als PDF

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

Recht gaben eines Beschuldigten für die Ermittlungsbehörden nicht verwertbar. Im Gegensatz zum Zeugen hat der Beschuldigte neben dem Recht zu schweigen auch das Recht zu lügen, solange er damit nicht wider besseren Wissens einen Dritten beschuldigt. Mögliche Informationsgewinnung bei Schweigen des Betroffenen Selbst wenn der Beschuldigte schweigt und/oder Zeugen von ihrem Auskunfts- oder Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen, stehen den Strafverfolgungsbehörden dennoch weitreichende Möglichkeiten der Informationsgewinnung zur Verfügung. Zum einen können Durchsuchungen beim Verdächtigen selbst angeordnet werden, zum anderen hat die Strafverfolgungsbehörde auch die Möglichkeit, bei Dritten, also dem Arbeitgeber oder den eingeschalteten Untersuchungsstellen Durchsuchungsmaßnahmen zu ergreifen. Solche Durchsuchungen bei Dritten dürfen zwar nur unter der Voraussetzung stattfinden, dass Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich dort – beim Dritten- Beweismittel, also beispielsweise Unterlagen, befinden. Da den Strafverfolgern allerdings bekannt ist, dass es eine interne Meldepflicht bei Störfällen o.ä. gibt, ist die Begründung dieser Annahme grundsätzlich darstellbar. Über den (Um-)weg der Durchsuchung haben die Strafverfolgungsbehörden folglich die Möglichkeit, gegen den Willen des schweigenden Betroffenen an Informationen und Aussagen zu gelangen, die dieser zuvor im trügerischen Glauben, diese seien vertraulich, seinem Arbeitgeber oder den Untersuchungsstellen zur Verfügung gestellt hat. Ein Zugriff auf diese Informationen ist selbst gegen den Willen des Durchsuchten im Wege der Beschlagnahme möglich, wobei es ausreicht, dass die zu beschlagnahmenden Unterlagen als Beweismittel in Betracht kommen können. Für solche Unterlagen und/oder Informationen gilt auch nicht etwa der in der Strafprozessordnung genannte Grundsatz der Beschlagnahmefreiheit. Dieser gilt nur für Schriftstücke, die sich im ausschließlichen Gewahrsam eines Zeugnisverweigerungsberechtigten befinden. Vorgesetzten, Arbeitgeber oder Untersuchungsstellen steht jedoch in der Regel entweder kein Zeugnisverweigerungsrecht zu, oder aber fehlt es am notwendigen Alleingewahrsam. Auch sind die auf diesem Wege gewonnenen Erkenntnisse nicht etwa deswegen unverwertbar, weil der Erklärende nicht vom Vorgesetzten, dem Arbeitgeber oder den Untersuchungsstellen auf sein strafprozessuales Schweigerecht hingewiesen wurde und er insoweit gutgläubig seine Angaben getätigt hat. Zu einem solchen Hinweis ist aber weder Ihr Arbeitgeber, noch die betreffenden Untersuchungsstellen verpflichtet, sondern lediglich die Strafverfolgungsbehörden im Rahmen deren Belehrungspflicht bei der Vernehmung eines Betroffenen. Zusammenfassung Sobald Sie als Flugsicherungsbediensteter als Tatverdächtiger oder Zeuge von Beamten der Strafverfolgungsbehörden vernommen werden, sind Sie auf Ihre prozessualen Rechte hinzuweisen. Eine unterbliebene Belehrung hierüber hat zur Folge, dass getätigten Aussagen nicht verwertet werden dürfen. Sollten Sie allerdings „lediglich“ von Ihrem Arbeitgeber oder einer Untersuchungsstelle einvernommen werden, ist ein Hinweis auf Ihre (straf-)prozessualen Rechte überhaupt nicht notwendig. Folgerichtig entfaltet ein unterbliebener Hinweis auch keine Sperrwirkung im Hinblick auf eine spätere Verwertbarkeit Ihrer Angaben, sollten die Strafverfolgungsbehörden auf diese Angaben zugreifen wollen. Sämtliche Angaben gegenüber Nichtstrafverfolgungsbehörden sind – zumindest im Bereich der schwerwiegenden Straftatendem vollständigen Zugriff der Strafverfolgungsbehörden ausgesetzt. Dies bedeutet nun nicht, dass Sie grundsätzlich bei jedem Zwischenfall damit rechnen müssen, dass sofort eine strafrechtliche Untersuchung erfolgt. Dies hängt tatsächlich vom Einzelfall selbst ab. Im Ergebnis wird nur eine winzige Minderheit von Sicherheitsvorfällen strafrechtliche Relevanz aufweisen. Ausblick Nach derzeitiger Rechtslage stehen sich die Idee der „Just Culture“ und die strafprozessualen Risiken für „praktizierende Flugsicherungsbedienstete“ sicherlich konträr gegenüber. Wenn ein Flugsicherungsbediensteter, der Angaben im Rahmen der Idee „Just Culture“ macht, damit rechnen muß, strafrechtlich unter Zuhilfenahme dieser Angaben belangt zu werden, wird sich seine Motivation verständlicherweise in engen Grenzen halten. Nichts desto trotz ist er seinem Arbeitgeber zu entsprechenden Meldungen verpflichtet. Ratsam ist jedoch immer, zunächst einen in der Materie bewanderten Strafverteidiger zu Rate zu ziehen, bevor Angaben zur Sache gegenüber Dritten gemacht werden, die, sind sie einmal im Umlauf, nicht wieder zurückgeholt werden können und dem Zugriff der Straf verfolgungsbehörden offenstehen. Um der sicherlich förderungswürdigen Idee der „Just Culture“ zum Siegeszug zu verhelfen, müßte die Gesetzes- und Rechtslage zwingen abgeändert und angepasst werden. Zu denken wäre hier insbesondere daran, ein Beweisverwertungsverbot für solch interne Meldedaten auszusprechen, oder aber in Anwendung von § 53 StPO Vorgesetzten des meldenden Flugsicherungsbediensteten und den Untersuchungsstellen gleich einem Berufsgeheimnisträger ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht einzuräumen. 15 der flugleiter 2009/03
Recht Just Culture • Keine Zweckentfremdung zu Ungunsten des Meldenden • Informationen dienen ausschließlich der Verbesserung der Luftverkehrssicherheit • Vertraulichkeit der Daten auch gegenüber Strafverfolgungsbehörden • Solange „akzeptables Verhalten“, Fahrlässigkeit Stellung im Ermittlungsverfahren • Zeuge: Kann etwas aus eigener Wahrnehmung bekunden, ist nicht Beschuldigter • Verdächtiger: Kommt als Täter/Teilnehmer einer Straftat in Betracht • Beschuldigter: Verdächtiger, gegen den sich das Ermittlungsverfahren formell richtet Beweisgewinnung im Ermittlungsverfahren • Vorladungen der Polizei sind insgesamt unbeachtlich; weder Erscheinen, noch Aussage kann durchgesetzt werden. • StA kann Aussage von Zeugen und Aussage erzwingen (Ordnungsgeld, Vorführung) • Ermittlungsrichter auch Ordnungshaft Zeugenvernehmung • § 55 StPO: Auskunftsverweigerungsrecht zu einzelnen Fragen bei Selbstbelastung oder Belastung von Angehörigen • § 52 StPO: Zeugnisverweigerungsrecht generell bei beschuldigten Angehörigen • (§ 53 StPO: Berufsgeheimnisträger) • Bei unterbliebener Belehrung hierüber Beweisverwertungsverbot • Pflicht zur Wahrheit und Vollständigkeit Beschuldigtenvernehmung • Muß über Tatvorwurf aufgeklärt werden, ebenso im Hinblick auf sein Schweigerecht (nemotenetur-Grundsatz) belehrt werden, Hinweis auf Recht, einen Verteidiger hinzuzuziehen und Beweiserhebungen zu beantragen • Bei unterbliebener Belehrung hierüber Beweisverwertungsverbot • Recht zu lügen • (Gesamt-)Schweigen darf nicht nachteilig gewertet werden Beschlagnahmefreiheit • § 97 StPO: Unterlagen im alleinigen Gewahrsam des Zeugnisverweigerungsberechtigten • Ist der Beschuldigte zivilrechtlich/arbeitsrechtlich verpflichtet, sich zu einem strafrechtlich relevanten Vorgang zu äußern, so sind diese Angaben verwertbar, Unterlagen sind bei schwerwiegenden Straftaten (fahrlässige Tötung etc.) auch grundsätzlich beschlagnahmefähig Ausblick • Beweisverwertungsverbot für interne Meldedaten • Zeugnisverweigerungsrecht für Vorgesetzte der Meldenden und/oder Untersuchungsstellen (Analogie zu § 53 StPO) der flugleiter 2009/03 16
Seite 1 und 2: 3/2009 Spannungsfeld „Just Cultur
Seite 3 und 4: Inhalt Editorial von Michael Schäf
Seite 5 und 6: liche Hürden gegeben und im LuftVG
Seite 7: Recht In Betracht kommt jedoch auch
Seite 11 und 12: Safety Safety Justice remedial acti
Seite 13 und 14: Management und intellektuelle Intel
Seite 15 und 16: ATC USA dahin eine ausreichende Zah
Seite 17 und 18: ATC USA Photo: FAA ✈ US Towercont
Seite 19 und 20: ATC Aktuell Bevor die AG EBG 03 in
Seite 21 und 22: ATC Aktuell kehrsaufkommens, wenn b
Seite 23 und 24: On Tour durch sogenannte „Marker
Seite 25 und 26: Luftfahrt International Himmel übe
Seite 27 und 28: Luftfahrt International auf die Sti

als PDF

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

Template löschen?

Als Template speichern?