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Faktenblatt - Kanton Bern

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FAKTENBLATT ZUR<br />

MEDIENKONFERENZ BERNER STAATSWEIN 2012<br />

1. Geschichte und Gegenwart des Weinbaus am Bielersee<br />

1.1 Neolithikum und Antike<br />

Fundgegenstände wie Traubenkerne aus St. Blaise und Schnüre aus Waldreben-<br />

Bast aus Port deuten darauf hin, dass die Weinrebe schon den neolithischen und bronzezeitlichen<br />

Pfahlbaukulturen bekannt war. Mit der Romanisierung Helvetiens wurde in Teilen<br />

Helvetiens auch der Weinbau eingeführt. Im Wallis wurden Gartenmesser für die Weinlese<br />

gefunden, die auf das 2. Jahrhundert nach Christus datiert werden konnten.<br />

1.2 Mittelalter<br />

Die erste, bis heute erhaltene, urkundliche Erwähnung des Rebbaus stammt aus<br />

dem Jahr 516. Sie betrifft die Reben der Abtei St. Maurice im <strong>Kanton</strong> Wallis. Die Klöster<br />

trugen maßgeblich zur Verbreitung des Rebbaus in der Schweiz bei. Ein päpstliches<br />

Schreiben belegt, dass am Bielersee schon im Jahr 866 Wein angebaut wurde.<br />

Werner Bourquin hielt fest (1932): „Das frühe Mittelalter lässt durch die Besitzverhältnisse<br />

darauf schliessen, dass der Weinbau in der Gegend bereits festen Fuß gefasst haben<br />

muss. Schon damals waren die Rebgüter am Bielersee ein begehrter Besitz.“ Viele Rebgüter<br />

gehörten dem Ortsadel — zum Beispiel den Herren von Biel, von Twann, von Ligerz<br />

und von Tess. Immer häufiger interessierten sich auch die Klöster der näheren und weiteren<br />

Umgebung für solche Güter.<br />

Nach und nach starben die adligen Geschlechter aus, und der grösste Teil ihres Rebbesitzes<br />

kam durch Schenkung oder Verkauf in klösterlichen Besitz. Folgende Klöster besaßen<br />

Rebparzellen am Bielersee: Bargenbrügg, Bellelay, Engelberg, Fraubrunnen, Frienisberg,<br />

Gottstatt, Münster-Granfelden, Rüeggisberg, St. Immer, St. Johannsen, St. Urban, Tedlingen<br />

sowie die Johanniterkommenden zu Biel, Münchenbuchsee und Thunstetten.<br />

Der Rebbau am Bielersee ist seit dem 9. Jahrhundert nachgewiesen. Doch nicht nur am<br />

Südhang des Juras standen Reben, auch in den Dörfern des Seelands waren Anbauflächen<br />

für den Weinbau reserviert.<br />

1.3 Von der Reformation bis ins 18. Jahrhundert<br />

Mit der Reformation gingen die klösterlichen Reben in den Besitz des Staates<br />

<strong>Bern</strong> über. Zum Teil wurden sie später an bernische Familien verkauft, doch erst nach<br />

dem Ende des Ancien Régime kamen solche Güter nach und nach in den Besitz seeländischer<br />

Rebbauern. Denn bis ins 18. Jahrhundert war privater, bäuerlicher Rebbesitz nicht<br />

üblich.<br />

In der Regel arbeiteten die Rebbauern für die Stadt <strong>Bern</strong> oder für bernische Patrizierfamilien.<br />

Meistens war eine Winzerfamilie für drei bis vier Mannwerk (= 1290 bis 1720 Quadratmeter)<br />

Reben verantwortlich. Für ihre Arbeit erhielten sie als „Halbrebenleute“ die Hälfte<br />

des Ertrags.<br />

Volkswirtschaftsdirektion des <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong>


Weinbau am Bielersee / Medienkonferenz <strong>Bern</strong>er Staatswein Seite 2<br />

Die frühe Neuzeit war klimatisch durch die „Kleine Eiszeit“ (15. bis 19. Jahrhundert) geprägt.<br />

Auch der Rebbau am Bielersee litt manchmal unter der Klimaverschlechterung.<br />

Doch die Qualität des Bielerseeweins nahm auch aus anderen Gründen ab: Viele junge<br />

Weinbauern und Weinbäuerinnen fanden eine leichtere Arbeit außerhalb des Rebbaugebiets,<br />

zum Beispiel in den Indienne-Manufakturen oder als Hausangestellte. Um die fehlenden<br />

Arbeitskräfte zu ersetzen, mussten Taglöhner beschäftigt werden, und dadurch<br />

gingen die Einkommen im Rebbau zurück. Dies wiederum entmutigte die Rebleute, ihre<br />

Arbeit auch weiterhin mit der gewohnten Sorgfalt zu besorgen.<br />

Um die Krise im Rebbau zu überwinden, wurde im Jahr 1781 die REBGESELLSCHAFT<br />

TWANN-LIGERZ-TÜSCHERZ gegründet. Diese Gesellschaft profitierte von Erkenntnissen der<br />

ÖKONOMISCHEN GESELLSCHAFT, welche verschiedene Modernisierungen im Rebbau anregte.<br />

Zum Beispiel wurden der Gemüseanbau und das Pflanzen von Bäumen in den Reben<br />

eingedämmt. Die Rebgesellschaft kontrollierte zudem, ob die Reben ihrer Mitglieder genügend<br />

gepflegt wurden. Die Maßnahmen der Rebgesellschaft scheinen relativ bald genützt<br />

zu haben. Jedenfalls wurde die Qualität des Bielerseeweins im Jahr 1791 in einer Publikation<br />

des Göttinger Gelehrten Christoph Meiners ausdrücklich gelobt. Der Professor der<br />

Weltweisheit hielt darin fest: „Zum gewöhnlichen Tischwein ziehe ich den Seewein, der am<br />

Bielersee wächst, dem La Côte und selbst dem Ryfwein vor. Er hat eine angenehme Säure<br />

und kommt in Ansehung seiner Lieblichkeit dem guten Markgräfler und dem Johannisberger<br />

sehr nahe.“<br />

1.4 Das 19. und das 20. Jahrhundert<br />

Kurz nach der Französischen Revolution, während der Helvetik (1798-1803), kam<br />

es zu wichtigen Veränderungen in der Besitzstruktur. Immer mehr Winzerfamilien erwarben<br />

eigenes Rebland, und es wurde möglich, sich vom Zehnten freizukaufen.<br />

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts nahm zudem die Mobilität enorm zu. Dadurch wurden<br />

auch Parasiten und Schädlinge verbreitet. Im Zusammenhang mit dieser Entwicklung erlebte<br />

der Rebbau eine Folge von Katastrophen, die energische Abwehrmaßnahmen notwendig<br />

machten. Ab 1868 tauchte der falsche Mehltau in unserer Region auf, eine Pilzwucherung,<br />

welche die grünen Teile der Reben befällt und die Blätter zum Absterben bringt.<br />

Die Winzer begegneten dieser Plage mit dem Spritzen einer Kupfervitriollösung. Doch<br />

auch der echte Mehltau machte ihnen zu schaffen. Dieser Pilz zerstörte nicht nur die Blätter<br />

der Rebe, er befiel auch die Trauben. Der echte Mehltau wurde mit Schwefelstaub bekämpft.<br />

In manchen Gebieten der Westschweiz wurden kurz vor 1900 zudem amerikanische<br />

Reben importiert, die gegen diese Pilzkrankheit immun waren. Fatalerweise wurde<br />

dadurch ein weiterer Schädling eingeschleppt: die Reblaus. Diese brachte es fertig, einen<br />

Rebstock durch die Schädigung seiner Wurzeln gänzlich zu vernichten. Nur die amerikanischen<br />

Reben waren gegen die Reblaus immun.<br />

Da der aus amerikanischen Reben gewonnene Wein nur wenig Zuspruch fand, blieb nur<br />

noch eine Möglichkeit: Die amerikanischen Rebstöcke mussten durch das Aufpfropfen erprobter<br />

einheimischer Hölzer veredelt werden. Die Winzer unserer Region reagierten<br />

rasch und entschlossen: Schon im Jahr 1910, also drei Jahre bevor die Reblaus den Bielersee<br />

erreichte, wurde im „Pfropfhüsli“ zu Twann mit der Erneuerung des gesamten Rebbestandes<br />

begonnen. Die Pfröpflinge wurden in ausschließlicher Handarbeit hergestellt.<br />

Trotzdem schafften die geschicktesten Arbeiter bis zu 3‘000 Schnitte pro Tag. Die veredelten<br />

Pfröpflinge wurden sorgsam in Kisten mit feuchtem Sägemehl eingepackt und im<br />

„Pfropfhüsli“ bei 30 Grad Wärme im Dunklen vorgetrieben. Die grundlegende Erneuerung<br />

der Rebberge am Bielersee dauerte etwa bis ins Jahr 1930, also ganze zwei Jahrzehnte.<br />

Mit ihrem entschlossenen Handeln retteten die Winzer am Bielersee den Weinbau in unse-<br />

Volkswirtschaftsdirektion des <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong>


Weinbau am Bielersee / Medienkonferenz <strong>Bern</strong>er Staatswein Seite 3<br />

rer Region. Doch in vielen Gemeinden des Seelands trug die Zerstörungsarbeit der Reblaus<br />

dazu bei, dass der Weinbau definitiv aufgegeben wurde.<br />

Der „Leset“, also die Traubenernte, bedeutete für viele Menschen einen Höhepunkt im<br />

Jahreslauf. Die Weinlese, das letzte Rebwerk im Rebjahr, ist eine Arbeit, die am Bielersee<br />

bis ins Jahr 1996 von allen Winzern eines Dorfs zu einem gemeinsamen Zeitpunkt angegangen<br />

wurde. Denn jahrhundertelang wurde das Ende des Rebjahrs in den Winzerdörfern<br />

vom Herbstbann und vom Lesebann regiert. Der Herbstbann bestimmte, dass die Zugänge<br />

zum Rebberg von August bis zur Traubenernte für Unbefugte geschlossen wurden.<br />

Mit dieser Maßnahme sollten die reifenden Trauben vor Diebstahl geschützt werden. Zum<br />

Herbstbann gehörte die Rebhut, welche die Trauben vor den Tieren schützen sollte. Der<br />

Bann galt bis zum Ende des „Lesets“, dessen Beginn in der Regel vom Landvogt festgesetzt<br />

wurde. Der zwei- bis dreiwöchige „Leset“ wurde alljährlich zu einem großen kollektiven<br />

Erlebnis. In den Reben am Bielersee wirkte das „Herbstvolk“, welches oft von weither<br />

in die Winzerdörfer strömte. Vor der Reformation zum Beispiel begab sich der Komtur der<br />

Johanniterkommende Münchenbuchsee mit einem großen Gefolge ins Buchsihaus zu<br />

Twann, um die Traubenernte auf seinem Rebgut aus der Nähe mit zu verfolgen. Für die<br />

Erntehelfer aus dem Dorf Münchenbuchsee, welche den Komtur begleiteten, war der<br />

„Herbst am See“ der Höhepunkt des Jahres. Das galt wohl für das „Herbstvolk“ generell —<br />

für die Leserinnen und Leser, aber auch die Brenten- und Züberträger, die Moster, Trüelknechte,<br />

Küfer und Fuhrleute. Ein wichtiger Faktor für das Wohlbefinden während des<br />

„Lesets“ war die Verpflegung. Auf den großen Rebgütern wirkten deshalb zur Erntezeit<br />

auch eine Herbstköchin und ein Herbstmetzger. Die Herrschaft wurde auch nach der Reformation<br />

mit auserlesenen Speisen versorgt. Wie aus Akten der Johanniterkommende<br />

Münchenbuchsee hervorgeht, erhielt auch das „Herbstvolk“ gute Kost. Der Bericht aus<br />

dem Jahr 1568 erwähnt als Nahrung Kraut, Kabis, Eier, Obst, Dörräpfel und Birnenschnitze,<br />

Fleisch, Würste, Kutteln, Rüben, Zwiebeln, Käse und Ziger. Besondere Feierlichkeiten<br />

standen während der Erntezeit nicht im Vordergrund. Immerhin verbrachten die „Halbrebenleute“<br />

— sie arbeiteten gegen die Hälfte des Ertrags auf den herrschaftlichen und<br />

kirchlichen Gütern — die Sonntage auf der Sankt Peters-Insel, und auf den großen Rebgütern<br />

genoss man die Geselligkeit.<br />

1.5 Heute<br />

Im Jahr 2009 war Neulandantritt der Güterzusammenlegung TWANN-LIGERZ-<br />

TÜSCHERZ: Die Güterzusammenlegung umfasste einen Perimeter von 105,5 Hektaren Reben.<br />

34 Haupterwerbsbetriebe und 10 Nebenerwerbsbetriebe waren davon betroffen. Das<br />

rund 7 Kilometer lange Rebgebiet wird durch viele Terrassen und durch 82 Kilometer<br />

Rebmauern geprägt. Die Terrassen sind von nationaler Bedeutung.<br />

1.5.1 Zahlen aus dem <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong><br />

• Fläche Region Bielersee: 222,6 ha<br />

• Fläche Region Thunersee: 18,5 ha<br />

• Fläche im übrigen Gebiet: 2,5 ha<br />

• Anzahl Traubenproduzenten: 200<br />

• Anzahl Einkellerer: 90<br />

• Weinproduktion im Schnitt der letzten 10 Jahre: rund 1,5 Millionen Liter Wein<br />

Volkswirtschaftsdirektion des <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong>


Weinbau am Bielersee / Medienkonferenz <strong>Bern</strong>er Staatswein Seite 4<br />

1.5.2 Ökologie im Rebberg<br />

Aufgrund von Forschungsarbeiten der AGROSCOPE ACW entwickelte sich im<br />

Schweizer Rebbau in den siebziger Jahren die Integrierte Produktion. Von Beginn an wurde<br />

dieser naturnahe Anbau durch interessierte und motivierte Pioniere im Rebbau gefördert.<br />

In der praktischen Umsetzung heißt das: Verzicht auf Insektizide und Kunstdünger,<br />

alternatives Mähen zwischen den Reihen und Fungizideinsatz nur nach Prognose. Werden<br />

die Rebberge nachhaltig bewirtschaftet, dann sind sie sehr wertvolle Ökosysteme mit<br />

hoher Pflanzen-und Tiervielfalt. So auch im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong>. Die Rebberge sind heute wichtige<br />

landschaftliche naturnahe Elemente von größter Bedeutung.<br />

2. Tradition & Innovation im Weinbau des Bielersees<br />

2.1 Anbauarten<br />

Der Guyot oder Drahtbau ist ein einfaches und gängiges Anbausystem. Am meisten<br />

verbreitet ist der Guyotanbau (einfacher Streckbogen). Pro Fruchtstrecker werden<br />

sechs bis acht Augen belassen. Dazu kommen zwei Augen von der Reserve. Das ergibt<br />

dann acht bis zehn Triebe pro Stock. Der erste Bindedraht befindet sich mindestens 80<br />

Zentimeter vom Boden entfernt. Dieses Anbausystem ist auch in der Schweiz das Hauptanbausystem<br />

und unterscheidet sich nicht von anderen Regionen. Der Stickelanbau hat<br />

keine Bedeutung mehr.<br />

Reihenabstände: 1,8 bis 2 Meter<br />

2.2 Rebsorten<br />

Derzeit werden im <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> 56 Rebsorten angebaut. Die Hauptsorten sind:<br />

• Pinot Noir,<br />

• Chasselas,<br />

• Chardonnay,<br />

• Pinot Gris,<br />

• Sauvignon Blanc,<br />

• Riesling-Silvaner.<br />

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Weinbau am Bielersee / Medienkonferenz <strong>Bern</strong>er Staatswein Seite 5<br />

2.3 Pflegearten & Maschinen<br />

Trotz leichter Mechanisierung und Drahtbaumitteln ist die Arbeit in den Reben mit<br />

rund 800 Arbeitsstunden pro Hektare nach wie vor recht intensiv. Da gerade am Bielersee<br />

viele Flächen im Terrassenbau gepflegt werden, ist nur eine leichte Mechanisierung (zum<br />

Bsp. mit Raupenfahrzeugen) möglich. Daher sind die Produktionskosten in unserem <strong>Kanton</strong><br />

bedeutend höher als beispielsweise im <strong>Kanton</strong> Genf oder im Ausland, wo Rebberge<br />

voll mechanisiert gepflegt werden können.<br />

3. Weinpolitik des <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong><br />

Der <strong>Kanton</strong> <strong>Bern</strong> strebt eine qualitative und wirtschaftlich sinnvolle Entwicklung im<br />

Rebbau an. Um die Wirtschaftlichkeit und die Konkurrenzfähigkeit in den <strong>Bern</strong>er Rebbaubetrieben<br />

zu verbessern, sollte die durchschnittlich bewirtschaftete Fläche pro Betrieb in<br />

den nächsten Jahren weiter erhöht werden. Die Fachstelle für Rebbau und die Fachkommission<br />

fördern die sinnvolle Entwicklung des <strong>Bern</strong>er Rebbaus nach folgenden Kriterien:<br />

• Bewilligung für neue Rebflächen in den beiden Hauptanbaugebieten in<br />

bestehenden AOC Gemeinden sofern noch geeignete Grundstücke vorhanden<br />

sind.<br />

• Bewilligung im übrigen <strong>Kanton</strong>sgebiet und in neuen Gemeinden, sofern die<br />

Wirtschaftlichkeit (Mindestflächen!), der Qualitätsanbau und die Absatzmöglichkeiten<br />

gegeben sind.<br />

• Bewilligung für neue Rebflächen, sofern es sich um die Wiederbepflanzung<br />

von ehemaligen Rebflächen handelt.<br />

Die Beurteilung einer Fläche anhand der genannten Kriterien erfolgt durch die Fachstelle<br />

für Rebbau (Rebbaukommissär). Der Rebbau ist eine kapital- und arbeitsintensive Kultur,<br />

weshalb der Aspekt der Wirtschaftlichkeit sehr stark gewichtet wird. Bis eine durchschnittliche<br />

Hektare Reben in den Ertrag kommt, müssen rund 100'000 bis 150'000 Franken investiert<br />

werden (ohne Boden und Mechanisierung!). Der jährliche Arbeitsaufwand liegt je<br />

nach Anbausystem bei 400 bis 1'000 Arbeitsstunden pro Hektare.<br />

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Weinbau am Bielersee / Medienkonferenz <strong>Bern</strong>er Staatswein Seite 6<br />

3.1 Entscheidungsgrundlagen für Neueinsteiger<br />

Auf dem Weltmarkt herrscht eine Überproduktion an Wein. Während die EU Ausreißprämien<br />

zur Flächenverminderung bezahlt, nimmt in der neuen Welt die Anbaufläche<br />

laufend zu. Die Schweiz deckt ihren Eigenbedarf an Wein zu 40 Prozent. Die übrige Menge<br />

wird importiert. Schweizer Wein steht in geschmacklicher und preislicher Konkurrenz zu<br />

den meist günstiger produzierten Importweinen. Die Herstellung unseres Weins hat höhere<br />

Produktionskosten. Daher sollten Neueinsteiger vorgängig ein Anbau- und Vermarktungskonzept<br />

und einen Businessplan erstellen. Die Fachstelle für Rebbau des INFORAMA<br />

leistet dabei Unterstützung. Vor einer Investition gilt es, folgende Fragen zu klären:<br />

• Wie sieht das Marktumfeld aus?<br />

• Wer ist mein Zielpublikum/Kunde?<br />

• Wo/wer sind meine Mitbewerber, mit welchen Produkten und Preisen?<br />

• Womit differenziere ich mich mit meinem Wein?<br />

• Welchen Wein will ich produzieren?<br />

4. Kürung BERNER STAATSWEIN 2012<br />

4.1 Kriterien und Durchführung<br />

Das STAATSWEINREGLEMENT ist aufgrund der Anpassung an die neue Degustationsplattform<br />

erneuert worden. Die Plattform wurde erstmals gemeinsam erfolgreich betrieben,<br />

und es wurden nebst den <strong>Bern</strong>er Staatsweinen auch die AOC Weine und die Vordegustationsweine<br />

der REBGESELLSCHAFT BIELERSEE verkostet. Insgesamt waren das 306<br />

Weine mit rund 6 Prozent Doppelproben.<br />

Gemäß Reglement dürfen nur <strong>Bern</strong>er Weine (Reben und Kelterungsbetrieb im <strong>Kanton</strong> BE)<br />

eingereicht werden, und die Weine müssen die AOC-Anforderungen erfüllen. Die für die<br />

Staatsweindegustation angemeldeten und eingereichten Weine sowie deren Degustationsresultate<br />

wurden von der Fachstelle für Rebbau im INFORAMA verwaltet und ausgewertet.<br />

Für die neue gemeinsame Degustationsplattform zeichnete die REBGESELLSCHAFT BIELER-<br />

SEE verantwortlich.<br />

Die Degustationen fanden nach einem geeigneten und anerkannten Verfahren statt: Jeder<br />

Wein wurde durch fünf unabhängige Verkoster einzeln degustiert und benotet. Die einzelnen<br />

Resultate wurden zusammengezählt und ergaben einen Durschnitt. Die Beurteilung<br />

erfolgte nach dem 100-Punkte-Formular. Diejenigen Weine, welche in den Kategorien<br />

Chasselas und Blauburgunder unter den vier besten waren, erreichten die Finalrunde. Für<br />

die weißen und roten Spezialitäten wurden Unterkategorien ab mindestens fünf angemeldeten<br />

Weinen pro Sorte gebildet. Spezialitäten, von denen weniger als fünf Weine eingereicht<br />

wurden, bildeten jeweils gemeinsam eine Unterkategorie. Der Wein jeder Unterkategorie<br />

mit der höchsten Punktzahl kam in die Finalrunde. Bei mehr als vier Unterkategorien<br />

kamen jeweils die vier Unterkategoriensieger der weißen und roten Spezialitäten mit<br />

der höchsten Punktzahl eine Runde weiter, bei weniger Unterkategorien nur die jeweiligen<br />

Unterkategoriensieger.<br />

Im Jahr 2012 wurden für die weißen Spezialitäten folgende Unterkategorien gebildet:<br />

• Chardonnay,<br />

• Riesling-Sylvaner,<br />

• Rosé,<br />

• Wein der übrigen Sorten (Gewürztraminer).<br />

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Weinbau am Bielersee / Medienkonferenz <strong>Bern</strong>er Staatswein Seite 7<br />

Für die roten Spezialitäten wurden im Jahr 2012 wiederum nur drei Unterkategorien gebildet:<br />

• Pinot Barrique,<br />

• Wein der übrigen Sorten (Garanoir),<br />

• Wein (Assemblage verschiedener Sorten)<br />

4.2 Jury<br />

Als Leiter der Jury für die neue gemeinsame Degustationsplattform konnte Herr<br />

Hans Bättig, Inhaber der Firma WEINKONZEPTE in Luzern, verpflichtet werden. Ihm stand<br />

ein Team von 20 Degustatoren (4 Gruppen à 5 Personen) zur Verfügung. Das Team wurde<br />

an einem Abend vorgängig instruiert, und es fanden Probeläufe statt. An zwei aufeinanderfolgenden<br />

Tagen wurden dann die 305 Weine verkostet und ausgewertet.<br />

Der Final-Jury gehörten neben Regierungspräsident Andreas Rickenbacher folgende Persönlichkeiten<br />

an: Werner Luginbühl, Ständerat, Hans Jörg Girsberger-Schläppi, Wirt des<br />

Restaurants 3 FISCHE in Lüscherz, Arthur Vogel, Chefredaktor DER BUND, Frau Katherine<br />

von Ah, Direktorin JURA BERNOIS TOURISME, Yves Beck, Autor, Sabine Steiner, Weinproduzentin.<br />

4.3 Auswertung<br />

Im Vergleich zum Vorjahr wurden mehr Weine zum Wettbewerb um den BERNER<br />

STAATSWEIN angemeldet. Am meisten Anmeldungen lagen in der Kategorie Weiße Spezialitäten<br />

vor. Insgesamt wurden im Jahr 2012 157 Weine (Vorjahr 127 Weine) zur Kürung<br />

angemeldet. Die neue Degustationsplattform scheint die Winzer zur Anmeldung animiert<br />

zu haben.<br />

4.4 Gewinner<br />

Unter den Weinbauern der 15 Weine, welche in die Finalrunde gelangten, waren 7<br />

neue Produzenten, die bisher noch nie den Staatswein gewonnen haben. Die restlichen 8<br />

Winzer hatten schon in den Vorjahren einen Preis gewonnen. Als kleine Sensation kann<br />

der Umstand gewertet werden, dass in der Kategorie Weiße Spezialitäten gleich 3 Weine<br />

(ein Chardonnay, ein Riesling-Sylvaner und ein Rosé) aus dem gleichen Betrieb stammten<br />

und zwar aus der Region Thunersee (REBBAUGENOSSENSCHAFT SPIEZ). Nur um wenige<br />

Zehntelspunkte hat der vierte Wein dieses Betriebs (Muskat/Gewürztraminer) die Auszeichnung<br />

BERNER STAATSWEIN in der Finalrunde verpasst. Dieser Erfolg macht deutlich,<br />

dass in der REBBAUGENOSSENSCHAFT SPIEZ am Thunersee ein enormes Potential steckt!<br />

Volkswirtschaftsdirektion des <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong>

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