammeln ihn, und immer mehr Menschen versuchen ihn<br />
zu vermeiden. Wieder andere sind damit beschäftigt, Abfall zu verwerten, und einige fertigen sogar Design objekte<br />
daraus, wie die zwei sozialökonomischen Betriebe „gabarage“ und „TrashDesignManufaktur“ beweisen.<br />
Kunst liegt bekanntlich im Auge der Betrachtenden. Für manche<br />
gehört deshalb so manches Designobjekt in den Müll. Es<br />
gibt aber auch den umgekehrte Weg: Abfall im Design.<br />
Täglich werden Verpackungen, Elektroaltgeräte und andere<br />
für KonsumentInnen unbrauchbar gewordene Produkte entsorgt<br />
und industriell verwertet. Ein kleiner Teil des Abfalls<br />
wird aber auch zu Designobjekten verarbeitet. So entwickelt<br />
gabarage aus Dingen, die auf den ersten Blick nach Müll aussehen,<br />
außergewöhnliche Designobjekte wie die Garderobe<br />
„Blizgard“ aus einem Paar Schi mit integrierter Wandleuchte<br />
oder die Tasche „upgeordnet“ aus alten Aktenordnern mit<br />
PET-Flaschenverschluss. „Wir tragen mit unserer Arbeits-<br />
22<br />
weise dazu bei, Produktzyklen zu verlängern und Abfall zu<br />
vermeiden“, so Gabriele Gottwald-Nathaniel, Leiterin von<br />
gabarage. Der sozialökonomische Betrieb gibt aber nicht nur<br />
altem Material neuen Design-Sinn, sondern bietet auch Menschen<br />
mit einem (ehemaligen) illegalen Suchtproblem neue<br />
Zukunftsperspektiven. Die MitarbeiterInnen werden im<br />
Laufe eines Jahres qualifiziert und auf den Wiedereinstieg<br />
in den Regelarbeitsmarkt vorbereitet. Die ungewöhnliche<br />
Verbindung von Design, Ökologie und sozialer Verantwortung<br />
brachte gabarage schon mehrfach Preise ein: <strong>2008</strong><br />
wurde „gabarage upcycling design“ als innovatives und<br />
kreatives Sozialprojekt mit einem Preis der „SozialMarie“<br />
ausgezeichnet.<br />
Hocker „Sitting Bull“ aus einer alten Waschmaschinentrommel<br />
UNTERSTÜTZUNG DURCH UNTERNEHMEN. Neben dem Privat -<br />
kundInnensektor wendet sich gabarage auch an Unternehmen,<br />
die im Sinne von CSR gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen<br />
wollen. Speziell für das Automatisierungstechnik-<br />
Unternehmen Festo kreierte gabarage gemeinsam mit der<br />
Designerin Carin Fürst eine eigene Schmuckkollektion, bei<br />
der aus Muttern, Hülsen oder Dichtringen außergewöhnliche<br />
Designwerke entstanden. Der Geschäftsführer von Festo<br />
Österreich, Wolfgang Keiner, zeigt sich von den Ergebnissen<br />
des Workshops beeindruckt: „Die für uns kreierte Schmucklinie<br />
,style_in_tech‘ begeistert mich. Jedes einzelne Stück beweist,<br />
was Kreativität im Entwicklungsprozess ausmacht und<br />
wie viel Potenzial in jedem Menschen steckt. Die Förderung<br />
dieser kreativen Quellen liegt uns besonders bei Menschen<br />
mit sozialen Schwierigkeiten am Herzen.“<br />
MÖBEL UND SCHMUCK AUS ELEKTROALTGERÄTEN. Dass<br />
Elektroaltgeräte auch nach ihrer Verwendung nicht automatisch<br />
zum alten Eisen zählen müssen, sondern mit Kreativität<br />
und neuen Ansätzen durchaus neuen Zwecken dienen können,<br />
zeigen auch die Kunstwerke der TrashDesignManufaktur<br />
(TDM) Wien.<br />
Die MitarbeiterInnen des TDM gestalten aus Elektroschrott<br />
Designerstücke wie Möbel, Schmuck oder Dekorationsgegenstände.<br />
Mit viel Geschick und Kreativität werden aus Teilen<br />
von Elektro- und Elektronik-Altgeräten neue Designobjekte<br />
gefertigt: Vom Hocker „Sitting Bull“ aus einer alten Waschmaschinentrommel<br />
über den Zeitungsständer „Freie Meinung“<br />
aus einem PC-Gehäuse bis hin zur Brosche aus Leiterplatten<br />
oder der Halskette aus Handytasten fabrizieren Langzeitbeschäftigungslose<br />
und Menschen mit Behinderungen unter<br />
der Anleitung von TechnikerInnen und KünstlerInnen ganz<br />
besondere Einzelstücke.<br />
Was als kleine Initiative begann, hat sich heute in der Kunstszene<br />
etabliert. So finden sich Schmuckstücke aus dem TDM<br />
in den Shops renommierter Kunsthäuser und Museen, vom<br />
MAK Museum für angewandte Kunst Wien bis zur London<br />
Tate Gallery.<br />
Foto: D.R.Z.<br />
Zone<br />
SOZIALÖKONOMISCHE ASPEKT IST WICHTIG. Die Trash-<br />
DesignManufaktur Wien ist eine Abteilung des Demontageund<br />
<strong>Recycling</strong>-Zentrums (D.R.Z), eines sozialökonomischen<br />
Betriebes der Wiener Volkshochschulen.<br />
Im D.R.Z werden jährlich rund 1.000 Tonnen Elektroaltgeräte<br />
von Schadstoffen befreit und für die umweltgerechte<br />
Verwertung demontiert. Ein kleiner Teil wird in der TrashDesignManufaktur<br />
zu Schmuck und Einrichtungsgegenständen<br />
verarbeitet.<br />
Der Geschäftsführer der Wiener Volkshochschulen, Mario<br />
Rieder, betonte den sozialpolitischen Aspekt: „Die TrashDesignManufaktur<br />
stellt nicht nur einen besonderen Zugang zur<br />
Problematik des Elektro- und Elektronikschrotts dar, sondern<br />
erfüllt auch eine wichtige sozialökonomische Aufgabe. Die<br />
dort hergestellten Produkte sind nicht nur Designobjekte, sie<br />
symbolisieren auch den verantwortungsvollen Umgang mit<br />
der Umwelt und soziale Verantwortlichkeit. Viele Käufer<br />
wollen mit dem Kauf der Objekte nicht nur ein schönes und<br />
modernes Unikat erwerben, sie wollen damit auch eine gute<br />
Idee unterstützen.“<br />
Etwa 40 Prozent der Beschäftigten der TrashDesignManufaktur<br />
können an eine neue Arbeitsstelle vermittelt werden und<br />
schaffen damit den Wiedereinstieg ins Berufsleben.<br />
Schmuckkollektion aus technischen Restteilen<br />
23<br />
Foto: Ambra Duda/gabarage
Ambience<br />
VERSORGEN<br />
STATT<br />
ENTSORGEN<br />
KonsumentInnen wollen fehlerlose Waren, Lebensmittel,<br />
die frisch und noch lange haltbar sind.<br />
Produkte, die dem nicht entsprechen, finden in<br />
unserer Wohlstandsgesellschaft keine KäuferInnen<br />
und wurden in der Vergangenheit von Industrie und<br />
Handel entsorgt. Mittlerweile hat ein Umdenken eingesetzt,<br />
und viele Produzenten und Handelsketten<br />
geben nicht verkauften Lebensmitteln eine zweite<br />
Chance in Sozialvereinen und Sozialsupermärkten.<br />
24<br />
Meist ehrenamtliche MitarbeiterInnen holen Essen dort,<br />
wo es über flüssig ist, und bringen es dorthin,<br />
wo es dringend benötigt wird.<br />
Jeden Tag werden große Mengen an originalverpackten Lebens<br />
mitteln von Supermärkten entsorgt. „Wir haben erhoben,<br />
dass bei den Lebensmitteldiskontern täglich etwa 45 Kilogramm<br />
an genießbaren Lebensmitteln pro Filiale entsorgt<br />
werden müssen“, erklärt Felicitas Schneider vom Institut für<br />
Abfallwirtschaft an der Universität für Bodenkultur. Viele<br />
Händler und Produzenten steuern dieser Entwicklung entgegen<br />
und werfen diese Produkte nicht mehr in den Abfall, sondern<br />
stellen sie unentgeltlich wohltätigen Einrichtungen wie<br />
der „Wiener Tafel“ oder Sozialsupermärkten zur Verfügung.<br />
BRÜCKE ZWISCHEN ÜBERFLUSS UND BEDARF. Rund<br />
460.000 ÖsterreicherInnen sind arm, mehr als eine Million<br />
der Bevölkerung ist armutsgefährdet, Sozialeinrichtungen<br />
erleben einen erhöhten Zustrom. Ein Sozialverein, der hilft,<br />
ist die Wiener Tafel: Sie sammelt einwandfreie Lebensmittel,<br />
die wegen des nahen Ablaufdatums oder wegen Verpackungsmängeln<br />
nicht mehr verkauft werden können, bei über 180<br />
Handels- und Industriebetrieben ein und liefert sie dann kos -<br />
tenlos an 70 Wiener soziale Einrichtungen, wie zum Beispiel<br />
Mutter-Kind-Heime, Flüchtlingshäuser und Obdachlosenherbergen.<br />
Derzeit werden damit rund 7.000 Bedürftige unentgeltlich<br />
versorgt.<br />
Nahezu täglich sind die meist ehrenamtlichen MitarbeiterInnen<br />
unterwegs, um Essen dort zu holen, wo es überflüssig ist,<br />
und dorthin zu bringen, wo es dringend benötigt wird. Ein<br />
Ort der Umverteilung ist die „Gruft“, ein Betreuungszentrum<br />
der Caritas für Obdachlose, die von der „Restlküche“ lebt.<br />
Nach diesem Motto werden allein von der Wiener Tafel täglich<br />
rund zwei Tonnen hochwertige Lebensmittel vor dem<br />
Müll gerettet.<br />
LOGISTISCHE HERAUSFORDERUNG. Die Wiener Tafel<br />
zeichnet sich durch eine schlanke Logistik aus, Warenspenden<br />
werden fast immer gleich am Tag der Abholung wieder<br />
Foto: DSD<br />
ausgeliefert. Hat zum Beispiel eine Handelskette im Zentrallager<br />
eine Palette Joghurt stehen, das in einer Woche abläuft,<br />
holt die Wiener Tafel die Ware in der Früh ab und liefert<br />
sie noch am selben Tag an Sozialeinrichtungen aus. Damit<br />
kommen die Produkte innerhalb weniger Stunden zu den<br />
Bedürftigen.<br />
Um die Tätigkeit des Sozialvereins noch effizienter zu gestalten,<br />
erhielt die Wiener Tafel für die Errichtung einer Logistikzentrale<br />
finanzielle Unterstützung im Rahmen der von der ARA<br />
initiierten Förderungsinitiative Abfallvermeidung. Damit<br />
wurde im Großraum Wien ein Netzwerk mit vielen Betrieben<br />
aus Produktion, Handel und Transport geschaffen, das den<br />
Wirtschaftstreibenden ein professionelleres Service hinsichtlich<br />
Erreichbarkeit, Warenannahme und Auslieferung bietet.<br />
Durch dieses Konzept wird das Müllvolumen in Wien um<br />
etwa 300 t pro Jahr reduziert und die Bedürftigen mit lebensnotwendigen<br />
Gütern versorgt.<br />
ÜBERLEBENSMITTEL FÜR BEDÜRFTIGE. „In vielen sozialen<br />
Einrichtungen gab es vor der Gründung der Wiener Tafel<br />
1999 überhaupt kein Ernährungsangebot. Die Leute waren<br />
auf sich selbst gestellt. Mittlerweile können sie zwei bis drei<br />
Mal am Tag etwas Nahrhaftes essen. Das ist für Menschen<br />
mit angegriffenem Gesundheitszustand und schlechter Gesamtkonstitution<br />
überlebenswichtig“, sagt Martin Haiderer,<br />
Geschäftsführer und Gründungsmitglied der Wiener Tafel.<br />
Die Idee der Tafel kommt aus den USA und wurde in den<br />
80er Jahren mit City Harvest in New York begonnen.<br />
Mittlerweile gibt es weltweit mehr als 700 Tafeln. In Österreich<br />
war die Wiener Tafel lange Zeit das einzige Angebot, seit vergangenem<br />
Jahr gibt es zwei weitere Tafeln, in Salzburg und in<br />
Eisenstadt.<br />
SOZIALMÄRKTE FÜR BEDÜRFTIGE. Ähnlich wie die Wiener<br />
Tafel agieren auch die Sozialmärkte SOMA und VinziMarkt,<br />
die Produkte des täglichen Bedarfs, von Brot über Milchprodukte<br />
bis hin zu Waschpulver und Zahnpasta, günstig an<br />
Menschen mit niedrigem Einkommen verkaufen. Es handelt<br />
sich dabei um Überproduktionen, Produkte mit Verpackungsschäden<br />
und solche am Rande des Haltbarkeitsdatums, die<br />
noch völlig in Ordnung sind. Nicht im Angebot sind Tabakwaren<br />
und alkoholische Getränke. Im Durchschnitt betragen<br />
die Preise in Sozialmärkten zwischen 30 und 50 Prozent des<br />
Diskonthandelspreises, einzelne Produkte wie Brot werden<br />
sogar verschenkt.<br />
In den Sozialmärkten kann aber nur einkaufen, wer auch<br />
wirklich bedürftig ist, d. h. dessen monatliches Nettoeinkommen<br />
800 Euro nicht übersteigt. Damit auch genug Waren für<br />
alle da sind, ist der wöchentliche Einkaufsrahmen in den<br />
Sozialmärkten mit 30 Euro begrenzt. „So werden Hamsterkäufe<br />
vermieden“, sagt Michael Bachler von der Vinzenz-<br />
Gemeinschaft, die mittlerweile drei VinziMärkte betreibt:<br />
zwei in Graz und einen in Wien. Sozialmärkte sind aber<br />
nicht nur für Kunden interessant, sondern auch für MitarbeiterInnen.<br />
In den sozialökonomischen Betrieben erhalten<br />
langzeitarbeitslose Frauen und Männer die Chance, sich<br />
wieder in das Arbeitsleben zu integrieren.<br />
Ambience<br />
Martin Haiderer von der Wiener Tafel rettet<br />
mit seinem Team täglich rund zwei Tonnen<br />
hochwertige Lebensmittel vor dem Müll.<br />
„Wir wollen nicht als Spendenempfänger der Industrie gesehen<br />
werden, wir sind für sie Problemlöser“, erklärt Gerhard<br />
Lassnig, der ausgehend von Linz das Netz der 20 SOMA-<br />
Filialen aufgebaut hat. „Soma versteht sich nicht als Konkurrenz<br />
zum klassischen Handel, sondern als Ergänzung.“<br />
SOMA-UNTERSTÜTZUNG DURCH WKO. Corporate Social<br />
Responsibility wird zunehmend wichtiger. Die KonsumentInnen<br />
erwarten immer mehr, dass die Wirtschaft Nachhaltigkeit<br />
und soziale Gerechtigkeit berücksichtigt.<br />
Die Wirtschaftskammer unterstützt die humane Zielsetzung<br />
des Sozialmarktprojekts „SOMA“ und sieht darin eine Idee<br />
im sozialpartnerschaftlichen Sinne, „bei der es auf allen Seiten<br />
nur Gewinner gibt“, so der Obmann der Bundessparte<br />
Handel in der Wirtschaftskammer Österreich, Erich Lemler.<br />
„Dieser neue Weg der Armutsbegrenzung ist ein Weg, den die<br />
Wirtschaft gerne mitgeht und mitträgt.“ Mehrere hundert<br />
Unternehmen aus Industrie und Handel sind derzeit SOMA-<br />
Mitgliedsunternehmen und stellen Produkte zur Verfügung.<br />
Lemler ermuntere daher alle Handelsunternehmen, eine<br />
Teilnahme an dieser Idee zu überlegen und in die Tat umzusetzen.<br />
25<br />
Fotos: Wiener Tafel
Fotos: R.U.S.Z.<br />
Characters<br />
„Schon als kleiner Bub hab’ ich Wecker zerlegt und nur teilweise<br />
wieder zusammenbauen können. Ich hab’ mein Fahrrad<br />
immer auf den neuesten Stand gebracht, sogar ganze<br />
Wohnungseinrichtungen gebaut“, erinnert sich Sepp Eisenriegler.<br />
Im Gründer und Geschäftsführer des Reparatur- und<br />
Service-Zentrums Wien – kurz R.U.S.Z. – steckte schon<br />
immer ein leidenschaftlicher Bastler. Diese Leidenschaft<br />
steckt Eisenriegler aber nicht nur in private Bastelarbeiten.<br />
Schon nach wenigen Minuten unseres Gesprächs ist klar –<br />
dieser Mann hat in seinem Beruf seine Berufung gefunden.<br />
Begonnen hat alles mit der Umweltberatung Wien, die er als<br />
Projekt vorbereitet hat. Anstrengende Jahre folgen, in denen<br />
der gelernte AHS-Lehrer „die Welt retten will“ und doch feststellen<br />
muss, dass es so einfach nicht geht. Ein Burn-out folgt:<br />
„Ich hab’ gemerkt, dass mir die Ergebnisse gefehlt haben. Sicher,<br />
es hat viele schöne Momente gegeben und erfolgreiche<br />
Projekte, aber die Zahlen und Daten waren einfach nicht gut<br />
genug. Ich hab’ gewusst, es gibt für mich zwei Möglichkeiten:<br />
Entweder ich mach den Dienst nach Vorschrift, ohne zusätzliches<br />
Engagement, oder ich finde eine Aufgabe, bei der ich<br />
das Feedback bekomme, das ich brauche, um auch weiterhin<br />
überengagiert für die Sache zu arbeiten. Und so ist dann das<br />
R.U.S.Z. entstanden.“<br />
Eine EU-Förderung hat das arbeitsmarktpolitische Projekt<br />
möglich gemacht, bei dem Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt<br />
reintegriert werden sollen. Das Ergebnis dieser nicht<br />
immer leichten Aufgabe: In den ersten zehn Jahren konnten<br />
rund 71 Prozent aller Mitarbeiter erfolgreich und dauerhaft in<br />
Jobs vermittelt werden. Der Betrieb mit anfangs 15 MitarbeiterInnen<br />
zählte mit Ende 2007 bereits 160. Die ursprüngliche<br />
Idee, Geräte aus dem Wiener Abfallstrom zu reparieren, sie<br />
als Second-Hand-Geräte zu verkaufen und zu servicieren,<br />
wurde allerdings von „reparaturwütigen Kunden“ schnell zunichte<br />
gemacht. „Die Menschen kamen mit allen möglichen<br />
Geräten: mit Bohrmaschinen, Heckenscheren und Staubsaugern.<br />
Als dann auch noch ein Mann mit einem Motor für eine<br />
Segelyacht im R.U.S.Z. gestanden ist, haben wir gewusst, jetzt<br />
ist es Zeit für Partner, die uns in dieser Vielfalt unterstützen.<br />
Daraufhin haben wir das Reparaturnetzwerk Wien gegründet“,<br />
erinnert sich Eisenriegler.<br />
Mit dem R.U.S.Z., der 2003 gegründeten Tochterfirma D.R.Z.<br />
(Demontage- und <strong>Recycling</strong>-Zentrum) und der T.D.M.<br />
26<br />
VOM VERSUCH,<br />
DIE WELT ZU RETTEN<br />
Seit nunmehr 10 Jahren hat Sepp Eisenriegler mit dem R.U.S.Z.<br />
unserer Wegwerfgesellschaft den Kampf angesagt. Dass uns auch<br />
privat eine Reparatur manchmal ganz gut tun würde, davon ist<br />
Eisenriegler überzeugt.<br />
(TrashDesignManufaktur) verfolgt Eisenriegler ein klares<br />
Ziel: „Wir wollen ressourceneffizient arbeiten. Im D.R.Z.<br />
werden Elektro-Altgeräte zerlegt, brauchbare Ersatzteile<br />
kommen ins R.U.S.Z. und Materialien in die Manufaktur.<br />
Die Lebensdauer einzelner Teile verlängert sich so oft um<br />
10 oder gar mehr Jahre.“ Die Slogans des R.U.S.Z. („Länger<br />
nützen statt öfter kaufen“) und D.R.Z. („Ihr Schrott beschäftigt<br />
uns“) sind gleichzeitig auch Lebensmottos für Sepp Eisenriegler:<br />
„Ich glaube, dass man diese Slogans auf viele Lebensbereiche<br />
anwenden kann. Es geht darum, nicht alles gleich<br />
wegzuwerfen. Vielmehr zu schauen, wo noch Potenzial vorhanden<br />
ist und was man daraus machen kann – das gilt auch<br />
fürs Privatleben.“<br />
So zufrieden Sepp Eisenriegler mit seiner Berufung auch ist,<br />
ein paar Wünsche für die Zukunft hat er dennoch: „Eine finanzielle<br />
Unterstützung für das R.U.S.Z. wäre mir sehr wichtig,<br />
damit dessen Überleben gesichert ist.“ Pläne und Ideen<br />
hat Eisenriegler jedenfalls genug, um die Welt doch noch zu<br />
retten – wenn auch nicht sofort.<br />
Links:<br />
http://www.rusz.at/<br />
http://www.drz-wien.at<br />
http://www.trashdesign.at/<br />
http://rreuse.org<br />
EMBALLISSIMO AUSGESCHRIEBEN<br />
Auch 2009 verleiht die Österreichische Papierindustrie den<br />
Preis printissimo | emballissimo. Verliehen wird der Award in<br />
zwei Kategorien: Der printissimo prämiert das kreative Design<br />
und die drucktechnische Perfektion außergewöhnlicher<br />
Druckerzeugnisse. Der emballissimo zeichnet Verpackungen<br />
aus, die einem hohen funktionalen und gestalterischen Anspruch<br />
gerecht werden und zugleich neue und innovative<br />
Wege beschreiten.<br />
ARA SONDERPREIS. Unter der Patronanz der ARA wird in<br />
der Kategorie emballissimo der Sonderpreis der Jury für eine<br />
besonders ressourcenschonende Verpackungslösung verliehen.<br />
Alle Druckwerke und Verpackungen, die im Kalenderjahr<br />
<strong>2008</strong> auf Papier, Karton und Wellpappe hergestellt wurden,<br />
qualifizieren sich für die Einreichung, wenn das Material aus<br />
Extras<br />
Papier und Karton tragen die Handschrift der Auftraggeber und Kreativen und halten ihre Botschaft fest.<br />
Diese Arbeit verdient Anerkennung und wird deshalb auch 2009 wieder mit dem printissimo | emballissimo<br />
ausgezeichnet. Wie bereits in den letzten Jahren vergibt die ARA den Sonderpreis der Jury.<br />
TERMINE<br />
20. JÄNNER 2009<br />
Wien | Towards the Productive Infrastructure: Buildings<br />
that Benefit the Environment | Vortrag der ARA Lectures<br />
Info: www.tuwien.ac.at/cst<br />
29. JÄNNER 2009<br />
Graz | 20 Jahre ge<strong>trennt</strong>e Sammlung – zeitgemäß oder<br />
überholt? | Fachtagung<br />
Info: www.oewav.at<br />
11.–12. FEBRUAR 2009<br />
Münster | Münsteraner Abfallwirtschaftstage<br />
Fachtagung<br />
Info: www.fh-muenster.de/abfallwirtschaftstage<br />
1.–3. APRIL 2009<br />
Salzburg | Österreichische Abfallwirtschaftstagung 2009<br />
Fachtagung<br />
Info: www.oewav.at<br />
Foto: Austropapier<br />
österreichischer Produktion stammt oder der Erzeuger in<br />
einem Konzernverbund mit der österreichischen Papierindustrie<br />
steht. Die Einreichfrist endet am 13. Februar 2009.<br />
Nähere Informationen finden Interessierte unter<br />
www.austropapier.at.<br />
<strong>2008</strong> wurde die von<br />
Rondo Ganahl für<br />
Pannobile produzierte<br />
Weinverpackung mit<br />
dem Sonderpreis der<br />
Jury ausgezeichnet.<br />
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P.b.b. Verlagspostamt 1060 Wien, GZ 02Z032145 M<br />
Foto: Fotolia.com