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<strong>Ass</strong>essorkurs <strong>Sachsen</strong><br />

- Klausur Nr. <strong>860</strong> / Seite 1 -<br />

Klausur Nr. <strong>860</strong><br />

Zivilrecht<br />

(Bearbeitungszeit: 5 Stunden)<br />

________________________________________________________________________________<br />

Amtsgericht Aschersleben<br />

Zentrales Mahngericht<br />

Mahnbescheid (Auszug)<br />

vom 29. November 2012<br />

Geschäftsnummer: B 12 – 9128983 – 0 – 6<br />

Herrn<br />

Gerhard Beier<br />

Jägerplatz 12<br />

04157 Leipzig<br />

Antragsteller:<br />

Karl Schnabel, Ahornstraße 1, 04329 Leipzig<br />

Der Antragsteller macht folgenden Anspruch geltend:<br />

I. Hauptforderung: 1.600 € wegen Rückzahlung des Reisepreises aus dem Vertrag vom<br />

10. November 2011 sowie weitere 800 € als Schadensersatz für vertane Urlaubszeit in der Zeit vom<br />

13. März 2012 bis 20. März 2012 aus Vertrag vom 10. November 2011.“<br />

II. Kosten wie nebenstehend: ................<br />

III. Zinsen:<br />

Hinzu kommen laufende Zinsen: Jahreszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten aus 2.400 € über dem jeweiligen<br />

Basiszinssatz seit dem 4. April 2012<br />

Der Antragsteller hat erklärt, dass der Anspruch nicht von einer Gegenleistung abhänge.<br />

Das Gericht hat nicht geprüft, ob dem Antragsteller der Anspruch zusteht. Es fordert sie hiermit auf,<br />

innerhalb von zwei Wochen seit der Zustellung dieses Bescheids ...............<br />

gez. Reichenauer<br />

Rechtspfleger<br />

________________________________________________________________________________<br />

Der Antrag auf Erlass des Mahnbescheides in der notwendigen Form, datiert auf den 20. November<br />

2012, war beim Mahngericht am 22. November 2012 eingegangen. Die Zustellung des Mahnbescheids<br />

vom 29. November 2012 erfolgte am 4. Dezember 2012.


<strong>Ass</strong>essorkurs <strong>Sachsen</strong><br />

- Klausur Nr. <strong>860</strong> / Seite 2 -<br />

Am 17. Dezember 2012 ging ein Widerspruch des Antragsgegners beim Mahngericht ein. Dieser<br />

wurde dem Antragsteller durch eine Verfügung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom<br />

19. Dezember 2012 am 30. Dezember 2012 zugestellt.<br />

________________________________________________________________________________<br />

Karl Schnabel 2. April 2013<br />

Ahornstraße 1<br />

04329 Leipzig<br />

An das<br />

Amtsgericht Aschersleben<br />

Mahngericht<br />

06449 Aschersleben<br />

Amtsgericht Aschersleben<br />

Eingang: 4. April 2013<br />

In dem von mir beantragten Verfahren<br />

Geschäftsnummer: B 12 – 9128983 – 0 – 6<br />

gegen Gerhard Beier, Jägerplatz 12, 04157 Leipzig<br />

beantrage ich den Übergang ins streitige Verfahren und die Abgabe der Akten an das Amtsgericht<br />

Leipzig, das für das Streitverfahren zuständig ist.<br />

Schnabel<br />

________________________________________________________________________________<br />

Die Akten wurden an das Amtsgericht Leipzig abgegeben. Dort erhielt das Verfahren das Aktenzeichen<br />

6 C 234/13. Das Amtsgericht Leipzig forderte den Antragsteller durch Verfügung vom<br />

25. April 2013, zugestellt am 26. April 2013, zur Anspruchsbegründung innerhalb von zwei Wochen<br />

auf.<br />

________________________________________________________________________________<br />

Mathilda Mahler Leipzig, 4. Mai 2013<br />

Rechtsanwältin<br />

04277 Leipzig<br />

Leopoldstraße 10<br />

An das<br />

Amtsgericht Leipzig<br />

04177 Leipzig<br />

Amtsgericht Leipzig<br />

Eingang: 4. Mai 2013<br />

In Sachen<br />

Schnabel gegen Beier<br />

Az.: 6 C 234/13<br />

zeige ich unter Vollmachtsvorlage an, dass ich den Kläger im streitigen Verfahren vertrete. Ich beantrage<br />

innerhalb der gesetzten Frist:


<strong>Ass</strong>essorkurs <strong>Sachsen</strong><br />

- Klausur Nr. <strong>860</strong> / Seite 3 -<br />

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.400 € nebst Zinsen i.H.v. fünf<br />

Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 4. April 2012 zu<br />

bezahlen.<br />

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.<br />

Begründung:<br />

Der Kläger buchte bei dem Beklagten, der in 04107 Leipzig, Körnerplatz 14 ein Reisebüro betreibt<br />

und diverse Veranstaltungen selbst organisiert, am 10. November 2011 eine Reise, die vom<br />

13. März 2012 bis einschließlich 20. März 2012 dauern sollte.<br />

Der Kläger buchte diese Reise nach Granada (Spanien) für eine Person zum Preis von insgesamt<br />

1.600 €. Das Angebot des Klägers beinhaltete die Unterbringung im Luxushotel „Alhambra“ inklusive<br />

der Benutzung des hauseigenen Golfplatzes, drei geführte Rennrad-Touren, den Flug ab Leipzig<br />

nach Malaga, und mehrerer kultureller Besichtigungen und Vorträgen in Granada und Umgebung<br />

unter dem Motto „mittelalterliche Überlegenheit moslemischer Kultur und Wissenschaft“.<br />

Beweis für alles: Buchungsunterlagen (Anlage K 1 )<br />

Der Beklagte trat hierbei als organisierender Veranstalter auf, nicht nur als Vermittler eines anderen<br />

Reiseunternehmens. Er hatte die Reise als „Genießer-, Sport und Kulturausflug für Andalusien-<br />

Fans“ angeboten, und so ist diese auch auf der unterzeichneten Vertragsurkunde bezeichnet. Namen<br />

von Reiseveranstaltern sind auf den Vertragsunterlagen nicht genannt und wurden auch mündlich<br />

nicht ins Spiel gebracht. Auch der Name des Betreibers des Hotels wurde nicht genannt.<br />

Beweis für alles: Buchungsunterlagen (Anlage K 1 )<br />

Am 12. März 2012 wurde dem Kläger vom Beklagten jedoch zunächst telefonisch und später<br />

nochmals per Fax mitgeteilt, dass das betreffende Luxushotel „Alhambra“ durch ein Versehen ü-<br />

berbucht sei und die „Details“ (!) der Reise deswegen „etwas modifiziert“ werden müssten. Man<br />

könne ihm ein in Ausstattung und Service „absolut vergleichbares“ Hotel auf Gran Canaria anbieten.<br />

Beweis für alles: Zeugnis der Dorothea Schnabel, Ahornstraße 13b, 04329 Leipzig<br />

Der schier sprachlose Kläger rief daraufhin am selben Abend nochmals beim Beklagten an und bestand<br />

darauf, dieses Hotel in Granada zu bekommen. Als Ersatz komme nur ein anderes Hotel in<br />

Granada mit vergleichbarer Kategorie in Betracht. Er forderte den Beklagten auf, dies bis vier Stunden<br />

vor geplantem Abflug, also bis 13. März 2012, 13 Uhr zu klären.<br />

Beweis für alles: Zeugnis der Dorothea Schnabel<br />

Die Zeugin ist eine Verwandte des Klägers und hat all diese Vorfälle mitbekommen, weil sie zum<br />

Kaffeetrinken bei diesem in der Wohnung weilte.<br />

Der Beklagte faxte am 13. März 2012 gegen 11 Uhr zurück, dass dem Verlangen des Klägers nicht<br />

entsprochen werden könne, weil Granada wegen einer kulturellen Großveranstaltung offenbar „ab-


<strong>Ass</strong>essorkurs <strong>Sachsen</strong><br />

- Klausur Nr. <strong>860</strong> / Seite 4 -<br />

solut dicht“ sei. Man müsse den Kläger daher auf das Angebot des Luxushotels in Gran Canaria<br />

verweisen.<br />

Beweis: Telefax vom 13. März 2012 (Anlage K 2 )<br />

Daraufhin erklärte der Kläger noch am selben Tag telefonisch, sein Geld unverzüglich zurück zu<br />

wollen und „Schmerzensgeld“ zu verlangen.<br />

Durch Schreiben vom 2. April 2012, das dem Kläger am 3. April 2012 zuging, hat der Beklagte Ansprüche<br />

des Klägers zurückgewiesen.<br />

Beweis: Schreiben vom 2. April 2012 (Anlage K 3 )<br />

Dem Kläger steht daher der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des im Voraus bezahlten<br />

Reisepreises in jedem Fall zu.<br />

Der zusätzliche Schadensersatzanspruch ergibt sich aus dem entgangenen Urlaubsgenuss. Da die<br />

überwiegende Ansicht in Rechtsprechung und Literatur eine Entschädigung von mindestens (!)<br />

50 % des Reisepreises pro beeinträchtigtem Tag für angemessen hält, ergeben sich hier angesichts<br />

des vereinbarten Reisepreises von 1.600 € zumindest die im Mahnbescheid bereits veranschlagten<br />

800 € als angemessene Entschädigung.<br />

Mahler<br />

Rechtsanwältin<br />

________________________________________________________________________________<br />

Der Schriftsatz wurde am 11. Mai 2013 zugestellt. Dies unter gleichzeitiger Aufforderung zur Verteidigungsanzeige<br />

und gleichzeitiger Klageerwiderung innerhalb von zwei Wochen gemäß §§ 697<br />

Abs. 2, 276 Abs. 1 ZPO sowie mit der Belehrung über die Folgen der Fristversäumung.<br />

________________________________________________________________________________<br />

Dr. Karlheinz Huber Leipzig, 23. Mai 2013<br />

Rechtsanwalt<br />

04349 Leipzig<br />

Freiberger Straße 12a<br />

An das<br />

Amtsgericht Leipzig<br />

04177 Leipzig<br />

Amtsgericht Leipzig<br />

Eingang: 23. Mai 2013<br />

In Sachen<br />

Schnabel gegen Beier<br />

Az.: 6 C 234/13<br />

zeige ich unter Vollmachtsvorlage die Vertretung des Beklagten an. In der mündlichen Verhandlung<br />

werden wir beantragen, die Klage abzuweisen.


<strong>Ass</strong>essorkurs <strong>Sachsen</strong><br />

- Klausur Nr. <strong>860</strong> / Seite 5 -<br />

Begründung:<br />

Ein Anspruch ist schon dem Grunde nach nicht gegeben, zumindest nicht in dieser Höhe. Dass das<br />

Hotel überbucht war, ist vom Beklagten nicht zu vertreten. Er hat nämlich in solche Vorgänge ü-<br />

berhaupt keinen Einblick, sondern wickelt seine Geschäfte mit dem Hotelbetreiber – im konkreten<br />

Fall die „Andalusia-Invest“ – ab. Vorliegend war dem Beklagten ursprünglich die Bestätigung für<br />

die Zimmerbuchung gegeben worden. Aus Sicht des Beklagten lag daher höhere Gewalt vor.<br />

Vor allem aber war es rechtsmissbräuchlich, dass der Kläger sich nicht auf die ihm angebotene Abhilfe<br />

mit dem absolut vergleichbaren Hotel in Gran Canaria einließ. Dort hätte er u.U. sogar noch<br />

besser Rad fahren können, und ein entsprechender Luxus war auch garantiert.<br />

Die Forderung auf entgangenen Urlaubsgenuss ist aus mehreren Gründen unschlüssig.<br />

Zum einen ist ein derartiger Anspruch bei Anwendbarkeit des allgemeinen Leistungsstörungsrechts,<br />

das mangels Antritts der Reise hier einschlägig ist, und ohne Verschuldensnachweis völlig undenkbar.<br />

Zum anderen müsste der Kläger näher vortragen, welche genauen Auswirkungen der Nichtantritt<br />

des Urlaubs auf ihn hatte. Der Anspruch würde zweifellos ganz entfallen, wenn der Kläger seinen<br />

Urlaub evtl. gegenüber seinem Arbeitgeber noch hätte verschieben können, weil er dann wieder<br />

die Möglichkeit zu einem solchen „Genuss“ von arbeitsfreier Zeit in fremder Umgebung gehabt<br />

hätte, wenn auch später. Erst recht gilt dies, falls der Kläger kurzfristig einen vergleichbaren Urlaub<br />

bei einem anderen Veranstalter gebucht haben sollte. Die Klarstellung, was insoweit als Folge des<br />

Nichtantritts der Reise genau geschehen war, gehört in jedem Fall zur Schlüssigkeit der Klage, an<br />

der es vorliegend mithin eklatant fehlt.<br />

Im Übrigen erheben wir aber auch die Einrede der Verjährung. Der zwischen den Parteien geschlossene<br />

Vertrag enthält u.a. folgende vorgedruckte Klausel:<br />

„17. Die vertraglichen Ansprüche des Reisenden aus §§ 651c bis 651f BGB wegen Mängeln der Reise<br />

(Ansprüche wegen Abhilfe seitens des Veranstalters, Selbsteinschreiten des Reisenden zur Abhilfe, Minderung<br />

des Reisepreises, Schadensersatz und Kündigung) verjähren in einem Jahr. Die Jahresfrist beginnt<br />

am Tag nach dem Tag, an dem die Reise vertragsgemäß enden sollte. Hinsichtlich mangelabhängiger Ansprüche<br />

auf Ersatz eines Schadens aufgrund vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung des<br />

Veranstalters, eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Veranstalters, aufgrund von Verletzungen<br />

von Leben, Körper und Gesundheit sowie für zugesicherte Eigenschaften oder arglistig verschwiegene<br />

Mängel gelten die gesetzlichen Verjährungsregelungen.“<br />

Die Klausel steht auf der Rückseite der Vertragsurkunde, und auf der Vorderseite findet sich ein<br />

deutlich sichtbarer Hinweis auf die Tatsache, dass diese „Allgemeinen Reisebedingungen“ auf der<br />

Rückseite abgedruckt und Vertragsinhalt seien.<br />

Diese Jahresfrist ist längst abgelaufen, weil das Mahnverfahren richtigerweise überhaupt keine<br />

Auswirkung auf den Lauf der Verjährung hat, wenn es – wie hier – nicht unverzüglich nach seinem<br />

Abschluss ins Streitverfahren übergeleitet wird. Selbstverständlich gilt diese Verjährungsfrist auch<br />

für etwaige Ansprüche aus allgemeinem Schuldrecht.<br />

Dr. Huber<br />

Rechtsanwalt


<strong>Ass</strong>essorkurs <strong>Sachsen</strong><br />

- Klausur Nr. <strong>860</strong> / Seite 6 -<br />

_______________________________________________________________________________<br />

Diese Erwiderung wurde dem Klägervertreter am 6. Juni 2013 zugestellt. Gleichzeitig wurde dem<br />

Kläger ordnungsgemäß eine zweiwöchige Frist gesetzt zur Stellungnahme auf die Klageerwiderung<br />

(§ 276 Abs. 3 ZPO).<br />

_______________________________________________________________________________<br />

Mathilda Mahler Leipzig, 19. Juni 2013<br />

Rechtsanwältin<br />

04277 Leipzig<br />

Leopoldstraße 10<br />

An das<br />

Amtsgericht Leipzig<br />

04177 Leipzig<br />

Amtsgericht Leipzig<br />

Eingang: 19. Juni 2013<br />

In Sachen<br />

Karl Schnabel gegen Gerhard Beier<br />

Az.: 6 C 234/13<br />

möchte ich hiermit die Klage um eine zusätzliche Beklagte erweitern und zum bisherigen Antrag<br />

nochmals Stellung nehmen.<br />

Als weitere Beklagte kommt nun hinzu:<br />

Karla Kleiber, Fuchspfad 14, 04249 Leipzig<br />

Ich beantrage nun:<br />

- Beklagte zu 2) -<br />

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 2.400 €<br />

nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus<br />

seit 4. April 2012 zu bezahlen.<br />

2. Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Rechtsstreits.<br />

Begründung:<br />

Die neue Beklagte haftet aus handelsrechtlichen Gesichtspunkten für den streitgegenständlichen<br />

Vorfall: Der Beklagte zu 1) war mit seinem Gewerbe seit 2001 ins Handelsregister eingetragen.<br />

Wie wir mittlerweile in Erfahrung bringen konnten, hat die Beklagte zu 2) aber bereits seit dem<br />

1. September 2012 das Reisebüro des Beklagten zu 1) übernommen und veranstaltet auch weiterhin<br />

eigene Reisen. Die Beklagte zu 2) hat die Firma des Beklagten zu 1) „Gerhard Beier, Reisen für<br />

Genießer“ weitergeführt und muss daher ebenfalls haften.<br />

Zur Sache selbst möchte ich Folgendes ergänzen:


<strong>Ass</strong>essorkurs <strong>Sachsen</strong><br />

- Klausur Nr. <strong>860</strong> / Seite 7 -<br />

Die Behauptung der Beklagtenseite, das angebotene Hotel in Gran Canaria sei absolut vergleichbar,<br />

wird hiermit bestritten. Bezeichnenderweise sagt die Klageerwiderung nichts zum Thema Golfplatz.<br />

Abgesehen davon halte ich das Vorbringen auch für juristisch irrelevant. Der Kläger wollte andalusische<br />

Kultur genießen. Auf Gran Canaria hätte er es eher mit deutscher und britischer Unkultur zu<br />

tun bekommen (übergewichtige und verbrannte nackte Leiber in Zwanzigerreihen am Strand). Außerdem<br />

war er schon mal dort, und das reichte ihm für’s Leben.<br />

Die Forderungen der Beklagtenseite, der Kläger möge schildern, welche genauen Folgen der Nichtantritt<br />

der Reise hatte, sind wohl als missglückter Scherz zu verstehen. Es steht außer Frage, dass<br />

einem Reiseveranstalter keine derart tiefgehenden Einblicke in die Privatsphäre des Reisenden erlaubt<br />

werden dürfen.<br />

Eine Verjährung kommt generell nicht in Betracht, da es hinsichtlich des Rückzahlungsanspruchs<br />

nicht um Reisemangelfolgenrecht geht, sondern um Unmöglichkeit. Es liegt eindeutig eine Fixschuld<br />

vor.<br />

Aber selbst wenn man es anders sehen sollte, ergibt sich der Anspruch auf Rückzahlung aus § 812<br />

BGB, und dieser verjährt bekanntlich auch erst nach langer Zeit. Für den vorliegend einschlägigen<br />

Fall der Kündigung des Reisevertrags enthält das BGB nämlich keine Regelung, die als Anspruchsgrundlage<br />

formuliert ist.<br />

Sollte das Gericht dies anders sehen, dann bitten wir zu bedenken, dass das Mahnverfahren in jedem<br />

Fall für ein rechtzeitiges Anhalten der Verjährung gesorgt hat. Etwaige Verzögerungen im weiteren<br />

Prozessverlauf haben keine Auswirkung, da es schon vom Gesetzeszweck des Verjährungsrechts<br />

her eine Selbstverständlichkeit ist, dass eine einmal eingehaltene Frist später keine Probleme<br />

mehr bereiten kann. Der Anspruchsgegner hat in einem solchen Fall ja längst seine „Warnung“ bekommen<br />

und kann sich auf einen etwaigen Rechtsstreit einstellen.<br />

Auch die ZPO gesteht dem Antragsteller des Mahnbescheids diese Möglichkeit, z.B. in Ruhe die<br />

Lage noch einmal zu durchdenken und Rechtsrat einzuholen, eindeutig zu. Außerdem wäre alles<br />

andere im konkreten Fall unbillig, weil es einzig entschuldbare private Probleme waren, die den<br />

Kläger davon abhielten, das Mahnverfahren zügiger zu betreiben.<br />

Dass auch die Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) nicht verjährt sind, versteht sich hiernach von<br />

selbst.<br />

Mahler<br />

Rechtsanwältin<br />

_______________________________________________________________________________<br />

Die ordnungsgemäße Zustellung dieses Schriftsatzes erfolgte am 25. Juni 2013.<br />

_______________________________________________________________________________


<strong>Ass</strong>essorkurs <strong>Sachsen</strong><br />

- Klausur Nr. <strong>860</strong> / Seite 8 -<br />

Dr. Karlheinz Huber Leipzig, 9. Juli 2013<br />

Rechtsanwalt<br />

04349 Leipzig<br />

Freiberger Straße 12a<br />

An das<br />

Amtsgericht Leipzig<br />

04177 Leipzig<br />

Amtsgericht Leipzig<br />

Eingang: 9. Juli 2013<br />

In Sachen<br />

Schnabel gegen Beier u.a.<br />

Az.: 6 C 234/13<br />

zeige ich unter Vorlage von Prozessvollmacht an, dass ich nun auch die Beklagte zu 2) vertrete.<br />

Ich beantrage auch weiterhin vollständige Abweisung der Klage.<br />

Ich betone nochmals meine Ausführungen zum fehlenden Verschulden und zur Rechtsmissbräuchlichkeit<br />

der Ablehnung der dem Kläger angebotenen Abhilfe.<br />

Außerdem berufe ich mich nun für beide Beklagte auf Verjährung.<br />

Gegenüber der neuen Beklagten ist zudem auch keinerlei Grundlage für deren Haftung gegeben,<br />

weil die Beklagte zu 2) die Firma des Beklagten zu 1) gar nicht unverändert fortgeführt hat, sondern<br />

die Nachfolge absolut klarstellte, indem sie unter „Gerhard Beier Nachfolger, Reisen für Genießer“<br />

firmierte.<br />

Dr. Huber<br />

Rechtsanwalt<br />

_______________________________________________________________________________<br />

Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. September 2013:<br />

Az.: 6 C 234/13<br />

Gegenwärtig: Richterin am Amtsgericht Elke Engerling<br />

Ein Urkundsbeamter der Geschäftsstelle wurde nicht hinzugezogen, vorläufig aufgezeichnet auf<br />

Tonträger gemäß §§ 159, 160a ZPO.<br />

Das Gericht stellt fest, dass folgende Personen erschienen sind:<br />

auf Klägerseite Rechtsanwältin Mahler,<br />

auf Beklagtenseite Rechtsanwalt Dr. Huber.


<strong>Ass</strong>essorkurs <strong>Sachsen</strong><br />

- Klausur Nr. <strong>860</strong> / Seite 9 -<br />

Der Sach- und Streitstand wird zum Zwecke der gütlichen Einigung erörtert. Eine gütliche Einigung<br />

scheiterte.<br />

Die Klägervertreterin stellt die Anträge aus dem Schriftsatz vom 19. Juni 2013.<br />

Der Beklagtenvertreter beantragt die vollständige Abweisung der Klage. Er beruft sich nochmals<br />

ausdrücklich auf Verjährung.<br />

Der Beklagtenvertreter erklärt, seine Äußerungen zur Haftung der Beklagten zu 2) noch ergänzen<br />

zu wollen. Wie er erst jetzt von seiner Mandantin erfahren habe, habe die Beklagte zu 2) im Übernahmevertrag<br />

mit dem Beklagten zu 1) vereinbart, dass sie für keinerlei Verbindlichkeiten einstehen<br />

werde. Diesen Haftungsausschluss habe sie seit der Übernahme bei jedem Vertragsschluss den<br />

Vertragspartnern durch Vordruck im Formularvertrag klargestellt. Aber auch dem Kläger gegenüber<br />

sei die Nichthaftung in einem Schreiben klargestellt worden, das am 4. September 2012 verfasst<br />

und abgesandt worden sei.<br />

Der Klägervertreter erklärt, die Vereinbarung eines Haftungsausschlusses im Übernahmevertrag<br />

zwischen den beiden Beklagten mit Nichtwissen bestreiten zu wollen. In jedem Fall sei klarzustellen,<br />

dass seinem Mandanten gegenüber keinerlei Erklärung bezüglich einer Nicht-Haftung der Beklagten<br />

zu 2) zugegangen sei. Er bestreite deswegen auch den Vortrag, dass überhaupt Erklärungen<br />

bezüglich des Haftungsausschlusses abgesandt worden seien.<br />

Daraufhin ergeht folgender<br />

Beschluss:<br />

Termin zur Verkündung einer Entscheidung wird bestimmt auf ..........., Sitzungssaal 209.<br />

Für die Richtigkeit der Übertragung vom Tonträger<br />

Engerling<br />

Müller<br />

Richterin am Amtsgericht<br />

Justizsekretärin als U.d.G.<br />

_______________________________________________________________________________<br />

Vermerk für den Bearbeiter:<br />

Die Entscheidung des Gerichts ist zu fertigen. Rubrum und Tatbestand sind erlassen.<br />

Ladungen, Zustellungen, Vollmachten und sonstige Formalien sind in Ordnung. Alle gesetzlich<br />

vorgeschriebenen Hinweise wurden erteilt, und § 278 Abs. 3 ZPO wurde beachtet. Wenn das Ergebnis<br />

der mündlichen Verhandlung nach Ansicht des Bearbeiters für die Entscheidung nicht ausreicht,<br />

ist zu unterstellen, dass trotz Wahrnehmung der richterlichen Aufklärungspflicht keine weitere<br />

Aufklärung zu erzielen war. Soweit die Entscheidung keiner Begründung bedarf oder in den<br />

Gründen ein Eingehen auf alle berührten Rechtsfragen nicht erforderlich erscheint, sind diese in einem<br />

Hilfsgutachten zu erörtern.

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