trennt 4/2008 - Altstoff Recycling Austria
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Topic<br />
VERPACKUNGSEINSPARUNG DURCH WIRTSCHAFT. Viele<br />
Unternehmen setzen bereits auf Abfallvermeidung. Durch<br />
laufende Weiterentwicklung und ständige Optimierung reduziert<br />
die Wirtschaft den Verpackungseinsatz: Material wird<br />
eingespart, Packstoffe sind erheblich dünner und leichter geworden,<br />
und auch das Volumen von Füllgütern wurde vielfach<br />
deutlich verringert. Das bringt zum einen Kostenersparnisse<br />
bei Produktion und Entsorgung für Unternehmen und<br />
spart zum anderen Ressourcen.<br />
ARA SYSTEM UND ABFALLVERMEIDUNG. Das ARA System<br />
liefert nicht nur durch die Sammlung und Verwertung einen<br />
wichtigen Beitrag zur Entlastung der Umwelt, sondern auch<br />
durch die Umsetzung von abfallvermeidenden Maßnahmen.<br />
Entsprechend den Vorgaben des Abfallwirtschaftgesetzes ist<br />
das ARA System verpflichtet, drei Promille seiner Lizenzeinnahmen<br />
für Projekte zur Abfallvermeidung aufzuwenden. In<br />
den letzten Jahren wurde eine Reihe von Projekten umgesetzt,<br />
und das ARA System hat sich auch im Bereich der Abfallvermeidung<br />
zu einem wichtigen Partner für Wirtschaft,<br />
Forschung, Kommunen und KonsumentInnen entwickelt.<br />
UNTERSTÜTZUNG FÜR KMU. So unterstützt die ARA seit<br />
2005 unter anderem gemeinsam mit der Stadt Wien kleine<br />
und mittlere Unternehmen (KMU) bei deren Abfallvermeidungsmaßnahmen.<br />
Weil es dort besonders großes Potenzial<br />
gebe, wie die Wiener Umweltstadträtin Ulli Sima erklärt.<br />
Förderungswürdig seien jene Projekte zur Vermeidung gefährlicher<br />
und ungefährlicher Abfälle, die technisch und wirtschaftlich<br />
umsetzbar seien, zu konkreten Abfallvermeidungseffekten<br />
führen, ein möglichst effizientes Kosten-Nutzen-<br />
Verhältnis aufweisen und einen umfassenden Nachhaltig keits -<br />
effekt ausüben. „Vor allem bei KMU scheitert die Umsetzung<br />
von abfallvermeidenden Maßnahmen des Öfteren an den<br />
not wendigen Investitionen“, sagt ARA Vorstand Dr. Christoph<br />
Scharff. „Durch die Förderung wollen wir helfen, diese Hürde<br />
abzubauen.“<br />
Manchmal bedarf es nur einer Kleinigkeit, zum Beispiel des<br />
Umstiegs auf Mehrweggebinde, wie das im vergangenen Jahr<br />
geförderte Projekt des Hauses der Barmherzigkeit in Wien 16<br />
zeigt. Durch die Verwendung von Mehrwegdessertschalen<br />
konnten jährlich 118.000 Stück Kunststoffeinwegschalen oder<br />
7,1 Tonnen Hausmüll vermieden werden. Im zweiten Teil des<br />
Projekts wurden Wasserkrüge angekauft, wodurch der Genuss<br />
von Leitungswasser forciert und damit eine Viertelmillion<br />
Mineralwasserflaschen und, daraus resultie rend, neun Tonnen<br />
PET-Abfälle vermieden werden konnten.<br />
„DAGOBERT“ HILFT SPAREN. Auch in den Bundesländern<br />
werden Vermeidungsmaßnahmen gefördert. So setzte die<br />
Schlotterer Rollladen-Systeme GmbH & Co KG mit Unterstützung<br />
des ARA Systems zwei Projekte um. Das Projekt<br />
„Dagobert“ reduzierte den Aluminiumverschnitt im Unternehmen.<br />
In der Vergangenheit wurde 914,9 Tonnen Aluminium<br />
mit einer Verschnittquote von 12,3 Prozent verarbeitet.<br />
Diese konnte durch Steigerung des Bewusstseins bei den<br />
MitarbeiterInnen um zwei Prozent gesenkt werden. Mit dem<br />
Projekt „Neuer Verpackungsautomat“ wurde die ursprünglich<br />
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manuelle Verpackung von Rollläden automatisiert, Verpackungs -<br />
material eingespart und der Transportschutz verbessert.<br />
EMIL – DIE FLASCHE. Auch die <strong>Austria</strong> Glas <strong>Recycling</strong> GmbH<br />
(AGR) hat einen Fond eingerichtet, über den einschlägige<br />
Initiativen unterstützt werden. Eines der geförderten Projekte<br />
heißt „EMIL – die Flasche“, eine bruchsicher verpackte<br />
Glasflasche, die nun an den Pflichtschulen des Bezirks Radkersburg<br />
Einzug gehalten hat. EMIL eignet sich für Pausengetränke<br />
und kann einfach von zu Hause mitgenommen werden.<br />
Ein Herunterfallen übersteht die Glasflasche durch die schützende<br />
Hülle problemlos und ist daher auch für Kindergartenkinder<br />
geeignet. Durch die Wiederbefüllbarkeit der Glasflasche<br />
soll nun auf den Kauf von Einweggetränkeverpackungen<br />
verzichtet werden.<br />
Kinder sind von EMIL,<br />
der bruchsicher verpackten Glasflasche, begeistert<br />
KONSUMENTiNNEN-BESCHWÖRUNG. Aber kann es überhaupt<br />
eine moderne Gesellschaft ohne Wegwerfen geben?<br />
„Ja – es kann“, ist sich Christian Pladerer vom Österreichischen<br />
Ökologie Institut sicher, fügt allerdings hinzu: „Im Moment<br />
sind wir noch meilenweit entfernt von einer funktionierenden,<br />
globalen Material- und Stoffkreislaufwirtschaft.“ Es gehe<br />
neben der umweltschonenden Produktion von Gütern<br />
darum, nur solche Produkte in den Wirtschaftskreislauf einzubringen,<br />
die man nach ihrem Nutzen, der möglichst lange<br />
sein soll, wieder in den natürlichen oder künstlichen Kreislauf<br />
bringen könne. „Produkte, die weder stofflich noch energetisch<br />
wieder- bzw. weiterverwendet werden können, sollen<br />
erst gar nicht produziert werden“, sagt Pladerer. Zudem solle<br />
man die Macht der KonsumentInnen nicht unterschätzen.<br />
„Die steigende Aufmerksamkeit unserer globalen Zivilgesell-<br />
Foto: AWV Radkersburg<br />
schaft gegenüber der derzeitigen Fehlentwicklung und herrschenden<br />
Weltordnung wird auch dazu führen, unsere westlichen<br />
Lebensmuster und unser Konsumverhalten zu überdenken“,<br />
meint er.<br />
Und wer weiß, vielleicht trägt auch die aufziehende Wirtschaftskrise<br />
zu einem gesellschaftlichen Umdenkprozess bei.<br />
Immerhin ist das ge<strong>trennt</strong>e Sammeln von Verpackungen für<br />
die ÖsterreicherInnen selbstverständlich geworden. Einen<br />
wichtigen Beitrag dazu leisteten die über 200 AbfallberaterInnen<br />
der ARA. Sie fungieren als Schnittstellen zu den<br />
BürgerInnen und versuchen durch kreative Maßnahmen das<br />
Bewusstsein für das Verpackungssammeln zu stärken.<br />
SECONDHAND ALS LIFESTYLE. 60 Prozent aller ÖsterreicherInnen<br />
tauschen ihr Mobiltelefon gegen eine neues aus, obwohl<br />
dieses noch voll funktionsfähig ist. Das fand eine von<br />
eBay und WWF in Auftrag gegebene Marketagent-Studie<br />
heraus. 64 Prozent ersetzten Computer, 55 Prozent Fotoapparate,<br />
41 Prozent MP3-Player und 75 Prozent der Spielkon -<br />
solenbesitzerInnen ihre alten, aber noch funktions tüchtigen<br />
Geräte durch Neuware.<br />
„Neben einer Ressourcen schonenden Produktion ist es in<br />
Zukunft wichtig, die Nutzungsdauer von Konsumgütern<br />
wieder zu verlängern“, meint daher Hildegard Aichberger,<br />
Geschäftsführerin des WWF. Die bereits verbrauchten wertvollen<br />
Rohstoffe müssten länger und sinnvoller eingesetzt<br />
werden, erklärt sie. Ein Ansatz, dies zu gewährleisten, liegt<br />
im Second-Hand-Handel, der durch Online-Plattformen wie<br />
eBay eine neue Dimension gewonnen hat – weshalb die Umweltschutzorganisation<br />
und das Online-Auktionshaus seit<br />
kurzem auch miteinander kooperieren.<br />
TAUSCHEN UND REPARIEREN. Ein weiterer verfolgenswerter<br />
Ansatz findet sich bei den so genannten „Kost-nix-Läden“. Es<br />
sind Geschäfte ohne Kassen. Die Idee, die dahinter steckt, ist,<br />
dass jeder die Dinge mitnehmen kann, die er selbst braucht,<br />
und Leute ihre Sachen abgeben können, die ihnen Platz<br />
wegnehmen. Ein anarchistisches Projekt, getrieben von der<br />
Utopie einer geldlosen Gesellschaft, die anscheinend Erfolg<br />
hat: Mittlerweile gibt es Kost-nix-Läden in Wien, Graz und<br />
Innsbruck.<br />
Auf eine „gesellschaftspolitische Veränderung in Richtung<br />
Nutzungsorientierung statt Massenkonsum von kurzlebigen<br />
Produkten“ zielte auch das Projekt die „Reparaturgesellschaft“<br />
ab, das 1995 gestartet wurde und zur Gründung des Reparaturund<br />
Servicezentrum (R.U.S.Z.) und des Reparaturnetzwerks<br />
(RNW) in Wien beigetragen hat. Man wolle die Reparatur<br />
wieder zu einer gesellschaftspolitisch akzeptierten Lösung<br />
machen und verstehe sich als Gegenkonzept zur Wegwerfgesellschaft.<br />
Auch der im November 2004 gegründete Verein „RepaNet“,<br />
der aus dem vom Europäischen Sozialfonds und dem Bundes -<br />
ministerium für Wirtschaft und Arbeit geförderten EQUAL-<br />
Projekts „RepaNet – Reparaturnetzwerk Österreich“ hervorging,<br />
sieht sich in dieser Tradition. Sein Motto: „Reparieren<br />
ist Zukunft!“. In vier RepaNet-Reparaturnetzwerken in Wien,<br />
Topic<br />
der Steiermark und in Oberösterreich haben sich insgesamt<br />
108 nach genau festgelegten Qualitätsstandards arbeitende<br />
Reparaturbetriebe zusammengeschlossen. Auch RepaNet will<br />
die Reparatur in der Bevölkerung wieder salonfähig machen.<br />
Es trägt zudem zur Existenzsicherung kleiner Betriebe und<br />
damit zur Sicherung von Arbeitsplätzen bei.<br />
BACKEN FÜR DEN MÜLL. Ohne Überfluss keine Wegwerfgesellschaft.<br />
Deren krasseste Ausformung ist die Tatsache, dass<br />
jedes fünfte Stück Gebäck in Österreich auf dem Müll landet<br />
– so wie es aus dem Ofen kommt. Das sind täglich mehrere<br />
Tonnen. Die Wiener Universität für Bodenkultur hat berechnet,<br />
dass nur 85 Prozent des gekauften Brotes auch gegessen<br />
werden. Der Rest landet in der Tonne. Die heimischen LandwirtInnen<br />
bauen demnach jedes Jahr rund 20.000 Hektar<br />
Getreide an, das schließlich als Abfall endet. Das ist nicht<br />
zuletzt ein ethisches Problem, wofür sich Handel, Erzeuger<br />
und KundInnen gegenseitig die Verantwortung zuschieben.<br />
GEGEN DIE WEGWERFMENTALITÄT. Täglich retten engagierte<br />
Sozialeinrichtungen Lebensmittel vor dem Müll. Sie<br />
holen Essen dort ab, wo es überflüssig ist, und bringen es<br />
dorthin, wo es dringend benötigt wird. Diese Initiativen<br />
haben sich dem Kampf gegen die Wegwerfmentalität verschrieben.<br />
Sie leben die Prinzipien der Nachhaltigkeit und<br />
Ressourcenschonung ebenso wie jene der Wirtschaftlichkeit<br />
und der sozialen Verantwortung. Das ergibt eine einmalige<br />
„Win-win-win“-Situation: Unternehmen sparen Entsorgungskosten<br />
und entlasten ihre Lagerhaltung. Die Umwelt wird<br />
geschont. „Essen gelangt in den Magen und nicht in den<br />
Müll“, lautet die Botschaft.<br />
Foto: Ambra Duda/gabarage<br />
Die Aktenordnergarderobe – eine<br />
skurrile Einsatzmöglichkeit von<br />
alten Ordnern, die sonst im Müll<br />
landen würden.<br />
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