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1.Teil Familienrecht - Buchhandel.de

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1. Teil<br />

<strong>Familienrecht</strong><br />

A. Grundbegriffe und Rechtsgrundlagen <strong>de</strong>s<br />

<strong>Familienrecht</strong>s<br />

Die wichtigste Rechtsquelle für das <strong>Familienrecht</strong>istdas4.Buch<strong>de</strong>sBGB.Esenthältdrei<br />

Abschnitte, nämlich das Eherecht (§§ 1297–1588), das Verwandtschaftsrecht (§§ 1589–1722)<br />

und das Recht <strong>de</strong>r Vormundschaft, Betreuung und Pflegschaft (§§ 1773–1921).<br />

1<br />

Bevor wir auf die einzelnen Gebiete näher eingehen, wollen wir uns kurz mit ein paar<br />

wesentlichen Grundbegriffen beschäftigen.<br />

I. Familie<br />

Der Begriff <strong>de</strong>r Familie wird im BGB nicht <strong>de</strong>finiert.<br />

2<br />

Unter <strong>de</strong>m Begriff <strong>de</strong>r Familie ist nach <strong>de</strong>m natürlichen Sprachgebrauch die Gesamtheit<br />

aller durch Ehe, durch Verwandtschaft o<strong>de</strong>r durch Schwägerschaft verbun<strong>de</strong>nen Personen zu<br />

verstehen. 1<br />

Dabei ist die mehrere Generationen umfassen<strong>de</strong> Großfamilie von <strong>de</strong>r nur maximal 2 Generationen<br />

umfassen<strong>de</strong> Kleinfamilie zu unterschei<strong>de</strong>n. Das BGB regelt vorrangig die Rechtsbeziehungen<br />

innerhalb <strong>de</strong>r Kleinfamilie. Einige Vorschriften <strong>de</strong>s BGB wie z. B. die Unterhaltspflichten<br />

unter Verwandten §§ 1601 ff. betreffen allerdings auch die Großfamilie.<br />

II.<br />

Verwandtschaft<br />

Die Verwandtschaft wird begrün<strong>de</strong>t durch Abstammung (Blutsverwandtschaft). Personen,<br />

die voneinan<strong>de</strong>r abstammen, sind in gera<strong>de</strong>r Linie verwandt (Großeltern, Kin<strong>de</strong>r und Enkel),<br />

§ 1589 S. 1. Nach § 1589 S. 2 sind Personen, die gemeinsam von einer dritten Person abstammen,<br />

in <strong>de</strong>r Seitenlinie verwandt (Geschwister, Vettern, Tanten, Onkel etc.). Der Grad <strong>de</strong>r<br />

Verwandtschaft bestimmt sich nach <strong>de</strong>r Zahl <strong>de</strong>r sie vermitteln<strong>de</strong>n Geburten. Dabei wird<br />

die Person, die die Verwandtschaft herstellt, nicht mitgezählt, § 1589 S. 3.<br />

3<br />

Beispiel 1 Der Verwandtschaftsgrad von zwei Geschwistern wird durch zwei Geburten<br />

hergestellt. Die Geburt <strong>de</strong>r Mutter zählt nicht mit. Deshalb sind Geschwister im zweiten<br />

Grad miteinan<strong>de</strong>r verwandt.<br />

Beispiel 2 Der Verwandtschaftsgrad von Onkel und Neffe wird durch drei Geburten vermittelt<br />

(Geburt <strong>de</strong>s Onkels, Geburt <strong>de</strong>r Mutter <strong>de</strong>s Neffen und Geburt <strong>de</strong>s Neffen). Sie<br />

sind im dritten Grad miteinan<strong>de</strong>r verwandt.<br />

1 Palandt-Bru<strong>de</strong>rmüller Einl. v. § 1297 Rn. 2.<br />

1


1B<br />

Verlöbnis<br />

Hinweis<br />

Ein Verwandtschaftsverhältnis kann auch durch eine Annahme als Kind entstehen. Die Adoption<br />

von Min<strong>de</strong>rjährigen ist in <strong>de</strong>n Vorschriften <strong>de</strong>r §§ 1741–1766, die Adoption von Volljährigen<br />

in <strong>de</strong>n Vorschriften <strong>de</strong>r §§ 1767–1772 geregelt.<br />

III. Schwägerschaft<br />

4 Nach§1590Abs.1S.1isteinePersonmit<strong>de</strong>nVerwandtenseinesEhegattenundmit<strong>de</strong>m<br />

Ehegatten seiner Verwandten verschwägert.<br />

Beispiel<br />

Eine Frau ist mit <strong>de</strong>m Bru<strong>de</strong>r und <strong>de</strong>n Eltern ihres Ehemannes verschwägert.<br />

5 Verschwägert sind auch Stiefeltern und Stiefkin<strong>de</strong>r. Dagegen besteht keine Schwägerschaft<br />

zwischen <strong>de</strong>n Verwandten <strong>de</strong>r Ehefrau und <strong>de</strong>n Verwandten <strong>de</strong>s Ehemannes. Die Linie und<br />

<strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r Verwandtschaft bestimmen sich nach § 1590 Abs. 1 S. 2 nach <strong>de</strong>r sie vermitteln<strong>de</strong>n<br />

Verwandtschaft.<br />

Beispiel Eine Ehefrau und die Schwester ihres Ehemanns sind im zweiten Grad miteinan<strong>de</strong>r<br />

verwandt (Geburt <strong>de</strong>r Ehefrau und die Geburt <strong>de</strong>r Schwester <strong>de</strong>s Ehemannes sind<br />

maßgebend. Die Geburt <strong>de</strong>s Ehemannes zählt nicht mit.<br />

Hinweis<br />

Ehegatten sind durch die Eheschließung nicht miteinan<strong>de</strong>r verwandt und nicht miteinan<strong>de</strong>r<br />

verschwägert.<br />

Die Schwägerschaft besteht nach § 1590 Abs. 2 auch nach Auflösung <strong>de</strong>r Ehe fort.<br />

B. Verlöbnis<br />

I. Begriff und Rechtsnatur <strong>de</strong>s Verlöbnisses<br />

6 Ein Verlöbnis ist das gegenseitig gegebene Versprechen von Mann und Frau, die Ehe einzugehen.<br />

Unter <strong>de</strong>m Begriff <strong>de</strong>s Verlöbnisses wird auch das dadurch begrün<strong>de</strong>te Schuldverhältnis verstan<strong>de</strong>n.DasEheversprechenkannformfreiunddamitauchkonklu<strong>de</strong>nterklärtwer<strong>de</strong>n.<br />

7 Die Rechtsnatur <strong>de</strong>s Verlöbnisses ist umstritten. Der Theorienstreit wirkt sich nur bei Verlöbnissen<br />

beschränkt geschäftsfähiger Personen aus.<br />

8 Nach <strong>de</strong>r Vertragstheorie 2 han<strong>de</strong>lt es sich um einen formlosen Vertrag, auf <strong>de</strong>n die allgemeinen<br />

Vorschriften <strong>de</strong>s BGB und damit auch die §§ 104 ff. Anwendung fin<strong>de</strong>n. Für das<br />

wirksame Zustan<strong>de</strong>kommen <strong>de</strong>s Vertrags ist daher die Geschäftsfähigkeit <strong>de</strong>r Vertragsschlie-<br />

2 RG Urt. v. 21.9.1905 (Az. IV 140/05) = RGZ 61, 267.<br />

2


Rechtswirkungen<br />

1BII<br />

ßen<strong>de</strong>n bzw. die Zustimmung <strong>de</strong>s gesetzlichen Vertreters <strong>de</strong>s beschränkt Geschäftsfähigen<br />

erfor<strong>de</strong>rlich. Allerdings benötigt <strong>de</strong>r beschränkt Geschäftsfähige keine Zustimmung seines<br />

gesetzlichen Vertreters, wenn er von <strong>de</strong>m Verlöbnis zurücktreten will. Das ergibt sich daraus,<br />

dass niemand zur Eingehung einer Ehe nach § 1297 Abs. 1 gezwungen wer<strong>de</strong>n kann. 3 Ausnahmen<br />

von <strong>de</strong>r Geltung <strong>de</strong>s Vertragsrechts bestehen nur darin, dass die Vorschriften über<br />

die Stellvertretung nicht anwendbar sind, da das Verlöbnis ein höchstpersönliches<br />

Rechtsgeschäft ist.<br />

Nach <strong>de</strong>r Theorie vom familienrechtlichen Vertrag 4 ist das Verlöbnis ein Vertrag sui generis,<br />

für <strong>de</strong>n eine Geschäftsfähigkeit <strong>de</strong>r Vertragsschließen<strong>de</strong>n nicht erfor<strong>de</strong>rlich ist. Vielmehr<br />

kommt es auf die Verlöbnisfähigkeit in Form einer individuellen geistigen Reife an.<br />

Nach <strong>de</strong>r Lehre <strong>de</strong>r Vertrauenshaftung 5 ist das Verlöbnis kein Vertrag, son<strong>de</strong>rn ein gesetzliches<br />

Vertrauensverhältnis <strong>de</strong>r Verlobten zueinan<strong>de</strong>r. Für die Begründung <strong>de</strong>s Verlöbnisses ist<br />

keine Geschäftsfähigkeit erfor<strong>de</strong>rlich son<strong>de</strong>rn nur eine Einsichtsfähigkeit.<br />

Stellungnahme: Die Theorie vom gesetzlichen Rechtsverhältnis (Vertrauenstheorie) berücksichtigt<br />

nicht, dass <strong>de</strong>m gegenseitigen Versprechen auf Eingehung <strong>de</strong>r Ehe eine Einigung<br />

zugrun<strong>de</strong> liegen muss und dass das Verlöbnis rechtgeschäftlichen Charakter hat. Die Theorie<br />

vom familienrechtlichen Vertrag führt zu Rechtsunsicherheiten, weil das Verlöbnis bis zur<br />

Feststellung <strong>de</strong>r individuellen Reife eines Min<strong>de</strong>rjährigen unsicher ist. Für die Vertragstheorie<br />

spricht, dass sie Rechtsunsicherheiten vermei<strong>de</strong>t und <strong>de</strong>n beschränkt Geschäftsfähigen davor<br />

schützt, bei einem Rücktritt von <strong>de</strong>m Verlöbnis Aufwendungs- und Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüchen<br />

ausgesetzt zu sein.<br />

9<br />

10<br />

11<br />

II.<br />

Rechtswirkungen<br />

Das Verlöbnis begrün<strong>de</strong>t zwar eine Rechtspflicht zur Eingehung <strong>de</strong>r Ehe. Aus einem Verlöbnis<br />

kann in<strong>de</strong>s gemäß § 1297 Abs. 1 nicht auf die Eingehung <strong>de</strong>r Ehe geklagt wer<strong>de</strong>n. Das Versprechen<br />

zur Eingehung <strong>de</strong>r Ehe ist gemäß § 120 Abs. 3 FamFG auch nicht vollstreckbar und<br />

kann nach § 1297 Abs. 2 nicht durch eine Vertragsstrafe abgesichert wer<strong>de</strong>n.<br />

12<br />

Hinweis<br />

Verlobte können nach § 1408 einen Ehevertrag schließen, wobei sich <strong>de</strong>ssen Wirkungen erst<br />

mit <strong>de</strong>r Eingehung <strong>de</strong>r Ehe entfalten. Sie können nach § 2275 Abs. 3 einen Erbvertrag und<br />

nach § 2347 Abs. 1 einen Erbverzichtsvertrag abschließen. Zu <strong>de</strong>r Errichtung eines gemeinsamen<br />

Testaments nach § 2265 sind sie nicht berechtigt. Verlobte können sich im Zivil- und im<br />

Strafprozess auf Zeugnisverweigerungsrechte (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, §§ 52 Abs. 1 Nr. 1, 55<br />

StPO) und im Strafprozessrecht auf Auskunftsverweigerungsrechte (§ 55 StPO) berufen. Ein<br />

Verlöbnis begrün<strong>de</strong>t auch eine Garantenstellung i. S. v. § 13 StGB.<br />

3 Palandt-Bru<strong>de</strong>rmüller § 1298 Rn. 1.<br />

4 Böhmer JZ 1961, 267.<br />

5 Canaris AcP 1965, 1.<br />

3


1B<br />

Verlöbnis<br />

III. Beendigung <strong>de</strong>s Verlöbnisses<br />

13 Das Verlöbnis wird durch die Eheschließung, durch <strong>de</strong>n Tod, durch eine Entlobung (Aufhebungsvertrag)<br />

o<strong>de</strong>r durch Rücktritt nach §§ 1298 ff. been<strong>de</strong>t. Auf die Rücktrittsregeln wollen<br />

wir im Folgen<strong>de</strong>n näher eingehen.<br />

1. Rücktritt und Scha<strong>de</strong>nsersatz<br />

14 Der Rücktritt von einem Verlöbnis wirkt nur ex nunc und hat zur Folge, dass das Verlöbnis<br />

aufgehoben wird und auch <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Partner nicht mehr an das Heiratsversprechen<br />

gebun<strong>de</strong>n ist. Tritt ein Verlobter von <strong>de</strong>m Verlöbnis zurück, hängen die Rechtsfolgen <strong>de</strong>s<br />

Rücktritts davon ab, ob für <strong>de</strong>n Rücktritt ein wichtiger Grund i. S. v. § 1298 Abs. 3 vorlag.<br />

AlswichtigeGrün<strong>de</strong>i.S.v.§1298Abs.3kommensolcheGrün<strong>de</strong>inBetracht,diezur<br />

Anfechtung wegen Irrtums o<strong>de</strong>r wegen arglistiger Täuschung berechtigen wür<strong>de</strong>n und<br />

daher die Aufrechterhaltung <strong>de</strong>s Verlöbnisses unter Würdigung aller Umstän<strong>de</strong> unzumutbar<br />

ist. 6 Ist <strong>de</strong>r Verlobte aus wichtigem Grund von <strong>de</strong>m Verlöbnis zurückgetreten, ist er<br />

nicht scha<strong>de</strong>nsersatzpflichtig.<br />

15 Dagegen hat <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r ohne wichtigen Grund von <strong>de</strong>m Verlöbnis zurückgetreten ist,<br />

nach § 1298 Abs. 1 <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren Verlobten, <strong>de</strong>ssen Eltern und Dritten, die an Stelle <strong>de</strong>r Eltern<br />

gehan<strong>de</strong>lt haben, Scha<strong>de</strong>nsersatz zu leisten. Der Scha<strong>de</strong>n erfasst die Aufwendungen und<br />

Verbindlichkeiten, sowie sonstige sein Vermögen o<strong>de</strong>r seine Erwerbsstellung berühren<strong>de</strong>n<br />

Maßnahmen, die im Hinblick auf die Erwartung <strong>de</strong>r Ehe gemacht wor<strong>de</strong>n sind. Der Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch<br />

erfasst nur das negative Interesse.<br />

Beispiel Kosten <strong>de</strong>r Verlobungsanzeige, Buchung <strong>de</strong>r Hochzeitsreise, Kauf <strong>de</strong>s Brautkleids.<br />

16 Die Höhe <strong>de</strong>s Scha<strong>de</strong>ns ist zu<strong>de</strong>m nach § 1298 Abs. 2 auf die Maßnahmen begrenzt, die<br />

nach <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n angemessen waren.<br />

Beispiel Unangemessen kann die Kündigung <strong>de</strong>s Arbeitsplatzes ohne Absprache mit <strong>de</strong>m<br />

Verlobten sein.<br />

17 Hat <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Verlobte schuldhaft einen wichtigen Rücktrittsgrund gesetzt, so stehen die gleichen<br />

Ansprüche gemäß §1299 <strong>de</strong>m zurücktreten<strong>de</strong>n Verlobten und <strong>de</strong>ssen Verwandten zu.<br />

Hinweis<br />

Bei einem Rücktritt vom Verlöbnis sind neben <strong>de</strong>n Ansprüchen aus §§ 1298 ff. auch Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche<br />

wegen unerlaubter Handlung nach §§ 823 ff. möglich. Für die Geltendmachung<br />

solcher Scha<strong>de</strong>nsansprüche ist ein schuldhaftes Verhalten erfor<strong>de</strong>rlich, das über<br />

<strong>de</strong>n Bruch <strong>de</strong>r Verlöbnistreue hinausgeht. Die Verjährungsfrist <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche<br />

nach §§ 1298 ff. beginnt nach § 1302 mit <strong>de</strong>r Auflösung <strong>de</strong>s Verlöbnisses und unterliegt seit<br />

<strong>de</strong>m 1.1.2010 <strong>de</strong>n allgemeinen Verjährungsvorschriften <strong>de</strong>r § 195 ff.<br />

6 Palandt-Bru<strong>de</strong>rmüller § 1298 Rn. 1.<br />

4


Begriff und Eingehung <strong>de</strong>r Ehe<br />

1CI<br />

2. Rückgabe von Geschenken<br />

Nach § 1301 S. 1 können bei <strong>de</strong>r Beendigung <strong>de</strong>s Verlöbnisses die bei<strong>de</strong>rseits gewährten<br />

Geschenke und Verlöbniszeichen (Ringe) nach Bereicherungsrecht zurückgefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n.<br />

Nach h.M. 7 han<strong>de</strong>lt es sich bei <strong>de</strong>r Verweisung auf das Bereicherungsrecht um eine Rechtsfolgenverweisung,<br />

da die Vorschrift eine Erweiterung <strong>de</strong>r Zweckverfehlungstheorie nach<br />

§812Abs.1S.2,2.Alt.sei.DieHerausgabepflicht ist ausgeschlossen, wenn die Leistung einer<br />

sittlichen Pflicht o<strong>de</strong>r einer auf <strong>de</strong>n Anstand zu nehmen<strong>de</strong>n Rücksicht entsprach, § 814 2. Alt.<br />

Gleiches gilt, wenn <strong>de</strong>r Leisten<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Eintritt <strong>de</strong>s Erfolgs wi<strong>de</strong>r Treu und Glauben verhin<strong>de</strong>rt<br />

hat. Dieses Tatbestandmerkmal erfor<strong>de</strong>rt erschweren<strong>de</strong> Umstän<strong>de</strong>, die ein beson<strong>de</strong>rs treuwidriges<br />

Verhalten darstellen.<br />

18<br />

Beispiel<br />

Verschweigen eines Doppelverlöbnisses.<br />

Bei § 1301 han<strong>de</strong>lt es sich um eine Vorschrift, die § 530 als lex specialis verdrängt.<br />

19<br />

C. Die Ehe<br />

I. Begriff und Eingehung <strong>de</strong>r Ehe<br />

1. Begriff<br />

DerBegriff<strong>de</strong>rEheistgesetzlichnichtgeregelt.DieEheisteinzwischenMannundFrau<br />

geschlossenes Dauerschuldverhältnis personenrechtlicher Natur, dasdurcheinenVertrag<br />

zustan<strong>de</strong> kommt, <strong>de</strong>r grundsätzlich auf Lebenszeit geschlossen wird.<br />

20<br />

2. Eingehung <strong>de</strong>r Ehe<br />

Das Eheschließungsrecht ist in <strong>de</strong>n §§ 1303–1320 geregelt.<br />

21<br />

Nach § 1310 Abs. 1 muss die Ehe vor <strong>de</strong>m Stan<strong>de</strong>sbeamten geschlossen wer<strong>de</strong>n. Die Förmlichkeiten<br />

für das Stan<strong>de</strong>samt sind in §§ 4 ff. PStG geregelt. Nach § 1311 muss die Erklärung,<br />

die Ehe eingehen zu wollen, unbedingt und unbefristet sowie höchstpersönlich bei gleichzeitiger<br />

Anwesenheit von Mann und Frau abgegeben wer<strong>de</strong>n. Eine Ausnahme davon enthält<br />

die Vorschrift <strong>de</strong>s § 1310 Abs. 3. Danach kann eine im Ausland geschlossene Ehe wirksam<br />

wer<strong>de</strong>n, wenn die in Nr. 1 – Nr. 3 genannten Voraussetzungen vorliegen.<br />

Hinweis<br />

Seit <strong>de</strong>m 1.1.2009 ist durch die Aufhebung <strong>de</strong>s § 67 PStG die Pflicht entfallen, dass für die<br />

Eingehung einer kirchlichen Ehe eine stan<strong>de</strong>samtliche Heirat erfor<strong>de</strong>rlich ist.<br />

Die Ehefähigkeit setzt Ehemündigkeit voraus. Die Ehemündigkeit tritt nach § 1303 Abs. 1 mit<br />

<strong>de</strong>r Volljährigkeit ein. Auf Antrag kann das <strong>Familienrecht</strong> nach § 1303 Abs. 2 von <strong>de</strong>m Erfor<strong>de</strong>rnis<br />

<strong>de</strong>r Volljährigkeit befreien, wenn <strong>de</strong>r Antragsteller das 16. Lebensjahr vollen<strong>de</strong>t hat<br />

22<br />

7 BGH Urt. v. 18.5.1966 (Az. IV ZR 105/65) = BGHZ 45, 258.<br />

5


1C<br />

Die Ehe<br />

und sein künftiger Ehepartner volljährig ist. Wi<strong>de</strong>rspricht <strong>de</strong>r gesetzliche Vertreter, so darf das<br />

Familiengericht die Befreiung nur dann erteilen, wenn <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rspruch nicht auf trifftigen<br />

Grün<strong>de</strong>n beruht, § 1303 Abs. 3. Neben <strong>de</strong>r Ehemündigkeit muss auch die allgemeine<br />

Geschäftsfähigkeit gegeben sein, § 1304. Nicht ehefähig ist daher <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r geschäftsunfähig<br />

i. S. d. § 104 Nr. 2 ist. Hat das Familiengericht die Befreiung von <strong>de</strong>m Erfor<strong>de</strong>rnis <strong>de</strong>r<br />

Volljährigkeit erteilt, bedarf <strong>de</strong>r beschränkt Geschäftsfähige für die Eingehung <strong>de</strong>r Ehe nicht<br />

<strong>de</strong>r Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, § 1303 Abs. 4.<br />

Hinweis<br />

Die Folgen eines Verstoßes gegen §§ 1303, 1304 sind in §§ 1314, 1315 geregelt.<br />

23 Wer<strong>de</strong>n die für eine Eheschließung erfor<strong>de</strong>rlichen Voraussetzungen nicht eingehalten, kann<br />

dies zu einer Nichtehe o<strong>de</strong>r zu einer aufhebbaren Ehe führen. Eine Nichtehe liegt vor, wenn<br />

in einer beson<strong>de</strong>rs schwerwiegen<strong>de</strong>n Weise gegen die Wirksamkeitsanfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Eheschließung<br />

verstoßen wur<strong>de</strong>. Eine Nichtehe entfaltet keine Rechtswirkungen. 8<br />

Beispiel Die Eheschließung fin<strong>de</strong>t vor einem Sektenführer statt o<strong>de</strong>r zwischen Personen,<br />

die nicht geschlechtsverschie<strong>de</strong>n sind, bzw. wenn die Ehewillenserklärung eines Partners<br />

fehlt.<br />

24 Eine Ehe ist nach § 1314 Abs. 1 aufhebbar, wenn sie entgegen <strong>de</strong>r Vorschriften <strong>de</strong>r §§ 1303,<br />

1304, 1306, 1307, 1311 geschlossen wor<strong>de</strong>n ist. Weiter kann die Ehe aufgehoben wer<strong>de</strong>n,<br />

wenn Willensmängel i. S. v. § 1314 Abs. 2 vorliegen. Die Vorschrift <strong>de</strong>s § 1314 Abs. 2 enthält<br />

eine abschließen<strong>de</strong> Regelung für Willensmängel bei <strong>de</strong>r Eheschließung. Die Vorschriften<br />

<strong>de</strong>s Allgemeinen Teils <strong>de</strong>s Bürgerlichen Gesetzbuches gelten nicht.<br />

Sofern die in § 1315 genannten Voraussetzungen vorliegen, ist die Aufhebung <strong>de</strong>r Ehe ausgeschlossen<br />

(Bestätigung). In § 1316 ist geregelt, wer für die Aufhebung <strong>de</strong>r Ehe antragsberechtigt<br />

ist. In <strong>de</strong>n Fällen <strong>de</strong>s § 1314 Abs. 2 Nr. 2– 4 kann <strong>de</strong>r Antrag gemäß § 1317 nur innerhalb<br />

eines Jahres nach Kenntnis von <strong>de</strong>m Irrtum o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Täuschung bzw. nach <strong>de</strong>m Aufhören<br />

<strong>de</strong>r Zwangslage gestellt wer<strong>de</strong>n. Nach § 1313 Abs. 1 wird die Ehe durch ein gerichtliches<br />

Gestaltungsurteil aufgehoben. Mit Eintritt <strong>de</strong>r Rechtskraft gilt die Ehe mit Wirkung für die<br />

Zukunft als aufgelöst. Die Folgen <strong>de</strong>r Aufhebung <strong>de</strong>r Ehe bestimmen sich in <strong>de</strong>n in § 1318<br />

genannten Fällen nach <strong>de</strong>n Vorschriften über die Scheidung.<br />

II.<br />

Allgemeine Ehewirkungen<br />

25<br />

Wirkungen <strong>de</strong>r Ehe<br />

Eheliche Lebensgemeinschaft § 1353 BGB<br />

Ehename § 1355 BGB<br />

Schlüsselgewalt § 1357 BGB<br />

Haftungsmaßstab § 1359 BGB<br />

Eigentumsvermutung § 1362 BGB<br />

Unterhalt §§ 1360, 1361 BGB<br />

8 Palandt-Bru<strong>de</strong>rmüller § 1310 Rn. 4.<br />

6


Allgemeine Ehewirkungen<br />

1CII<br />

1. Eheliche Lebensgemeinschaft § 1353<br />

Bei <strong>de</strong>r ehelichen Lebensgemeinschaft han<strong>de</strong>lt es sich um eine im <strong>Familienrecht</strong> herrschen<strong>de</strong><br />

Generalklausel. Die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft ist nach § 1353 Abs. 2<br />

ausgeschlossen, wenn das Verlangen rechtsmissbräuchlich wäre o<strong>de</strong>r wenn die Ehe gescheitert<br />

ist. Die eheliche Lebensgemeinschaft enthält folgen<strong>de</strong> Komponenten:<br />

26<br />

a) Pflicht zur häuslichen Gemeinschaft<br />

Die eheliche Lebensgemeinschaft erfor<strong>de</strong>rt das Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft,<br />

soweit nicht die Lebensverhältnisse entgegenstehen o<strong>de</strong>r im gegenseitigen Einverständnis<br />

eine abweichen<strong>de</strong> Lebensgestaltung vereinbart wor<strong>de</strong>n ist. 9 DerAnspruchaufeineheliches<br />

Zusammenleben ist nach § 120 Abs. 3 FamFG allerdings nicht vollstreckbar.<br />

27<br />

b) Pflicht zur Wahrung <strong>de</strong>r ehelichen Treue<br />

Aus § 1353 Abs. 1 resultiert auch die Pflicht zur ehelichen Treue und zur Geschlechtsgemeinschaft,<br />

die nach § 120 Abs. 1, Abs. 3 FamFG ebenfalls nicht vollstreckbar ist.<br />

28<br />

c) Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme und Achtung<br />

Aus <strong>de</strong>m ehelichen Rücksichtnahmegebot können sich Einre<strong>de</strong>n gegen einen vermögensrechtlichen<br />

Anspruch <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren Ehegatten ergeben, 10 sofern die Durchsetzung <strong>de</strong>s<br />

Anspruchs dazu führt, dass <strong>de</strong>r rechtlich geschützte äußere gegenständliche Bereich <strong>de</strong>r Ehe<br />

<strong>de</strong>s Ehegatten-Schuldners beeinträchtigt wird. 11<br />

29<br />

d) Gewährung <strong>de</strong>r Mitbenutzung von Hausratsgegenstän<strong>de</strong>n<br />

Wohnung und Hausrat haben sich die Ehegatten, soweit sich dies nicht bereits aus <strong>de</strong>m<br />

ehelichen Güterstand ergibt, einan<strong>de</strong>r zum Gebrauch zu überlassen. 12 Die Ehegatten haben<br />

an<strong>de</strong>nzumHausratgehören<strong>de</strong>nGegenstän<strong>de</strong>nMitbesitz, sofern sie nicht <strong>de</strong>m persönlichen<br />

Gebrauch eines Ehegatten dienen. Aufgrund <strong>de</strong>s gesetzlichen Besitzmittlungsverhältnisses<br />

<strong>de</strong>r Ehe mittelt <strong>de</strong>r mitbesitzen<strong>de</strong> Nichteigentümer <strong>de</strong>m Eigentümer <strong>de</strong>n Besitz<br />

§ 868. 13<br />

30<br />

Hinweis<br />

Wegen <strong>de</strong>s Mitbesitzes <strong>de</strong>r Ehegatten ist ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen, wenn <strong>de</strong>r<br />

Ehegatte, <strong>de</strong>r nicht Alleineigentümer ist, die Sache veräußert. Es liegt dann ein Abhan<strong>de</strong>nkommen<br />

i. S. v. § 935 vor.<br />

9 RG Urt. v. 22.1.1903 (Az. IV 288/02) = RGZ 53, 337.<br />

10 BGH Urt. v. 4.11.1987 (Az. IVb ZR 83/86) = NJW 1988, 2032.<br />

11 BGH Urt. v. 14.3.1962 (Az. IV ZR 253/61) = BGHZ 37, 38.<br />

12 BGH Urt. v. 26.2.1954 (Az. V ZR 135/52) = BGHZ 12, 380.<br />

13 Siehe zum Besitz ausführlich im Skript „Sachenrecht II“ Rn. 34 ff.<br />

7


1C<br />

Die Ehe<br />

e) Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit § 1356<br />

31 Das Gesetz verzichtet bewusst auf ein gesetzliches Leitbild für die Aufgabenverteilung in <strong>de</strong>r<br />

Ehe. Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit wer<strong>de</strong>n in die Autonomie <strong>de</strong>r Ehegatten<br />

gestellt. Die Haushaltsführung ist im gegenseitigen Einvernehmen zu regeln. Bei<strong>de</strong> Ehegatten<br />

sind zur Erwerbstätigkeit berechtigt. Die Ehegatten sind gemäß § 1353 Abs. 1 S. 2 verpflichtet,<br />

eine einvernehmliche Regelung zu fin<strong>de</strong>n. 14<br />

32 Das Gesetz schreibt nur <strong>de</strong>n Gegenstand <strong>de</strong>r Regelung vor, nicht ihren Inhalt. Der freien Entscheidung<br />

<strong>de</strong>r Ehegatten obliegt es, wem von ihnen und in welchem Umfang sie die Haushaltsführung<br />

regeln. Sie können je<strong>de</strong> <strong>de</strong>nkbare Variante miteinan<strong>de</strong>r kombinieren. Da eine<br />

Regelung <strong>de</strong>r Haushaltsführung durch Richterspruch nicht vorgesehen ist, kann sie auch bei<br />

Dissens <strong>de</strong>r Eheleute nicht durch eine Klage herbeigeführt wer<strong>de</strong>n. Eine Verletzung dieser<br />

PflichtkannallerdingsimRahmen<strong>de</strong>rHärteklausel im Scheidungsfolgenrecht berücksichtigt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

33 Wird die Haushaltsführung einem Ehegatten überlassen, so kommt dieser Ehegatte gemäß<br />

§ 1360 S. 2 seiner Unterhaltspflicht nach. Daraus ergeben sich bei <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>nsersatzpflicht<br />

eines Dritten im Rahmen einer unerlaubten Handlung folgen<strong>de</strong> Auswirkungen:<br />

34 Wird <strong>de</strong>r haushaltsführen<strong>de</strong> Ehegatte von einem Dritten getötet, so stehen <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren<br />

Ehegatten Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche nach § 844 Abs. 2 zu. 15 Der überleben<strong>de</strong> Ehegatte muss<br />

sich dabei aber <strong>de</strong>n Wegfall seiner eigenen Unterhaltspflicht sowie <strong>de</strong>n Ertrag <strong>de</strong>s geerbten<br />

Vermögens bis zum Zeitpunkt <strong>de</strong>s voraussichtlichen Anfall <strong>de</strong>r Erbschaft im Rahmen <strong>de</strong>r Vorteilsausgleichung<br />

anrechnen lassen. 16<br />

35 Erlei<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r haushaltsführen<strong>de</strong> Ehegatte eine körperliche Verletzung, so steht ihm wegen<br />

<strong>de</strong>r Beeinträchtigung seiner eigenen Arbeitskraft ein eigener Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch gegen<br />

<strong>de</strong>n Dritten aus §§ 823 Abs. 1, 842, 843 Abs. 1 zu. Für die Bemessung <strong>de</strong>s Scha<strong>de</strong>ns ist die<br />

tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung <strong>de</strong>s haushaltsführen<strong>de</strong>n Ehegatten maßgebend. Dagegen<br />

kommt es nicht auf die Kosten einer Haushaltshilfe an. 17 Zahlt in diesem Fall <strong>de</strong>r<br />

erwerbstätige Ehegatte die Kosten für die Heilbehandlung, so umfasst <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch<br />

<strong>de</strong>s haushaltsführen<strong>de</strong>n Ehegatten auch diese Kosten. Der haushaltsführen<strong>de</strong> Ehegatte<br />

muss sich im Rahmen <strong>de</strong>r Vorteilsausgleichung gemäß § 843 Abs. 4 nicht anrechnen<br />

lassen, dass <strong>de</strong>r erwerbstätige Ehegatte im Rahmen seiner Unterhaltspflicht die Zahlung <strong>de</strong>r<br />

Heilbehandlungskosten <strong>de</strong>m haushaltsführen<strong>de</strong>n Ehegatten schul<strong>de</strong>t. 18<br />

36 Der erwerbstätige Ehegatte hat gegenüber <strong>de</strong>m Schädiger einen eigenen Anspruch auf<br />

Erstattung dieser Kosten. Der BGH und Teile <strong>de</strong>r Literatur 19 sehen die GoA als das geeignete<br />

Regressinstrument hierfür an. Sie gehen davon aus, dass <strong>de</strong>r Unterhaltspflichtige ein (auch-)<br />

frem<strong>de</strong>s Geschäft für <strong>de</strong>n Schädiger geführt hat. Die Erfüllung einer frem<strong>de</strong>n Unterhaltspflicht<br />

durch einen nicht o<strong>de</strong>r nur sekundär Unterhaltspflichtigen sei ein Geschäft auch für<br />

<strong>de</strong>n primär Haften<strong>de</strong>n. Die Nachrangigkeit <strong>de</strong>s Unterhaltspflichtigen gegenüber <strong>de</strong>m <strong>de</strong>likti-<br />

8<br />

14 Staudinger-Hübner-Voppel § 1353 Rn. 7; MüKo-Wacke § 1353 Rn. 6.<br />

15 BGH Urt. v. 26.11.1968 (Az. VI ZR 189/67) = BGHZ 51, 109.<br />

16 BGH Urt. v. 13.7.1971 (Az. VI ZR 31/70) = NJW 1971, 2066.<br />

17 BGH Beschl. v. 9.7.1968 (Az. GSZ 2/67) = BGHZ 50, 304; BGH Urt. v. 3.2.2009 (Az. VI ZR 183/08) = FamRZ<br />

2009, 596.<br />

18 BGH Urt. v. 22.9.1970 (Az. VI ZR 28/69) = BGHZ 54, 269.<br />

19 BGH Urt. v. 1.12.1978 (Az. VII ZR 91/77) = NJW 1979, 598; MüKo-Wagner §§ 842, 843 Rn. 87.


Allgemeine Ehewirkungen<br />

1CII<br />

schen Schädiger ergebe sich aus § 843 Abs. 4. Durch einen Regress aufgrund <strong>de</strong>r GoA-Vorschriften<br />

wer<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Schädiger nicht schlechter gestellt, da ein Aufwendungsersatzanspruch<br />

<strong>de</strong>s erwerbstätigen Ehegatten nur dann besteht, wenn im Zeitpunkt <strong>de</strong>r Zahlung <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch<br />

noch durchsetzbar bestand.<br />

Wird <strong>de</strong>r erwerbstätige Ehegatte getötet, hat <strong>de</strong>r überleben<strong>de</strong> haushaltsführen<strong>de</strong> Ehegatte<br />

einen Anspruch auf Scha<strong>de</strong>nsersatz in Höhe <strong>de</strong>s gegenüber <strong>de</strong>m Getöteten bestehen<strong>de</strong>n<br />

Unterhaltsanspruchs. Die Bestandskraft <strong>de</strong>s hinsichtlich <strong>de</strong>r Haushaltsführung geregelten Einvernehmens<br />

<strong>de</strong>r Ehegatten i. S. v. § 1353 Abs. 1 wird durch <strong>de</strong>n Tod <strong>de</strong>s unterhaltspflichtigen<br />

Ehegatten nicht aufgehoben. Der Schädiger kann <strong>de</strong>n haushaltsführen<strong>de</strong>n Ehegatten auch<br />

nicht darauf verweisen, dass er einer Erwerbstätigkeit nachgehen muss.<br />

37<br />

f) Pflicht zur Mitarbeit in Beruf und Geschäft eines Ehegatten<br />

Entgegen <strong>de</strong>r alten Fassung <strong>de</strong>s § 1356 sind die Ehegatten heute nicht mehr verpflichtet im<br />

Beruf o<strong>de</strong>r Geschäft <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren Ehegatten mitzuarbeiten. Nach <strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeitigen Fassung <strong>de</strong>s<br />

§ 1356 ist je<strong>de</strong>r Ehegatte grundsätzlich berechtigt, seine Arbeitszeit nach seinen eigenen persönlichen<br />

Wünschen einzusetzen. Eine Pflicht zur Mitarbeit als Beitrag zum Unterhalt besteht<br />

nur dann, wenn <strong>de</strong>r Betrieb o<strong>de</strong>r das Geschäft die wesentliche Einnahmequelle darstellt<br />

und ohne die Mitarbeit <strong>de</strong>s Ehegatten die Sicherung <strong>de</strong>s Familienunterhalts nicht gewährleistet<br />

wäre und er seinen Beitrag zum Unterhalt nicht durch eine an<strong>de</strong>re Erwerbstätigkeit<br />

leistet.EinePflichtzurMitarbeitkannsichweiteraus<strong>de</strong>mehelichenRücksichtnahmegebot<br />

und aus <strong>de</strong>r gegenseitigen Beistandspflicht <strong>de</strong>r Ehegatten ergeben. Davon kann allerdings<br />

nur im Fall einer schweren Krankheit o<strong>de</strong>r einer sonstigen Krisensituation ausgegangen wer<strong>de</strong>n,<br />

wobei die beruflichen Interessen <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren Ehegatten nicht vorrangig sein dürfen. Ist<br />

die Mitarbeit <strong>de</strong>s Ehegatten als Beitrag zur Unterhaltspflicht geschul<strong>de</strong>t, besteht kein Vergütungsanspruch<br />

<strong>de</strong>s mitarbeiten<strong>de</strong>n Ehegatten. 20<br />

38<br />

g) Vergütungsanspruch <strong>de</strong>s mitarbeiten<strong>de</strong>n Ehegatten<br />

Für eine darüber hinausgehend geleistete Mitarbeit <strong>de</strong>s Ehegatten kann dagegen ein Vergütungsanspruch<br />

bestehen. Völlig unproblematisch ist dies, wenn die Ehegatten hinsichtlich<br />

<strong>de</strong>r Mitarbeit einen Arbeits-, Dienst-, Werk- o<strong>de</strong>r Gesellschaftsvertrag geschlossen haben.<br />

Probleme ergeben sich in<strong>de</strong>s dann, wenn ein Ehegatte jahrelang in <strong>de</strong>m Betrieb o<strong>de</strong>r<br />

Geschäft <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>rn Ehegatten mitgearbeitet hat, ohne dass eine vertragliche Regelung<br />

getroffen wor<strong>de</strong>n ist. Im Fall einer Scheidung kann zwar ein Ausgleich für die in <strong>de</strong>m Betrieb<br />

geleistete Arbeitsleistung unter Umstän<strong>de</strong>n im Rahmen eines Zugewinnausgleichs verlangt<br />

wer<strong>de</strong>n kann. Das setzt allerdings voraus, dass die Ehegatten im Güterstand <strong>de</strong>r Zugewinngemeinschaft<br />

gelebt haben.<br />

Schwierig wird es dann, wenn die Ehegatten Gütertrennung vereinbart hatten. Für diese<br />

Fälle hat die Rechtsprechung 21 die Ehegatteninnengesellschaft entwickelt. Eine solche<br />

Gesellschaft kann allerdings nur unter engen Voraussetzungen angenommen wer<strong>de</strong>n, da das<br />

eheliche Zusammenleben als solches kein gemeinsamer Zweck i. S. v. § 705 darstellt. Eine<br />

Ehegatteninnengesellschaft liegt nur vor, wenn die Ehegatten sich in <strong>de</strong>n Dienst einer<br />

gemeinsamen Aufgabe gestellt haben, die über die Verwirklichung <strong>de</strong>r ehelichen Lebensge-<br />

39<br />

40<br />

20 BGH Urt. v. 25.9.1962 (Az. VI ZR 244/61) = BGHZ 38, 55.<br />

21 BGH Urt. v. 25.6.2003 (Az. XII ZR 161/01) = NJW 2003, 2982 m. w. N.<br />

9


1C<br />

Die Ehe<br />

meinschaft hinausgeht. Dazu ist eine planvolle und zielstrebige Zusammenarbeit während<br />

<strong>de</strong>r Ehe zur Schaffung eines erheblichen gemeinsamen Vermögenswertes erfor<strong>de</strong>rlich. 22<br />

Die Ehegatteninnengesellschaft ist eine BGB-Gesellschaft nach §§ 705 ff. ohne Gesamthandsvermögen<br />

und ohne Außenwirkung. Mit <strong>de</strong>r Trennung bzw. mit <strong>de</strong>r Scheidung wird die<br />

Gesellschaft aufgelöst. Für die von <strong>de</strong>m mitarbeiten<strong>de</strong>n Ehegatten erbrachten Arbeitsleistungen(§706Abs.2)istnach§733Abs.2Wertersatz<br />

zu leisten, wobei sich die Dienste als bleiben<strong>de</strong>r<br />

Wert im Gesellschaftsvermögen nie<strong>de</strong>rgeschlagen haben müssen. 23 DieHöhe<strong>de</strong>s<br />

Ausgleichs beträgt nach § 722 Abs. 1 die Hälfte <strong>de</strong>s Wertes.<br />

41 Fehlen ausreichen<strong>de</strong> Indizien für die Annahme einer Ehegatteninnengesellschaft kann sich<br />

ein schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch <strong>de</strong>s mitarbeiten<strong>de</strong>n Ehegatten aus <strong>de</strong>m Wegfall<br />

<strong>de</strong>r Geschäftsgrundlage eines familienrechtlichen Vertrags sui generis ergeben. 24 Von<br />

einem Wegfall <strong>de</strong>r Geschäftsgrundlage eines solchen Vertrags kann nur ausgegangen wer<strong>de</strong>n,<br />

wenn für <strong>de</strong>n Ehegatten, <strong>de</strong>r die Arbeitsleistungen erbracht hat, <strong>de</strong>r Fortbestand <strong>de</strong>r<br />

Ehe die Grundlage für seine Mitarbeit war und er die Dienste nicht erbracht hätte, wenn er<br />

gewusst hätte, dass die Ehe scheitert. Die Mitarbeit muss auch von einer gewissen Dauer<br />

und Regelmäßigkeit gewesen sein und die Beschäftigung einer Arbeitskraft erspart haben.<br />

Für <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Ehegatten, <strong>de</strong>r die Arbeitsleistung angenommen hat, muss diese Absicht<br />

erkennbar gewesen sein, so dass er sich redlicherweise auf die Vereinbarung einer Vergütung<br />

hätte einlassen müssen. Weiter wird für <strong>de</strong>n Ausgleichsanspruch vorausgesetzt, dass ein Festhalten<br />

an <strong>de</strong>n Rechtsfolgen <strong>de</strong>s ehelichen Güterstands für <strong>de</strong>n mitarbeiten<strong>de</strong>n Ehegatten<br />

völlig unzumutbar ist. Für die Höhe <strong>de</strong>s Ausgleichanspruchs sind die Umstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Einzelfalls<br />

maßgebend, insbeson<strong>de</strong>re die Dauer <strong>de</strong>r Ehe, das Alter <strong>de</strong>r Ehegatten, Art und Umfang<br />

<strong>de</strong>r erbrachten Arbeitsleistungen, die Höhe <strong>de</strong>r dadurch entstan<strong>de</strong>nen Vermögensmehrung<br />

und die sonstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse <strong>de</strong>r Eheleute.<br />

JURIQ-Klausurtipp<br />

In einer Klausur sollte zunächst geprüft wer<strong>de</strong>n, ob die Mitarbeit <strong>de</strong>s Ehegatten i. S. v.<br />

§§ 1360, 1365, 1353 Abs. 1 gesetzlich geschul<strong>de</strong>t war. Ist dies <strong>de</strong>r Fall, ist ein Vergütungsanspruch<br />

ausgeschlossen. Wird eine gesetzliche Unterhaltspflicht zur Mitarbeit verneint, hat <strong>de</strong>r<br />

Bearbeiter zu untersuchen, ob die Ehegatten ausdrücklich o<strong>de</strong>r konklu<strong>de</strong>nt einen Vertrag<br />

über die Erbringung <strong>de</strong>r Arbeitsleistungen geschlossenhaben.KommenvertraglicheAnsprüche<br />

nicht in Betracht, schei<strong>de</strong>n auch Bereicherungsansprüche nach § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt.<br />

aus, da Rechtsgrund für die Leistung die Ehe war. Ein Anspruch nach § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt.<br />

schei<strong>de</strong>t ebenfalls dann aus, wenn <strong>de</strong>r Zweck <strong>de</strong>r Mitarbeit <strong>de</strong>s Ehegatten <strong>de</strong>r Aufbau <strong>de</strong>s<br />

Geschäftes o<strong>de</strong>r Betriebes <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren Ehegatten war. Der Fortbestand <strong>de</strong>r Ehe war zwar in<br />

diesem Fall ein Beweggrund für die Arbeitsleistungen, nicht jedoch Zweck <strong>de</strong>r Mitarbeit. Erst<br />

nach dieser Prüfung sollten Ansprüche aus <strong>de</strong>r Ehegatteninnengesellschaft bzw. wegen <strong>de</strong>s<br />

Wegfalls <strong>de</strong>r Geschäftsgrundlage eines familienrechtlichen Vertrags sui generis angesprochen<br />

wer<strong>de</strong>n. Hierbei ist zu beachten, dass <strong>de</strong>r Wegfall <strong>de</strong>r Geschäftsgrundlage erst nach <strong>de</strong>r<br />

Ablehnung einer Ehegatteninnengesellschaft zu prüfen ist.<br />

10<br />

22 BGH Urt. v. 25.6.2003 (Az. XII ZR 161/01) = NJW 2003, 2982 m. w. N.<br />

23 Palandt-Sprau § 733 Rn. 10.<br />

24 BGH Urt. v. 13.7.1994 (Az. XII ZR 1/93) = NJW 1994, 2545.


Allgemeine Ehewirkungen<br />

1CII<br />

2. Schutz <strong>de</strong>r ehelichen Lebensgemeinschaft<br />

Diesichaus<strong>de</strong>rehelichenLebensgemeinschaftergeben<strong>de</strong>nPflichtenkönnenaucheinklagbare<br />

Ansprüche begrün<strong>de</strong>n.<br />

42<br />

a) Ansprüche gegen <strong>de</strong>n Ehegatten<br />

Die Erhebung einer Leistungsklage auf Erfüllung <strong>de</strong>r sich aus <strong>de</strong>r ehelichen Lebensgemeinschaft<br />

ergeben<strong>de</strong>n Pflichten (Eheherstellungsklage) ist seit <strong>de</strong>m Inkrafttreten <strong>de</strong>s FamFG entfallen,<br />

§ 120 Abs. 3 FamFG. Ein darauf gerichtetes Urteil war aber schon früher nach § 888 Abs. 3 ZPO<br />

nicht vollstreckbar, soweit es höchstpersönliche Ansprüche betraf. Das Recht <strong>de</strong>r Ehegatten auf<br />

Trennung kann in<strong>de</strong>s Gegenstand einer Feststellungsklage sein (negative Herstellungsklage).<br />

Betrifft die Herstellung und die Verwirklichung <strong>de</strong>r ehelichen Lebensgemeinschaft dagegen<br />

nicht höchstpersönliche Ansprüche, son<strong>de</strong>rn vermögensrechtliche Ansprüche, ist ein darauf<br />

gerichteter Anspruch nach § 888 Abs. 1 ZPO vollstreckbar.<br />

43<br />

44<br />

Beispiel Abgabe einer Willenserklärung zur gemeinsamen Veranlagung in einer Steuererklärung,<br />

wenn dadurch die Steuerschuld <strong>de</strong>s Ehegatten, <strong>de</strong>r die gemeinsame Veranlagung<br />

wünscht, verringert und die Steuerschuld <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren nicht erhöht wird.<br />

aa)<br />

Unterlassungsansprüche<br />

Bei einem ehewidrigen Verhalten eines Ehegatten hat <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Ehegatte einen Unterlassungsanspruch<br />

aus § 1353, <strong>de</strong>r allerdings nach § 120 Abs. 1, Abs. 3 FamFG nicht vollstreckbar<br />

ist. Eine Beeinträchtigung <strong>de</strong>s ungestörten Fortbestands <strong>de</strong>r Ehe kann auch quasi-negatorische<br />

Unterlassungsansprüche nach §§ 823, 1004 Abs. 1 862 Abs. 1, 812 S. 1 analog begrün<strong>de</strong>n.<br />

Solche Ansprüche sind in<strong>de</strong>s ebenfalls eine Familiensache i. S. v. § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG,<br />

die <strong>de</strong>m Vollstreckungsverbot <strong>de</strong>s § 120 Abs. 3 FamFG unterliegen.<br />

Vor Inkrafttreten <strong>de</strong>s FamFG wur<strong>de</strong> die Vollstreckung eines quasi-negatorischen Unterlassungsanspruches<br />

überwiegend wegen <strong>de</strong>s Vollstreckungsverbots <strong>de</strong>s § 888 Abs. 3 ZPO abgelehnt.<br />

25 Der BGH 26 hat allerdings im Gegensatz zum RG 27 einen im Wege <strong>de</strong>r Zwangsvollstreckung<br />

durchsetzbaren Anspruch auf Beseitigung <strong>de</strong>r Störung und Unterlassung künftiger<br />

Störungen gegen <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Ehegatten gewährt, wenn <strong>de</strong>r räumlich-gegenständliche<br />

Bereich <strong>de</strong>r Ehe durch ein ehebrecherisches Verhältnis <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren Ehegatten beeinträchtigt<br />

wird. Es han<strong>de</strong>lte sich dabei um die Fälle, in <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Ehegatte seine Geliebte in die<br />

Wohnung mit aufgenommen hatte. Der räumlich-gegenständliche Bereich <strong>de</strong>r Ehe wur<strong>de</strong><br />

auch auf Geschäftsräume ausge<strong>de</strong>hnt, wenn sie ähnlich wie die Ehewohnung zu einem Teil<br />

<strong>de</strong>s äußeren gegenständlichen Bereichs <strong>de</strong>r Ehe gewor<strong>de</strong>n waren. 28<br />

45<br />

46<br />

bb) Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche<br />

Bei einem ehewidrigen Verhalten eines Ehegatten sind Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>renEhegattenwegen<strong>de</strong>rVerletzungvonhöchstpersönlichen<br />

Ehepflichten und wegen <strong>de</strong>r<br />

Verletzung <strong>de</strong>s räumlich-gegenständlich Bereichs <strong>de</strong>r Ehe nach <strong>de</strong>r h.M. 29 ausgeschlossen.<br />

47<br />

25 MüKo-Wacke § 1353 Rn. 42.<br />

26 BGH Urt. v. 26.6.1952 (Az. IV ZR 228/51) = BGHZ 6, 360.<br />

27 RG Urt. v. 22.4.1909 (Az. VI 27/09) = RGZ 71, 85.<br />

28 BGH Urt. v. 26.6.1952 (Az. IV ZR 54/52) = LM Nr. 2 zu § 823 (Af).<br />

29 BGH Urt. v. 30.1.1957 (Az. IV ZR 279/56) = BGHZ 27, 215; BGH Urt. v. 19.12.1989 (Az. IVb ZR 56/88) =<br />

FamRZ 1990, 367.<br />

11


1C<br />

Die Ehe<br />

Beispiel Der Ehemann erlaubt seiner Geliebten in die Ehewohnung einzuziehen. Die EhefrauziehtineinHotelundmachtdieÜbernachtungskosten<br />

gegenüber ihrem Ehemann<br />

geltend.<br />

48 Etwas an<strong>de</strong>res gilt dann, wenn zu <strong>de</strong>m ehewidrigen Verhalten eine sittenwidrig schädigen<strong>de</strong><br />

Verletzungshandlung <strong>de</strong>s Ehegatten hinzutritt, die zu einer Scha<strong>de</strong>nsersatzpflicht<br />

nach § 826 führt. Eine solche Schädigung ergibt sich allerdings nicht bereits daraus, dass ein<br />

Ehegatte<strong>de</strong>nEhebruchverschwiegenhat.Denn es besteht keine scha<strong>de</strong>nsersatzrechtlich<br />

sanktionierte Pflicht, <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren Ehegatten einen Ehebruch zu offenbaren. 30<br />

Beispiel Ein Fall <strong>de</strong>s § 826 kann vorliegen, wenn die Ehefrau, die bei einem Ehebruch ein<br />

Kind empfangen hat, Zweifel <strong>de</strong>s Ehemannes an <strong>de</strong>r Abstammung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s durch unzutreffen<strong>de</strong><br />

Angaben o<strong>de</strong>r durch ausdrückliches Leugnen <strong>de</strong>s Ehebruchs zerstreut, o<strong>de</strong>r wenn<br />

sie <strong>de</strong>n Ehemann durch eine arglistige Täuschung o<strong>de</strong>r auf an<strong>de</strong>re Weise, etwa auch durch<br />

Drohung, an <strong>de</strong>r Erhebung <strong>de</strong>r Ehelichkeitsanfechtungsklage hin<strong>de</strong>rt. 31<br />

b) Ansprüche gegen <strong>de</strong>n Ehestörer<br />

aa)<br />

Unterlassungsansprüche<br />

49 Beschränkt sich das Verhalten eines Dritten auf die ehewidrige Beziehung zu <strong>de</strong>m Ehegatten<br />

– ohne dass in <strong>de</strong>n räumlich gegenständlichen Bereich <strong>de</strong>r Ehe eingegriffen wird – steht<br />

<strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren Ehegatten nach <strong>de</strong>r Rechtsprechung 32 gegen <strong>de</strong>n Dritten kein Unterlassungsanspruch<br />

zu. Solche Ansprüche wer<strong>de</strong>n verneint, weil dadurch entgegen <strong>de</strong>r Wertung <strong>de</strong>s<br />

§ 120 Abs. 3 FamFG mittelbar auch gegen <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Ehegatten ein Rechtszwang zur ehelichen<br />

Lebensgemeinschaft ausgeübt wer<strong>de</strong>.<br />

50 Greift <strong>de</strong>r Ehestörer dagegen in <strong>de</strong>n räumlich gegenständlichen Bereich <strong>de</strong>r Ehe ein, steht<br />

<strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren Ehegatten ein quasi-negatorische Unterlassungsanspruch gegen <strong>de</strong>n Dritten<br />

zu, da er insoweit das Persönlichkeitsrecht <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren Ehegatten verletzt. 33<br />

bb) Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche<br />

51 Nach <strong>de</strong>r ständigen Rechtsprechung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sgerichtshofs 34 gewähren die §§ 823 ff. gegen<br />

<strong>de</strong>nehestören<strong>de</strong>nDrittenkeine Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche aus Delikt. Der BGH stützt dies<br />

darauf, dass die Ursachen für die Ehestörung im Verhältnis <strong>de</strong>r Ehegatten zueinan<strong>de</strong>r liegen<br />

wür<strong>de</strong>n, für die <strong>de</strong>m Dritten keine Verantwortung auferlegt wer<strong>de</strong>n könne.<br />

52 Demgegenüber bejaht ein Teil <strong>de</strong>r Literatur 35 gegen <strong>de</strong>n ehestören<strong>de</strong>n Dritten Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche<br />

nach § 823 Abs. 1.<br />

12<br />

30 BGH Urt. v. 19.12.1989 (Az. IVb ZR 56/88) = FamRZ 1990, 367.<br />

31 BGH Urt. v. 8.4.1981 (Az. IVb ZR 584/80) = BGHZ 80, 235.<br />

32 RG Urt. v. 23.4.1936 (Az. IV 304/35) = RGZ 151, 160; BGH Urt. v. 26.6.1952 (Az. IV ZR 228/51) = BGHZ 6, 360.<br />

33 BGH Urt. v. 26.6.1952 (Az. IV ZR 228/51) = BGHZ 6, 360; BGH Urt. v. 26.6.1952 (Az. IV ZR 54/52) = LM Nr. 2<br />

zu § 823 (Af).<br />

34 BGH Urt. v. 26.6.1952 (Az. IV ZR 228/51) = BGHZ 6, 360; Urt. v. 6.2.1957 (Az. IV ZR 263/56) = BGHZ 23, 279;<br />

BGH Urt. v. 8.1.1958 (Az. IV ZR 173/57) = BGHZ 26, 217; BGH Urt. v. 3.11.1971 (Az. IV ZR 86/70) = BGHZ<br />

57, 229; BGH Urt. v. 8.4.1981 (Az. IVb ZR 584/80) = FamRZ 1981, 531.<br />

35 Böhmer AcP 155, 181; Schwab Jus 1961, 142; Bosch FamRZ 1958, 101.


Schlüsselgewalt, § 1357<br />

1CIII<br />

Die Ansicht <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sgerichtshofs verdient <strong>de</strong>n Vorzug, da die eheliche Lebensgemeinschaft<br />

im Verhältnis zu Dritten ein absolutes Recht auf Ungestörtheit <strong>de</strong>r Beziehung nicht<br />

begrün<strong>de</strong>n kann. Allerdings ist <strong>de</strong>r Dritte verpflichtet, die Schä<strong>de</strong>n zu ersetzen, die er durch<br />

eine schuldhafte Verletzung <strong>de</strong>r Gesundheit o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rer in § 823 Abs. 1 geschützte Rechte<br />

verursacht. Entsprechen<strong>de</strong>s gilt, wenn ein Verhalten die Voraussetzungen <strong>de</strong>s § 826 erfüllt,<br />

in<strong>de</strong>m zu <strong>de</strong>m ehestören<strong>de</strong>n Verhalten ein sittenwidrig schädigen<strong>de</strong>s Verhalten hinzutritt<br />

und <strong>de</strong>r Dritte dabei mit zumin<strong>de</strong>st bedingten – auf eine Scha<strong>de</strong>nszufügung gerichteten –<br />

Vorsatz gehan<strong>de</strong>lt hat. 36<br />

53<br />

JURIQ-Klausurtipp<br />

Bei <strong>de</strong>r Klausurbearbeitung ist zwischen <strong>de</strong>n Ansprüchen <strong>de</strong>r Ehegatten untereinan<strong>de</strong>r und<br />

<strong>de</strong>n Ansprüchen <strong>de</strong>s betrogenen Ehegatten zu <strong>de</strong>m Dritten zu trennen. Innerhalb <strong>de</strong>r jeweiligen<br />

Rechtsverhältnisse sind dann die Ansprüche auf Unterlassung und auf Scha<strong>de</strong>nsersatz<br />

zu prüfen.<br />

c) Ansprüche wegen eines Ehebruchskin<strong>de</strong>s<br />

Hat <strong>de</strong>r betrogene Ehemann und Scheinvater für ein während <strong>de</strong>r Ehe geborenes nichteheliches<br />

Kind Unterhalt gezahlt, hat er gegen <strong>de</strong>n Erzeuger <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s einen Anspruch aus<br />

§ 1607 Abs. 3 auf Erstattung <strong>de</strong>r Unterhaltskosten. Einen Anspruch auf Ersatz <strong>de</strong>r Entbindungskosten<br />

gewährt <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sgerichtshof 37 <strong>de</strong>m Ehemann über die Rückgriffskondiktion<br />

<strong>de</strong>s § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt., weil er <strong>de</strong>n Erzeuger von seiner Pflicht aus § 1615 Abs. 1 befreit<br />

hat. Er kann weiter nach §§ 1607 Abs. 3, 1610 Abs. 2 <strong>de</strong>n Ersatz <strong>de</strong>r Kosten <strong>de</strong>r Vaterschaftsanfechtung<br />

von <strong>de</strong>m Scheinvater verlangen. 38<br />

54<br />

III. Schlüsselgewalt, § 1357<br />

Mitverpflichtung und -berechtigung nach § 1357<br />

55<br />

I. Voraussetzungen<br />

1. Kein Ausschluss nach § 1357 Abs. 2<br />

2. Kein Getrenntleben, § 1357 Abs. 3<br />

3. Geschäft zur angemessenen Deckung <strong>de</strong>s Lebensbedarfs<br />

Verbrauchergeschäfte Rn. 65<br />

4. Keine Ausnahme aufgrund <strong>de</strong>r Umstän<strong>de</strong>, § 1357 Abs. 1 S. 2<br />

Ärztliche Heilbehandlungen Rn. 68<br />

II. Wirkungen<br />

Dingliche Wirkung Rn. 57<br />

Gläubigerstellung Rn. 59<br />

Ausübung von Gestaltungsrechten Rn. 60<br />

PRÜFUNGSSCHEMA<br />

36 BGH Urt. v. 19.12.1989 (Az. IVb ZR 56/88) = FamRZ 1990, 367.<br />

37 BGH Urt. v. 8.1.1958 (Az. IV ZR 173/57) = BGHZ 26, 217.<br />

38 BGH Urt. v. 3.11.1971 (Az. IV ZR 86/70) = BGHZ 57, 229.<br />

13

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