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a n ie l S c h w e ic h

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Botanisch international anerkannte Neubeschreibungen:<br />

Indianer und andere sogenannte wilde Völker schreiben ihre Ze<strong>ic</strong>hen in den Sand oder mit der<br />

Pfeilspitze in ihre Calabassen. D<strong>ie</strong> schreibkundigen Aegypter hatten ihre uns primitiv scheinende<br />

H<strong>ie</strong>roglyphenze<strong>ic</strong>henschrift. In Peru hatten d<strong>ie</strong> Inkas d<strong>ie</strong> Knotenschrift ausgedacht, d<strong>ie</strong> nur den<br />

Angehörigen ihrer Kaste verständl<strong>ic</strong>h war. Damit waren das Volk und d<strong>ie</strong> Allgemeinheit von Wissenschaft<br />

und höheren Kenntnissen ausgeschlossen. D<strong>ie</strong> zivilis<strong>ie</strong>rt‐humanistische Bildungssch<strong>ic</strong>ht der<br />

Völker des mittelalterl<strong>ic</strong>hen Abendlandes hat es für nötig und zweckmäßig gehalten, s<strong>ic</strong>h der<br />

lateinischen Sprache für d<strong>ie</strong> schriftl<strong>ic</strong>he Verständigung zu bed<strong>ie</strong>nen. Auch heute noch ist d<strong>ie</strong>se<br />

Gewohnheit unter anderem in folgender Form in Gebrauch: ein Kakteenkenner, der oft genug<br />

kein Lateinkönner ist, beschreibt neue Pflanzen in irgend einer ihm geläufigen Sprache, da er ja<br />

lateinisch n<strong>ic</strong>ht beherrscht; d<strong>ie</strong>se Beschreibung wird nun von jemand, der von Kakteen n<strong>ic</strong>hts versteht,<br />

in ein für C<strong>ic</strong>ero haarsträubendes Küchenlatein übersetzt, das n<strong>ie</strong>mand versteht; deshalb wird<br />

an d<strong>ie</strong>se „Diagnose“ eine lange und ausführl<strong>ic</strong>he Beschreibung in einer lebenden Sprache an -<br />

gehängt.<br />

Wissenschaftl<strong>ic</strong>h und international wird angebl<strong>ic</strong>h nur dann eine neue Pflanze und deren Name<br />

anerkannt, wenn s<strong>ie</strong> ordnungsgemäß mit der sogenannten Diagnose in Latein behaftet ist: also<br />

besagt ein Gebot der Berufsbotaniker. D<strong>ie</strong> lateinische Diagnose ist n<strong>ic</strong>hts anderes als eine moderne<br />

Abart der lnkaknotenschrift, von den daran interess<strong>ie</strong>rten Kreisen schön ausgedacht und<br />

zum ehernen Gesetz erhoben. Nur zu oft ist d<strong>ie</strong>ses Gesetz schon durchbrochen worden, und<br />

dabei haben auch neue Pflanzen ohne lateinische Diagnose Namen erhalten, d<strong>ie</strong> allgemein und<br />

international anerkannt wurden. So wären u. a. zum Beisp<strong>ie</strong>l auch alle Neubeschreibungen in dem<br />

Britton‐Rose’schen Werke ungültig, denn s<strong>ie</strong> sind ausnahmslos in englischer Sprache gedruckt.<br />

Wir modernen Menschen schneiden also d<strong>ie</strong>sen alten Zopf ab, denn uns sagen gute Photos der<br />

Pflanze mit Farben‐ und Maßstabangaben bedeutend mehr, als alle noch so langatmigen, womögl<strong>ic</strong>h<br />

lateinischen Beschreibungen. Das gute L<strong>ic</strong>htbild als moderne Art von H<strong>ie</strong>roglyph<strong>ie</strong> ist wissenschaftl<strong>ic</strong>h<br />

exakt und international allgemein verständl<strong>ic</strong>h. Das ist, wenn auch indirekt, von der offiz<strong>ie</strong>llen<br />

Fachbotanik anerkannt. In der M. f. Kkde., Bd. 30, S. 8, beschreibt der nachmalige Kustos des botanischen<br />

Museums in Berlin‐Dahlem, Dr. F. Vaupel, eine neue Kakteenart nur auf Grund zwe<strong>ie</strong>r Photos.<br />

Er bemerkt, daß jene „so klar und ausre<strong>ic</strong>hend se<strong>ie</strong>n, daß d<strong>ie</strong> Pflanze danach gut bestimmt<br />

und beschr<strong>ie</strong>ben werden kann, obgle<strong>ic</strong>h sonstiges Material n<strong>ic</strong>ht vorhanden ist“. Dann wird eine<br />

lateinische Diagnose gegeben. Also: z u e r s t war das L<strong>ic</strong>htbild und n a c h d i e s e m wurde d<strong>ie</strong><br />

Diagnose fabriz<strong>ie</strong>rt! Der Weg ist also von hinten gegangen und man muß fragen, warum? Solche<br />

Blüten kann ein fremdwörtelnder Standesdünkel treiben.<br />

Meine Muttersprache ist mir wertvoll genug, um bedingungslos auf das Surrogat einer „Diagnose“<br />

zu verz<strong>ic</strong>hten, wenn ein Photo beschreibend in Farbe etc. zu ergänzen ist.<br />

E g e r , im Februar 1934 (als fertiges Manuskript).<br />

In der Heimat des Notocactus Schumannianus [N<strong>ic</strong>olai] (Nr.452) an der Serra San Tomé, Paraguari, Paraguay.<br />

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