Heft 2/2013 - DGE
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22 | Aus dem Vorstand und der Geschäftsstelle der <strong>DGE</strong><br />
Mit dem NRW-Umweltminister Johannes Remmel (der<br />
gerade von einem Besuch in Fukushima zurückgekehrt<br />
ist), dem Nuklearmediziner Prof. Dr. Christoph Reiners<br />
sowie dem Schilddrüsenexperten Peter Goretzki haben<br />
wir ein Team von Experten und Politikern, die eine offene<br />
und objektive Diskussion der Spätfolgen von Fukushima<br />
ermöglichen. Zu dieser Veranstaltung möchte die<br />
<strong>DGE</strong> Sie ganz herzlich einladen.<br />
Fast schon traditionsgemäß greift der <strong>DGE</strong>-Präsident<br />
bei der Eröffnung der jährlichen <strong>DGE</strong>-Tagung aktuelle<br />
Entwicklungen in der Endokrinologie auf und verbindet<br />
dies mit der spezifischen Situation der Endokrinologie<br />
beim jeweiligen Tagungspräsidenten. Dies möchte<br />
ich auch heute in aller Kürze und vor dem Hintergrund<br />
neuer Konzepte tun. Vor zwei Wochen erschien im<br />
Deutschen Ärzteblatt eine Stellungnahme der Bundesärztekammer<br />
mit dem Titel:<br />
„Zukunft der deutschen Universitätsmedizin – kritische<br />
Faktoren für eine nachhaltige Entwicklung“.<br />
Die Konstellation, Bundesärztekammer und Hochschulmedizin,<br />
an sich ist schon bemerkenswert, da normalerweise<br />
die Hochschulmedizin nicht im Fokus des<br />
Interesses der Bundesärztekammer steht. Was ist also<br />
passiert, damit eine hochrangige Kommission, an der<br />
auch die beiden ausgewiesenen Endokrinologen Prof.<br />
Scriba und Prof. Nieschlag beteiligt waren, sich intensiv<br />
und ausführlich mit der zukünftigen Entwicklung der<br />
Universitätsmedizin auseinandersetzt?<br />
Gemäß der Humboldt’schen Trias basiert die Universitätsmedizin<br />
in Deutschland auf der Einheit von Lehre,<br />
Forschung und Patientenversorgung. Diese Einheit ist<br />
unter den derzeitigen Rahmenbedingungen akut gefährdet.<br />
Durch den rasanten medizinischen und technischen<br />
Fortschritt können immer mehr diagnostische<br />
und therapeutische Maßnahmen ambulant durchgeführt<br />
werden. Damit fällt aber eine Haupteinnahmequelle,<br />
die stationäre Aufnahme, weg. Im Gegenzug<br />
erhalten die bisher als Zulieferer für die Stationen angesehenen<br />
Polikliniken und Ambulanzen aber keine<br />
leistungsgerechte Vergütung. Vor allem nicht finanziert<br />
sind der Aufwand für Forschung und Lehre und die Vorhaltekosten<br />
für Spezialisten.<br />
In der Folge fehlen wegrationalisierte Professuren für<br />
Forschung, Lehre und Krankenversorgung gerade in den<br />
Bereichen, die den Universitätsklinika durch diese Dynamik<br />
verloren gegangen sind. Die Konsequenz ist, dass<br />
Universitätsklinika zu einigen Patientengruppen kaum<br />
noch oder keinen Zugang mehr haben, dieser jedoch für<br />
die Forschung, aber auch für die Weiter- und Fortbildung<br />
dringend erforderlich ist.<br />
Ein Wegfallen dieser Disziplinen aus der Universitätsmedizin<br />
hat zudem schwere Folgen für die Patientenversorgung<br />
insgesamt. Fast zwangsläufig ist eine Entwicklung<br />
zu prognostizieren, bei der Praxisinhaber<br />
zunehmend Schwierigkeiten haben werden, geeignete<br />
Nachfolger für ihre Praxis zu finden, da die hierfür notwendigen<br />
Weiterbildungsleistungen nicht mehr durch<br />
die Universitätsmedizin erbracht werden. Mit diesem<br />
Statement schließt sich übrigens dann auch wieder der<br />
Kreis zur Bundesärztekammer und dieser Stellungnahme,<br />
da sie sich um die Perspektiven für niedergelassene<br />
Ärzte sorgt.<br />
Diese „Ambulantisierung“ der Medizin wird perspektivisch<br />
Fächer wie die Endokrinologie in der Universitätsmedizin<br />
nachhaltig gefährden.<br />
Für die endokrine Chirurgie bedeutet die Ökonomisierung,<br />
dass Lehre und Forschung als betriebswirtschaftlich<br />
überflüssige Ausgaben angesehen werden,<br />
und dass bei einer Rückführung dieser Leistungen im<br />
Gegenzug eine deutliche Erhöhung der Patientenzahlen<br />
erzielt werden kann. Diese Entwicklung ist umso<br />
besorgniserregender, da derzeit in Deutschland an den<br />
Universitätsklinika nur zwei W3-Positionen mit endokrinen<br />
Chirurgen besetzt sind. Ob die eingeleitete Bildung<br />
von Kompetenz- und Referenzzentren, wie z.B.<br />
für die Schild- und Nebenschilddrüsenchirurgie, diese<br />
Entwicklung umkehren kann, muss abgewartet werden.<br />
In Anbetracht der Herausforderungen, denen sich<br />
die endokrine Chirurgie in den nächsten Jahren stellen<br />
muss, z.B. im Bereich der bariatrischen Chirurgie, der<br />
Pathogenetik sowie der Transplantationstechniken,<br />
wie z.B. von einzelnen Langerhansschen Inseln, ist zu<br />
hoffen, dass in Zukunft ein deutlich verstärktes Engagement<br />
weg von der reinen Versorgungsforschung hin zur<br />
Grundlagen-Forschung erfolgt.<br />
In der Stellungnahme zur Hochschulmedizin werden<br />
von der Kommission konkrete Vorschläge gemacht, um<br />
diese Entwicklung zu stoppen. Es werden ausführlich<br />
verschiedene Finanzierungsmodelle entworfen und gefordert,<br />
die eine nachhaltige, stabile Finanzierung von<br />
Hochschulambulanzen ermöglichen sollen.<br />
Was aber sicherlich entschieden zu kurz kommt, ist eine<br />
intensive Auseinandersetzung mit dem Stellenwert von<br />
Forschung und Lehre für die Zukunft der verschiedenen<br />
von der Ambulantisierung betroffenen Bereiche.<br />
Zwar wird in dem Bericht darauf hingewiesen, dass das<br />
fragile Gleichgewicht zwischen Krankenversorgung einerseits<br />
und Forschung und Lehre andererseits durch<br />
die Überlagerung von rein betriebswirtschaftlichen<br />
Aspekten massiv gestört ist, die daraus abgeleiteten<br />
Forderungen greifen aber zu kurz. Natürlich müssen attraktive<br />
Bedingungen und Freiräume für Lehre und Forschung<br />
geschaffen werden, die einen Anreiz für Ärzte<br />
darstellen, den Weg in die Forschung auch in Zukunft<br />
zu gehen. Diese Forderungen sind aber eher Allgemein-<br />
Endokrinologie Informationen 37 (<strong>2013</strong>) 2