1091_Uebersicht
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Übersicht § 265 ZPO / Seite 1<br />
Übersicht: § 265 ZPO in der Assessorklausur<br />
A. Tatbestandsmerkmale des § 265 I ZPO<br />
1. Rechtshängigkeit: Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 265 I ZPO ist auf die<br />
Zustellung der Klage abzustellen (§§ 253 I, 261 I ZPO), also nicht analog § 167<br />
ZPO auf den Eingang bei Gericht. 1<br />
Umstritten ist, ob in diesem Zusammenhang die Rückwirkungsfiktion des<br />
§ 696 III ZPO anwendbar ist, wenn ein Mahnverfahren vorausging. 2<br />
Wird nach Erhebung des Widerspruchs gegen einen Mahnbescheid die Sache<br />
nicht alsbald an das zur Durchführung des streitigen Verfahrens zuständige Gericht<br />
abgegeben (§ 696 III ZPO), so tritt die Rechtshängigkeit i.d.S. mit Eingang<br />
der Akten bei dem Prozessgericht ein. 3<br />
2. Als „Sache“ i.S.d. § 265 ZPO kommen auch Rechte in Betracht; § 90 BGB<br />
gilt nicht. Für die Abtretung von Ansprüchen ergibt sich dies schon aus dem<br />
Gesetzeswortlaut selbst.<br />
3. Streitbefangen i.d.S. ist die Sache, wenn die Aktivlegitimation des Klägers<br />
bzw. die Passivlegitimation des Beklagten auf der rechtlichen Beziehung zu ihr<br />
beruht. 4<br />
Unproblematisch ist dies bei Forderungsabtretung oder ähnlichen Vorgängen.<br />
Wird eine Sache i.S.d. § 90 BGB während des Prozesses an einen Dritten<br />
veräußert, ist ein dingliches Recht der jeweiligen Partei an der Sache bzw.<br />
ein hieraus resultierender Anspruch erforderlich (z.B. §§ 985, 861, 1004<br />
BGB).<br />
Ist die Klage dagegen etwa nur auf einen Anspruch auf Übereignung (dieser<br />
Sache gestützt (§ 433 I BGB), ist die Sache selbst nicht streitbefangen; dann<br />
beruht die Sachlegitimation allein auf schuldrechtlichen Ansprüchen, auf<br />
deren Bestand die Veräußerung der Sache keinen Einfluss hat.<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
Musielak/Foerste § 265, RN 8; vgl. auch [weniger deutlich] ThP § 265, RN 11.<br />
Ablehnend etwa Musielak/Voit § 696, RN 3 [FN 25]; BGH NJW 2009, 1213 [1214] setzt<br />
offenbar die grds. Anwendbarkeit der Rückwirkungsfiktion des § 696 III ZPO voraus, denn<br />
dort wird die Nichtrückwirkung alleine damit begründet, dass es an der „alsbaldigen“ Abgabe<br />
i.d.S. gefehlt habe.<br />
Vgl. BGH NJW 2009, 1213 [1214 f.]; ThP § 696, RN 13.<br />
Vgl. ThP § 265, RN 3.<br />
© RA Ingo Gold / Juli 2013
Übersicht § 265 ZPO / Seite 2<br />
Käufer<br />
Klage auf Übereignung (§ 433 I BGB)<br />
Kein Fall von § 265<br />
ZPO!<br />
Verkäufer /<br />
Eigentümer<br />
Übereignung nach<br />
RH<br />
Dritter<br />
Kläger<br />
Klage aus Eigentum (§§ 985, 894 BGB)<br />
Beklagter<br />
Fall von § 265<br />
ZPO!<br />
Übereignung nach<br />
RH<br />
Dritter<br />
4. Veräußerung, Abtretung: Als Veräußerung gilt jede Einzelrechtsübertragung<br />
unter Lebenden, die einen Wechsel der Sachlegitimation herbeiführt (bei Tod<br />
einer Partei vgl. § 239 I ZPO).<br />
Darunter fällt nicht nur der rechtsgeschäftliche, sondern auch der gesetzliche<br />
Übergang (etwa § 774 I BGB oder bzgl. Unterhalts die § 33 II SGB II<br />
[Grundsicherung für Arbeitssuchende] bzw. § 94 I SGB XII [Sozialhilfe]). 5<br />
Erfasst ist auch die Übertragung durch Hoheitsakt, wie etwa bei Forderungsüberweisung<br />
an Zahlungs statt (§ 835 I 2. Alt. ZPO), die wie eine erzwungene<br />
Abtretung wirkt. 6<br />
Forderungsüberweisung zur Einziehung (§ 835 I 1. Alt. ZPO) als Fall des<br />
§ 265 ZPO? Der Vollstreckungsschuldner (= Kläger) bleibt in einem solchen<br />
Fall formell Rechtsinhaber und darf auch bei Pfändung vor Rechtshängigkeit<br />
weiterhin auch ohne Zustimmung des Vollstreckungsgläubigers<br />
auf Zahlung an diesen klagen. 7 Da er aber die Berechtigung zur Erhebung<br />
einer Klage auf Zahlung an sich selbst verloren hat, und zwar bereits durch<br />
die Pfändung, ist auch hier ein Fall des § 265 ZPO anzunehmen. 8<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
Vgl. BGH NJW 2012, 3642 [RN 8].<br />
Vgl. ThP § 265, RN 9.<br />
Vgl. BGH NJW 2001, 2178; ThP § 836, RN 2. Da auch § 265 II 1 ZPO genau dieselbe Konsequenz<br />
hat (Notwendigkeit der Umstellung des Klageantrags, siehe ThP § 265, RN 13 und<br />
unten), hat diese Frage bei Überweisung nach Rechtshängigkeit letztlich nur Auswirkung<br />
auf die Voraussetzungen des Parteiwechsel (§ 265 II 2 ZPO; s.u.); ansonsten ist die Lösung<br />
im Ergebnis auch bei Ablehnung der Anwendbarkeit von § 265 ZPO identisch.<br />
So (ohne Problemdiskussion) BGH NJW 2011, 2649 [2651]; Brox/Walker Zwangsvollstreckung,<br />
RN 640. Zöller/Greger § 265, RN 6a scheint bereits die bloße Pfändung als einen<br />
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Übersicht § 265 ZPO / Seite 3<br />
Skizze zur Forderungsüberweisung nach Rechtshängigkeit<br />
(§§ 828 ff, 835 ZPO / § 265 I ZPO)<br />
§ 8<br />
Kläger (= Vollstreckungsschuldner<br />
[VS])<br />
Zahlungsklage<br />
Beklagter (Drittschuldner)<br />
An Erfüllungs Statt: Wirkung wie § 398<br />
BGB (§§ 835 II, 836 I ZPO)<br />
Pfändung (§ 829 ZPO)<br />
und<br />
Überweisung (§ 835 I<br />
ZPO)<br />
Vollstreckungsgläubiger<br />
Zur Einziehung (§ 835 I 1. Alt.): wie<br />
erzwungene Einziehungsermächtigung,<br />
VS bleibt formal Forderungsinhaber<br />
(vgl. ThP § 836, RN 2 ff).<br />
B. Die Wirkung des § 265 II 1 ZPO (Veräußerung auf Klägerseite):<br />
I. Der Kläger behält seine Prozessführungsbefugnis.<br />
Dieses Recht, einen Anspruch im eigenen Namen geltend zu machen, fehlt<br />
grundsätzlich, wenn sich schon aus dem Klägervortrag ergibt, dass das geltend<br />
gemachte Recht dem Kläger gar nicht (mehr) zusteht; in diesem Fall kann die<br />
Klage nur Erfolg haben, wenn ein Fall einer Prozessstandschaft gegeben ist.<br />
Eine solche gesetzliche Prozessstandschaft sieht § 265 II 1 ZPO grds. vor. 9<br />
II.<br />
Aber: In der Begründetheitsprüfung muss nach h.M. (Relevanztheorie) beachtet<br />
werden, dass der Kläger den Antrag auf Leistung an den neuen Gläubiger<br />
umstellt. 10<br />
9<br />
Fall des § 265 ZPO anzusehen, weil auch diese bereits die bisherige Befugnisse beschränkt<br />
und nur noch eine eingeschränkte Vorgehensweise des Vollstreckungsschuldners zulässt<br />
(Klage auf Hinterlegung).<br />
Vgl. BGH NJW 2009, 1213 [1214]; ThP § 265, RN 12.<br />
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Übersicht § 265 ZPO / Seite 4<br />
Begründung: § 265 ZPO soll zwar die weitere Prozessführung durch den Kläger<br />
ermöglichen, nicht aber inhaltlich unkorrekte Urteile herbeiführen.<br />
Eine solche Klageänderung auf Zahlung an den neuen Gläubiger stellt einen<br />
Fall von § 264 ZPO dar, wobei umstritten ist, ob Nr. 2 (so der BGH) oder Nr. 3<br />
eingreift. 11<br />
III.<br />
Eine eigene Klage des neuen Gläubigers ist unzulässig. Neben dieser Regelung<br />
des § 265 II 1 ZPO stünde ihr auch der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit<br />
(§ 261 III Nr. 1 ZPO) entgegen. 12<br />
IV.<br />
Gemäß § 265 II 2 ZPO besteht allerdings die Möglichkeit, durch Eintritt des<br />
Rechtsnachfolgers einen Parteiwechsel herbeizuführen. 13<br />
1. Unverzichtbare Voraussetzung aber: Zustimmung des Beklagten!<br />
Zwar behandelt die Rechtsprechung den Parteiwechsel grds. als Sonderfall einer<br />
Klageänderung, so dass gemäß § 263 ZPO auch die Sachdienlichkeit ausreichen<br />
würde, wenn der Gegner die Zustimmung verweigert. 14<br />
Beim Sonderfall der Veräußerung der streitbefangenen Sache nach Rechtshängigkeit<br />
enthält § 265 II 2 ZPO nach allg. Ansicht aber eine Spezialregelung,<br />
nach der ein Parteiwechsel nicht ohne Zustimmung des Prozessgegners möglich<br />
ist; diese kann nicht dadurch ersetzt werden, dass das Gericht den Parteiwechsel<br />
als sachdienlich ansieht. 15<br />
Dabei kann nach wohl h.M. aber § 267 ZPO analog angewendet werden.<br />
2. Fehlt es an dieser Voraussetzung, ist der Eintretende durch Endurteil aus dem<br />
Prozess zu weisen. Tenor: „Der erklärte Parteiwechsel ist unzulässig.“<br />
10<br />
11<br />
12<br />
13<br />
14<br />
15<br />
Vgl. ThP § 265, RN 13; § 836, RN 2; BGH NJW 2004, 2152; NJW 2012, 3642 [RN 8].<br />
Für eine Anwendung von § 264 Nr. 2 ZPO z.B. BGH FamRZ 1987, 926 [928]; BGH NJW-<br />
RR 1990, 505; ThP § 264, RN 4; Musielak/Foerste § 265, RN 10; Zöller/Greger, § 264<br />
RN 3b; für § 264 Nr. 3 ZPO etwa Stein/Jonas/Schumann, § 265 RN 42.<br />
Vgl. BGH NJW 2011, 2193 [2194]. Auch eine solche unzulässige Klage eines Berechtigten<br />
hemmt nach BGH (a.a.O.) aber die Verjährung gemäß § 204 I Nr. 1 BGB. Wird später also<br />
etwa die Klage des Zedenten zurückgenommen oder beiderseits für erledigt erklärt und damit<br />
die Zulässigkeit dieser späteren Klage herbeigeführt, kann dieser Weg also – auch wenn<br />
er taktisch oft ungeschickt sein wird (Kosten!) – im Ergebnis erfolgreich sein.<br />
Im Klausuraufbau wird der Parteiwechsel gleich zu Beginn der Entscheidungsgründe abgehandelt<br />
(Assessor-Basics, Zivilurteil, § 9, RN 9 m.w.N.). Eine gesonderte Entscheidung für<br />
den Veräußerer ergeht nicht.<br />
Vgl. BGH NJW 1994, 3358; a.A. teilweise ThP Vorb. § 50, RN 15.<br />
Vgl. ThP § 265, RN 17; BGH NJW 1996, 2799; NJW 2012, 3642 [RN 15].<br />
© RA Ingo Gold / Juli 2013
Übersicht § 265 ZPO / Seite 5<br />
3. Die Zustimmung des Veräußerers ist vom Gesetz zwar nicht vorgesehen;<br />
auch sie ist aber erforderlich, da er nicht gegen seinen Willen aus dem Prozess<br />
gedrängt werden kann. 16<br />
4. Besonderheiten können sich aus § 266 ZPO bei Veräußerung eines streitbefangenen<br />
Grundstücks ergeben (lex specialis zu § 265 ZPO).<br />
Demnach kann der Erwerber ohne weiteres in den Prozess eintreten, eine Zustimmung<br />
des Beklagten ist nicht erforderlich. Auf dessen Antrag hin besteht<br />
sogar eine Verpflichtung zum Eintritt. Grund: leichtere Erkennbarkeit des<br />
Rechtsübergangs (Grundbucheintragung!) sowie erhöhte wirtschaftliche Bedeutung.<br />
Voraussetzung: Im Streit steht das (Nicht-) Bestehen eines dinglichen Rechts<br />
an dem Grundstück oder einer auf ihm ruhenden Verpflichtung.<br />
5. Der Rechtsnachfolger übernimmt den Prozess im gegenwärtigen Stand; d.h. er<br />
muss alle (wirksamen) Prozesshandlungen des Veräußerers gegen sich gelten<br />
lassen. 17 Das Urteil ergeht dann nur zwischen den neuen Parteien! 18<br />
C. § 265 III ZPO als Ausnahme von der Möglichkeit der Prozessstandschaft:<br />
I. Problemansatz: Nach § 265 III ZPO ist dann keine gesetzliche Prozessstandschaft<br />
gegeben, wenn die Rechtskraft nicht gemäß § 325 I ZPO gegen den<br />
Rechtsnachfolger wirkt, wenn dieser sich also auf § 325 II ZPO berufen kann.<br />
Dann ist dem Beklagten die Fortführung des Prozesses wegen der Gefahr einer<br />
neuerlichen Inanspruchnahme unzumutbar (weil sinnlos).<br />
Umgekehrt: Die gesetzliche Prozessstandschaft nach § 265 II ZPO setzt voraus,<br />
dass der Erwerber nicht gutgläubig i.S.d. § 325 II ZPO war; dann nämlich<br />
wirkt die Rechtskraft dieses Urteils gemäß § 325 I ZPO auch gegen ihn.<br />
Veräußerung durch den Kläger: nur in diesem Fall ist Abs. 3 anwendbar.<br />
Bei § 265 III ZPO handelt es sich schon nach dem Gesetzeswortlaut um eine zu<br />
erhebende Einwendung; dies kann der Beklagte einwenden. 19<br />
16<br />
17<br />
18<br />
Vgl. ThP § 265, RN 17.<br />
Vgl. ThP § 265, RN 17.<br />
Will oder kann der Erwerber nicht als Hauptpartei in den Prozess eintreten, hat er folgende<br />
Möglichkeiten: Beitritt als (einfacher) Streithelfer, §§ 265 II 3, 67 ZPO, oder Erhebung einer<br />
neuen Klage gegen die Parteien des Erstprozesses (Hauptintervention, § 64 ZPO). Eine eigene<br />
Klage gegen den ursprünglichen Beklagten ist nur im Falle des § 325 II ZPO möglich.<br />
Bei voller Rechtskrafterstreckung fehlt es dem Erwerber bereits an der Prozessführungsbefugnis;<br />
auch steht § 261 III Nr. 1 ZPO der Klage entgegen (vgl. Zöller/Greger § 265,<br />
RN 8a).<br />
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Übersicht § 265 ZPO / Seite 6<br />
Die Beweislast für fehlende Gutgläubigkeit (nach Gesetzeswortlaut der Ausnahmefall!)<br />
trägt der Kläger. 20<br />
1. Im Rahmen des § 325 II ZPO ist grds. die sog. doppelte Gutgläubigkeit erforderlich.<br />
D.h. der Erwerber muss sowohl hinsichtlich des Rechts (oder der<br />
Verfügungsbefugnis, vgl. § 366 HGB!) als auch der fehlenden Rechtshängigkeit<br />
gutgläubig sein. 21<br />
Ausnahme beim Erwerb vom Berechtigten: Nach einer Ansicht ist dann eine<br />
einfache Gutgläubigkeit nötig, d.h. es reicht der gute Glaube an die fehlende<br />
Rechtshängigkeit aus 22 , da dann eine Bösgläubigkeit hinsichtlich des Eigentumserwerbs<br />
begrifflich ausgeschlossen ist. Nach einer anderen Ansicht soll<br />
§ 325 II ZPO beim Erwerb vom Berechtigten gar nicht anwendbar sein, so dass<br />
unabhängig vom Kenntnisstand des Erwerbers immer Rechtskrafterstreckung<br />
gegeben wäre, und die Prozessstandschaft nie entfallen kann. 23<br />
2. Der Maßstab für die Beurteilung der Gutgläubigkeit richtet sich auch hier<br />
nach dem materiellen Recht. § 325 II ZPO begründet keinen Gutglaubensschutz<br />
neu, sondern baut auf die materiellrechtlichen Regelungen nur auf. 24<br />
Für die Frage, ob also erst tatsächliche Kenntnis oder bereits fahrlässige<br />
Unkenntnis den guten Glauben zerstören, ist daher zu differenzieren: Dies<br />
hängt von den materiell-rechtlichen Vorschriften ab, die für den wirksamen<br />
gutgläubigen Erwerb einschlägig sind: § 892 BGB bzw. § 932 II BGB.<br />
Derselbe Maßstab gilt dann für den Gutglaubensschutz im Hinblick auf die<br />
fehlende Prozessführung. Dies gilt dann auch beim Erwerb vom Berechtigten,<br />
wenn man dort – was streitig ist (s.o.) – § 325 II ZPO überhaupt für<br />
anwendbar hält ( quasi fiktive Prüfung: welcher Maßstab hätte bei einem<br />
gutgläubigen Erwerb gegolten?).<br />
Soweit ein gutgläubiger Erwerb des Rechts an sich überhaupt nicht möglich<br />
ist (Forderungserwerb; s.u.), kann es auch keinen guten Glauben an die fehlende<br />
Prozessführung geben.<br />
19<br />
20<br />
21<br />
22<br />
23<br />
24<br />
Vgl. Zöller/Greger § 265, RN 9; MüKo/Lüke § 265, RN 104; etwas unklar ThP § 265,<br />
RN 19. Soweit sich der Beklagte erfolgreich auf § 265 III ZPO beruft, kann der Kläger eine<br />
Abweisung seiner Klage evtl. durch eine gewillkürte Prozessstandschaft verhindern; erforderlich<br />
ist dazu u.a. die Einwilligung des Erwerbers (vgl. ThP § 51, RN 33). Daneben besteht<br />
noch die Möglichkeit der (einseitigen oder übereinstimmenden) Erledigterklärung.<br />
MüKo/Lüke § 265, RN 107; Pal. § 932, RN 15.<br />
Vgl. ThP § 325, RN 8.<br />
Vgl. ThP § 325, RN 8; Baumbach/Hartmann § 325, RN 8 f..<br />
So etwa Musielak/Musielak § 325, RN 23 f. (m.w.N.).<br />
Vgl. ThP § 325, RN 8; Zöller/Vollkommer § 325, RN 46.<br />
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Übersicht § 265 ZPO / Seite 7<br />
II.<br />
Zu unterscheiden sind dadurch letztlich drei verschiedene Fälle:<br />
1. Veräußerung einer streitbefangenen Immobilie:<br />
Die Rechtskrafterstreckung und damit die Prozessstandschaft des Veräußerers<br />
sind grds. gemäß § 265 II 1 ZPO gegeben, doch ist der Eintritt des Erwerbers<br />
in den Prozess erleichtert: Eine Zustimmung des Gegners ist nicht erforderlich.<br />
Darüber hinaus kann der Erwerber eines streitbefangenen Grundstücks auch<br />
gegen seinen Willen zur Prozessübernahme verpflichtet werden, § 266 I ZPO. 25<br />
Sofern der Erwerber beim Erwerb des Rechts gutgläubig ist (vgl. §§ 892,<br />
893, 1138, 2366 BGB), gilt § 265 III ZPO. Die Gutgläubigkeit wird dabei<br />
regelmäßig nur durch positive Kenntnis verhindert.<br />
Eine Ausnahme macht allerdings § 325 III ZPO: bei Ansprüchen aus Hypotheken<br />
und Grundschulden wirkt das Urteil auch bei Gutgläubigkeit des<br />
Erwerbers hinsichtlich der Rechtshängigkeit für und gegen diesen. Grund:<br />
Wer ein Grundstück erwirbt, muss im Grundbuch eingetragene Rechte gegen<br />
sich gelten lassen. Ebenso muss er mit der Möglichkeit rechnen, dass<br />
ein diesbezüglicher Rechtsstreit anhängig ist. 26<br />
2. Veräußerung einer streitbefangenen beweglichen Sache:<br />
Eine Rechtskrafterstreckung und damit eine Prozessstandschaft nach § 265 II 1<br />
ZPO ist nur gegeben, wenn der Erwerber (bezüglich Eigentümerstellung<br />
und/oder Rechtshängigkeit) bösgläubig i.S.v. § 932 II BGB, § 366 HGB ist o-<br />
der die Sache abhanden gekommen ist (§ 935 I BGB).<br />
3. Abtretung (oder §§ 828 ff ZPO) einer streitbefangenen Forderung:<br />
Problem hier: Bei einer Forderungsabtretung ist ein Schutz des guten Glaubens<br />
an das Recht selbst nicht gegeben.<br />
Genau dieser Maßstab wird nun übertragen auf die Frage nach der Gutgläubigkeit<br />
bezüglich der fehlenden Rechtshängigkeit. Denn es ist kein Grund ersichtlich,<br />
warum der Gutglaubensschutz des Zessionars (oder Pfändenden) insoweit<br />
besser ausgestaltet sein sollte als hinsichtlich der Frage, ob überhaupt eine Forderung<br />
des Zedenten besteht.<br />
25<br />
26<br />
Verweigert der Erwerber die Übernahme und erscheint er in dem darauffolgenden Termin<br />
nicht, gilt der Rechtsübergang als zugestanden: es kann VU ergehen.<br />
Vgl. Zöller/Vollkommer § 325, RN 48.<br />
© RA Ingo Gold / Juli 2013
Übersicht § 265 ZPO / Seite 8<br />
Folge: Einen Gutglaubensschutz im Hinblick auf die fehlende Prozessführung<br />
kann es bei Forderungsabtretung nicht geben. Eine Abtretung wird<br />
der PFB daher nicht entgegenstehen. 27<br />
Für die Forderungspfändung und -überweisung (§§ 828, 835 ZPO) gilt<br />
nichts anderes, da diese nur zwangsweise die korrespondierenden Willenserklärungen<br />
von Zedent und Zessionar ersetzt und außerdem kein Rechtsgeschäft<br />
darstellt, wie es für gutgläubigen Erwerb nötig wäre.<br />
Das Urteil wirkt daher in jedem Fall auch gegen den Erwerber.<br />
D. Veräußerung durch den Beklagten<br />
1. Hier ist § 265 III ZPO nicht anwendbar. Der Prozess geht daher unter den<br />
bisherigen Parteien so weiter, als hätte es keine Veräußerung gegeben. Der<br />
Kläger und der Beklagte gelten nach h.M. weiterhin als aktiv bzw. passiv legitimiert.<br />
28<br />
War die Klage, abgesehen von der nach Rechtshängigkeit erfolgten Veräußerung,<br />
voll begründet, so wird der Beklagte entgegen der wahren Rechtslage<br />
verurteilt.<br />
Einer Änderung des Klageantrags an die neue materielle Rechtslage (Besitz<br />
beim Rechtsnachfolger) bedarf es bei dieser Änderung der Rechtszuständigkeit<br />
auf Seiten der beklagten Partei nicht (sog. „Irrelevanztheorie“). 29<br />
Beispiel: Eine Verurteilung aus § 985 BGB ist also nach h.M. auch dann möglich,<br />
wenn feststeht, dass der Beklagte nach RH den Besitz verloren hat.<br />
Folgende Möglichkeiten ergeben sich daraus für den obsiegenden Kläger:<br />
Zum einen kann der Kläger mit diesem Urteil gegen den Beklagten vorgehen,<br />
wenn dieser möglicherweise noch oder wieder (z.B. wegen Rücktritts)<br />
im Besitz der Sache ist. Der Erwerber ist dann bei der Vollstreckung auf<br />
§ 771 ZPO angewiesen und trägt bei dieser Klage die Beweislast für sein<br />
Eigentum, während bei einer direkten Klage gegen den Erwerber den Kläger<br />
die Beweislast für sein Eigentum träfe.<br />
27<br />
28<br />
29<br />
Vgl. Zöller/Vollkommer § 325, RN 46.; MüKo/Lüke § 325, RN 83; § 265, RN 106; Merle<br />
JA 1983, 627.<br />
Vgl. ThP § 265, RN 20; MüKo/Lüke § 265, RN 91.<br />
Vgl. ThP § 265, RN 14; Pal. § 985, RN 9. Die prozessuale Unbeachtlichkeit des Rechtsüberganges<br />
auf der Seite der beklagten Partei bewahrt damit die klagende Partei zugleich<br />
vor dem Risiko eines Streits mit dem Prozessgegner darüber, ob dieser den streitbefangenen<br />
Gegenstand während des Prozesses veräußert hat und ob diese Veräußerung wirksam ist.<br />
© RA Ingo Gold / Juli 2013
Übersicht § 265 ZPO / Seite 9<br />
Zum anderen kann der Kläger eine vollstreckbare Ausfertigung gemäß<br />
§ 727 ZPO gegen den Erwerber als Rechtsnachfolger erlangen und dann<br />
gegen diesen vollstrecken. Die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung<br />
setzt insoweit voraus, dass Rechtskrafterstreckung auf den Erwerber<br />
(§ 325 I ZPO) gegeben ist, also nicht § 325 II ZPO 30 eingreift. 31<br />
Schließlich kann der Kläger auch später noch auf ein Schadensersatzverlangen<br />
übergehen.<br />
2. Alternativen für den Kläger: Der Kläger könnte auch ein anderes Vorgehen<br />
wählen. Es bestehen die prozessualen Möglichkeiten<br />
der Klageänderung (§ 264 Nr. 3 ZPO) auf Schadensersatz (z.B. § 989 BGB)<br />
oder auf Herausgabe des Surrogats (z.B. § 816 BGB),<br />
der Klagerücknahme (§ 269 I ZPO) in Verbindung mit einer neuen Klage gegen<br />
den Erwerber. 32 – Im Regelfall sicherlich weniger sinnvoll.<br />
Die Entscheidung zwischen dem Festhalten am bisherigen Antrag (etwa Herausgabe)<br />
und einem Übergang auf Geldansprüche muss nach Einzelfall getroffen<br />
werden, u.a. folgenden Kriterien:<br />
Rechtskrafterstreckung realistisch?<br />
Liegt dem Mandanten besonders viel an dem Rückerhalt der konkreten Sache<br />
selbst oder geht es ihm mehr um das Wertinteresse?<br />
Wie realistisch erscheint die Durchsetzung von Geldforderungen gegen den<br />
Beklagten (Solvenz)?<br />
E. Die Entscheidung / Tenorierungsbeispiele:<br />
I. Bei erfolgreicher Anwendung von § 265 II 1 ZPO<br />
1. Der Kläger hat den Streitgegenstand veräußert und den Prozess zu Recht<br />
gegen bisherigen Beklagten fortgesetzt, aber Klage umgestellt:<br />
„Der Beklagte wird verurteilt, 2.000 € an ...... (genaue Bezeichnung des<br />
Rechtsnachfolgers) als Rechtsnachfolger des Klägers zu bezahlen.“<br />
30<br />
31<br />
32<br />
Diese Vorschrift gilt auch bei Veräußerung durch den Beklagten; nur im Vorprozess hat dies<br />
wegen Nichtanwendbarkeit von § 265 III ZPO noch keine Auswirkung.<br />
Diese letzten Fragen gehören nicht in das Urteil, das den Titel für den Kläger erst schaffen<br />
soll, sondern sind im darauf folgenden Verfahren der Umschreibung auszutragen, etwa bei<br />
§§ 731, 732 ZPO.<br />
Vgl. Knöringer § 10 III. Teilweise wird in diesem Zusammenhang auch auf die angebliche<br />
Möglichkeit der Erklärung der Hauptsacheerledigung hingewiesen. Allerdings wurde die<br />
Klage nach den obigen Ausführungen gerade nicht nachträglich unzulässig oder unbegründet,<br />
so dass eigentlich kein erledigendes Ereignis vorliegt.<br />
© RA Ingo Gold / Juli 2013
Übersicht § 265 ZPO / Seite 10<br />
2. Der Beklagte hat veräußert und wird trotz Veräußerung verurteilt. Dann<br />
ergeben sich keine Besonderheiten, da so getan werden muss, als sei nicht veräußert<br />
worden:<br />
„Der Beklagte wird zur Herausgabe von .......... verurteilt.“<br />
II.<br />
Bei erfolgreicher Berufung des Beklagten auf § 265 III ZPO<br />
Dies ist - wie gezeigt - nur denkbar bei beweglichen Sachen und Immobilien<br />
und Veräußerung durch den Kläger.<br />
Dann fehlen die Prozessführungsbefugnis und zusätzlich die Begründetheitsvoraussetzung<br />
der Aktivlegitimation. Ob die Klage in solchen Fällen als unzulässig<br />
oder als unbegründet abzuweisen ist, ist umstritten.<br />
Für Unzulässigkeit spricht der Vorrang der Prozessvoraussetzungen vor den<br />
Begründetheitsvoraussetzungen. 33<br />
Bei einer solchen doppelten Wirkung ein und derselben Tatsache (!) steht<br />
dagegen die wohl h.M. auf dem Standpunkt, dass die Klage als unbegründet<br />
abzuweisen sei. 34<br />
Der Tenor ist nach beiden Ansichten grds. derselbe: „Die Klage wird abgewiesen.“<br />
35<br />
_________________<br />
33<br />
34<br />
35<br />
So Knöringer § 10 II 1.<br />
So ThP § 265, RN 19; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann § 265, RN 27.<br />
Vgl. ThP § 313, RN 10. Nur eine Mindermeinung will das Prozessurteil anders („.. wird als<br />
unzulässig abgewiesen.“) tenorieren (vgl. Assessor-Basics Zivilurteil § 4, RN 12 m.w.N.).<br />
© RA Ingo Gold / Juli 2013