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-Zeitung<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
7-8 / 12<br />
AKTIV FÜR BILDUNG:<br />
BERICHTE VOM <strong>GEW</strong>ERKSCHAFTSTAG (S. 2 - 11)<br />
Fotos vom Gewerkschaftstag (S. 1- 11): Brigitte Strubel-Mattes, Harald Maxeiner, Paul Schwarz, James Marsh
Editorial / Inhalt<br />
Impressionen<br />
vom Gewerkschaftstag<br />
Delegierter und Redakteur - irgendwie<br />
passt das nicht.<br />
Delegierte haben eine verantwortungsvolle<br />
Aufgabe, schließlich<br />
repräsentiert jede/r von ihnen an<br />
die hundert Mitglieder. Und die<br />
dürfen zu Recht erwarten, dass<br />
der Gewerkschaftstag - immerhin<br />
das höchste Organ unserer <strong>GEW</strong><br />
- ordentlich arbeitet. Sprich: die<br />
richtigen Weichen stellt, ob personell,<br />
organisatorisch, bildungs- oder<br />
gewerkschaftspolitisch. Schließlich<br />
müssen wir etwas bewegen, indem<br />
wir bessere Arbeitsbedingungen für<br />
die Beschäftigten und ein sozial<br />
gerechteres, humanes Bildungswesen erreichen. Unsere beiden<br />
Kernaufgaben eben.<br />
Gute Delegierte müssen deshalb genau vorbereitet sein, die Anträge<br />
wie die Formalitäten kennen, sich fleißig an den Debatten beteiligen<br />
… und ganz viel Sitzfleisch an den langen Arbeitstagen haben.<br />
Und der Redakteur? Nun, der hat nur eines im Auge: Wie kann aus<br />
der Fülle von Informationen und Eindrücken das herausgefiltert<br />
werden, was tatsächlich berichtenswert ist. Er muss manchmal sogar<br />
ein bisschen ignorant sein und wird auch nach der gefühlten 50.<br />
Teilnahme an Gewerkschaftstagen auf Bundes- und Landesebene<br />
bestimmte Rituale nie wirklich verstehen.<br />
Wozu braucht es eine Antragskommission, die den Delegierten<br />
vorschlägt, wie sie entscheiden sollten? Können diese nicht selbst<br />
lesen und denken?<br />
Er kann schwer nachvollziehen, wie viel Energie Menschen für<br />
Satzungsdiskussionen aufzubringen vermögen.<br />
Ihm wird sich auch kaum erschließen, wieso prominente Gäste ihre<br />
kostbare Arbeitszeit verschwenden, um stumme Teilnehmer/innen<br />
bei der öffentlichen Veranstaltung zu sein.<br />
Inhalt <strong>GEW</strong>-ZEITUNG <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> Nr. 7-8 / 2012<br />
Editorial / Inhalt Seite 2<br />
Der <strong>GEW</strong>-Gewerkschaftstag<br />
• Resolutionen Seiten 2 - 3<br />
• Aufbruch und Widerstand Seiten 4 - 8<br />
• Stimmen und Stimmungen Seiten 9 - 10<br />
• Glosse: Dem Morgenrot entgegen … Seite 11<br />
Bildungspolitik<br />
<strong>GEW</strong> im Gespräch …<br />
• mit Wissenschaftsstaatssekretärin Vera Reiß Seiten 12 - 13<br />
• und Bildungsstaatssekretär Hans Beckmann Seiten 13 - 14<br />
Schulen Seiten 15 - 24<br />
Hochschulen Seite 25<br />
Jubilare / Generation 60+ Seiten 26 - 27<br />
Tipps + Termine Seiten 27 - 31<br />
Kreis + Region / Impressum Seite 31<br />
Sommerferiengeist Seite 32<br />
Auch als konsequentem Verfechter einer Frauenquote ist ihm schwer<br />
verständlich, warum dieses Thema immer wieder auf die Agenda<br />
kommt, obwohl es an Kandidatinnen mangelt.<br />
Und fremd ist ihm auch die Begeisterung für akademisches Entertainment,<br />
wenn also ein Star-Prof. in einem dreiviertelstündigen<br />
Vortrag die Weltwirtschaft und gleich auch noch Auswege aus der<br />
Krise erklärt.<br />
Natürlich, für all dies gibt es gute Gründe. Der Redakteur ist ein<br />
Alien. Aber genau deshalb ist er befugt, ein objektives Urteil darüber<br />
zu fällen, ob die Veranstaltung ein Erfolg war oder nicht.<br />
Klare Antwort: Dieser Gewerkschaftstag ist voll gelungen.<br />
• Die <strong>GEW</strong> ist personell hervorragend aufgestellt. Gerade die Vorstellungsrunde<br />
nach der Vorsitzendenwahl für die verschiedenen<br />
Funktionen im Landesvorstand zeigte imponierend, dass wir viele<br />
gleichermaßen engagierte wie kompetente Persönlichkeiten in unseren<br />
Reihen haben.<br />
• Selten wurde in der Antragsberatung so zielstrebig und erfolgreich<br />
gearbeitet. Danke an das Präsidium unter Leitung von Heinz Winter.<br />
• Wie kaum eine andere Gruppierung ist die <strong>GEW</strong> ein generationenübergreifendes<br />
Projekt, in dem KollegInnen jeden Alters gestalten<br />
können. So schön es war, viele teils seit Jahrzehnten vertraute Gesichter<br />
wiederzusehen (und so traurig, vergeblich z. B. nach einem<br />
Helmut Thyssen oder einem Jörg Pfeiffer Ausschau zu halten), noch<br />
schöner war es, zahlreiche „Neue“ zu erleben, die sich munter einbrachten<br />
- und dies künftig auch hoffentlich weiterhin tun werden.<br />
• Die <strong>GEW</strong> hat sich eindrucksvoll als Bildungsgewerkschaft präsentiert,<br />
in der (und mit der) Menschen aus allen Bildungsbereichen<br />
für ihre Interessen kämpfen.<br />
• Abschließend das Allerwichtigste: Die <strong>GEW</strong> ist inhaltlich geschlossen<br />
ohne Graben- oder Flügelkämpfe. Keine Floskel: Gemeinsam<br />
sind wir stark.<br />
Ach so, dies nur noch an dieser Stelle am Rande: Die Redaktion<br />
erhielt einstimmig das Vertrauen der Delegierten. Wir sagen danke!<br />
Günter Helfrich<br />
Delegierte beschließen<br />
Resolution gegen Kinderarmut<br />
Der Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> fordert den<br />
Landtag und die Landesregierung auf, umgehend Maßnahmen<br />
gegen Kinderarmut zu ergreifen. Insbesondere die Städte brauchen<br />
über den landesinternen Finanzausgleich mehr Unterstützung, um<br />
Kinder aus armen Familien bestmögliche Lebens- und Bildungschancen<br />
zu gewähren.<br />
Armut in Deutschland führt zu Bildungsarmut (siehe PISA-Studien).<br />
Die am 1.2.2012 vorgelegte Bertelsmann-Studie zur Armut<br />
von Kindern zwischen 0 - 3 Jahren zeigt für <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, dass<br />
16,9 % dieser Altersgruppe in Armut lebt (Bundesdurchschnitt:<br />
17,2 %). In einigen größeren Städten (z.B. PS, KL, LU, WO) liegen<br />
diese Werte jedoch deutlich höher, z.T. über 30 %.<br />
Es besteht großer Handlungsbedarf. Die Kommunen allein sind<br />
aufgrund ihrer miserablen finanziellen Situation nicht in der Lage,<br />
zur Unterstützung von armen Familien Maßnahmen gegen Kinderarmut<br />
zu ergreifen.<br />
Kindertagesstätten, Grundschulen und weiterführende Schulen<br />
brauchen qualifiziertes Personal und Material, um in Ganztageseinrichtungen<br />
für mehr Bildungsgerechtigkeit zur sorgen.<br />
2 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012
Gewerkschaftstag<br />
Resolution: In Bildung investieren - von Anfang an<br />
Bildung ist ein zentraler Schlüssel für die gelingende Lebensgestaltung<br />
des Einzelnen, für den Zusammenhalt und die Zukunftsfähigkeit<br />
unserer demokratischen Gesellschaft. Inklusive Bildung sichert<br />
Teilhabe und ermöglicht Chancengleichheit. Sie schafft die Grundlagen<br />
für nachhaltiges Wirtschaften und wissenschaftlichen Erfolg.<br />
Diese Sätze hören wir häufig aus dem Munde vieler Politiker, aber<br />
die Wirklichkeit sieht auch in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> anders aus - trotz<br />
einer rot-grünen Landesregierung.<br />
Es fehlen gut ausgestattete Kita-Plätze, damit Kinder von Anfang<br />
an zusammen mit anderen spielen und lernen können - unterstützt<br />
durch gut qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher, die es verdient<br />
haben, endlich besser bezahlt zu werden. Nach wie vor sind die<br />
Grundschulen personell und materiell nicht so ausgestattet, dass<br />
alle Kinder in die Grundschule ihres Wohnbezirks als der „EINEN<br />
Schule für ALLE“ eingeschult werden, ohne dass eine Aussonderung<br />
erfolgt. Nach wie vor haben wir in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> einen hohen<br />
Prozentsatz von Schülerinnen und Schülern, die durch Klassenwiederholung<br />
oder Abschulen beschämt werden. Vielerorts wird das<br />
amtlich vorgegebene Unterrichts-Soll nicht erfüllt, da nicht genügend<br />
Lehrkräfte eingestellt werden. Die Chancen, einen qualifizierten<br />
Sekundarabschluss I oder eine Hochschulzugangsberechtigung<br />
zu erlangen, hängen immer noch sehr stark vom sozialen Status<br />
der Eltern ab. Kinder mit Migrationshintergrund sind besonders<br />
benachteiligt. Auch die gesetzlich gebotene individuelle Förderung<br />
ist kaum zu realisieren, da die Kitas und Schulen personell unzureichend<br />
ausgestattet sind.<br />
Dies alles kann so nicht hingenommen werden!<br />
Den programmatischen Erklärungen der Politik müssen endlich<br />
politische Taten folgen:<br />
Die Bildungsgewerkschaft <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> fordert die<br />
Schaffung personeller und sächlicher Bedingungen, mit denen inklusives<br />
Denken und Handeln in der täglichen Arbeit in sämtlichen<br />
Bildungseinrichtungen umgesetzt werden können. Dazu müssen<br />
auch die für die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Beschäftigten<br />
notwendigen Ressourcen bereitgestellt werden.<br />
Die politische Verpflichtung zur Schaffung eines inklusiven Schulsystems<br />
ist umzusetzen.<br />
Der geplante Abbau von rund 2000 Lehrerstellen bis 2016/17 ist<br />
vor diesem Hintergrund nicht hinnehmbar. Die Schüler-Lehrer-<br />
Relation muss deutlich verbessert werden. Mit der angepeilten<br />
Schüler-Lehrkräfte-Relation von 14,7 bleibt <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
Mittelmaß.<br />
Der strukturelle Unterrichtsausfall muss beseitigt werden. Durch<br />
gezielte Anreize soll das Lehrkräfteangebot, insbesondere in den<br />
Mangelfächern, vergrößert werden. Mit den angekündigten 500<br />
zusätzlichen Stellen und den beabsichtigten 1000 Stellen im<br />
Vertretungspool sind diese Ziele nicht erreichbar. Folglich plant<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> weiter Unterrichtsausfall ein.<br />
Dies ist nicht hinnehmbar!<br />
Die Schulen brauchen Pädagogische Fachkräfte, Schulsozialarbeit,<br />
Berufseinstiegsbegleitung sowie die Einbindung in regionale Netzwerke,<br />
um allen Schülerinnen und Schülern einen Schulabschluss<br />
zu ermöglichen. Um Schülerinnen und Schüler subjektorientiert<br />
beraten zu können, benötigen die Schulen finanzielle und zeitliche<br />
Ressourcen und die Zusammenarbeit mit außerschulischen Expertinnen<br />
und Experten.<br />
Das ineffiziente Übergangssystem von der Schule in den Beruf muss<br />
durch zukunftsorientierte Qualifizierungsangebote ersetzt werden.<br />
Der Hochschulzugang über die duale Berufsausbildung muss durch<br />
Zusatzqualifikationen an den Berufsschulen abgesichert werden.<br />
Ein Gesamtkonzept zur Erreichung dieser Ziele ist nicht einmal<br />
angekündigt!<br />
Auch im Bereich der Hochschulen und der Weiterbildungseinrichtungen<br />
muss personell, finanziell und räumlich deutlich zugelegt<br />
werden, damit die dort Lernenden unter guten Bedingungen und<br />
ohne Zeitverlust die Studien- und Weiterbildungsziele erreichen<br />
können.<br />
Die Beschäftigten in allen Bildungsbereichen müssen unbefristet beschäftigt<br />
und entsprechend ihrer Qualifikation und Berufserfahrung<br />
bezahlt werden. Die Praxis des Heuerns und Feuerns und die damit<br />
verbundenen sozialen und arbeitsmarktpolitischen Benachteiligungen<br />
vieler Kolleginnen und Kollegen müssen beendet werden. Dies<br />
gilt insbesondere für die prekären Beschäftigungsverhältnisse in der<br />
Weiterbildung und an den Hochschulen.<br />
Durch Eingruppierungstarifverträge müssen Tätigkeit und Weiterqualifizierung<br />
der Beschäftigten gerecht entlohnt werden. Die<br />
Ergebnisse der Tarifverhandlungen sind inhalts- und zeitgleich auf<br />
die Beamtinnen und Beamten zu übertragen. Die Vorabfestlegung<br />
von jährlich 1 % Besoldungserhöhung für fünf Jahre verurteilt die<br />
<strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> in aller Deutlichkeit.<br />
Die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten der Betriebsund<br />
Personalräte sind deutlich auszuweiten.<br />
Die öffentlichen Haushalte müssen ihre Einnahmen erhöhen. Dies<br />
geht nur durch eine andere Steuerpolitik, z.B. die Anhebung des<br />
Spitzensteuersatzes und die Wiedereinführung der Vermögenssteuer.<br />
Die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> unterstützt das Land bei seinen entsprechenden<br />
Bemühungen im Bundesrat.<br />
Die erfolgreichen Bildungsländer der OECD investieren bis zu 10<br />
% des Bruttoinlandsprodukts in die Bildung.<br />
Dies muss das Ziel auch in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> sein!<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012<br />
3
Gewerkschaftstag<br />
Aufbruch und Widerstand:<br />
„Vieles kann so nicht mehr hingenommen werden“<br />
- Vom Gewerkschaftstag berichten Gerlinde und Paul Schwarz -<br />
Unter dem Motto „Aktiv für Bildung“ führte die Gewerkschaft<br />
Erziehung und Wissenschaft <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> Mitte<br />
Mai ihren Landesgewerkschaftstag 2012 im Schloss Waldthausen<br />
in Budenheim bei Mainz durch. Die 136 Delegierten<br />
wählten dort für eine vierjährige Amtszeit einen neuen Landesvorstand.<br />
Es gab zahlreiche Beschlüsse, die nach kurzen<br />
Diskussionen meistens einstimmig verabschiedet wurden.<br />
Weitere Anträge aus dem Bereich Schulen beschäftigten<br />
sich u.a. mit der Frage „Was braucht eine gute Schule“,<br />
damit Schülerinnen und Schülern optimaler Unterricht<br />
und optimale Förderung geboten werden kann, oder<br />
forderten von der Landesregierung einen „Zeitplan für<br />
eine zügige Umsetzung der UN-Konvention über die<br />
Rechte der Menschen mit Behinderungen“ sowie die<br />
Verbesserung der Qualität und der personellen wie organisatorischen<br />
Ausstattung der Schwerpunktschulen, an<br />
denen die Landesregierung die UN-Konvention umsetzen<br />
will. Viel Beifall erhielt die Postkartenaktion an Kurt Beck,<br />
„Beamtinnen und Beamte nicht von der allgemeinen<br />
Einkommensentwicklung abzuhängen“.<br />
In der öffentlichen Veranstaltung referierte Prof. Dr.<br />
Stefan Sell von der Fachhochschule Koblenz, Campus<br />
Remagen, über „Bildungspolitik in Zeiten der Schuldenbremse“<br />
vor zahlreichen Gästen aus Politik und<br />
Gewerkschaftsarbeit.<br />
Für das Amt des Landesvorsitzenden kandidierte erneut<br />
Klaus-Peter Hammer, für das Amt der beiden stellvertretenden<br />
Landesvorsitzenden bewarben sich die bisherige<br />
stellvertretende Vorsitzende Sylvia Sund, Förderschullehrerin<br />
aus Trier und Vorsitzende des Hauptpersonalrates<br />
Förderschulen, Sabine Weiland, BBS-Lehrerin aus Frankenthal<br />
und Mitglied des Bezirkspersonalrats Berufsbildende<br />
Schulen, sowie Elmar Ihlenfeld, Förderschullehrer<br />
aus Bad Neuenahr-Ahrweiler, Bezirksvorsitzender der<br />
<strong>GEW</strong> Koblenz und Mitglied des Bezirkspersonalrats<br />
Förderschulen. Die bisherige stellvertretende Landesvorsitzende<br />
Sybilla Hoffmann, Gymnasiallehrerin in Ingelheim<br />
und Mitglied des Hauptpersonalrats Gymnasien,<br />
kandidierte nach zwei Amtsperioden nicht mehr.<br />
So viele Mitglieder wie noch nie -<br />
Klaus-Peter Hammers Blick zurück<br />
In seinem Rechenschaftsbericht für die Wahlperiode<br />
2008-2012 gab Klaus-Peter Hammer einen kleinen Rückblick<br />
auf das, „was wir in den letzten vier Jahren gemeinsam<br />
bewegt und erreicht haben“: Wichtige Ziele seien<br />
u.a. gewesen, die <strong>GEW</strong> als Sprachrohr für die Interessen<br />
ihrer Mitglieder und der Beschäftigten in allen Bildungseinrichtungen<br />
darzustellen sowie die <strong>GEW</strong> inhaltlich breit<br />
zu positionieren. Diese Ziele seien erfolgreich angegangen<br />
worden, was sich vor allem in der steigenden Zahl der<br />
Mitglieder zeige. „Wir haben diesen Monat mit mehr als<br />
10 600 Mitgliedern so viele wie noch nie“. Das bedeute<br />
mehr Arbeit, weshalb mit James Marsh ein weiterer<br />
Gewerkschaftssekretär eingestellt worden ist. Er sitzt in<br />
Trier und wird neben Trier auch die Südwestpfalz betreuen.<br />
Mittlerweile, so Hammer, sehe auch die Presse die<br />
<strong>GEW</strong> als „die Fachgewerkschaft im Bildungsbereich“ an.<br />
Die zahlreichen Interviewanfragen der unterschiedlichen<br />
Medien bestätigten diese Wertschätzung. Für die neue<br />
Homepage der <strong>GEW</strong>, die gut ankomme, bedankte sich<br />
Hammer speziell bei Elmar Ihlenfeld und Bernd Huster.<br />
Im Kampf um bessere Bezahlung und Tarifvereinbarungen<br />
habe die <strong>GEW</strong> weit über 1200 Streikbeteiligte auf die<br />
Straße gebracht, „so viel wie noch nie“.<br />
Als wichtig bezeichnete Hammer die enge Zusammenarbeit<br />
mit den Schwestergewerkschaften im DGB. Neben<br />
dem öffentlichen Kampf gebe es immer wieder auch Gespräche<br />
mit den politisch Verantwortlichen, die z.T. von<br />
Erfolg gekrönt gewesen seien, so z.B. die Errichtung des<br />
4 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012
Gewerkschaftstag<br />
Instituts für Lehrergesundheit, die Veränderung der Klassenmesszahl<br />
an den Grundschulen, die erneute Erhöhung<br />
der Altersgrenze zur Verbeamtung auf Lebenszeit sowie<br />
die Verbesserung der Schulleitungsbesoldung speziell im<br />
Grundschulbereich. Leider sei die gleiche Besoldung von<br />
Real- und Hauptschullehrkräften noch nicht erreicht worden.<br />
Ebenso sei es ein vorrangiges Gewerkschaftsziel, dass<br />
die Realschule plus nur in der integrativen Form angeboten<br />
wird. Bei all dieser Arbeit sei eine gut funktionierende<br />
Geschäftsstelle besonders wichtig. Ausdrücklich bedankte<br />
sich der Vorsitzende bei allen Kolleginnen und Kollegen<br />
der Geschäftsstelle, „ohne euere gute Arbeit wären wir<br />
nicht so erfolgreich“.<br />
Die Vorstandswahlen -<br />
„Keine Ruhe geben“<br />
Wiedergewählt wurde mit knapp 96 Prozent der bisherige<br />
Landesvorsitzende der <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, Klaus-<br />
Peter Hammer. Drei Wahlgänge waren nötig, um seine<br />
beiden Stellvertreterinnen zu wählen: Sabine Weiland<br />
und Sylvia Sund.<br />
In seiner Antrittsrede als neuer Vorsitzender kritisierte<br />
Hammer, dass Bildung heute und in den nächsten Jahren<br />
„unter den Fesseln der Schuldenbremse“ zu leiden habe.<br />
„Die Schuldenbremse blockiert alles, was gute Bildung<br />
braucht, und dies ausgerechnet in einer Zeit, in der unsere<br />
deutsche Industriegesellschaft im globalen Wettstreit nur<br />
mithalten kann, wenn wir gut ausgebildete Fach- und<br />
Arbeitskräfte haben“, sagte er. Hammer rügte „das Gejammer<br />
von Politikern über fast alle Parteigrenzen hinweg“,<br />
wie teuer die Personalkosten im Bildungshaushalt seien<br />
und dass hier unbedingt eingespart werden müsse. „Denkt<br />
man dabei an Menschen, oder geht es da nur um Zahlen?“,<br />
fragte er unter dem heftigen Beifall der Delegierten. Dass<br />
die Beschäftigten in den Bildungseinrichtungen für gute<br />
Arbeit auch ordentlich bezahlt werden sollten, sei doch<br />
mehr als selbstverständlich. Wenn es um Renommierprojekte<br />
gehe, sei dagegen immer wieder Geld da. „Da<br />
fließen Millionen, auch wenn sie nicht mehr greifen, wie<br />
beim Nürburgring.“ Wenn z.B. die frühkindliche Bildung<br />
so wichtig ist, wie immer behauptet werde, und wenn es<br />
unstrittig ist, dass die ersten Jahre so entscheidend sind,<br />
weshalb, so Hammer, „stattet man die Kindertagesstätten<br />
nicht dementsprechend aus und bezahlt Erzieherinnen<br />
und Erzieher nicht entsprechend?“ So gebe man lieber<br />
Der neue Landesvorstand<br />
Gewerkschaftliche Bildung<br />
und Mitgliederwerbung:<br />
Elisabeth Orth-Jung<br />
Vorsitzender<br />
Stellvertretende Vorsitzende<br />
Stellvertretende Vorsitzende<br />
Klaus-Peter Hammer<br />
Sabine Weiland<br />
Sylvia Sund<br />
Junge <strong>GEW</strong><br />
Interkulturelle Angelegenheiten<br />
Elena Leuschner<br />
Dominik Müller<br />
Peimaneh Nemazi-Lofink<br />
Schulen:<br />
Christine Kohl<br />
Hans-Jürgen Riegler<br />
Rudolf Blahnik<br />
Rechtsschutzstelle<br />
Redakteur<br />
Dieter Roß<br />
Günter Helfrich<br />
Finanzen und Mitgliederverwaltung:<br />
Jugendhilfe und Sozialarbeit:<br />
Hochschule und Forschung:<br />
Heinz Winter<br />
Ludwig Julius (Stellvertr.)<br />
Erni Schaaf-Peitz<br />
Dr. Jürgen Blank<br />
Schriftführer<br />
Datenschutzbeauftragter<br />
Vertrauensleute<br />
Detlef Krammes<br />
Elmar Ihlenfeld<br />
Henning Caspari<br />
Berufliche Bildung und<br />
Weiterbildung:<br />
Angestellten-, Beamten- und<br />
Arbeitsmarktpolitik:<br />
Annelie Strack<br />
Gudrun Biehl<br />
Markus Henrich<br />
Christiane Grenda<br />
Alexander Witt<br />
Christian Diehl<br />
Schwerbehindertenvertreterin<br />
Marianne Rösner<br />
Bestätigt wurden die Ergebnisse der Landesfachgruppenwahlen.<br />
Deren Vertreter/innen sowie die der Bezirke und Kreise gehören<br />
ebenfalls dem Landesvorstand an. Gewählt wurden zudem die<br />
Mitglieder des Redaktionsausschusses, der Schiedskommission sowie<br />
die Delegierten für den Bundesgewerkschaftstag.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012<br />
5
Gewerkschaftstag<br />
Milliarden aus, um eine absolut unnötige und überflüssige<br />
Betreuungsprämie zu zahlen, monierte Hammer. „Wir<br />
werden keine Ruhe geben und die Finger in die Wunden<br />
legen“, versprach der neue Vorsitzende der <strong>GEW</strong><br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />
Abschied tut weh -<br />
„Sybilla, Du wirst uns fehlen“<br />
Das neue Gesicht - Sabine Weiland -<br />
Für Gleichstellung von Mann und Frau<br />
Vier Jahre hat Sybilla Hoffmann als Stellvertretende Landesvorsitzende<br />
mit Tilman Boehlkau und vier Jahre mit<br />
Klaus-Peter Hammer zusammengearbeitet. Die Besonnenheit,<br />
Weitsicht und Klugheit von Sybilla Hoffmann<br />
werde der <strong>GEW</strong> fehlen, lobte unter heftigem Beifall der<br />
Delegierten Klaus-Peter Hammer. Er betonte auch, dass<br />
sie immer „gemeinsam an einem Strang gezogen“ hätten.<br />
„Wir werden dich vermissen“.<br />
Die standing ovations der Delegierten drückten Dank<br />
und Wehmut aus, ein Gutschein für ein Wochenende<br />
mit Partner auf der Reichenau konnte nur ein symbolischer<br />
Dank der rheinland-pfälzischen Gewerkschaft sein.<br />
Sybilla versprach jedoch, weiter in der <strong>GEW</strong> mitarbeiten<br />
zu wollen.<br />
51-26-25. Mit diesen Maßangaben eröffnete Sabine Weiland<br />
ihre Vorstellung: 51 Jahre alt, 26 Jahre im Schuldienst<br />
der BBS und 25 Jahre in der <strong>GEW</strong>. Die Basisarbeit liegt<br />
ihr: Landes- und Bezirksfachgruppen, MoPS-Arbeit und<br />
Kreisverbandstätigkeit in Ludwigshafen. Sie steht für eine<br />
intensive Zusammenarbeit mit dem DGB und für eine<br />
wirkliche Gleichstellung von Frauen und Männern. „Hier<br />
ist noch viel zu tun, damit Frauen in Führungspositionen<br />
entsprechend vertreten sind.“ Sie plädiert für Vielfalt in<br />
der Gewerkschaft und für gleiche Rechte dieser Vielfaltsgruppen<br />
und tritt ein für mehr Chancengerechtigkeit.<br />
Diese und die Verwirklichung inklusiver Bildung müsse<br />
verbunden werden mit dem Kampf um eine gerechtere<br />
Bezahlung und für bessere Arbeitsbedingungen der Kolleginnen<br />
und Kollegen in Kitas, Schulen und Hochschulen.<br />
Dazu gehöre auch die Stärkung der Mitbestimmung. „Auf<br />
mich könnt ihr euch verlassen, dabei ist mir die Kultur der<br />
gegenseitigen Wertschätzung besonders wichtig.“<br />
Angst vor Überfremdung nehmen -<br />
Hikmet Koese verabschiedet sich<br />
Nach vielen Jahren Vorstandstätigkeit verabschiedete<br />
sich Hikmet Koese. Bis 1996 arbeitete er bei der LAIA<br />
(Landesausschuss für interkulturelle Angelegenheit) als<br />
6 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012
Gewerkschaftstag<br />
Beisitzer und Vorsitzender. 1996 wurde auf dem Gewerkschaftstag<br />
der VB „Interkulturelle Angelegenheiten“<br />
gegründet, wo Hikmet bis heute Vorsitzender gewesen ist.<br />
Köses Herzensanliegen war die Integration von SchülerInnen<br />
und LehrerInnen mit Migrationshintergrund. Er<br />
wurde nicht müde, dieses Anliegen immer wieder in die<br />
deutsche Mehrheitsgesellschaft hineinzutragen. Die <strong>GEW</strong><br />
bot ihm dafür eine gute Plattform, auch für die Zusammenarbeit<br />
mit EUROMIR, RIFI und dem Landesbeirat.<br />
Die Zugewanderten sollten das Gefühl bekommen, hier<br />
sind wir erwünscht, wir sind ein Teil dieser Gesellschaft.<br />
Die Deutschen, so Hikmet, müssten keine Angst vor<br />
Überfremdung bekommen, weil Migranten und Deutsche<br />
eine gemeinsame Zukunft bauen könnten. Die <strong>GEW</strong><br />
müsse in diesem Sinne weiterarbeiten und auch manchem<br />
Mitglied die Überfremdungsangst nehmen.<br />
„In deine Fußstapfen kann niemand treten“<br />
- Hans-Adolf Schäfer wurde feierlich verabschiedet<br />
Eine Laudatio für den scheidenden Hans-Adolf Schäfer<br />
hielt Alexander Witt. Seit 55 Jahren gehört Schäfer der<br />
<strong>GEW</strong> an, zahlreiche Ämter und Funktionen hatte er<br />
inne. Öffentliche Anerkennungen wie die Hans-Böckler-<br />
Medaille und das Bundesverdienst am Bande begleiteten<br />
sein Wirken. Witt lobte Schäfers „freundliches Wesen“,<br />
seine „beispiellose Hilfsbereitschaft“ und die Fähigkeit,<br />
„auf Menschen zuzugehen“: eine „bewundernswerte und<br />
große Persönlichkeit“. Hans-Adolf Schäfer bedankte sich<br />
für die Ehrung, sagte aber zu, „ab und zu mit hartnäckigen<br />
Positionen weiterhin aufzutreten“. Klar, dass sich auch<br />
der <strong>GEW</strong>-Vorsitzende Klaus-Peter Hammer herzlich bei<br />
Hans-Adolf Schäfer für sein segensreiches Wirken in der<br />
rheinland-pfälzischen <strong>GEW</strong> bedankte.<br />
Totenehrung<br />
Dank und Verneigung vor:<br />
Karl Alsentzer, <strong>GEW</strong>-Kreis Bad Kreuznach<br />
Karl Andre, <strong>GEW</strong>-Kreis Südpfalz<br />
Werner Bach, <strong>GEW</strong>-Kreis Kusel<br />
Roman Backes, <strong>GEW</strong>-Kreis Trier<br />
Annemarie Birkmeyer, <strong>GEW</strong>-Kreis Südpfalz<br />
Hildegard Bogerts, <strong>GEW</strong>-Kreis Bitburg-Prüm<br />
Renate Booms, <strong>GEW</strong>-Kreis Koblenz<br />
Clemens Gies, <strong>GEW</strong>-Kreis Rhein-Lahn<br />
Margit Hauer, <strong>GEW</strong>-Kreis Neuwied<br />
Hartmut Koch, <strong>GEW</strong>-Kreis Trier<br />
Anneliese Neuberger, <strong>GEW</strong>-Kreis Zweibrücken<br />
Gisela Richter, <strong>GEW</strong>-Kreis Ludwigshafen<br />
Karl-Heinz Schwarzweiler, <strong>GEW</strong>-Kreis Bad Dürkheim<br />
Wolfgang Wiedenroth, <strong>GEW</strong>-Kreis Mainz-Bingen<br />
Heinz Wolschendorf, <strong>GEW</strong>-Kreis Ludwigshafen<br />
Dieter Zimmer, <strong>GEW</strong>-Kreis Bernkastel-Wittlich<br />
Mehr in Kitas und Hochschulen investieren -<br />
<strong>GEW</strong>-Chef Ulrich Thöne in Mainz<br />
Auch die gegenwärtige Euro-Krise und die Griechenland-<br />
Pleite schwappte in den Gewerkschaftstag. Der <strong>GEW</strong>-<br />
Bundesvorsitzende Ulrich Thöne war eigens nach Mainz<br />
gekommen. Er klagte die wachsende Kluft zwischen Arm<br />
und Reich an, nicht nur in Griechenland, sondern auch<br />
bei uns. Typisch für Griechenland seien die Verschwendung<br />
öffentlicher Ausgaben und der extrem hohe Etat für<br />
Militärausgaben. Er kritisierte die Bestandsgarantie für<br />
die milliardenschwere Rettung der Zocker und Banker.<br />
Letztendlich müsse immer der kleine Mann die Zeche bezahlen,<br />
während die Reichen und Superreichen glimpflich<br />
davon kämen und ihre Vermögen ins Ausland schafften.<br />
Mit Blick auf die hiesige Situation mahnte er an, endlich<br />
mehr Geld in Kitas und Hochschulen zu investieren. „Das<br />
ist zukunftsträchtig“.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012<br />
7
Gewerkschaftstag<br />
Für ein leistungsstarkes und gerechtes<br />
Bildungssystem sind alle! -<br />
Die öffentliche Veranstaltung<br />
Abseits der Satzungsänderungen, der Neuwahlen und der<br />
Anträge trafen sich die Delegierten zu einer öffentlichen<br />
Veranstaltung im Schloß Waldthausen. Gekommen waren<br />
auch die bildungspolitischen Sprecherinnen der im rheinland-pfälzischen<br />
Landtag vertretenen Parteien, führende<br />
Vertreter der Bundes-<strong>GEW</strong> wie Marianne Demmer und<br />
Norbert Hocke sowie anderer Gewerkschaften. In seinem<br />
Grußwort wies Dietmar Muscheid, Vorsitzender des DGB<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> daraufhin, dass in der Bildungspolitik<br />
den Worten endlich Taten folgen müssten. Es müsse<br />
Schluss sein, ständig die Bevölkerung zur Kasse zu bitten,<br />
um die Feuer zu löschen, die Zocker und Banker angefacht<br />
hätten. „Wenn es eine Relevanz gibt, dann muss diese den<br />
Menschen dienen, z.B. der Bildung“. Nicht die Schuldenbremse<br />
dürfe das Thema sein, sondern die Einnahmen,<br />
damit der Staat handlungsfähig bleibe. „Wir brauchen<br />
eine Vermögensabgabe, eine Transaktionssteuer, eine Erbschaftssteuer<br />
und höhere Steuern für die Vermögenden!“<br />
forderte Muscheid. In <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> gäbe es 200.000<br />
junge Leute unter 29 Jahren ohne Ausbildung. „Dies ist<br />
die dritthöchste Zahl aller Bundesländer, wahrlich kein<br />
Ruhmesblatt für <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>“.<br />
Hans Beckmann, der neue Bildungsstaatssekretär, verzichtete<br />
auf programmatische Aussagen und gratulierte<br />
dem neuen <strong>GEW</strong>-Landesvorstand sehr herzlich. Er freue<br />
sich auf eine „gute und konstruktive Zusammenarbeit“.<br />
Bei aller Kritik gebe es genug Gemeinsamkeiten, wenn es<br />
um ein „leistungsstarkes und gerechtes Bildungssystem“<br />
gehe. Er sei gespannt auf den Vortrag von Prof. Stefan Sell,<br />
aber auch zuversichtlich, dass wir trotz Schuldenbremse<br />
eine „deutlich bessere Unterrichtsversorgung und einen<br />
verbesserten Unterricht hinbekommen“.<br />
Vieles wurde verschlafen - auch in<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> - Bildungspolitik in<br />
Zeiten der Schuldenbremse<br />
In seinem Vortrag umriss Prof. Dr. Stefan Sell von der FH<br />
Koblenz, Campus Remagen, die derzeitige Finanzkrise.<br />
Es sei den Herrschenden gelungen, die Debatte von der<br />
Banken- zur Schuldenkrise zu verlagern. Dabei gebe es so<br />
viel Geld in Fonds, dass es gar nicht ausgegeben werden<br />
könne. Betrachte man die private Reichtumskurve seit<br />
1979, so sei dort ein rapider Anstieg festzustellen. Im<br />
Gegensatz dazu verarmten immer mehr Leute in unserem<br />
Land und auch die Kommunen. Auf der Strecke<br />
blieben vor allem die Bildungsausgaben. Man brauche<br />
sich nur einmal die überfüllten Hochschulen oder die<br />
maroden Schulen zu betrachten. Der geplante Fiskalpakt<br />
treffe uns alle hart, besonders den Ausbau der Kitas und<br />
Schulen, „denn die Schuldenbremse gilt für Bund und<br />
Länder“. Nach oben sei die Unvernünftigkeit offen, denn<br />
eigentlich müssten wir eine gigantische Investition machen,<br />
in Sachen Bildung beispielsweise gebe es bis heute<br />
keinen Studiengang für Erzieherinnen. „Man hat vieles<br />
verschlafen“, und „die Schuldenbremse“, so zeigte sich<br />
Sell überzeugt, „sei unmöglich einzuhalten“. „Denn unser<br />
Schulsystem ist grottenmäßig unterfinanziert“, stellte der<br />
Sozialwissenschaftler fest. So sei auch die vieldiskutierte<br />
Inklusion nicht mehr als eine „Spielwiese“ und nicht<br />
finanzierbar. Was ist zu tun? Sell plädierte für die Erhöhung<br />
der Vermögenssteuer auf mindestens 53 Prozent<br />
wie unter Bundeskanzler Kohl. Der Körperschaftssteuersatz<br />
für die Kapitalgesellschaften müsse erhöht und<br />
das Steuersplitting völlig abgeschafft werden. Auch an<br />
die Erbschaftssteuer müsse man ran, vor allem aber an<br />
die Finanztransaktionssteuer. Sell: „Wir brauchen einen<br />
großen Geldtopf und einen Lastenausgleich wie in den<br />
50er Jahren. Wollen wir die Bildung retten, müssen die<br />
Bildungsausgaben wesentlich erhöht werden. Andere<br />
Länder machen uns das vor“.<br />
8 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012
Gewerkschaftstag<br />
Stimmen und Stimmungen zum Gewerkschaftstag<br />
Zwei Fragen von Paul Schwarz an TeilnehmerInnen des<br />
Gewerkschaftstages:<br />
• Welche Erwartungen hast du an den neuen Vorstand<br />
und an die <strong>GEW</strong>?<br />
• Wie sieht deine Bilanz nach einem Jahr Rot-Grün aus?<br />
Meine Erwartungen sind, dass im Bereich der Inklusion nicht nur Forderungen<br />
gestellt werden, sondern konkret deutlich gemacht wird, wie<br />
man sie Schritt für Schritt erreichen kann. Da erwarte ich Vorschläge,<br />
wie das funktionieren kann, und mehr Durchsetzungsvermögen. Auch<br />
erwarte ich Vorschläge zur Schließung von Förderschulen, weil zur<br />
Inklusion auch eine Schule für alle dazu gehört.<br />
Bei Rot-Grün ist leider noch nicht viel passiert. Man hat das Gefühl, alle<br />
sind noch in der Findungsphase, auch da erwarte ich eine Umsetzung<br />
der Wahlprogramme.<br />
Elena Leuschner<br />
Ich erwarte, dass sich der neue Vorstand auch weiterhin aktiv und<br />
tatkräftig für die Studierenden einsetzt. Durch die eine oder andere<br />
Satzungsänderung sind ja auch Signale gesetzt worden.<br />
Wenn es um die Schließung von Hochschulinstituten geht, darf sich die<br />
Regierung nicht aus der Verantwortung stehlen und die Autonomie der<br />
Hochschule reklamieren.<br />
Jonas Priester<br />
Von der Politik bin ich mittlerweile sehr weit entfernt. Ich kann nur<br />
sagen, der Anfang war ein bisschen holprig, mittlerweile ist es etwas<br />
besser geworden. Was mich aber wiederum an der Regierung stört, ist<br />
die Tatsache, dass ein Gutachten in Auftrag gegeben wird, das Klemm-<br />
Gutachten, das einerseits positiv beurteilt werden kann, es sollen nicht<br />
so viele Lehrerstellen gestrichen werden. Aber in der derzeitigen Situation<br />
auf die Idee zu kommen, keine Lehrerinnen und Lehrer mehr<br />
einzustellen, finde ich absolut daneben.<br />
Tilman Boehlkau<br />
Ich erwarte vom neuen Vorstand, dass er sich für die Mehrsprachigkeit<br />
einsetzt. Wir leben in einer interkulturellen, interreligiösen und<br />
interlingualen Gesellschaft, und das muss Konsequenzen haben für die<br />
Erziehung der Kinder und Jugendlichen und für die Schule. Und dann<br />
muss man mehr tun für die Herkunftssprachen. Die Arbeitsbedingungen<br />
für die Lehrerinnen und Lehrer, die diese Sprache lehren, sind sehr<br />
schlecht. Wir kommen immer mit den gleichen Forderungen, kommen<br />
aber nicht voran. Man spricht vom Reichtum der Mehrsprachigkeit,<br />
aber es kümmert sich kaum jemand darum in der Politik.<br />
Mehmet Tuncel<br />
Brüdertreffen: Staatssekretär Hans Beckmann mit seinem Bruder<br />
Werner Beckmann, Delegierter aus Ahrweiler<br />
Redakteurstreffen: Paul Schwarz, Gerlinde Schwarz, Antje Fries<br />
Dass die <strong>GEW</strong> weiter lebendig bleibt, dass wir in allen Bildungsbereichen<br />
vorankommen. Die Tarifrunde im nächsten Jahr ist ganz wichtig,<br />
insbesondere für die angestellten Lehrkräfte, und dass die <strong>GEW</strong> in<br />
ihren Bildungsbereichen stark auf ihre Tarifautonomie pocht, aber wir<br />
haben auch noch jede Menge anderer Probleme zu bewältigen, z.B. das<br />
Vertrauensleutesystem weiter zu stärken und auch den Personalrat auf<br />
eine neue Basis zu stellen, neue Mitglieder zu gewinnen, und was mir<br />
ganz wichtig ist, wir haben jetzt wieder einen Vorstand, deren Mitglieder<br />
aus den unterschiedlichsten Bildungsbereichen kommen.<br />
Die Migranten gehören zu Deutschland, und die Herkunftssprache ist<br />
ein Teil der Mehrsprachigkeit in diesem Land. Das muss anerkannt<br />
und gefördert werden. Wir müssen die Migranten gut ausbilden, offen<br />
für alle Berufe, das kommt Deutschland zugute.<br />
Ahmet Yildiz<br />
Die Erwartungen sind hoch, aber man muss auch realistisch sein und<br />
sehen, welche Einflussmöglichkeiten eine Gewerkschaft in unserer<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012<br />
9
Gewerkschaftstag<br />
Gesellschaft hat. Ich denke, die <strong>GEW</strong> ist ganz gut aufgestellt, weil sie<br />
auch einvernehmlich den Gewerkschaftstag hinter sich gebracht hat.<br />
Meine Erwartung ist, dass wir die Positionen, die wir durch Beschlüsse<br />
festgelegt haben, noch entschiedener vertreten, insbesondere was das<br />
längere gemeinsame Lernen angeht, die Schule für alle - auch gegenüber<br />
Rot-Grün, die das verbal auch wollen, aber sehr halbherzig vorgehen.<br />
Halbherzigkeit treibt mich um. Für mich unbegreiflich, dass man<br />
so etwas wie Realschule plus ins Leben gerufen hat und auch noch so<br />
konterkarierende Formen eingeführt hat, z.B. das kooperative Modell,<br />
und man sagt, dass müsse alternativ überall angeboten werden, obgleich<br />
es gar nicht im Schulgesetz steht.<br />
Mich treibt auch die Halbherzigkeit bei der Umsetzung der UN-<br />
Behinderten-Konvention um. Man hat noch nicht begriffen, wie wichtig<br />
diese UN-Charta für die betroffenen Menschen und die Gesellschaft ist.<br />
Ich stelle fest, dass sich die Grünen seit Jahresbeginn etwas klarer positionieren<br />
als bei den Koalitionsverhandlungen. Verständlich, denn sie<br />
sind damals neu in die Regierung gekommen und waren sicher auch<br />
überrascht von der Härte der Verhandlungen mit der SPD. Mich freut<br />
es, dass sie sich heute etwas deutlicher positionieren als vorher.<br />
Frieder Bechberger-Derscheidt<br />
den Fachkräftemangel angeht. Da bin ich enttäuscht, enttäuscht auch<br />
darüber, dass wir nicht mehr dem Bildungsministerium zugeordnet sind<br />
Erni Schaaf-Peitz<br />
Neu zuständig für den Vorstandsbereich Interkulturelle Angelegenheiten:<br />
Peimaneh Nemazi-Lofink.<br />
Aus der Perspektive der Fachgruppe Berufsbildende Schule wünsche<br />
ich mir, dass die Interessen der BBS stärker vertreten und repräsentiert<br />
werden.<br />
Wenn ich mir die Versprechungen im Koalitionsvertrag anschaue und<br />
die fehlenden Umsetzungen, dann klaffen hier ganz große Lücken,<br />
auch in unserem Bereich. Wir haben das Gefühl in der BBS, dass wir<br />
quasi abgewickelt werden, indem man unserer Schulform wesentliche<br />
Bereiche wegnimmt oder verlagert. Das ist wenig erfreulich, und die<br />
versprochenen Ressourcen wurden uns auch noch nicht erschlossen.<br />
Ich würde mir bei einer solchen Tagung eine stärkere Beschäftigung mit<br />
bildungspolitischen Themen wünschen und nicht nur das stundenlange<br />
Abhaken von irgendwelchen Satzungsänderungen.<br />
Gudrun Biehl<br />
Annelie Strack vom Vorstandsbereich Berufliche Bildung und<br />
Weiterbildung wurde für ihre immense Arbeit an der <strong>GEW</strong>-CD<br />
Rechtsvorschriften geehrt.<br />
Unser neuer und alter Vorsitzender hat die Kindertagesstätte zur Chefsache<br />
erklärt. Mir ist ganz wichtig, dass die Bildung von Anfang an<br />
überall in die Diskussion einbezogen wird.<br />
Auch die Tarifarbeit ist ganz wesentlich, dass Erzieherinnen im Rahmen<br />
ihrer Qualifikation und wichtigen Aufgaben auch ein angemessenes<br />
Entgelt bekommen. Da erwarte ich eine starke Unterstützung der<br />
rheinland-pfälzischen <strong>GEW</strong>.<br />
Die rot-grüne Zwischenbilanz sieht arm und kärglich aus. Ich habe noch<br />
nicht erkennen können, dass sich im Kitabereich etwas tut, gerade was<br />
Unseren Vorsitzenden weiterhin zu unterstützen, sich im Team zusammenzufinden,<br />
effizient zum guten Arbeiten zu kommen und die<br />
Schwerpunkte der <strong>GEW</strong> auch breitgefächert zu vertreten. Die Vielfalt<br />
sollte auf jeden Fall erhalten bleiben und durch den Vorstand repräsentiert<br />
werden.<br />
Meine konkreten Bildungsinteressen sind durch meine jetzige Situation<br />
als Referendarin geprägt. Es muss um die Lehrerausbildung gehen und<br />
dass nicht jemand bestraft wird, der sich in der Grundschule oder<br />
auf anderen Schulstufen bereit erklärt, Mentorentätigkeit auszuüben,<br />
indem er aus seiner Ursprungsklasse herausgegriffen wird und kaum<br />
Freistellungsstunden bekommt.<br />
Rot-Grün hat mich enttäuscht. Die Ziele oder das, was vorher versprochen<br />
wurde, wurde ja vielfach nicht umgesetzt, die Streichung der<br />
Lehrerstellen oder wie mit den jungen Lehrern beim Berufseinstieg<br />
umgegangen wird, die Informationspolitik war katastrophal, die<br />
Planungssicherheit wurde genommen. Der Lehrerberuf war bisher ein<br />
Beruf, mit dem man eine Familie planen konnte oder einen Hausbau ins<br />
Auge fassen konnte. Diese Sicherheit ist weggefallen. Die Lehrersituation<br />
ist zumTeil. vergleichbar mit der Leiharbeit in der freien Wirtschaft.<br />
Dieses große Problem wurde von der Regierung nicht angegangen.<br />
Jeanette Idler<br />
10 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012
Gewerkschaftstag<br />
Die Glosse zum Gewerkschaftstag:<br />
„Dem Morgenrot entgegen ...“<br />
Wohl kaum ein Antrag beim Gewerkschaftstag im Mai 2012<br />
hat so heftige Diskussionen ausgelöst wie der, gemeinsam ein<br />
Lied aus der Tradition der Arbeiterbewegung zum Abschluss<br />
der dreitätigen Veranstaltung zu singen.<br />
Da man sich beim Gewerkschaftstag spontan zum „Solidaritätslied“<br />
(Brecht/Eisler) entschlossen hatte, dies aber auch<br />
auf Kritik stieß, hat der Landesvorstand nun eine paritätisch<br />
besetzte Liedfindungskommission eingesetzt, um in vier<br />
Jahren gewappnet zu sein.<br />
Kürzlich fand das erste Treffen der Kommission in der Geschäftsstelle<br />
in Mainz statt:<br />
Die Kommissionsvorsitzende (Grundschule) erläuterte<br />
zunächst den Anlass des Termins und bat anschließend um<br />
Vorschläge, was gesungen werden könne.<br />
„Die Moorsoldaten!“, verlangte der Vertreter der BBS,<br />
woraufhin der studentische Vertreter sich freute: „Cool! Da<br />
gibt‘s gerade eine aktuelle Version von den Toten Hosen, die<br />
lassen wir einfach laufen, dann braucht keiner falsch zu<br />
singen! Oder noch besser: Wir buchen Campino als Stargast<br />
zum Gewerkschaftstag. Da sind wir mal jünger als mit<br />
irgendwelchen verkopften Vortragsheinis!“<br />
„Mein lieber junger Kollege“, gab der Vertreter der Gymnasialen,<br />
ein Musiklehrer, zu bedenken, „Campino ist aber<br />
auch schon fünfzig.“<br />
„Jung ist doch relativ bei der <strong>GEW</strong>, Campino wäre nach mir<br />
der Nächstältere“, warf die Delegierte der Jungen <strong>GEW</strong> ein.<br />
„Die brave Salonmusik beim letzten Mal hat ja nun nicht<br />
wirklich gezeigt, dass der Laden auf Verjüngung hofft.“<br />
Der Vertreter der Erwachsenenbildung ereiferte sich in einem<br />
anderen Bereich: „Die meisten von uns sind doch sowieso<br />
saturierte Beamte, nur die Jungen und ich könnten ernsthaft<br />
was aus der Arbeiterbewegung vortragen.“<br />
„Ha, wenn wir das so eng gefasst sehen, dürften nicht mal die<br />
und du!“, protestierte der Gymnasiale, nebenbei ein Alt-68er:<br />
„Den Kontakt zum Proletariat haben <strong>GEW</strong>ler doch schon<br />
während des Studiums verloren, spätestens im Ref!“<br />
„Ich bin ja immer noch dagegen, dass wir überhaupt singen“,<br />
erklärte der Student.<br />
„Aber Singen ist doch sowas Schönes!“, missionierte nun<br />
die Grundschulfrau. „Wir fangen jeden Morgen damit<br />
an. Gell, ihr auch?“, fragte sie in Richtung der angereisten<br />
Erzieherinnen-Vertretung. Diese nickte und wollte wissen,<br />
ob es nicht etwas Passendes vom Zuckowski gebe - oder<br />
vielleicht vom Jöcker.<br />
„Wenn schon, dann Wader! Dem Morgenrot entgegen, Heute<br />
hier, morgen dort!“, tönte es aus der gymnasial-musikalen<br />
Ecke.<br />
„Yes! Heute hier, morgen dort, das ist auch auf der neuen<br />
Hosen-CD, das nehmen wir!“ Der Studentenvertreter war<br />
begeistert.<br />
„Was hast du nur immer gegen das eigene Singen?“, fragte<br />
die Kita-Frau stirnrunzelnd.<br />
Der Student grinste schief: „Na ja, in der Schule ist Musik<br />
immer ausgefallen, wir hatten stattdessen Frühenglisch, hat<br />
aber auch nix gebracht.“<br />
„Ja, dann bieten wir halt im Vorfeld noch einen Bildungstag<br />
zum Thema an, damit alle Delegierten in vier Jahren gescheit<br />
mitsingen können.“ Der IGS-Vertreter war für seinen<br />
Pragmatismus bekannt.<br />
„Genau!“, freute sich die Erzieherinnenvertreterin. „Vom<br />
Blatt singen, das wäre Workshop 1. Nummer 2 wäre ’Der<br />
Notenschlüssel und ich‘. Habt ihr noch mehr Ideen?“<br />
„<strong>GEW</strong>-Blockflöten üben lustige Lieder!“, höhnte der Gymnasiale.<br />
Helles Entsetzen brach aus, als zwei hier unerkannt bleiben<br />
wollende Mitglieder der Kommission diesen Vorschlag tatsächlich<br />
ernst zu nehmen gedachten.<br />
„Aber erstmal brauchen wir wirklich ein Lied!“, insistierte<br />
die Kommissionspräsidentin kurz darauf. Wieder ließ sich<br />
der alltagserprobte IGS-Mann vernehmen: „Wir schreiben<br />
das aus als Wettbewerb an alle <strong>GEW</strong>-Kreise. Wer ein gutes<br />
Lied weiß, kann‘s vorschlagen, wer keins weiß, kann ja eins<br />
komponieren und einreichen.“<br />
Das fanden alle richtig gut und man hatte in Windeseile die<br />
Ausschreibung verfasst, so dass dem Absingen eines gemeinsamen<br />
Liedes beim Gewerkschaftstag 2016 nichts mehr im<br />
Wege stehen dürfte:<br />
Die <strong>GEW</strong> ruft zum Wettbewerb auf:<br />
Gesucht: Ein Lied für den Gewerkschaftstag<br />
2016 und alle folgenden.<br />
Das Lied kann bekannt (GEMA übernimmt ggf. die <strong>GEW</strong>)<br />
oder selbst gedichtet und komponiert sein, sollte alle Interessengruppen<br />
innerhalb unserer Gewerkschaft vertreten und<br />
die Solidarität mit der Arbeiterbewegung ausdrücken, ohne<br />
jedoch aufgrund der 90%-igen Beamtenquote in unseren<br />
Reihen anbiedernd zu wirken. Der Text ist unbedingt ein<br />
deutscher, mehr als vier Strophen sollten es nicht sein. Zu<br />
vermeiden sind Wörter wie rechts, braun, Vaterland, Mutterschaft<br />
etc.<br />
Eingereicht werden kann der Liedvorschlag bis zum 1. April<br />
2013 schriftlich oder als Datei:<br />
<strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> - Liedfindungskommission -<br />
Neubrunnenstr. 8 · 55116 Mainz<br />
lied@gew-rlp.de<br />
Wer ein Lied einreicht, sollte sich den 1. Mai 2013 frei<br />
halten: Zur Maikundgebung in Mainz soll das Lied der<br />
Öffentlichkeit vorgestellt werden. Als Preis winkt wahlweise<br />
ein Workshop mit Hein und Oss Kröher zum Thema „Lieder<br />
der Arbeiterbewegung“ oder ein Stagediving-Grundkurs mit<br />
Campino.<br />
Antje Fries<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012<br />
11
Bildungspolitik<br />
Im Gespräch mit Wissenschaftsstaatssekretärin Vera Reiss:<br />
„Ich freue mich auf die neue Aufgabe“<br />
Portraits der Verantwortlichen im Bildungsbereich haben eine<br />
lange Tradition in der <strong>GEW</strong>-Zeitung. Dabei geht es immer auch<br />
darum, die Menschen „hinter dem Amt“ vorzustellen. Nach der<br />
Wahl von Michael Ebling zum Oberbürgermeister von Mainz<br />
gab es wieder einmal Anlass für solche Gespräche. <strong>GEW</strong>-Chefredakteur<br />
Günter Helfrich interviewte Mitte Mai in Mainz Vera<br />
Reiß, die nun den Wissenschaftsbereich übernommen hat, und<br />
Hans Beckmann, der vom Abteilungsleiter zum Staatssekretär<br />
aufgestiegen und jetzt für die Schulen verantwortlich ist.<br />
Liebe Vera, nach meiner persönlichen Zeitrechnung ist es<br />
18 Jahre her, seit wir uns hier zum ersten Mal getroffen<br />
haben, du als neue Pressereferentin, ich als Mitarbeiter von<br />
„Schule machen“. Seither ging deine Karriere stetig aufwärts,<br />
obwohl man nie den Eindruck hatte, du seiest in besonderem<br />
Maße karriereorientiert: Leiterin des Büros der Ministerin,<br />
Abteilungsleiterin und schließlich Bildungsstaatssekretärin.<br />
Jetzt nun der Wechsel zu Wissenschaft und Weiterbildung.<br />
Für mich und vielleicht auch andere wirkt das wie ein<br />
Rückschritt.<br />
Ein Rückschritt ist das wirklich nicht. Ich habe schon<br />
immer sehr gerne Politik gemacht, und 18 Jahre sind eine<br />
verdammt lange Zeit. Aber als ich 1994 hier angefangen<br />
habe, bin ich beruflich von der Hochschule gekommen,<br />
nicht aus der Schule. Insofern ist der Staatssekretärsposten<br />
für Wissenschaft und Forschung auch wieder eine<br />
Ankunft im ursprünglichen heimatlichen Hafen. Ich<br />
habe die Hochschulpolitik immer sehr gerne gemocht.<br />
Ich finde, das ist ein sehr interessanter Politikbereich, was<br />
überhaupt nicht die Leidenschaft zur Schule schmälert. Es<br />
ist etwas Neues und ich freue mich auf die neue Aufgabe.<br />
Im Moment würde ich sagen, durchlebe ich eine steile<br />
Lernkurve. Nicht nur, was die Themen und Personen in<br />
der Hochschul- und Forschungslandschaft landes- und<br />
bundesweit angeht. Als Amtschefin bin ich jetzt auch<br />
für den gesamten Verwaltungsapparat des Ministeriums<br />
zuständig und sitze beispielsweise in der Amtschefkonferenz<br />
hier in der Landesregierung und in der KMK. Von<br />
daher: Nein, ein Rückschritt ist das nicht.<br />
Wie sieht deine ganz persönliche Bilanz der Jahre als Bildungsstaatssekretärin<br />
aus, wo hast du also das Gefühl, etwas<br />
bewegt zu habe?<br />
Ich bin sehr froh, dass in meine Zeit als Bildungsstaatssekretärin<br />
die Reform der Grundschulordnung gefallen ist.<br />
Das sage ich auch ganz bewusst im <strong>GEW</strong>-Interview, weil<br />
ich glaube, dass uns mit der Grundschulordnung gelungen<br />
ist, den sehr reformfreudigen Grundschulen, die wir<br />
hier im Land haben, auch die entsprechende Grundlage<br />
zu geben. Bei allem Ärger, den es auch gegeben hat, über<br />
Arbeitsbelastung usw., glaube ich, dass wir für die gute<br />
pädagogische Arbeit in den Grundschulen die richtige<br />
rechtliche Grundlage gelegt haben.<br />
Das zweite Beispiel ist die Schulstrukturreform. Wir<br />
haben es rechtzeitig geschafft, unserer Schullandschaft<br />
mit der Zweigliedrigkeit - hier Schulen mit mehreren<br />
Bildungsgängen, dort Gymnasien - eine neue Struktur<br />
zu geben. Damit haben wir jetzt das äußere Gebäude<br />
stehen, mit der Innenarchitektur ist noch das ein oder<br />
andere zu tun, das ist mir bewusst. Aber wir haben keine<br />
Hauptschulen mehr in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, währenddessen<br />
die CDU bundesweit das immer noch diskutiert und<br />
daran festhalten möchte.<br />
Womit bist du nicht so zufrieden?<br />
Ich glaube, es ist noch nicht im ausreichenden Maße<br />
gelungen, dass sich unsere Schularten auf gleicher Augenhöhe<br />
begegnen. Das halte ich für unabdingbar, um<br />
auch wirklich Schule weiterzuentwickeln. Da haben wir<br />
noch ein hierarchisches Denken und weiterhin ordentlich<br />
etwas zu tun.<br />
In dieser Hinsicht wäre ich gerne ein Stück weitergekommen.<br />
Es sollte selbstverständlich sein, allgemein<br />
anzuerkennen, dass jede Lehrkraft die gleiche Aufgabe hat:<br />
unsere Schülerinnen und Schüler zu guten Abschlüssen<br />
zu führen, sie zu selbstständigen Persönlichkeiten zu<br />
erziehen.<br />
Jetzt sind u. a. die Hochschulen dein Zuständigkeitsbereich.<br />
Nicht ganz so im Fokus der Öffentlichkeit wie die Schulen,<br />
aus verschiedenen Gründen aber auch kein einfaches Pflaster.<br />
Welche Erinnerungen hast du eigentlich an dein eigenes<br />
Studium, und würde dir ein Studium im Bologna-Zeitalter<br />
Spaß machen?<br />
Ich habe wirklich nur gute Erinnerungen an mein Studium,<br />
weil ich sehr gerne studiert habe. Ich habe auch<br />
schon „vor Bologna“ sehr diszipliniert studiert, was damit<br />
zusammenhängt, dass ich damals zu den 10 Prozent der<br />
Studierenden gehört habe, die zugleich Mütter waren.<br />
Mein Sohn ist nach dem Vordiplom auf die Welt gekommen,<br />
und da braucht man die richtige Taktung, um<br />
Studium und Kind zu vereinbaren. Und zum Glück gab<br />
es eine Uni-Kita. Vor dem Hintergrund bin ich besonders<br />
froh, dass wir auch in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> in den letzten<br />
2-3 Jahren durch das Konjunkturprogramm II bei den<br />
Uni-Kitas einen deutlichen Schritt vorangekommen sind.<br />
Heute zu studieren ist bestimmt nicht mit unserer Zeit zu<br />
vergleichen. Mit Sicherheit hat man im Bologna-Prozess<br />
am Anfang überreglementiert - und das hat sich ja auch in<br />
vielen Demonstrationen und Protesten der Studierenden<br />
gezeigt und entladen. Da musste nachgesteuert werden,<br />
bundesweit. Ich bin froh, dass wir das in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
gemeinsam mit den Hochschulen im bundesweiten Vergleich<br />
sehr frühzeitig hinbekommen haben.<br />
An den Hochschulen gibt es große Befürchtungen, dass sich<br />
durch die Sparzwänge das Niveau von Forschung und Lehre<br />
12 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012
Bildungspolitik<br />
„Gruppenbild<br />
mit Dame“:<br />
Vera Reiß<br />
zwischen<br />
Günter Helfrich<br />
und<br />
Hans Beckmann<br />
nicht halten lässt. Kannst du unsere Mitglieder aus diesem<br />
Bereich beruhigen?<br />
Also, ich denke, man kann mit Fug und Recht sagen,<br />
dass wir uns in der Wissenschaftspolitik finanziell gut<br />
abgesichert haben. Das Landessondervermögen „Wissen<br />
schafft Zukunft“ bildet eine gute Basis. Wir bekommen<br />
allerdings deutlich mehr Studierende, als nach der letzten<br />
KMK-Prognose auf den Hochschulpakt angerechnet<br />
worden sind. Deshalb brauchen wir deutlich mehr Mittel,<br />
insbesondere vom Bund, um überhaupt den Hochschulpakt<br />
zu erfüllen. Zweifellos wird es eine ganz große<br />
Herausforderung bleiben, dass wir die Hochschulen so<br />
ausstatten, damit sie ein vernünftiges Angebot in der Lehre<br />
machen und zugleich noch forschen können.<br />
Wenn in der <strong>GEW</strong> von Weiterbildung die Rede ist, denken<br />
wir als erstes an die prekären Beschäftigungsverhältnisse. Wie<br />
lässt sich daran etwas ändern?<br />
Weiterbildung, auf diesen Bereich freue mich wirklich<br />
sehr, weil lebenslanges Lernen in den heutigen Zeiten<br />
total wichtig ist. Deswegen bin ich auch froh, dass wir den<br />
Weiterbildungsetat jetzt im Doppelhaushalt ein bisschen<br />
aufstocken konnten.<br />
Aber das war ja nicht die eigentliche Frage, sondern es<br />
geht um prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Das Problem<br />
ist bei uns im Haus bekannt, es gab auch schon viele Gespräche<br />
mit der <strong>GEW</strong> darüber. Es wäre absolut vermessen,<br />
wenn ich jetzt sagen würde, das kriegen wir in den Griff,<br />
weil wir nicht die primären Ansprechpartner sind. Auch<br />
das hängt mit Ressourcen insgesamt und vor allem bei<br />
den Weiterbildungsträgern zusammen. Aber ich denke,<br />
dass die <strong>GEW</strong> - das bin ich von meiner Gewerkschaft gewohnt<br />
- mich mit Sicherheit mit dieser Fragestellung öfter<br />
konfrontieren wird, und dann reden wir genauer darüber.<br />
Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei den neuen<br />
Aufgaben.<br />
... und mit Bildungsstaatssekretär Hans Beckmann:<br />
„Im konstruktiven Dialog nach einer guten Lösung suchen“<br />
Zunächst mal herzlichen Dank, dass wir auch mit Ihnen<br />
unsere Tradition der Portraits neuer Verantwortlicher im<br />
Bildungsministerium fortführen können. Gleich eine persönliche<br />
Frage: Ist Ihnen nicht angst und bange angesichts<br />
der Erwartungen, die mit Ihrer Ernennung verbunden sind?<br />
Ihre Biografie klingt schließlich geradezu ideal: Erfahrungen<br />
als Lehrer an drei Schularten, Schulaufsichtsbeamter bei der<br />
ADD und dann Abteilungsleiter im Ministerium!<br />
Nein, Angst habe ich keine und bange ist mir auch nicht.<br />
Ich glaube auch, dass das die ganz falschen Kategorien<br />
sind. Wenn ich Angst hätte und mir bange wäre, wäre ich<br />
schlecht beraten, dann hätte ich diese Aufgabe erst gar<br />
nicht übernehmen sollen. Im Gegenteil, ich freue mich<br />
wirklich auf die neue Aufgabe, und ich mache es mit der<br />
ganzen Kraft, aber auch mit dem notwendigen Respekt<br />
vor der Sache und vor den handelnden Personen. Was<br />
meine Erfahrung in den schulischen Bereichen anbelangt<br />
- Schule, Schulaufsicht, Abteilungsleitung im Ministerium<br />
-, da habe ich schon in den ersten Tagen und Wochen<br />
gemerkt, dass mir das unheimlich hilft.<br />
Sind Sie selbst eigentlich gerne zur Schule gegangen und gab es<br />
Persönlichkeiten oder auch Umstände, die Sie in besonderem<br />
Maße geprägt haben?<br />
Mir ist es ergangen wie vermutlich allen Schülerinnen und<br />
Schülern: Ich bin gerne in die Schule gegangen, meistens<br />
auf jeden Fall. Sehr gerne erinnere ich mich an meinen<br />
ersten Englischlehrer, das liegt sicher auch daran, dass<br />
Englisch immer mein Lieblingsfach war. Das war ein ganz<br />
den Schülern zugewandter Pädagoge, der auch fachlich<br />
sehr fit war. Ich hatte ihn dann später noch mal im Leistungskurs<br />
in der Oberstufe. Am meisten beeinflusst in<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012<br />
13
Bildungspolitik<br />
meiner Schulzeit hat mich ein Deutsch- und Sozialkundelehrer,<br />
der als junger Studienassessor an meine Schule kam<br />
und einen ungeheuer interessanten und anspruchsvollen<br />
Unterricht gehalten hat. Das Besondere daran war, dass<br />
ich ihn Jahre später wieder getroffen habe - und zwar als<br />
Kollegen im Gymnasium Schifferstadt. Mit ihm habe ich<br />
sehr gerne und sehr eng zusammengearbeitet.<br />
Nun sind Sie auch Vater von zwei Kindern. Aus persönlicher<br />
Erfahrung weiß ich: Aus elterlicher Sicht stellt sich Schule<br />
manchmal etwas anders dar als aus der Sicht des Lehrers<br />
bzw. des Aktiven in der Bildungspolitik. Wie sind Ihre<br />
diesbezüglichen Erfahrungen?<br />
Ich denke schon, dass man sich über diesen Rollenkonflikt<br />
im Klaren sein muss. Und ich habe auch immer versucht,<br />
die beiden Rollen zu trennen. Wenn ich so zurückblicke,<br />
ist mir das auch ganz gut gelungen. Meine beiden Kinder<br />
sind recht gerne in die Schule gegangen. Sie kamen beide<br />
auch ziemlich gut zurecht und das hat alles sicher leichter<br />
gemacht. Mir war wichtig, dass sie für ihr Handeln in der<br />
Schule die Verantwortung übernommen haben. Insgesamt<br />
gesehen muss ich sagen, meine Erfahrungen als Vater<br />
mit der Schule - meine Kinder waren in Kaiserslautern<br />
am Hohenstaufen-Gymnasium - sind durchweg positiv.<br />
Sie haben an einer IGS, einer BBS und an Gymnasien unterrichtet.<br />
Was ist aus dieser Zeit besonders haften geblieben<br />
und wo waren Sie am liebsten?<br />
Das ist eine Frage, auf die ich ganz diplomatisch antworten<br />
muss. Ich war bei allen gerne, wobei jede der<br />
drei Schularten ihren eigenen Reiz hatte. An der BBS<br />
Wirtschaft II in Ludwigshafen war ich im Referendariat.<br />
Da ist mir mein Einsatz in einer Klasse angehender<br />
Großhandelskaufleute hängen geblieben, in der vom<br />
Hauptschüler bis zum Studienabbrecher ein ganz breites<br />
Leistungsspektrum vertreten war. Das bedeutete für mich<br />
als Junglehrer wirklich eine ganz große Herausforderung.<br />
Ich habe Binnendifferenzierung machen müssen, und das<br />
in einer Zeit, als das Thema bei weitem noch nicht so sehr<br />
in der Diskussion und im Bewusstsein war wie heute.<br />
An der IGS Ernst-Bloch in Ludwigshafen-Oggersheim,<br />
das war meine zweite Station, habe ich zum ersten Mal<br />
intensiv in einem Lehrerteam gearbeitet und habe von<br />
den Kolleginnen und Kollegen ausgesprochen viel gelernt,<br />
auch weil für mich die Schulart IGS ganz neu war. Das<br />
große Glück, das ich hatte, war ein wirklich gut funktionierendes<br />
Team. Danach bin ich nach Schifferstadt ans<br />
Gymnasium. Auch das war eine sehr schöne Zeit. Da<br />
sind mir vor allem die Möglichkeiten, die der bilinguale<br />
Unterricht bietet, in Erinnerung geblieben und auch der<br />
Schüleraustausch mit einer Schule in England.<br />
Bei der ADD kann man sich eigentlich nur unbeliebt machen.<br />
Sie scheinen da eine Ausnahme zu sein und haben<br />
sogar bei kritischen <strong>GEW</strong>-Menschen einen sehr guten Ruf<br />
genossen. Wie haben Sie das geschafft?<br />
Herr Helfrich, eigentlich müssten Sie das Ihre kritischen<br />
<strong>GEW</strong>-Kollegen fragen. Aber im Ernst: Bei der ADD gibt<br />
es mehr als einen engagierten Kollegen. Ich war da nicht<br />
der einzige, und das ist auch gut so. Was meine Arbeit<br />
anbelangt, so ist es natürlich schwierig, wenn man sich<br />
selbst charakterisieren soll. Aber ich nehme für mich in<br />
Anspruch, dass für mich immer die Sache im Mittelpunkt<br />
stand und jetzt auch noch steht. Mir war es auch immer<br />
wichtig, einen wertschätzenden Umgang mit meinem<br />
Gegenüber zu pflegen. Das ist auch weiterhin die Prämisse<br />
bei meiner Arbeit hier. Es geht letztlich darum, im<br />
konstruktiven Dialog nach einer guten Lösung zu suchen.<br />
Was sind Ihre persönlichen Ziele als Bildungsstaatssekretär,<br />
an denen Sie sich später einmal messen lassen möchten.<br />
An erster Stelle steht für mich die sinnvolle Umsetzung der<br />
politischen Vorgaben. Innerhalb dieses Rahmens kann ich<br />
als Staatssekretär die rheinland-pfälzische Bildungspolitik<br />
sicherlich aktiv mitgestalten und auch einige Akzente<br />
setzen. Ziel ist es ja, ein leistungsfähiges Schulsystem<br />
weiter auszubauen, in dem alle Kinder und Jugendliche<br />
gefördert werden und das Chancengleichheit bietet.<br />
Die Handlungsfelder, die die Arbeit der nächsten Jahre<br />
prägen, sind im Koalitionsvertrag vorgegeben. Lassen Sie<br />
mich einige Beispiele nennen: die Einrichtung weiterer<br />
Ganztagsschulen, der Abschluss der Schulstrukturreform,<br />
Inklusion oder auch die Weiterentwicklung der Berufsbildenden<br />
Schulen. Kurzfristig steht die Sicherstellung<br />
einer guten Unterrichtsversorgung für das kommende<br />
Schuljahr im Fokus. Da müssen wir in jedem Fall besser<br />
werden. Vor allem im Bereich der Gymnasien haben wir ja<br />
in den letzten Wochen und Monaten einige Beschwerden<br />
gehabt. Da müssen wir auf jeden Fall ran.<br />
Bleibt jetzt überhaupt noch Zeit für Ihre Ehrenämter in der<br />
Lokalpolitik bzw. der Kirche?<br />
Das zeitliche Budget für nebenberufliche Aktivitäten ist<br />
mit der neuen Aufgabe sicherlich nicht größer geworden,<br />
aber mir ist es schon wichtig, dass ich mein ehrenamtliches<br />
Engagement weiterführe. Das gilt für das Engagement im<br />
Ortsbeirat in Kaiserslautern-Erfenbach und auch bei der<br />
Landessynode. Ich hoffe, dass mir das auch weiter glückt.<br />
Mir ist es wirklich wichtig, dass ich mich weiterhin für<br />
die Bürgerinnen und Bürger in meinem Wohnort einsetzenkann,<br />
aber auch für die Gesellschaft insgesamt auf<br />
einer anderen Ebene als der Politik. Von daher werde ich<br />
auf jeden Fall versuchen, ehrenamtlich weiterzuarbeiten.<br />
Abschließende Frage: Was macht der Privatmann Hans<br />
Beckmann, wenn er weder amtlich noch ehrenamtlich tätig<br />
ist und so richtig entspannen möchte?<br />
Entspannen kann ich am besten im Kreise meiner Familie.<br />
Meine große Leidenschaft ist das Kochen, das mache ich<br />
immer an den Wochenenden und oft auch im Rahmen<br />
von Familienfeiern. Da kann ich wirklich total entspannen<br />
und alles um mich herum vergessen. Wenn es die Zeit<br />
erlaubt, lese ich auch gerne. Am liebsten amerikanische<br />
Kriminalromane und mein Lieblingsautor ist Tony Hillerman.<br />
Ab und zu verreise ich auch gerne, am allerliebsten<br />
nach Kanada.<br />
Vielen Dank für das Gespräch. Es wird sicher nicht das letzte<br />
mit unserer Zeitung bzw. der <strong>GEW</strong> gewesen sein.<br />
14 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012
Schulen<br />
<strong>GEW</strong> zur Klemm-Studie: Schuldenbremse zu enges Korsett<br />
„Angesichts der zurückgehenden SchülerInnenzahlen<br />
und vor dem Hintergrund der geplanten Streichung<br />
von 2.000 Planstellen im Schulbereich bis 2016 im<br />
Rahmen der Schuldenbremse fordert die <strong>GEW</strong> seit<br />
Jahren von der Landesregierung, für eine verlässliche<br />
Lehrkräfte-Bedarfszahlen-Prognose Sorge zu tragen“,<br />
sagte der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Klaus-Peter Hammer<br />
nach Vorstellung der Klemm-Studie. Daher sei die<br />
Erstellung der „Studie“ richtig und zielführend gewesen<br />
und grundsätzlich zu begrüßen.<br />
Hammer kritisierte die Ergebnisse der Studie allerdings<br />
insoweit, als real bis 2016/17 1.850 „Vollzeitlehrereinheiten“<br />
durch die Vorgabe der Schuldenbremse im<br />
rheinland-pfälzischen Schuldienst abgebaut werden sollen<br />
und die „demographische Rendite“ nicht vollständig in<br />
den Bildungsbereich investiert wird. Dies gelte umso<br />
mehr, als die Landesregierung auch für die Zukunft weiter<br />
mit einer Unterversorgung der Schulen kalkuliere. „Unser<br />
Ziel muss sein 100-Prozent Versorgung plus Vertretungsreserve“,<br />
sagte der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende. Die geplante<br />
Erhöhung der Altersgrenze hält Hammer im Schulbereich<br />
für kritisch, da, wie zum Beispiel die „Allensbachstudie“<br />
kürzlich aufgezeigt habe, Lehrkräfte neben Polizisten zu<br />
der am meisten belasteten Berufsgruppe gehören.<br />
Positiv sieht Hammer insbesondere den geplanten jährlichen<br />
Einstellungskorridor von rund 1.000 Lehrkräften<br />
pro Jahr als Einstellungsperspektive für junge Lehrerinnen<br />
und Lehrer, auch wenn die Besetzung von Mangelfächern<br />
nach Auffassung des <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzenden<br />
weiter schwierig bleiben werde. Das bedeute, dass hier<br />
zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen sind, um fehlende<br />
Fachkräfte zu qualifizieren. Begrüßenswert ist aus Sicht<br />
der <strong>GEW</strong> auch, dass das Bildungsministerium an den<br />
berufsbildenden Schulen und den Gymnasien die Unterrichtsversorgung<br />
gezielt verbessern möchte. Mehr<br />
Planungssicherheit erhielten die Schulen ebenso durch<br />
die Aufstockung des Vertretungspools. Die angestrebte<br />
Verbesserung der Schüler-Lehrer-Relation sei gleichfalls<br />
ein Schritt in die richtige Richtung. Hammer abschließend:<br />
„Die Studie zeigt aber auch, dass die Rahmenbedingungen<br />
für die Schulen in den nächsten Jahren nach<br />
wie vor ein Problem bleiben werden. Deshalb unterstützt<br />
die <strong>GEW</strong> die politischen Forderungen nach mehr Steuereinnahmen,<br />
um den Ländern höhere Bildungsausgaben<br />
zu ermöglichen.“<br />
pm<br />
Gauck fordert mehr Lehrkräfte mit Migrationshintergrund<br />
Langfristig werde in Deutschland die Hälfte der SchülerInnen<br />
einen Migrationshintergrund haben, so Bundespräsident<br />
Joachim Gauck bei einem Festakt in der Frankfurter<br />
Paulskirche. „Die Lehrerzimmer sind darauf noch nicht überall<br />
vorbereitet.“ Er forderte daher gezielt MigrantInnen auf,<br />
sich für den Lehrerberuf zu entscheiden.<br />
Foto:<br />
Presse- und Informationsamt<br />
der Bundesregierung<br />
„Daher ist es wichtig, dass Erfahrungen von deutschen<br />
Lehrern, die mehrere Jahre an einer Schule im Ausland<br />
unterrichtet haben, stärker genutzt werden“, so Joachim<br />
Lauer, Leiter der ZfA und selbst ehemaliger Auslandslehrer.<br />
Die in den innerdeutschen Schuldienst zurückkehrenden<br />
Auslandslehrer verfügen über Qualifikationen, die<br />
sie in besonderer Weise für das Unterrichten von Kindern<br />
mit Migrationshintergrund prädestinieren.<br />
Mehr als 300 Pädagogen vermittelt die ZfA jährlich neu<br />
an die 140 Deutschen Auslandsschulen und 870 Sprachdiplomschulen<br />
in aller Welt. Die ZfA bereitet sie gezielt<br />
auf eine Schülerschaft vor, die insgesamt zu 95 Prozent<br />
aus ausländischen Kindern besteht. Gerade Schülern, die<br />
nicht über Deutsch als Muttersprache verfügen, helfen<br />
Methoden aus dem Bereich Deutsch als Fremdsprache<br />
und dem Deutschsprachigen Fachunterricht, die die ZfA<br />
in Vorbereitungslehrgängen vor dem Auslandseinsatz vermittelt.<br />
„Hier liegen langjährige praktische Erfahrungen<br />
vor, die nach Rückkehr der Lehrkraft zumeist nicht genutzt<br />
werden“, sagt Reinhard Löchelt, Fachbereichsleiter<br />
Pädagogisches Personal in der ZfA.<br />
Interkulturelle Erfahrungen für Schulen<br />
Nach oftmals mehr als sechs Jahren Unterrichtserfahrung<br />
an Auslandsschulen sind die deutschen Lehrkräfte nicht<br />
nur an die besonderen Anforderungen mit nichtmuttersprachlich<br />
deutsch sprechenden Schülern gewöhnt,<br />
sondern zudem an den inzwischen auch an Schulen in<br />
Deutschland immer wichtiger werdenden interkulturellen<br />
Kontext.<br />
Ehemalige Auslandslehrer können besser den verschiedenen<br />
Unterrichtsphilosophien und unterschiedlichen<br />
Erwartungen der Schüler und ihrer Eltern gerecht werden.<br />
„Mit der eigenen interkulturellen Erfahrung im Gepäck<br />
meistern die rückkehrenden Auslandslehrer auch die oft<br />
nicht einfachen Gespräche mit ausländischen Eltern besser“,<br />
so Löchelt. Zudem können sie als Multiplikatoren<br />
innerhalb der Schule wirken und Lehrkräften ohne Auslandserfahrung<br />
als Vorbild dienen. Davon ist auch Lauer<br />
überzeugt: „Die im Ausland erworbenen speziellen Unterrichtstechniken<br />
und Erfahrungen wirken sich positiv<br />
auch auf die Schulen und Schüler in Deutschland aus.“<br />
pm<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012<br />
15
Schulen<br />
VDR wirbt mit falschen Aussagen<br />
In den Osterferien ist der <strong>GEW</strong>-Fachgruppe Realschulen plus<br />
ein Schreiben des VDR bekannt geworden, in welchem dieser<br />
sich an die neueingestellten Kolleginnen und Kollegen an<br />
den Realschulen plus wendet. Da in diesem Schreiben unzutreffende<br />
Aussagen gemacht werden, sah sich die Fachgruppe<br />
in folgendem Schreiben an die Schulen wir zu einer Richtigstellung<br />
veranlasst.<br />
Der VDR wendet sich mit diesem Schreiben an neueingestellte<br />
Lehrkräfte an den Realschulen plus und<br />
versucht offenbar, diese damit zum Eintritt in den VDR<br />
zu bewegen.<br />
Den Beleg für die unzutreffende Aussage zum Ausgang der<br />
letzten Stufenvertreterwahlen zum BPR und zum HPR<br />
finden Sie unten. Sie können sich die Zusammensetzung<br />
der beiden Gremien aber auch auf den Homepages der<br />
ADD und des Ministeriums anschauen.<br />
Die Zahlen der Wahlergebnisse sprechen für sich !<br />
Mit der Schulstrukturreform und der damit verbundenen<br />
Abschaffung der Realschulen werden keine RealschullehrerInnen<br />
im herkömmlichen Sinne mehr ausgebildet. Damit<br />
sieht der VDR anscheinend seine Existenzgrundlage<br />
als Klientelverband gefährdet. Jetzt scheint man händeringend<br />
nach einem neuen Betätigungsfeld zu suchen und<br />
hofft wohl, dass die KollegInnen nicht merken, dass eine<br />
Realschule plus eine neue und mit der alten Realschule<br />
nicht vergleichbare Schulart ist.<br />
Abb. oben: Auszüge aus dem genannten Schreiben<br />
Der Leidensdruck ist anscheinend so groß, dass man sich auch nicht scheut,<br />
mit falschen Aussagen zu arbeiten!<br />
Wahlen zum Bezirkspersonalrat<br />
Zur <strong>GEW</strong> ...<br />
Neben der Umsetzung der Forderung nach einem Streikrecht<br />
für beamtete Lehrkräfte gehören die Forderungen<br />
„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ und „Ausbau der<br />
Integrativen Realschulen plus“ bei deutlich verbesserten<br />
Rahmenbedingungen zu unseren vorrangigen Zielen.<br />
Dafür setzen wir uns nach wie vor beharrlich ein.<br />
Über 260.000 Mitglieder bundesweit vertrauen der <strong>GEW</strong><br />
als ihrer Interessenvertretung!<br />
Treten Sie in die <strong>GEW</strong> ein. Helfen Sie mit bei der Umsetzung<br />
dieser Forderungen!<br />
Mit <strong>GEW</strong>erkschaftlichen Grüßen<br />
Leitungsteam LFG Realschulen plus -<br />
Henning Caspari, Hans-Jürgen Riegler, Micha Tietz<br />
16 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012
Schulen<br />
<strong>GEW</strong>-Fachgruppe Grundschule:<br />
Schlaglicht „Grundschulzeugnisse“<br />
In der letzten Zeit wurde die Form der Zeugnisse an rheinlandpfälzischen<br />
Grundschulen kontrovers diskutiert.<br />
Dabei stand vor allem sowohl die Problematik der individuellen<br />
Beurteilung und der Benotung als auch das nicht als ausgeglichen<br />
erlebte Verhältnis von Aufwand und Nutzen bei der Zeugniserstellung<br />
im Vordergrund.<br />
Die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> nimmt sich der Rahmenbedingungen<br />
zur Umsetzung der Grundschulordnung schon seit deren Inkrafttreten<br />
an. Besonders die hohen Belastungen der KollegInnen wurden<br />
immer wieder von uns thematisiert und kritisiert.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert:<br />
SchülerInnen-Eltern-LehrerInnen-Gespräche ersetzen<br />
die Halbjahreszeugnisse<br />
Die Gespräche mit SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen sollen<br />
das Halbjahreszeugnis nicht nur im 2. Schuljahr wie bisher, sondern<br />
auf allen Klassenstufen ersetzen. Sie bieten die Möglichkeit, Stärken<br />
des Kindes zu würdigen sowie Unterstützungs-und Entwicklungsmöglichkeiten<br />
aufzuzeigen. Das Gespräch soll kurz protokolliert<br />
werden und eine Zielvereinbarung enthalten.<br />
Die <strong>GEW</strong> macht sich stark für Lernstandsberichte<br />
an Stelle von Jahreszeugnissen<br />
Jahreszeugnisse sollen durch verbal formulierte, prozessorientierte<br />
Lernstandsberichte ersetzt werden. Unter Berücksichtigung der<br />
Rahmenpläne und Bildungsstandards sollen darin die individuelle<br />
Entwicklung des Arbeits- und Sozialverhaltens beschrieben werden<br />
und schwerpunktmäßige Aussagen über ausgewählte Lernbereiche<br />
und Kompetenzen enthalten sein.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert:<br />
Abbau der Arbeitsbelastungen<br />
Neben diesen pädagogischen Veränderungen, die der Grundschulordnung<br />
entsprechen, muss der Arbeitsaufwand für die KollegInnen<br />
drastisch verringert werden.<br />
Das zurzeit gültige Zeugnisformular und die Form der Beurteilung<br />
muss entsprechend verändert werden.<br />
Neu in der Diskussion sind Kompetenzbögen zusätzlich zu den<br />
Zeugnissen. Hierzu gibt es unterschiedliche Meinungen, auch<br />
innerhalb der <strong>GEW</strong>.<br />
Eure Meinung ist uns wichtig!<br />
Wir sind der Meinung, dass bei der Überarbeitung der Grundschulordnug<br />
die Erfahrungen und Änderungsvorschläge der Kolleginnen<br />
und Kollegen vor Ort unbedingt mit einbezogen werden müssen.<br />
Deshalb will die <strong>GEW</strong> bei den Gesprächen mit dem Bildungsministerium<br />
und den Landtagsparteien die Meinungsäußerungen aus<br />
den Rückmeldungen vorbringen.<br />
Schickt Eure Rückmeldung bitte an die:<br />
Landesfachgruppe Grundschule<br />
<strong>GEW</strong>-Geschäftsstelle in Mainz<br />
Neubrunnenstr. 8 · 55116 Mainz<br />
Telefon 06131 28988-0 · Fax 06131 28988-80<br />
Oder: E-Mail: gew@gew-rlp.de<br />
Ausblick<br />
Die Fachgruppe erarbeitet z. Zt. eine Internetseite mit Informationen,<br />
Tipps und Anregungen für die praktische Arbeit vor Ort. Ideen<br />
und Wünsche dazu sind uns auch herzlich willkommen<br />
Bildung und Weiterbildung endlich verbessern<br />
Für die Bundesregierung fertigt die Expertenkommission<br />
für Innovation und Forschung seit 2008 im Zweijahres-<br />
Rhythmus ein Gutachten. In ihrem neuesten Gutachten<br />
stellen die sechs WissenschaftlerInnen fest: „Der Innovationsstandort<br />
Deutschland droht Schaden zu nehmen, wenn<br />
die Bundesregierung es nicht schafft, (...) das deutsche<br />
Ausbildungssystem zu verbessern und die stille Reserve<br />
für den Arbeitsmarkt zu aktivieren.“<br />
Der hohe Anteil der Personen ohne beruflichen Abschluss<br />
fordert nachdrücklich auf, in der Weiterbildung verstärkte<br />
Anstrengungen zu unternehmen, dass sie sich beruflich<br />
ausbilden und zu einem beruflichen Abschluss kommen<br />
können. Weiter muss dafür gesorgt werden, dass eine<br />
maximale Durchlässigkeit zwischen beruflichen und<br />
akademischen Bildungsgängen hergestellt wird. Dual<br />
Ausgebildeten muss der Zugang zum Hochschulsystem<br />
weiter erleichtert werden.<br />
Im allgemein bildenden Schulwesen müssen die personellen<br />
und materiellen Voraussetzung so bereitgestellt<br />
werden, dass grundsätzlich keine Schülerin und kein<br />
Schüler die Schule ohne den Mindestabschluss der<br />
Berufsreife verlässt und der Anschluss in eine berufliche<br />
Ausbildung gesichert ist.<br />
d.r<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012<br />
17
Schulen<br />
Eine ökologische und baubiologische Schule für alle Kinder<br />
Auf dem Weg: Die Freie Montessori-Schule in Höhr-Grenzhausen<br />
In Höhr-Grenzhausen träumt man von einer „Wunschpunkt-<br />
Schule“, einer reformpädagogischen Schule, in der gemeinsam<br />
durch Handeln und Begreifen gelernt wird, eine Schule<br />
für alle mit einem längeren gemeinsamen Lernen ohne Noten.<br />
Gemeint ist die Freie Montessori-Schule. Die Initiative<br />
macht seit einiger Zeit ihre Idee öffentlich, z.B. auf einem<br />
Frühlingsfest mit diskutierenden Erwachsenen und spielenden<br />
Kindern. Im August 2013 soll es losgehen. Paul<br />
Schwarz sprach mit zwei Gründungsmitgliedern: mit dem<br />
Bau-Biologen Michael Thiesen und der Sozialpädagogin<br />
Hiltrud Triphaus.<br />
Worin unterscheidet sich Ihr Plan von einer Regelschule?<br />
Unsere Schule soll sehr offen gestaltet sein mit einem<br />
ständigen Austausch aller an der Schule Beteiligten, so<br />
dass die Kinder ihren Interessen nachgehen können.<br />
Wir werden im August 2013 im Grundschulbereich mit<br />
den Klassenstufen 1-4 beginnen und altersübergreifend<br />
unterrichten. Eine Sekundarstufe ist dann für später vorgesehen.<br />
Wir sind in Kontakt mit den Montessori-Schulen<br />
in Landau und in Westerburg.<br />
Wenn Sie eine neue Schule planen, heißt das doch, dass Sie<br />
mit der traditionellen nicht zufrieden sind.<br />
Das ist richtig. Ich als Mutter möchte meine Kinder pädagogisch<br />
anders begleitet wissen als in der Regelschule,<br />
ich möchte, dass die individuellen Interessen von ihnen<br />
ernster genommen werden als sonst. Ich stelle mir vor,<br />
dass an unserer neuen Schule mehr Lernen mit und an<br />
der Natur, mehr Lernen mit täglichen Dingen möglich<br />
ist, nicht nur mit Zahlen rechnen, sondern naturnah.<br />
Hier hilft das Material von Maria Montessori. Auch<br />
die Vernetzung zwischen Schulpädagogen, Erziehern<br />
und Sozialpädagogen ist sehr hilfreich und natürlich die<br />
Rhythmisierung des Lernens, also nicht vormittags im<br />
Unterricht lernen und nachmittags in den Wald gehen. Es<br />
ist eigentlich ein ganzheitliches Denken, das wir verfolgen.<br />
Die Fächer dürfen nicht isoliert unterrichtet werden. Es<br />
müssen Brücken geschlagen werden, z.B. von Englisch zu<br />
den Naturwissenschaften.<br />
Was Eltern in der Regelschule nach unseren Wahrnehmungen<br />
auch unzufrieden macht, ist die Tatsache, dass<br />
die Kinder in ihrem Sozialverhalten nicht wahrgenommen<br />
und gefördert werden, alle werden über einen Kamm<br />
geschert, oftmals erfolgt das Lernen immer noch zu<br />
frontal. In den Grundschulen ändert sich das allmählich,<br />
im Gymnasium kaum.<br />
Wie hoch soll die Klassenmesszahl sein?<br />
Nicht mehr als 15 Schülerinnen und Schüler in einer<br />
Klasse.<br />
Gibt es Widerstände?<br />
Nein, der Stadtbürgermeister ist sehr positiv gegenüber<br />
dieser Schulgründung eingestellt, auch die Kindergärten<br />
und das ganze Umfeld in Höhr-Grenzhausen.<br />
Wenn es um eine Privatschule geht, taucht ja immer die<br />
Assoziation auf, eine Schule für reiche Leute.<br />
Wir gehen von einem Grundbetrag von 210,00 Euro<br />
im Monat aus.<br />
Wie viel Geld bekommen Sie von staatlicher Seite?<br />
Am Anfang noch gar nichts, die Förderung setzt erst<br />
im dritten Jahr ein. Wir haben allerdings das große<br />
Glück, dass die Freie Montessori Schule Westerburg<br />
die Trägerschaft übernimmt, wir quasi eine Außenstelle<br />
bilden. Dadurch ist es möglich, nach dem 2. Schuljahr<br />
die Refinanzierung des Landes in Anspruch zu nehmen,<br />
aber für eine komplette Neugründung muss man drei<br />
Jahre rechen.<br />
„Das ist der Entwurf für einen möglichen Schulneubau. Wir<br />
wollen den Namen „Wunschpunkt-Schule“ auch gebäudlich<br />
darstellen, ein Rundbau mit verschiedenen Bereichen, die<br />
auch Fachräume für die Naturwissenschaft oder die Musik<br />
mit einbeziehen, vereint in Kommunikation miteinander,<br />
verbunden auch mit Bereichen der Gesundheit und Ökologie.<br />
Wir planen einen ökologisch, baubiologischen Neubau, der<br />
planerisch in verschiedenen Bauabschnitten realisiert wird<br />
und der in Richtung Mehrgenerationenprojekt oder Familienzentrum<br />
wachsen soll. Zentrum wird der Atriumhof<br />
sein, wo man sich immer treffen und austauschen kann.“<br />
18 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012
Schulen<br />
Lehrer sind Beobachter, Helfer und Lernbegleiter -<br />
Die Montessori-Schule in Landau<br />
Vorbild für die schulische Neugründung in Höhr-Grenzhausen<br />
ist neben der Freien Montessori-Schule in Westerburg<br />
die Freie Montessorischule in Landau mit einem Kinderhaus,<br />
einer Grundschule und einer Sekundarstufe I. Zurzeit wird<br />
wegen der starken Elternnachfrage das Kinderhaus ausgebaut<br />
und die Sekundarstufe II bis zum Abitur vorbereitet.<br />
Hildegard Lippert, die Leiterin der Sek I, und Bettina Brückemann,<br />
Leiterin der Grundschule, stellen ihre Schule bei<br />
einem Besuch unseres Redaktionsmitglieds Dr. Paul Schwarz<br />
vor.<br />
Vor 12 Jahren gegründet, besuchen zurzeit 400 Mädchen<br />
und Jungen die Montessori-Schule in der Südstadt von<br />
Landau. Es liegen zahlreiche Neuanmeldungen vor. Auch<br />
hier geben die Eltern als Grund an, dass ihre Kinder in den<br />
Regelschulen nicht „abgeholt werden, wo sie stehen“. Sie<br />
erwarten von der neuen Schule vor allem eine individuelle<br />
Förderung. In der Jahrgangsmischung können größere<br />
und stärkere kleineren und schwächeren SchülerInnen<br />
helfen. Die Inklusion ist an der Montessori-Schule gelebter<br />
Alltag.<br />
„Wir sind eine ausgebaute Schwerpunktschule mit ca.<br />
10 Prozent Kindern mit Beeinträchtigungen“, berichtet<br />
Lippert. Natürlich müsse man gerade bei dieser Inklusionsarbeit<br />
die Kolleginnen und Kollegen mit Fortbildung<br />
und Studientagen begleiten. Bei einer Klassenstärke von<br />
20 dürften es nicht mehr als drei beeinträchtigte Kinder<br />
sein, wenn man diesen gerecht werden möchte. Zeitweilig<br />
gebe es eine Doppelbesetzung.<br />
Das Alleinstellungsmerkmal dieser Schule ist die Pädagogik<br />
von Maria Montessori. „Lehrer sind Beobachter,<br />
Helfer und Lernbegleiter der Kinder“, sagt Brückmann.<br />
Besonders typisch für den Unterricht sind die vielfältigen<br />
Materialien und das einzelne Kind, das mit Hilfe der<br />
Lehrkraft entscheidet, ob es heute am Thema Mathematik<br />
arbeitet oder am Thema Sprache. Wichtige Säulen<br />
der Schule sind die Beteiligung der Eltern, ihre starke<br />
Verantwortung für konzeptionelle Entwicklungen, z.B.<br />
gibt es einen Elternkreis zum Thema Inklusion, sowie<br />
die Klassenräte und das Schülerparlament. Ein zentrales<br />
Handlungsfeld ist das Kinderhaus für Kinder ab zwei<br />
Jahren. Es ist in die Schule integriert, so dass vom zweiten<br />
bis zum 16. Lebensjahr, demnächst bis zum 19., also bis<br />
zur 13. Klasse, alle Mädchen und Jungen gemeinsam<br />
lernen. Einzelne Kinder mit einer speziellen Begabung<br />
gehen aus dem Kinderhaus zeitweise in die Grundschule<br />
und nehmen dort in bestimmten Fächern am Unterricht<br />
teil. Ein weiteres Kennzeichen der Montessorischule<br />
ist das durchgängige Lernen am anderen Ort und der<br />
Praxistag. „Das Lernen in der Region“ kommt auf die<br />
Oberstufenschüler zu. Nach der 9. Klasse ist die Berufsreife<br />
erreicht, der qualifizierte Sekundarabschluss I, also<br />
der Realschulabschluss nach Klasse 10, demnächst folgt<br />
das Abitur nach Klasse 13. Das Schulgeld richtet sich nach<br />
dem Gehalt der Eltern. Die meisten zahlen 143,00 Euro<br />
monatlich plus Essensgeld von 3,00 Euro täglich. Wichtig<br />
ist die freiwillige Elternspende, mit der z.B. der kostenlose<br />
Schulbesuch von Kindern aus einkommensschwächeren<br />
Elternhäusern finanziert wird.<br />
Für die Kolleginnen und Kollegen gibt es eine zweijährige<br />
berufsbegleitende Ausbildung zum Montessorilehrer an<br />
den Wochenenden.<br />
Film von Paul Schwarz über die Schule<br />
Der 45minütige Film „Bilder des Gelingens. Die Montessori-Schule<br />
in Landau“ von Paul Schwarz veranschaulicht,<br />
wie eine Montessori-Pädagogik täglich in Unterricht und<br />
Schule umgesetzt wird.<br />
Die Filmkapitel:<br />
• Freie Arbeit und Kosmische Erziehung in der Grundschule<br />
• Naturwissenschaft und Kosmische Erziehung<br />
• Sport und Bewegung<br />
• Werkstätten in Mathematik, Englisch, Französisch,<br />
Latein<br />
• Integration und Inklusion<br />
• Vorbereitung auf die Arbeitswelt<br />
• Ganztagsschule und Arbeitsgemeinschaften<br />
• Sozial- und Demokratieerziehung<br />
• Die Vier Säulen<br />
• Das „Gesellenstück“<br />
Bonusmaterial (45 Min.)<br />
Der 90minütige Film kann für 15,00 Euro bezogen<br />
werden: sekretariat@montessori-landau.de oder Tel.<br />
06341/945481<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012<br />
19
schulen<br />
Das Schuljahr 2011/12 im Spiegel der Statistik<br />
442.320 Schülerinnen und Schüler besuchen im laufenden<br />
Schuljahr die allgemeinbildenden Schulen in<br />
<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>. Das sind 1,9% weniger als im vergangenen<br />
Schuljahr. Nur die Integrierten Gesamtschulen<br />
und die Realschulen plus konnten Schülerzuwächse<br />
verzeichnen.<br />
12,9% der Schülerinnen und Schüler haben einen Migrationshintergrund.<br />
32.723 Schülerinnen und Schüler starteten ihre Schullaufbahn<br />
im 1. Schuljahr der Grundschule. 4,9% davon waren<br />
Kann-Kinder und 4,3% starteten nach einer Zurückstellung.<br />
Darüber hinaus begannen 158 Schülerinnen<br />
und Schüler in den Freien Waldorfschulen und 952 in<br />
Förderschulen ihre Schullaufbahn.<br />
Betrachtet man die Schulanfänger des Schuljahres<br />
2011/12 in den Grundschulen nach Einschulungsart,<br />
Geschlecht und Migrationshintergrund, ergibt sich das<br />
folgende Bild:<br />
Die nachfolgende Tabelle zeigt die Zugänge in die 5.<br />
Klassenstufe des Schuljahres 2011/12 nach Schulart,<br />
Geschlecht und Migrationshintergrund:<br />
Migrationshintergrund liegt (nach der Definition der KMK)<br />
vor, wenn mindestens eins der Merkmale erfüllt ist:<br />
• keine deutsche Staatsangehörigkei • nichtdeutsches Geburtsland<br />
• nichtdeutsche Verkehrssprache in der Familie<br />
bzw. im häuslichen Umfeld<br />
Die Realschulen plus konnten ihren Anteil an den Fünftklässlern<br />
gegenüber dem Vorjahr um 1,2-Prozentpunkte<br />
steigern, die Integrierten Gesamtschulen um 1,0-Prozentpunkte<br />
und die Gymnasien um 0,7-Prozentpunkte.<br />
Jungen und Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund<br />
haben erkennbar weniger Chancen, ins<br />
Gymnasium zu kommen. Dies gilt auch für die noch<br />
bestehenden Realschulen und die Freien Waldorfschulen.<br />
Die Integrierten Gesamtschulen und die Realschulen plus<br />
stellen sich der Aufgabe, diese beiden benachteiligten<br />
Gruppen zu fördern. Allerdings sind die Rahmenbedingungen<br />
wie Personalausstattung, Klassengrößen und<br />
Lehrerfortbildung noch nicht so, dass der Nachteilsausgleich<br />
gut gelingen kann.<br />
Richtet man den Blick auf die Klassenstufe 8, so wird<br />
die Benachteiligung der Jungen und der SchülerInnen<br />
mit Migrationshintergrund an der Teilhabe am gymnasialen<br />
Bildungsgang noch deutlicher: Während 36,2 %<br />
aller SchülerInnen der 8. Klassenstufe das Gymnasium<br />
besuchen, beträgt die Quote der Jungen nur 32,7% und<br />
die Quote der SchülerInnen mit Migrationshintergrund<br />
weit abgeschlagen 16,5%. Die Ganztagsschule gibt es im<br />
allgemeinbildenden Bereich in drei Formen: in verpflichtender<br />
Form, in Angebotsform und in offener Form. Im<br />
laufenden Schuljahr nutzen 19,3% der SchülerInnen im<br />
Primarbereich die Ganztagsangebote, in der Sekundarstufe<br />
I sind es 18,8%.<br />
Im Jahr 2001 startete die Landesregierung ihr Ganztagsprogramm<br />
als Angebot von 8 bis 16 Uhr an vier<br />
Tagen in der Woche. Die Teilnahme ist freiwillig, aber<br />
nach Anmeldung verbindlich. Dadurch erhielten mehr<br />
SchülerInnen die Chance, am Ganztagsangebot teilzunehmen.<br />
Aber wir sind von einer 100-Prozent-Beteiligung,<br />
wie in vielen europäischen Nachbarstaaten üblich, noch<br />
sehr weit entfernt. Dies wird sich nur ändern, wenn die<br />
inhaltliche Attraktivität und Qualität und die personelle<br />
Ausstattung deutlich gesteigert wird.<br />
20 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012
schulen<br />
Über 7.000 SchülerInnen wiederholen im laufenden<br />
Schuljahr die Klassenstufe. Nicht erfasst sind hier die Fälle,<br />
in denen SchülerInnen ihre Schulart verlassen mussten<br />
und abgeschult wurden. Am häufigsten verfehlten SchülerInnen<br />
der Realschule plus das Klassenziel, dicht gefolgt<br />
vom Gymnasium. Von der Nichtversetzung sind die<br />
Jungen und die SchülerInnen mit Migrationshintergrund<br />
überproportional betroffen. Die Schulen sind personell<br />
immer noch nicht so ausgestattet, dass die erwartete und<br />
notwendige individuelle Förderung so erfolgreich ist, dass<br />
„Sitzenbleiben“ unterbleibt.<br />
Durch die Einrichtung und den Ausbau der Schwerpunktschulen<br />
ist es gelungen, dass ca. ein Fünftel der<br />
SchülerInnen, denen durch ein sonderpädagogisches<br />
Gutachten ein Förderbedarf „bescheinigt“ wurde, diese<br />
spezielle Förderung integrativ an einer Regelschule erhalten.<br />
Legen wir die UN-Behindertenrechtskonvention, die<br />
auch in Deutschland geltendes Recht ist, zugrunde, dann<br />
wird deutlich, dass die Bildungs- und die Gesellschaftspolitik<br />
noch erhebliche Aufgaben zu erfüllen haben,<br />
damit das geltende Recht auch in der schulischen Praxis<br />
umgesetzt wird. Neben der notwendigen auf Inklusion<br />
ausgerichteten Lehreraus-, -fort- und -weiterbildung sind<br />
die personellen Ressourcen deutlich zu verbessern und<br />
die Schulstruktur in Richtung „eine Schule für alle“ zu<br />
entwickeln.<br />
Trotz der gegenüber den Vorjahren gesunkenen Quote<br />
(5,6%) verließen rund 2.500 Jugendliche die allgemeinbildende<br />
Schule ohne den Mindestabschluss der Berufsreife.<br />
Die Übersicht macht deutlich, dass die männlichen<br />
Jugendlichen weniger erfolgreich die Schule beenden als<br />
die Schülerinnen. Die deutliche Benachteiligung der<br />
SchülerInnen mit Migrationshintergrund, wie sie aus den<br />
erreichten Schulabschlüssen zu erkennen ist, hat entsprechend<br />
negative Auswirkungen auf das Einmünden in den<br />
Ausbildungsmarkt. Allerdings sind die Anschlüsse an die<br />
Abschlüsse nicht im Detail dokumentiert.<br />
In den berufsbildenden Schulen haben die SchülerInnen<br />
mit Migrationshintergrund einen Anteil von 13,2%. Sie<br />
befinden sich überproportional im Berufsvorbereitungsjahr<br />
und in den Berufsfachschulen.<br />
Zum Ende des Schuljahres 2010/11 erreichten (nachholend)<br />
an den berufsbildenden Schulen 1303 SchülerInnen<br />
den Hauptschulabschluss und 3404 den Qualifizierten<br />
Sekundarabschluss I. Im Sinne der Weiterqualifizierung<br />
erwarben 6538 SchülerInnen die Fachhochschulreife und<br />
2294 die Allgemeine Hochschulreife.<br />
(Quelle: Statistisches Monatsheft <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
März 2012 und eigene Berechnungen)<br />
d.r<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012<br />
21
schulen<br />
Zeitökonomie im Lehrerberuf<br />
Im Gespräch mit dem Unterrichtsentwickler Dr. Heinz Klippert<br />
Herr Dr. Klippert: Sie sehen Lehrerentlastung als zentrale Voraussetzung<br />
für wirksame Unterrichtsentwicklung. Warum?<br />
Unterrichtsentwicklung steht seit langem auf der Agenda der Schulen.<br />
Kompetenzvermittlung, Handlungsorientierung, Differenzierung,<br />
individuelle Förderung, Öffnung des Unterrichts u.a.m. sind<br />
die Ansprüche unserer Tage. Fakt ist jedoch, dass der tatsächliche<br />
Unterricht diesen Ansprüchen nur selten genügt und bis heute<br />
höchst lehrerzentriert ausfällt. Das zeigt die Unterrichtsforschung<br />
seit Jahr und Tag. Meine Erklärung für diese paradoxe Situation:<br />
Den reformwilligen Lehrkräften mangelt es schlicht und einfach<br />
an Zeit und Gelegenheit, ein neues Methoden- und Förderrepertoire<br />
so zu entwickeln, dass es verlässlich zur Verfügung steht. Die<br />
gängigen Reformversuche fallen in aller Regel sehr sporadisch,<br />
punktuell, unverbindlich, aufwändig und deshalb eben auch unergiebig<br />
aus. Die traditionellen Vorstellungen und Verfahrensweisen<br />
bleiben dominant. Von daher brauchen wir dringend ein Mehr an<br />
Zeit- und Arbeitsökonomie beim Umsetzen innovativer Ansprüche.<br />
Unterrichtsentwicklung und Lehrerentlastung müssen Hand in<br />
Hand gehen.<br />
Wenn die Lehrkräfte zu mehr Zeit- und Arbeitsökonomie gelangen<br />
sollen: Muss da nicht zuerst die Politik reagieren und zeitlich Entlastung<br />
sichern?<br />
Natürlich wäre es hilfreich, wenn die Politik den Lehrkräften mehr<br />
Zeit für das Vorbereiten und Konsolidieren innovativer Maßnahmen<br />
lassen würde. Weniger politischer Aktionismus, dafür aber mehr<br />
Zeit für schulinterne Teamarbeit, Teamfortbildung, Workshops,<br />
Hospitationen, gemeinsame Unterrichtsbesprechungen etc. - das<br />
würde die Reformarbeit sicherlich begünstigen. Von daher bin ich<br />
auch dafür, entsprechende Forderungen zu stellen und immer wieder<br />
ins Bewusstsein der Politiker zu heben. Die Frage ist nur, ob es mit<br />
dieser Verantwortungszuweisung getan ist. Ich behaupte: nein. Die<br />
mangelnden Innovationserfolge in den Schulen sind zum Teil selbst<br />
verschuldet. Viele Lehrkräfte arbeiten de facto viel zu eigenbrötlerisch,<br />
umständlich, perfektionistisch und aufwändig. Es mangelt<br />
an Arbeitsteilung und Arbeitsökonomie, an Standardisierung und<br />
Rationalisierung, an Kooperation und Offenheit. Das beginnt mit<br />
dem tagelangen Vorbereiten von Lehrproben und reicht bis hin zu<br />
Endlosdiskussionen, Umstandskrämerei und mangelnder Kompromissfähigkeit<br />
in Fachkonferenzen und Workshops. Hier lässt sich<br />
in punkto Zeitökonomie ganz viel verändern und verbessern. Was<br />
wir vor allem brauchen, sind zeitsparende neue Routinen in Sachen<br />
Unterrichtsvorbereitung, Lernförderung und Kompetenzvermittlung.<br />
Da gilt es anzusetzen.<br />
Wie lässt sich diese zeitsparende Innovationsarbeit konkret sicherstellen?<br />
Wie sieht das praktisch aus?<br />
Ein wichtiger Schritt ist der, dass sich innovationswillige Lehrkräfte<br />
auf gemeinsame Standards, Begrifflichkeiten, Raster und Checklisten<br />
verständigen, die eine zügige und arbeitsteilige Stundenvorbereitung<br />
und -realisierung gewährleisten. Nötig ist demnach ein gemeinsames<br />
„Unterrichtsskript“, damit Arbeitsteilung, Materialaustausch und<br />
rasche wechselseitige Nutzung der vorbereiteten Unterrichtsstunden<br />
möglich werden. In meinem neuen Buch „Unterrichtsvorbereitung<br />
leicht gemacht“ stelle ich diesbezüglich vielfältige Tipps, Beispiele<br />
und Materialien vor, die zeigen, wie man innovativen handlungsund<br />
kompetenzorientierten Unterricht zeitsparend vorbereiten und<br />
gestalten kann. Dazu gehören Planungsanregungen und Archivierungsraster,<br />
Methodentipps und Begriffsdefinitionen, Tätigkeitsspeicher<br />
und Produktchecklisten. Dazu gehören aber auch und vor<br />
allem 80 komplett ausgearbeitete Grundarrangements, die zeigen,<br />
wie man selbstständiges und kompetenzorientiertes Lernen zeitsparend<br />
auf die Reihe bringen kann. Diese Vorlagen stellen sicher, dass<br />
der Vorbereitungsaufwand der Lehrkräfte erheblich reduziert wird.<br />
Sie reden von Standardisierung und Rationalisierung. Bedeutet das<br />
nicht letzten Endes Gleichschaltung der Lehrkräfte und Monotonie<br />
für die Schüler?<br />
Zur Klarstellung: Ich will weder die Lernergebnisse noch das Lehrerverhalten<br />
standardisieren. Das geht auch gar nicht. Wohl aber<br />
lassen sich die Lernabläufe und Arbeitsschritte der Schülerinnen<br />
und Schüler standardisieren. Das steigert die Grundsicherheit der<br />
Schüler und beschleunigt die Unterrichtsvorbereitung der Lehrkräfte.<br />
Je nachdem, welcher Input im Mittelpunkt des Unterrichts<br />
steht, ergeben sich bestimmte Arbeits- und Interaktionsschritte,<br />
die beim nächsten Input dieser Art ähnlich ausfallen. Das gilt für<br />
das Arbeiten an und mit einem Sachtext genauso wie für das Erschließen<br />
eines Lehrervortrags, eines Films, eines Experiments oder<br />
einer Projektaufgabe. Diese Schrittfolgen können hier oder dort<br />
zwar modifiziert werden, sie können bei Zeitknappheit jedoch auch<br />
konstant gehalten werden. Trotzdem bleibt der Unterricht selbst<br />
höchst vielgestaltig und abwechslungsreich. Von Monotonie für die<br />
Schüler kann also keine Rede sein. Die Schüler müssen Stunde für<br />
Stunde vielschichtig arbeiten und interagieren, konstruieren und<br />
kommunizieren. Ihre Lernarbeit ist deutlich abwechslungsreicher<br />
als im traditionellen Unterricht.<br />
Ihr neues Buch setzt auf „Lernspiralen“ als neues Unterrichtsskript. Was<br />
meinen Sie damit und welchen Beitrag zur Lehrerentlastung leisten sie?<br />
Lernspiralen sind lerntheoretisch begründete Lernablaufmuster.<br />
Sie stehen in der Tradition des „Arbeitsunterrichts“ und sehen<br />
vielfältige kompetenzorientierte Lernaktivitäten der Schüler vor.<br />
Die Schüler bohren sich mittels unterschiedlicher Arbeits- und<br />
Interaktionsschritte in den jeweiligen Lerngegenstand hinein und<br />
22 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012
Schulen<br />
praktizieren dabei differenziertes Lernen. Sie erleben wechselnde<br />
Lerntätigkeiten, Partner, Methoden, Lernprodukte, Aufgaben und<br />
Hilfsmittel. Durch dieses Wechselspiel im Stundenverlauf werden<br />
den Schülern immer neue Zugänge bzw. Anschlussmöglichkeiten<br />
eröffnet, die Lernförderung im besten Sinne des Wortes gewährleisten.<br />
Der eine macht dieses lieber, der andere jenes; der eine kann das<br />
besser, der andere etwas anderes. Kein Schüler bleibt alleine. Jeder<br />
wird in bunter Weise gefordert und gefördert. Diese prozessimmanente<br />
Differenzierung und Aktivierung ist ein Markenzeichen der<br />
Lernspiralen. Wichtig dabei: Die Schüler arbeiten im Regelfall am<br />
gleichen Thema und mit dem gleichen Basismaterial. Die Lehrkräfte<br />
müssen also nicht mehrere Material- und Aufgabenpakete für die<br />
gleiche Stunde und Klasse schnüren. Das bringt Zeitersparnis.<br />
Lernspiralen sind mithin ein wegweisendes Unterrichtsskript, das<br />
Schüleraktivierung, Kompetenzvermittlung, Lernförderung und<br />
Lehrerentlastung wohltuend verbindet. In meinem Buch wird dieser<br />
Zusammenhang vielfältig konkretisiert.<br />
Braucht es wirklich neue Routinen, damit der Unterricht besser wird?<br />
Sind Routinen nicht eher etwas Negatives?<br />
Menschen brauchen Routinen, wenn sie Neues verlässlich umsetzen<br />
sollen. Das gilt nicht zuletzt für den unterrichtlichen Bereich. Wenn<br />
Lehrkräfte nach Aussage von Arbeitszeitforschern durchschnittlich<br />
15 Minuten Zeit haben, um eine innovative Unterrichtsstunde<br />
vorzubereiten, dann verlangt dieses zwingend nach fertigen Handlungsmustern,<br />
die routinemäßig abgerufen werden können. Routinen<br />
sind demnach eine notwendige Voraussetzung für konsequentes<br />
innovatives Handeln. Und genau diese Routinen fehlen den meisten<br />
Lehrkräften, wenn es um wirksame Schüleraktivierung, Methodenschulung,<br />
individuelle Förderung und/oder kompetenzorientiertes<br />
Unterrichten geht. Moderner Unterricht aber verlangt genau diese<br />
letztgenannten Qualitätsmerkmale. Sie sind Bedingung und Gewähr<br />
für nachhaltiges und zeitgemäßes Lernen. Zwar müssen die<br />
Lehrkräfte ihre „alten Routinen“ wie Lehrervortrag, lehrergelenktes<br />
Unterrichtsgespräch etc. deshalb nicht gleich über Bord werfen,<br />
wohl aber müssen sie diese kräftig ergänzen und anreichern - durch<br />
das Einplanen vielfältiger Lern-, Arbeits- und Interaktionsaktivitäten<br />
der Schüler. Das ist die Botschaft der modernen Lern- und Gehirnforschung.<br />
Die Lernspiralen folgen diesem Credo.<br />
Was heißt das für die Lehrerbildung in den Hochschulen und Studienseminaren?<br />
Müssen diese nicht grundlegend umsteuern?<br />
Zeitgemäß arbeitende Lehrerbildungseinrichtungen tragen den<br />
genannten Überlegungen auch heute schon Rechnung. Vielerorts<br />
ist es aber leider noch so, dass diese Erkenntnisse nicht gebührend<br />
berücksichtigt werden. Das gilt vor allem in Sachen Zeit- und Arbeitsökonomie.<br />
Viele Ausbilder unterschätzen die Bedeutung von<br />
Zeitdruck und Routinehandlungen für die Bewältigung des Lehreralltags.<br />
Stattdessen wird nach wie vor auf uferlosen Reflexionen<br />
und aufwändigen Vorbereitungsprozeduren bestanden. Lehrprobenvorbereitungen,<br />
die mehrere Tage dauern, sind nach wie vor keine<br />
Seltenheit, sondern eher die Regel. Nur: Das ist weder typisch noch<br />
besonders hilfreich für das Bewältigen des Schulalltags. Daher sollte<br />
die Lehrerbildung sehr viel stärker als bisher auf alltagsbezogenes<br />
Erfahrungslernen, Teamarbeit der jungen Leute und konsequentes<br />
Lehrertraining unter besonderer Berücksichtigung von Innovation<br />
und Zeitökonomie setzen. Theorie und Praxis müssen möglichst<br />
konsequent verzahnt und nicht weiter eher unverbunden nebeneinander<br />
abgehandelt werden. Wer beizeiten lernt, eine pfiffige handlungs-,<br />
methoden- und kompetenzorientierte Stunde in maximal 30<br />
Minuten reflektiert vorzubereiten und übersichtlich zu archivieren,<br />
der wird sich später relativ leicht damit tun, seinen Unterricht dementsprechend<br />
zu planen und zu gestalten. Diesbezüglich gibt es in<br />
der Lehrerbildung noch viel zu tun. Mein neues Buch hilft dabei.<br />
Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Dr. Paul Schwarz.<br />
Heinz Klippert<br />
Unterrichtsvorbereitung leicht gemacht<br />
80 Bausteine zur Förderung selbstständigen<br />
Lernens, EUR 29,95, ISBN<br />
978-3-407-62798-8, 1. Aufl. 2012,<br />
318 Seiten, Broschiert<br />
Wie man lehrt, ohne zu belehren<br />
Lernen kann man nicht erzwingen, sondern lediglich anregen, fördern<br />
und begleiten. Damit dieses gelingt, müssen Lehrkräfte wissen,<br />
wie Lernen funktioniert, und sie müssen in der Lage sein, Lernprozesse<br />
zu initiieren, zu arrangieren, zu beraten und zu begleiten.<br />
Das Lernmodell LENA steht für Lebendigkeit und Nachhaltigkeit.<br />
Rolf Arnold leitet daraus 29 Regeln ab, die sowohl in der Schule als<br />
auch in der universitären oder Erwachsenenbildung helfen, typische<br />
Lehr-Lern-Situationen zu gestalten.<br />
Checklisten und Planungsraster sowie Instrumente zur Selbstreflexion<br />
unterstützen die Lehrenden bei der Umsetzung dieser<br />
neuen Unterrichtspraxis. Protokolle aus Weiterbildungsseminaren<br />
dokumentieren die Widerstände, aber auch das große Potenzial<br />
dieses Paradigmenwechsels. Arnold ermuntert zu einer vielfältigen<br />
und systemisch-professionellen Form des Umgangs mit dem Lernen<br />
- stets wertschätzend und ressourcenorientiert.<br />
„Das Buch von Rolf Arnold ist wieder ein Knaller, der voll in mein<br />
Konzept passt. Ich fühle mich bei meiner Lehrerausbildung nur<br />
noch sicherer.“ (Joachim Seibt, Landesinstitut für Lehrerbildung/<br />
Studienseminar Cottbus)<br />
Rolf Arnold: Wie man lehrt, ohne zu belehren, 29 Regeln für eine<br />
kluge Lehre, Das LENA-Modell , Mit einem Vorwort von Karl H.<br />
Pisec, 190 Seiten, 49 Abb., Kt, 2012<br />
Euro 17,95, ISBN 978-3-89670-838-0<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012<br />
23
Schulen<br />
Studientage „Rechtsextremismus im Alltag“<br />
Mit dem Angebot dieser neuen Informations- und Präventionsveranstaltung<br />
wendet sich ein breites Bündnis staatlicher und<br />
zivilgesellschaftlicher Organisationen an die Schüler/innen der<br />
weiter führenden allgemein bildenden und Berufsbildenden<br />
Schulen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>. Nach der erfolgreichen und viel<br />
beachteten Auftaktveranstaltung im Landtag <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
am 18. September 2009 haben inzwischen 25 Veranstaltungen<br />
in Kooperation mit der Fridtjof-Nansen-Akademie für politische<br />
Bildung im Weiterbildungszentrum Ingelheim stattgefunden,<br />
bei denen jeweils zwischen 100 und 120 Schüler/innen eines<br />
Jahrgangs, also insgesamt über 2.800 Jugendliche erreicht und<br />
über Erscheinungsformen und Gefahren des aktuellen Rechtsextremismus<br />
informiert wurden.<br />
Die umfangreiche mündliche und schriftliche Evaluation aller<br />
Veranstaltungen zeigt, dass das Studientagskonzept, das neben einer<br />
Filmvorführung und einem einführenden Vortrag auf die Mitarbeit<br />
der Jugendlichen in fünf verschiedenen Workshops setzt, bei den<br />
Schülerinnen und Schülern und den begleitenden Lehrkräften auf<br />
eine überzeugend positive Resonanz stößt.<br />
Nach jeder Veranstaltung finden Nachbereitungsgespräche mit<br />
Schulleitungen, Kollegien und SV-Vertreter/innen der teilnehmenden<br />
Schulen statt, um Vereinbarungen über die weitere Arbeit<br />
an diesem Thema in einer großen Bandbreite von Aktivitäten zu<br />
treffen und damit die angestrebte Nachhaltigkeit der Veranstaltung<br />
zu sichern.<br />
Rechtsextreme, fremden- und menschenfeindliche Einstellungen<br />
in Form von gelebter Intoleranz, autoritären Denkmustern, Ausgrenzung<br />
und Gewaltbereitschaft gegenüber Andersdenkenden,<br />
Menschen mit Migrationshintergrund u. a. Minderheiten sind<br />
längst nicht mehr nur im rechtextremistischen Milieu angesiedelt,<br />
sie bestimmen zunehmend unsere Alltagswelt und reichen bis weit<br />
in die Mitte unserer Gesellschaft hinein.<br />
Mit diesem Problem haben auch die Schulen in vielfältigen Erscheinungsformen<br />
zu kämpfen: Schulhof-CDs, rechte Parolen,<br />
Fremdenfeindlichkeit und Mobbing, „alternative“ rechtslastige<br />
Freizeitangebote in sozialen Brennpunkten, sowie von der rechten<br />
Szene angebotene jugendspezifische Identifikationsangebote für<br />
Schülerinnen und Schüler, deren Schullaufbahn durch Misserfolge,<br />
fehlende Perspektiven und Scheitern gekennzeichnet ist. Manchmal<br />
werden solche Identifikationsmuster und auch das Verhalten<br />
beeinflussenden „Werte“ am entsprechenden „Outfit“ sichtbar und<br />
daran, dass rechtsextremistische Symbole getragen werden - letzteres<br />
entweder provokativ offen oder auch unscheinbarer auf Schulmappe<br />
und anderen Schulutensilien.<br />
Auch die Schule muss dringlich angemessene Strategien der Intervention<br />
und vor allem der Prävention entwickeln. Sie benötigt<br />
hierfür Unterstützung auch durch außerschulische Partnerinstitutionen.<br />
Damit sich Schulen aktiv und dauerhaft mit dem Thema<br />
Rechtsextremismus auseinandersetzen können, werden ergänzend<br />
zu den bisherigen Angeboten des Landes und der Kommunen,<br />
schülerbezogene Informations- und Präventionsmaßnahmen durchgeführt.<br />
In Verbindung mit Trägerinstitutionen der politischen<br />
Jugendbildung sollen Schüler/innen eines ganzen Jahrgangs (9./10.<br />
Klassen) über die Ziele, die Methoden und die damit verbundenen<br />
Gefahren rechtsextremistischer Organisationen und ihrer (Freizeit-)<br />
Angebote informiert und zugleich für demokratische Alternativen<br />
sensibilisiert werden.<br />
Die Studientage „Rechtsextremismus im Alltag“ versuchen einen<br />
Überblick zur aktuellen Situation zu geben, Gefahren bis hin zu<br />
zunehmender rechtsextrem motivierter Gewaltbereitschaft und<br />
Lösungsansätze aufzuzeigen. Nach einführenden Filmen und<br />
Vorträgen erhalten die Jugendlichen Gelegenheit sich mit den<br />
Themen „rechtsextreme Musik“, „Rechtsextremismus im Internet“,<br />
„Rechtsextremismus und Gewalt“ und „Menschenrechte statt<br />
Fremdenfeindlichkeit“ in Workshops und Arbeitsgruppen aktiv<br />
auseinander zu setzen.<br />
Im Anschluss an den Studientag werden mit den beteiligten Schulen<br />
(Leitung, Kollegium, Schülervertretung und Schulelternbeirat)<br />
weitere Maßnahmen vereinbart, um die Nachhaltigkeit der Informations-<br />
und Präventionsveranstaltung zu sichern.<br />
Die Studientage „Rechtsextremismus im Alltag“ erfreuen sich großer<br />
Beliebtheit: Seit September 2009 haben bereits 25 Schulen und über<br />
2.800 Schülerinnen und Schülern das Präventionsangebot genutzt.<br />
Um der hohen Nachfrage, welche die Kapazitäten weit übersteigt,<br />
erfüllen zu können, wurden inzwischen in mehreren Durchgängen<br />
insgesamt über 30 Lehramts-Studierende ausgebildet. Nach<br />
mehreren Hospitationen und einem Intensiv-Workshop führen<br />
sie seit März 2010 in Zusammenarbeit mit erfahrenen Referenten<br />
die Studientage eigenständig durch. In mehreren Fortbildungen<br />
und im ständigen Erfahrungsaustausch grundlegend informiert<br />
und sensibilisiert für dieses wichtige gesellschaftspolitische Thema<br />
nehmen sie die inhaltlichen und methodischen Erfahrungen mit<br />
ins Referendariat und in ihre Ausbildungsschulen.<br />
Die Nachfrage nach den Studientagen ist ungebrochen hoch. „Wir<br />
erhalten beständig neue Anfragen von Schulen. Mit dem Angebot<br />
der Studientage treffen wir anscheinend einen großen Bedarf der<br />
Schulen“, so Hans Berkessel, der die Studientage koordiniert.<br />
Kürzere Wartezeiten für die Schulen erhoffen sich die Veranstalter<br />
von der Ausweitung des Studientagsangebots, das durch zusätzlich<br />
bereit gestellte Mittel, insbesondere des Bildungsministeriums, möglich<br />
wird. Allein in diesem Jahr werden insgesamt 15 Studientage<br />
durchgeführt werden; zwei davon in Ludwigshafen mit dem neuen<br />
Kooperationspartner, dem Heinrich-Pesch-Haus. Um diese größere<br />
Zahl bewältigen zu können, wurde im Januar eine neue Gruppe von<br />
Studierenden ausgebildet, die nach Hospitationen bei mehreren<br />
Studientagen als Referenten und Moderatoren zum Einsatz kommen<br />
sollen. So können noch mehr Schulen das Angebot nutzen.<br />
Für die folgenden Studientage sind noch Bewerbungen möglich:<br />
Dienstag, 14. August; Dienstag, 4. September; Freitag, 7. September<br />
(Heinrich-Pesch-Haus, Ludwigshafen); Mittwoch, 12. September;<br />
Mittwoch, 19. September; Montag, 15. Oktober und Mittwoch,<br />
24. Oktober 2012.<br />
Die Bewerbungen werden nach dem Datum des Eingangs und nach<br />
Kriterien einer schulart- und regionalbezogenen Verteilung von den<br />
Veranstaltern ausgewählt.<br />
Für die bis zu 100 teilnehmenden Schüler/innen der Schule wird<br />
lediglich ein Teilnehmerbeitrag von 8,- Euro für Essen und Getränke<br />
erhoben, alle übrigen Kosten (auch die Reisekosten) werden von den<br />
Veranstaltern übernommen. Bewerbungen per Mail (oder Fax) an:<br />
HansBerkessel@aol.com; Fax-Nr.: 06132/87 927.<br />
pm<br />
24 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012
Hochschulen<br />
Nachruf auf Prof. Dr. Hans Pfaffenberger<br />
Prof. Dr. Pfaffenberger ist am 1. März 2012, kurz vor seinem<br />
90. Geburtstag, in Trier gestorben. Hans Pfaffenberger<br />
studierte nach der Kriegsgefangenschaft in Kanada bis 1948<br />
Psychologie an der Universität Münster, arbeitete dann bis<br />
1954 in der Heimerziehung und Erziehungsberatung, war<br />
gleichzeitig Dozent an sozialpädagogischen Ausbildungsstätten<br />
und dann Leiter der späteren Höheren Fachschule für<br />
Sozialarbeit der Arbeiterwohlfahrt in Düsseldorf. Von 1968<br />
bis 1977 hatte er an der Universität Konstanz die bundesweit<br />
erste Professur für Sozialarbeit inne, von 1975 bis zu seiner<br />
Emeritierung war er Professor für Sozialpädagogik an der<br />
Universität Trier.<br />
Er vertrat vehement die These, dass Sozialarbeit und Sozialpädagogik<br />
keine zwei verschiedenen Berufe seien, auch<br />
keine zwei separate wissenschaftlichen Disziplinen. Seiner<br />
Auffassung nach, die er in seinen zahlreichen professionstheoretischen<br />
Publikationen vertreten hat, überschneiden<br />
sich beide Richtungen so weit, dass sie - entsprechend der<br />
von ihm entworfenen Konvergenztheorie - nur als Einheit<br />
zu verstehen sind. Dass diese Einheit inzwischen durch den<br />
Begriff „Soziale Arbeit“ hergestellt ist, konnte Pfaffenberger<br />
in seinen letzten Lebensjahren mit Befriedigung zur Kenntnis<br />
nehmen. Trotzdem hat er viele der aktuellen Entwicklungen<br />
sorgenvoll zur Kenntnis genommen: In erster Linie den<br />
allgemeinen Sozialabbau, verbunden mit dem spezifischen<br />
Abbau von Sozialstaatlichkeit.<br />
Hans Pfaffenberger wurde 1965 Mitglied der <strong>GEW</strong> Baden-<br />
Württemberg und wechselte 1976 zum LV <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />
Mir hat er als seinem damaligen Mitarbeiter wichtige Impulse<br />
zum (Wieder-) Aufbau der LFG Hochschulen gegeben.<br />
Pfaffenberger war Träger der Marie-Juchacz-Plakette des<br />
Bundesverbandes der AWO<br />
Günther Sander<br />
Studie zur Situation von Hiwis<br />
Studentische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind an<br />
den Hochschulen und Forschungseinrichtungen nicht<br />
mehr wegzudenken - bis zu 400.000 von ihnen betreiben<br />
Literatur- und Internetrecherchen, fotokopieren, beschaffen<br />
Bücher und Zeitschriftenaufsätze in Bibliotheken,<br />
redigieren Texte, geben Daten ein, betreuen ihre Kommilitoninnen<br />
und Kommilitonen in Lehrveranstaltungen<br />
und helfen bei deren Vorbereitung, sie leiten Tutorien,<br />
beaufsichtigen Klausuren, bereiten Tagungen vor, transkribieren<br />
Interviews, werten Daten aus und erstellen<br />
Statistiken, führen Laborarbeiten aus und überwachen<br />
Geräte ...<br />
Wie aber sieht die Situation der studentischen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter tatsächlich aus? Das haben Alexander<br />
Lenger, Christian Schneickert und Stefan Priebe<br />
in einer durch die Max-Traeger-Stiftung geförderten<br />
Studie untersucht, die die <strong>GEW</strong> jetzt veröffentlicht. Die<br />
Studie gibt einen einmaligen Überblick über die Lage der<br />
studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im deutschen<br />
Hochschul- und Forschungssystem. Knapp 4.000<br />
Personen wurden befragt, darüber hinaus vorhandene<br />
Daten und Studien ausgewertet. Erstmals liegen umfassende<br />
Informationen zum Profil, zu den Beschäftigungsverhältnissen<br />
und Arbeitsbedingungen der studentischen<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor.<br />
Die Studie ist online verfügbar unter http://www.gew.de/<br />
Publikationen_Beschaeftigte_in_Hochschule_und_Forschung.html#Section26507<br />
Die Veröffentlichung kann auch im <strong>GEW</strong>-Shop bestellt<br />
werden: Studie zur Lage Studentischer MitarbeiterInnen<br />
(Artikelnummer:1443). Verfügbarkeit: sofort lieferbar.<br />
2,00 Euro inkl. 19% MwSt., zzgl. Versandkosten.<br />
Didaktik im Fokus. Neue Wege in der Lehrerbildung<br />
Die Tagung nimmt die Didaktik als Ausgangspunkt,<br />
um neue Wege in der Lehrerbildung aufzuzeigen. Dabei<br />
gilt es vor allem, die Herausforderungen zunehmend<br />
komplexer werdender Wissensstrukturen und die damit<br />
einhergehende Forderung nach einer stärkeren Kompetenzorientierung<br />
bei der Gestaltung didaktischer Lehr-/<br />
Lernsettings zu berücksichtigen.<br />
Teilweise wurde auf diese Herausforderungen im Zuge<br />
der Umstellung der Lehrerbildung an den Universitäten<br />
mit einer Stärkung der bildungswissenschaftlichen und<br />
fachdidaktischen Anteile reagiert. Damit werden die<br />
unterschiedlichen Disziplinen, aber auch alle an der<br />
Lehrerbildung beteiligten Institutionen vor neue Aufgaben<br />
gestellt, deren Bewältigung nur dann synergetische<br />
Effekte erzeugen kann, wenn sie gemeinschaftlich, d.h.<br />
interdisziplinär und interinstitutionell bearbeitet wer-<br />
den. Um die Aneignung vernetzter Wissensstrukturen<br />
zu ermöglichen, ist es daher unumgänglich, Vernetzung<br />
bereits bei der Planung von Lernszenarien konsequent<br />
mitzudenken und in einem geeigneten Veranstaltungsbzw.<br />
Unterrichtsarrangement umzusetzen.<br />
Welche neuen Wege in diesem Zusammenhang bereits<br />
beschritten wurden oder wir in Zukunft noch „anlegen“<br />
müssen, soll im Rahmen der Tagung gemeinsam diskutiert<br />
und erarbeitet werden.<br />
Termin: Freitag, 14. September 2012, Zeit: 9.00 bis 17.15<br />
Uhr, Ort: TU Kaiserslautern, Gebäude 42, Foyer<br />
pm<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012<br />
25
Generation 60+<br />
Die <strong>GEW</strong> gratuliert …<br />
... im August 2012<br />
zum 70. Geburtstag<br />
Frau Friedel Grützmacher<br />
Pestalozzistr. 99 a · 10625 Berlin<br />
03.08.1942<br />
Herrn Klaus Buchmann<br />
Vierzehn Eichen 9 · 56154 Boppard<br />
05.08.1942<br />
Herrn Erwin Leonhard<br />
Weinstr 12 · 67480 Edenkoben<br />
11.08.1942<br />
Herrn Rüdiger Quaer<br />
Gartenstr. 5 · 66871 Ehweiler<br />
15.08.1942<br />
Herrn Edgar Werner Fried<br />
Pfingstborn 64 · 67806 Rockenhausen<br />
28.08.1942<br />
zum 75. Geburtstag<br />
Frau Marianne Clade<br />
Augustinergäßchen 10 · 55116 Mainz<br />
11.08.1937<br />
Herrn Dr. Hermann Weber<br />
Friedenstr. III · 67657 Kaiserslautern<br />
29.08.1937<br />
zum 80. Geburtstag<br />
Herrn Otto Altvater<br />
Am Fluerchen 13 · 55758 Oberreidenbach<br />
07.08.1932<br />
Frau Helga Henkes<br />
Ziegelhuette 25 · 66484 Schmitshausen<br />
19.08.1932<br />
zum 85. Geburtstag<br />
Herrn Hans Gerhard Helzer<br />
Auf dem Steinchen 6 · 57610 Altenkirchen<br />
12.08.1927<br />
Herrn Manfred Boerder<br />
Hochstr. 6 · 56566 Neuwied<br />
15.08.1927<br />
zum 86. Geburtstag<br />
Herrn Walter Heckmann<br />
Rotsteigstrasse 14 · 67814 Dannenfels<br />
30.08.1926<br />
zum 87. Geburtstag<br />
Herrn Rudolf Eschenfelder<br />
Stresemannstr. 63 · 67663 Kaiserslautern<br />
04.08.1925<br />
Herrn Herbert Orschiedt<br />
Elisenhöhe 26 · 55411 Bingen<br />
04.08.1925<br />
Frau Waltraud Schank<br />
Alten u. Pflegeheim/Ramsener Str. 28<br />
67310 Hettenleidelheim<br />
05.08.1925<br />
Frau Irene Staudt<br />
Friedr.-August-Str 41 · 55765 Birkenfeld<br />
10.08.1925<br />
Frau Katharina Bayer<br />
Fruchthallstr. 6 · 67655 Kaiserslautern<br />
18.08.1925<br />
zum 88. Geburtstag<br />
Frau Adelheid Hagen<br />
Luisenstr. 4 · 77709 Wolfach<br />
02.08.1924<br />
Der Landesvorstand<br />
... im September 2012<br />
zum 70. Geburtstag<br />
Herrn Werner Breuder<br />
Kirchstr. 50 · 55234 Framersheim<br />
08.09.1942<br />
Herrn Horst Emrich<br />
Wingertstr. 20 · 66887 Rutsweiler/Glan<br />
10.09.1942<br />
Frau Ingeborg Storck<br />
Untere Klepp 1 · 55758 Vollmersbach<br />
11.09.1942<br />
Herrn Klaus Michels<br />
Steinackerring 39 · 54608 Bleialf<br />
14.09.1942<br />
Herrn Hubert Potthoff<br />
Eichendorffstr. 9 · 67304 Eisenberg<br />
24.09.1942<br />
Herrn Henning Reiser<br />
Gaustr. 54 c · 67098 Bad Dürkheim<br />
27.09.1942<br />
zum 75. Geburtstag<br />
Herrn Konrad Woede<br />
Am Zollhafen 10 · 55118 Mainz<br />
06.09.1937<br />
zum 80. Geburtstag<br />
Frau Gertrud Pfannhuber<br />
Hauptstr. 31 · 76872 Hergersweiler<br />
11.09.1932<br />
zum 86. Geburtstag<br />
Frau Hedi Goettel<br />
St.-Quentin-Ring 49 · 67663 Kaiserslautern<br />
21.09.1926<br />
zum 88. Geburtstag<br />
Frau Gertrud Scherer<br />
Stresemannstr. 86 · 67663 Kaiserslautern<br />
06.09.1924<br />
zum 89. Geburtstag<br />
Frau Liselotte Ludwig<br />
Kirchheimbolander Str. 15 · 67294 Stetten<br />
08.09.1923<br />
zum 90. Geburtstag<br />
Herrn Karl-Heinz Rimmel<br />
Pirmasenser Str. 80 · 67655 Kaiserslautern<br />
01.09.1922<br />
zum 92. Geburtstag<br />
Frau Hilde Goettel<br />
Bahnhofstr. 5 · 66871 Theisbergstegen<br />
29.09.1920<br />
Der Landesvorstand<br />
26 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012
Generation 60+ / Tipps + Termine<br />
<strong>GEW</strong> besuchte den 10. Seniorentag in Hamburg<br />
Die Sitzung des Bundesseniorenausschusses, in ihm sind<br />
die LandesseniorenvertreterInnen der einzelnen <strong>GEW</strong>-<br />
Landesverbände vertreten, fand vom 03. - 05.05.2012 in<br />
Hamburg statt. Zur gleichen Zeit fand auch der 10. Deutsche<br />
Seniorentag im Congress Center Hamburg statt. Die<br />
Seniorentage werden von der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
der Seniorenorganisationen (BAGSO) ausgerichtet. Die in<br />
der BAGSO zusammengeschlossenen Organisationen, z.<br />
Zt. 109 Verbände mit rund 13 Millionen Mitgliedern, setzen<br />
sich für ein selbstbestimmtes, aktives und engagiertes<br />
Älternwerden in sozialer Sicherheit ein. Deshalb stand der<br />
Seniorentag unter dem Motto: „JA zum Alter“. Die <strong>GEW</strong>,<br />
besonders der BSA, arbeitet in zwei Fachkommissionen<br />
aktiv mit, und zwar in den Fachkommissionen „Aktuelle<br />
Fragen der Seniorenpolitik“ und „Neue Medien“.<br />
Der Seniorentag bietet den Besuchern Informationen zu<br />
Themen wie „gesundheitliche und finanzielle Vorsorge“,<br />
„altersgerechtes Wohnen“ sowie „ehrenamtliches Engagement“.<br />
Die <strong>GEW</strong> brachte sich in dem Forum „Ja zum Alter in<br />
sozialer Sicherheit“ ein. Die soziale Sicherheit im Alter ist<br />
ein zentrales gesellschaftliches Thema. In drei Themenblöcken<br />
wurden die Zuhörer über den Zusammenhang<br />
von Rentenniveau und Kaufkraftverlusten, über den<br />
Handlungsbedarf zur Vermeidung von Altersarmut und<br />
Perspektiven für altersgerechte Arbeitsbedingungen sowie<br />
über neue Modelle zum Übergang in den Ruhestand<br />
Büchertipps von Antje Fries<br />
Kunst mit Kindern<br />
„Mit Kindern moderne Kunst entdecken“ von Stefan<br />
Padrok liefert kreative Ideen für die Klassen 2 bis 4 auch<br />
für fachfremd unterrichtende KollegInnen: Picasso,<br />
Giacometti und Otmar Alt werden ebenso vorgestellt<br />
wie Niki de Saint Phalle oder David Hockney, und zum<br />
Ende des Buches gibt es zwei Kapitel über den Besuch<br />
bei einem Künstler im Atelier und Kunst am Bau. Die<br />
Arbeitsanregungen sind mit zahlreichen praktischen<br />
Tipps versehen. Leider fehlen die Originale der großen<br />
Meister im Buch, dafür sind sie auf der beiliegenden CD<br />
zusammen mit Materiallisten, Kopiervorlagen, Schüler-<br />
Beispielen und geplanten Unterrichtsabläufen enthalten.<br />
Für die Kita ist „Von Sprühflaschen-Graffiti bis Fußmalerei“<br />
gedacht, in dem Gaby Müller anhand von schönem<br />
Bildmaterial zeigt, wie der Traum vom Fliegen umgesetzt<br />
werden kann, wie T-Shirts gebatikt werden, wie Filzen,<br />
Pappmaschee, Mosaike und Ytong-Kunst funktionieren.<br />
Auch Jahreszeitliches ist enthalten. Rundum ein buntes,<br />
anregendes Buch!<br />
Stefan Padrok: Mit Kindern moderne Kunst entdecken.<br />
Berlin 2012. 96 Seiten + CD, 22,95 Euro. ISBN 978-<br />
3-637-015951<br />
Gaby Müller: GroßARTige Kunsttechniken für die Kita.<br />
informiert. Ein weiterer Themenblock „JA zum selbstbestimmten<br />
und nachbarschaftlichen Wohnen im Alter“<br />
fand bei den Besuchern großen Anklang. Hier wurde<br />
anhand von Beispielen aufgezeichnet, wie neue Wohnformen<br />
im Alter in der Praxis aussehen können.<br />
Natürlich wurden auch Themen, wie „gesund älter<br />
werden“, „Mobilität im Alter“, „lebenslanges Lernen“,<br />
„Vorsorge und Pflege“ angesprochen und diskutiert.<br />
Neben den Vorträgen lief in den Ausstellungshallen die<br />
„SenNova“. Auf dieser Messe waren 220 Aussteller aus<br />
den verschiedensten Bereichen der Gesundheit, Mobilität,<br />
Pflege und Vorsorge. So konnten Besucher auf einem<br />
Bewegungs-. Osteoporose- und Gedächtnisparcours sich<br />
über den eigenen Gesundheitszustand informieren und<br />
beraten lassen. Auf dem Rundgang erfuhr man an kleineren<br />
Ständen Möglichkeiten der Wohnraumanpassung,<br />
oder verschiedene Seniorenresidenzen und Pflegeheime<br />
stellten sich vor. Die Angebote der Mobilität im Alter<br />
waren sehr umfangreich und informativ. Auch hier sah<br />
man eine deutliche Verbesserung in den dargestellten<br />
Hilfsmitteln. Wie auch vor drei Jahren hatte die <strong>GEW</strong><br />
einen Infostand auf der SenNova.<br />
Die LandesseniorenvertreterInnen im Bundesseniorenausschuss<br />
fanden den 10. Deutschen Seniorentag sehr aufschlussreich,<br />
man konnte neue Eindrucke sammeln und<br />
erfuhr viel Neues. Man sprach sich dahin aus, sich wieder<br />
beim nächsten Seniorentag der BAGSO zu engagieren.<br />
Hedda Lungwitz, Vors. des Landesseniorenausschusses<br />
Von Sprühflaschen-Graffiti bis Fußmalerei. Mülheim<br />
2012. 80 Seiten, 20,50 Euro. ISBN 978-3-8346-09243<br />
Nawi und Technik<br />
Von der Wahrnehmung zum Experiment leitet Martin<br />
Kramer in „Naturwissenschaft in der Grundschule“: Von<br />
den fünf Sinnen über Experimente in Gruppen (z.B. zur<br />
Raumwahrnehmung) und Geheimschriften und Codes<br />
bis hin zu allerlei fliegenden Wundern, Brücken und anderen<br />
Konstruktionen versteht es der Autor, spannende<br />
Versuche zu beschreiben und mittels ausdrucksstarker<br />
Fotos zu illustrieren, wie das in der Praxis gelingen kann.<br />
Wer mit dem Vorgänger „Mit Erbsen und Zahnstochern<br />
zur Mathematik“ Spaß hatte, wird hier mit den Schwerpunkten<br />
Wahrnehmung und Bewegung begeistert weiter<br />
experimentieren können.<br />
Und wer sich nun ärgert, nicht in der Grundschule zu<br />
unterrichten, dem sei hier „Kiwi im Joghurt- schmeckt<br />
nicht?!“ empfohlen, ein Arbeitsbuch zur Lebensmittelkunde<br />
für die Klassen 5 bis 8. Kathrin Sebastian macht<br />
Brause, Joghurt und Margarine selber, zaubert mit Eiern,<br />
verrät das Rezept zur perfekten Salatsauce und liefert<br />
weiterhin Wissens- und Versuchenswertes zu Gemüse,<br />
Getreide, Obst und Süßwaren. Ein gut gemachtes und<br />
umfangreiches Buch, aber Vorsicht: Einige Themen<br />
könnten doch schon aus der Grundschule bekannt sein.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012<br />
27
Tipps + Termine<br />
Wer lieber in den Werkraum statt in die Küche geht, dem<br />
kann Wilfried Bruckmanns „Grundwissen Technikunterricht“<br />
für die Klassen 7 und 8 helfen: Die Sammlung an<br />
Arbeitsblättern beinhaltet eine allgemeine Einführung<br />
und Schwerpunkte zu den Themen Messen und Zeichnen.<br />
Auf Löten, Anreißen und Informationstechnik wird<br />
ebenfalls eingegangen<br />
Martin Kramer: Naturwissenschaften in der Grundschule.<br />
Weinheim 2012. 118 Seiten, 19,95 Euro. ISBN 978-3-<br />
407-628046<br />
Kathrin Sebastian: Kiwi im Joghurt - schmeckt nicht?!<br />
Mülheim 2012. 112 Seiten, 20,90 Euro. ISBN 978-3-<br />
8346-09649<br />
Wilfried Bruckmann: Grundwissen Technikunterricht.<br />
Mülheim 2011. 152 Seiten, 21,80 Euro. ISBN 978-3-<br />
8346-08963<br />
Sommerurlaub? Klassenbücherei?<br />
Ein musikalisches Erlebnis zum Mitsingen und Nachspielen<br />
ist „Die Seefahrt nach Rio“ mit Texten von James<br />
Krüss. Die passenden Lieder stammen von Wolfgang von<br />
Henko, und gesungen und gesprochen hat Nicki von<br />
Tempelhoff mit einem Kinderchor. So machen sieben<br />
Kinder eine Weltreise nach Rio. Dass dabei die heimische<br />
Wohnung die Requisitenkammer ist, das ist wohl höchstens<br />
für ordnungsliebende Eltern ein Problem. Wenn<br />
aber das Sofa zum Schiff werden darf und der Besen<br />
den Fahnenmast abgibt, kann die „Tolle Lotte“ in See<br />
stechen, sodass die Wormser Kita, die Landauer Grundschule<br />
und der Hort in Trier schon bald den Zuckerhut<br />
in Sicht haben.<br />
Falls die Seefahrt eine Klassenfahrt sein sollte, passt gut<br />
„Meine Klassenfahrt und ICH“ von Bettina Domzalski in<br />
den Rucksack: Das Planungs-, Mitmach-, Bastel-, Kritzel-,<br />
Spielebuch eignet sich für Kinder auf Klassenfahrt, aber<br />
auch als Anregung für alle, die ihre Tage in der Jugendherberge<br />
einmal anders dokumentieren lassen möchten.<br />
Sollte Lesestoff für unterwegs oder auch einfach die Klassenbücherei<br />
fehlen, gibt es „Der kleinste Dinosaurier“<br />
von Julia Donaldson und Axel Scheffler. Auf der Suche<br />
nach einem geeigneten Platz zur Eiablage macht die Dinosaurierin<br />
Hypsilophodon unfreiwillig eine Zeitreise,<br />
aber viel Zeit, um sich darüber zu wundern, hat sie nicht,<br />
denn bald halten sie ihre 13 Jungen auf Trab - und die<br />
Begegnung mit dem knallroten Traktosaurus ... Gewohnt<br />
witziger Lesestoff für Kinder und Klassen ab sechs Jahren!<br />
Eher als Vorlese- und Mitmachbücher für die Kita taugen<br />
zwei neue, richtig schöne Bilderbücher: „Wo wächst der<br />
Pfeffer“ von Brigitte Raab und Manuela Olten erklärt<br />
schlicht und einfach die Geheimnisse unserer Erde.<br />
Warum halten Bären Winterruhe? Weil ihnen keine<br />
Winterjacke passt und es ihnen ohne Jacke draußen zu<br />
kalt wäre. Klar! Das witzige Bild dazu erklärt alles - oder<br />
doch nicht? Auf der Folgeseite wird die Frage dann tatsächlich<br />
geklärt, und so geht es mit einigen Fragen, die<br />
Kinder gerne stellen. So lernen wir auch nebenbei, dass<br />
Schnecken ein Haus tragen, weil sie gern Campingurlaub<br />
machen. Oder dass Wale keine Fische sind, weil sie ja<br />
schließlich in kein Aquarium passen würden. Das Büchlein<br />
gibt jede Menge Gesprächsanlässe, wenn die Fragen<br />
debattiert werden müssen, bevor die Auflösung kommt,<br />
und in der eigenen Kita-Gruppe erweitert werden kann<br />
das Werk natürlich auch!<br />
Was passiert, „Wenn Fuchs und Hase sich Gute Nacht<br />
sagen“, das lernen wir von Kathrin Schärer: Es dauert eine<br />
ganze Weile, bis der kleine Hase den schrecklichen Fuchs<br />
überzeugt hat, ihn nicht gleich zu fressen. Auch seinem<br />
Hasenpapa verbietet er, mit dem Nudelholz zuzuschlagen,<br />
als der Fuchs endlich eingenickt ist. Das Hasenkind findet<br />
stattdessen eine ebenso friedliche wie sichere Lösung für<br />
die Hasenfamilie - an dem Ort, an dem sich Fuchs und<br />
Hase Gute Nacht sagen.<br />
James Krüss: Die Seefahrt nach Rio. Hamburg 2012. CD<br />
12,95 Euro. ISBN 978-3-942587259<br />
Bettina Domzalski: Meine Klassenfahrt und ICH.<br />
Weinheim 2012. 96 Seiten, 5,95 Euro. ISBN 978-3-<br />
407-743374<br />
Julia Donaldson/Axel Scheffler: Der kleinste Dinosaurier.<br />
Weinheim 2012. 80 Seiten, 5,95 Euro. ISBN 978-3-47-<br />
785770<br />
Brigitte Raab/Manuela Olten: Wo wächst der Pfeffer?<br />
Weinheim 2012. 32 Seiten, 5,95 Euro. ISBN 978-3-<br />
407-761064<br />
Kathrin Schärer: Wenn Fuchs und Hase sich Gute Nacht<br />
sagen. Weinheim 2012. 32 Seiten, 5,95 Euro. ISBN<br />
978-3-407-761088<br />
Vertrauensleutetag<br />
am 3. September 2012<br />
Der nächste Vertrauensleutetag findet am 3.September<br />
2012 im Erbacher Hof in Mainz statt.<br />
Bitte merkt euch schon jetzt den Termin vor. Ihr werdet<br />
die Einladung rechtzeitig vor den Ferien auf unserer<br />
Homepage und in eurer Post vorfinden.<br />
Bitte meldet euch dann möglichst frühzeitig an, da die<br />
Veranstaltung doch recht bald nach den Sommerferien<br />
terminiert ist.<br />
Freundliche Grüße<br />
Henning Caspari, VB Vertrauensleute<br />
Richtigstellung:<br />
Debus Pädagogik statt Beltz<br />
In der letzten Ausgabe der <strong>GEW</strong>-Zeitung erschien eine<br />
Rezension aus dem Verlag „Debus Pädagogik“, einem<br />
Tochterverlag des Wochenschau-Verlages, über das<br />
Buch „Differenzierung in heterogenen Lerngruppen“<br />
von Frank Müller.<br />
Versehentlich wurde dabei Beltz als Verlag angegeben.<br />
Durch diesen ärgerlichen Fehler war es für potentielle<br />
Käufer schwerer, das Buch zu finden.<br />
Wir bitten, dies zu entschuldigen.<br />
red.<br />
28 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012
Tipps + Termine<br />
Besuch aus Südafrika<br />
Die Leiterinnen des Homes für Kids in South Africa (HOKISA) Eunice Mbjanawa<br />
und Robyn Cohen kommen zur <strong>GEW</strong> nach Mainz.<br />
Homes for Kids in South Africa (HOKISA) ist ein Heim für<br />
von HIV/AIDS betroffene Kinder im südafrikanischen Township<br />
Masiphumelele bei Kapstadt. Die <strong>GEW</strong> unterstützt die<br />
Arbeit von Hokisa durch Spenden des Heinrich-Rodenstein-<br />
Fonds seit mehr als 10 Jahren. HOKISA steht für „Homes<br />
for Kids in South Africa“ und wurde 2001 von Lutz van Dijk,<br />
einem deutsch-niederländischen Autor, ehemaligen Lehrer<br />
und <strong>GEW</strong>-Aktivisten gemeinsam mit Karin Chubb, einer südafrikanischen<br />
Dozentin der Universität Kapstadt gegründet.<br />
HOKISA bietet Versorgung und Betreuung für Kinder<br />
mit HIV/AIDS. Die beiden Leiterinnen von HOKISA,<br />
Eunice Mbjanawa und Robyn Cohen, kommen am<br />
27.09.12 nach Mainz. Hierzu findet eine Informationsveranstaltung<br />
im DGB-Haus statt; sie beginnt ab 17.00<br />
Uhr. Wir freuen uns über zahlreiche TeilnehmerInnen.<br />
Mit Unterstützung der Bewohner des Townships Masi-<br />
phumelele wurde das erste Haus für Kinder gebaut und<br />
im Dezember 2002 durch Erzbischof Desmond Tutu<br />
eingeweiht. Mittlerweile finden 17 Kinder im Alter von<br />
8 Monaten bis 14 Jahren hier ein Zuhause. Die Mitarbeiter<br />
sind ehemals arbeitslose Township-Bewohner,<br />
die das Heim mit großem Engagement führen und den<br />
Kindern Geborgenheit und Sicherheit bieten. Neben der<br />
Betreuung der Kinder werden auch Schulungen zu den<br />
Themen AIDS-Prävention, Verhütung, Medikation und<br />
Ernährung für Townships-Bewohner/innen abgehalten.<br />
Im November 2005 weihte Erzbischof Desmond Tutu<br />
das zweite Haus, das ‚Peace House‘, ein, das erstmals<br />
für Mitarbeiter/innen des Projektes und von HIV/<br />
AIDS betroffene Jugendliche, die bisher in ungeeigneten<br />
Behausungen im Township leben mussten, eigene Wohnungen<br />
zur Verfügung stellt. Die <strong>GEW</strong> hat HOKISA<br />
seit der Gründung regelmäßig mit Spenden aus Mitteln<br />
des Heinrich-Rodenstein-Fonds unterstützt. Unser Landesvorsitzender<br />
Klaus-Peter Hammer hat letztes Jahr im<br />
Rahmen des Weltkongresses der Bildungsinternationalen<br />
das Township Masiphumelele und HOKISA besucht und<br />
war von der Arbeit vor Ort sehr beeindruckt und begeistert.<br />
Er hat deshalben die beiden Kolleginnen anlässlich<br />
ihrer Deutschlandreise 2012 zur <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
eingeladen, damit sie von ihrer Arbeit berichten können<br />
und das Projekt vorstellen können.<br />
Letztes Jahr stand die Einrichtung kurz vor der Schließung,<br />
dies konnte in letzter Minute verhindert werden.<br />
Es wäre schön, wenn es uns gelingen würde, durch mehr<br />
Spendengelder diese wichtige Arbeit zu unterstützen.<br />
red<br />
Hinweis zum Spendenkonto:<br />
Heinrich-Rodenstein Fonds, Konto-Nr. 1 707 274 700<br />
BLZ 500 101 11, SANTANDER Bank Frankfurt am<br />
Main, Stichwort: HOKISA<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012<br />
29
Tipps + Termine<br />
Was glaubst Du?<br />
Die neue Ausgabe der Reihe „Was geht?“ der Bundeszentrale<br />
für politische Bildung thematisiert die verschiedensten<br />
Facetten des Islam. Muslime essen kein<br />
Schweinefleisch, beten fünfmal am Tag und lassen Frauen<br />
nicht Autofahren - Tatsache oder Vorurteil? „Was glaubst<br />
du? Das Islam-Heft“ lädt junge Menschen ein, sich mit<br />
Fragen dieser Art zu beschäftigen. Das Arbeitsheft und<br />
die pädagogische Handreichung sind ab sofort kostenlos<br />
und im Klassensatz im Online-Shop der bpb bestellbar.<br />
„Was geht?“ ist eine Publikationsreihe der bpb, die speziell<br />
für die Arbeit mit Jugendlichen an Schulen oder in der<br />
Jugendarbeit entwickelt wurde. Jede Ausgabe besteht aus<br />
einem Heft für Jugendliche und einer Handreichung für<br />
Pädagogen. Das Jugendheft zeichnet sich durch eine emotionale<br />
Ansprache, das Vermeiden langer Ausführungen<br />
und ein altersgemäßes Layout aus, was die Auseinandersetzung<br />
auch mit schwierigen Themen vereinfacht.<br />
In der Reihe „Was geht?“ sind bisher folgende Titel<br />
erschienen: Marken-Freak oder Fashion-Opfer, Macher<br />
oder Mitläufer, Mit oder ohne? Das Heft zum Kopftuch,<br />
Gossip-Girl oder Burger-King? Das Heft zum American<br />
Way of Life.<br />
Was geht? Nr. 1/2012, Was glaubst Du? Das Islam-Heft<br />
Bestellnummer Arbeitsheft: 9.592<br />
Bestellnummer Begleitheft: 9.593<br />
Zu bestellen bei: www.bpb.de/wasgeht<br />
pm<br />
Schulklassen und Kitas auf den Strassen der Römer<br />
Rund 100 römische Sehenswürdigkeiten und über 50 pädagogische<br />
Angebote für Schulklassen und Kindergärten<br />
und Kindertagesstätten findet man auf den Straßen der<br />
Römer im Großraum um Trier. Im September 2012 und<br />
April 2013 bietet die Kooperation drei Fachtagungen zum<br />
Erbe der Römer speziell für Pädagogen an.<br />
Diese sollen interessierten Pädagoginnen und Pädagogen<br />
nähere Informationen und Anregungen zum handlungsorientierten<br />
Lernen an außerschulischen Lernorten auf<br />
den Straßen der Römer geben. Im Rahmen der Veranstaltungen<br />
finden unter anderem Info-Märkte statt, auf<br />
denen Museen und Bildungseinrichtungen ihre Angebote<br />
für Schule und Kita präsentieren. In Workshops können<br />
die Teilnehmer innovative Beispiele aus der Praxis kennen<br />
lernen und selbst ausprobieren. Die Veranstaltungen rich-<br />
ten sich an LehrerInnen, ErzieherInnen, ModeratorInnen,<br />
Studierende, pädagogische Fachkräfte, MuseumspädagogInnen<br />
sowie alle, die sich als Multiplikatoren im Sinne<br />
der Bildung für nachhaltige Entwicklung verstehen.<br />
Termine und Veranstaltungsorte:<br />
12. Sept. 2012 im Naturzentrum Eifel in Nettersheim<br />
26. Sept. 2012 im Rheinischen Landesmuseum in Trier<br />
24. April 2013 im Römermuseum in Homburg-Schwarzenacker<br />
Uhrzeit: jeweils von 9.30 Uhr bis 16.30 Uhr<br />
Weitere und ausführliche Informationen sowie Anmeldeunterlagen<br />
zu den Fachtagungen sind im Internet unter<br />
www.strassen-der-roemer.eu zu finden.<br />
pm<br />
Material zum Meeresschutz<br />
Seit Millionen von Jahren gibt es Ozeane auf unserem Planeten, doch der<br />
Mensch hat nur wenige Jahrzehnte gebraucht, sie aus dem Gleichgewicht zu<br />
bringen: Überfischte Meere, ölverseuchte Strände oder Inseln aus Plastikmüll<br />
- die Zeichen der Zerstörung sind allgegenwärtig. Auch Meeresbewohner vor<br />
unserer Haustür wie der Schweinswal leiden darunter: durch weniger Nahrung<br />
oder durch Netze, in denen er sich verfängt.<br />
Um für das Thema Meeresschutz zu sensibilisieren, veröffentlicht Greenpeace<br />
Bildungsmaterial. Es kann auf www.greenpeace.de/themen/meere heruntergeladen<br />
oder kostenfrei bei Greenpeace bestellt werden.<br />
Das achtseitige Material besteht aus Arbeitsblättern und dazu passenden<br />
Lehrerhinweisen. Die Arbeitsblätter bieten aktivierende und kindgerechte<br />
Aufgabenstellungen. So können Lehrkräfte anhand von Beispielen aus der<br />
Lebenswelt der Kinder die Probleme des industriellen Fischfangs vermitteln,<br />
Möglichkeiten des Meeres- und Naturschutzes aufzeigen und Anregungen<br />
für persönliches Engagement geben.<br />
Das Material ist für Grundschüler der Klassen 3 und 4 entwickelt und knüpft<br />
an die Bildungspläne für Grundschulen an. Mit einer Vorlesegeschichte,<br />
Quizaufgaben und Anregungen für ein eigenes Naturschutzgebiet bietet das<br />
Material vielfältige Unterrichtsideen und berücksichtigt stets unterschiedliche<br />
Leistungsniveaus. Ausgewählte Literatur-, Link- und Filmtipps runden das<br />
Material ab.<br />
pm<br />
Bestellungen: mail@greenpeace.de<br />
30 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012
Kreis + Region<br />
Kreis Rhein-Lahn<br />
Anti-Mobbing-Fortbildung:<br />
No Blame Approach<br />
Nach schulinterner Fortbildung „Erlebnispädagogik - Konfrontative<br />
Pädagogik“, Ausbildung eines größeren Lehrerteams zu „Referenten<br />
für Gewaltprävention“ und der Anerkennung als „Schule ohne Rassismus<br />
- Schule mit Courage“ folgte an der Grund- und Realschule<br />
plus Loreleyschule in St. Goarshausen die geöffnete schulinterne<br />
Fortbildung zum Thema „Mobbing/Cybermobbing“.<br />
Das hochkarätige Trainerteam aus Herrn Beck und Frau Bunte von<br />
Fairaend Köln (www.fairaend.de), dem Leiter des Jugendpflegeteams<br />
der Kreisverwaltung, von Frau Sach von „Selbstbewusstundstark“, unterstützt<br />
durch die Jugendschutzbeauftragte, und die Sozialarbeiterin<br />
der Schule schulte die rund 40-köpfige Teilnehmergruppe.<br />
In einem Eingangsstatement wurde durch die „Mobbing-Brille“<br />
vermittelt, wie Mobbing definiert wird und wie es zu erkennen ist:<br />
Aggressives Handeln und Verhalten von MitschülerInnen, das über<br />
einen längeren Zeitraum absichtlich und gezielt eine(n) Schüler/in<br />
körperlich und/oder psychisch schädigt. Mobbing ist ein Gruppenphänomen<br />
und lässt dem Betroffenen kaum die Möglichkeit, sich<br />
aus eigener Kraft aus dieser Situation zu befreien.<br />
Mobbing-Handlungen werden oft erst nach einem länger andauernden<br />
und eskalierten Prozess des Mobbens erkannt. Was das Problem<br />
so komplex macht: „So wird im Bezug auf die Mobbing-Betroffenen<br />
vielfach angenommen, dass es von bestimmten Verhaltensweisen<br />
und Merkmalen abhängt, wer Opfer von Mobbing wird und wer<br />
nicht. Untersuchungen zeigen hingegen, dass die Rolle des Opfers<br />
jeder Schülerin und jedem Schüler zugeschoben werden kann. Dies<br />
geschieht, indem den Betroffenen eine Abweichung vom „Normalen“<br />
in Bezug auf Kleidung, Aussehen, schulischer Leistung, Verhalten,<br />
Nationalität etc. seitens der Akteure zugeschrieben wird. Also: Jede/r<br />
kann Opfer von Mobbing werden. Die Gruppe bestimmt dies.<br />
In einem fortgeschrittenen Stadium können Opfer „negatives“ Verhalten<br />
produzieren, das die Täter als Legitimation für ihre Angriffe<br />
als „Abwehr“ darstellen.<br />
In drei Teilgruppen lernten die TeilnehmerInnen in Rollenspielen<br />
den Interventionsansatz No Blame Approach - Mobbingintervention<br />
ohne Schuldzuweisung kennen.<br />
Sind „Opfer“ und „Mobbing-Akteure“ an typischen Mobbing-<br />
Signalen erkannt, finden in gestaltetem Rahmen Gespräche statt:<br />
1. Das „Opfer“ wird von einer Vertrauensperson/Klassenlehrkraft zu<br />
einem Vieraugengespräch eingeladen, damit es über seine Befindlichkeit<br />
und seine Mobbing-Erlebnisse sprechen kann und um es für das<br />
weitere Vorgehen zu gewinnen und ihm Zuversicht zu vermitteln.<br />
2. Die Akteure/Mitläufer, Neutrale, Mitschüler, die das „Opfer“ als<br />
positiv empfindet, werden zum Gespräch eingeladen. In einem strukturierten<br />
Vorgehen werden alle Beteiligten darüber informiert, wie<br />
sehr das „Opfer“ leidet und dass die Vertrauensperson/Klassenlehrkraft<br />
wünscht, dass es mit Hilfe der Eingeladenen gelingen soll, der<br />
gemobbten Person zu einem positiven Schulerleben zu verhelfen. Sie<br />
benennt die Vorzüge und Stärken jedes Einzelnen der Eingeladenen<br />
und hebt hervor, wie hilfreich sie/er sein kann zur Unterstützung und<br />
Problemlösung. Diese Gruppe umfasst in der Regel 6-8 Personen und<br />
ist in etwa hälftig zusammengesetzt aus Mobbing-Akteuren und den<br />
anderen vorstehend genannten Personen.<br />
Für die Gespräche werden 30-45 Minuten veranschlagt und die<br />
Ergebnisse und Verabredungen schriftlich festgehalten.<br />
3. Es folgen nach gewissen Zeitabständen getrennte Nachgespräche<br />
mit dem Mobbing-Betroffenen und (Einzelnen) der Unterstützergruppe.<br />
All das muss in einem wertschätzenden Rahmen - ohne Schuldzuweisung<br />
erfolgen. Die Vertrauensperson/Klassenlehrkraft muss als Leitung<br />
über Moderationsgeschick verfügen, das trainiert werden muss.<br />
In Vorbereitung auf diese Fortbildung, die ein Baustein ist im Blick<br />
auf das Leitziel „Wertschätzender Umgang Aller an der Schule Beteiligten“,<br />
zeigte sich ein generelles Problem, das es seitens des Bildungsministeriums<br />
noch zu lösen gilt: die Finanzierung. Nur durch<br />
finanzielle Unterstützung des Pädagogischen Landesinstituts, der<br />
Aktion Mensch, der örtlichen Sparkasse, des <strong>GEW</strong>-Kreisverbandes<br />
und ehemaliger <strong>GEW</strong>-KollegInnen der Schule konnte die Finanzierung<br />
sicher gestellt werden.<br />
(Kontakt: www.fairaend.de, Email: info@fairaend.de, www.noblame-approach.de,<br />
www.loreleyschule.de)<br />
u.h. / d.r<br />
Nachruf<br />
Der <strong>GEW</strong> Kreisverband Neuwied trauert um<br />
Herrn Rolf Meissner<br />
der am 12. April 2012 im Alter von 89 Jahren verstarb.<br />
Rolf Meissner kam 1959 nach Dierdorf und begann seine pädagogische<br />
Tätigkeit dort zunächst an der örtlichen Realschule,<br />
bevor er dann Lehrer am Martin-Butzer-Gymnasium wurde. In<br />
seinen Fachgebieten war er ein sehr engagierter und anerkannter<br />
Pädagoge, der seinen Beruf liebte.<br />
Auch ehrenamtlich war er in verschiedenen Bereichen tätig.<br />
Rolf Meissner war seit 1950 Mitglied der <strong>GEW</strong> und bis zuletzt<br />
unserer Kreisarbeit eng verbunden. In den 1970er Jahren war er<br />
als Schriftführer Mitglied des Kreisvorstandes und danach viele<br />
Jahre einer der Revisoren des Kreisverbandes.<br />
Noch im Sommer 2011 war er mit seiner Gattin Teilnehmer<br />
des jährlichen Sommerfestes in Anhausen und ein geschätzter<br />
Gesprächspartner über die Entwicklung der <strong>GEW</strong> seit ihrer<br />
Gründung bis in die heutige Zeit. Rolf Meissner hat sich stets<br />
mit ausgeprägtem Engagement für die Belange des Kreisverbandes<br />
eingesetzt.<br />
Er erwarb sich in den vielen Jahrzehnten seiner <strong>GEW</strong>-Mitgliedschaft<br />
durch sein fundiertes Wissen und seine soziale Kompetenz<br />
die Anerkennung und Wertschätzung seiner Mitstreiterinnen<br />
und Mitstreiter. Seinen Rat werden wir vermissen. Wir werden<br />
dem Verstorbenen ein ehrendes Andenken bewahren.<br />
<strong>GEW</strong> Kreisverband Neuwied<br />
Micha Tietz, Vorsitzender<br />
Impressum <strong>GEW</strong>-ZEITUNG <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />
(120. Jahrgang)<br />
Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, Neubrunnenstr. 8, 55116 Mainz,<br />
Tel.: 0 61 31 28988-0, Fax: 0 61 31 28988-80, www.gew-rlp.de, E-mail: gew@gew-rlp.de<br />
Redaktion: Günter Helfrich (verantw.), Dr. Paul Schwarz, Dr. Gerlinde Schwarz, Antje Fries, Karin<br />
Helfrich<br />
Redaktionsanschrift: <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, Postfach 22 02 23, 67023 Ludwigshafen, Tel./<br />
Fax: 06 21 564995, E-mail: guenter.helfrich@gew-rlp.de<br />
Verlag und Anzeigen, Satz und Druck: Verlag Pfälzische Post GmbH, Winzinger Str. 30, 67433 Neustadt<br />
a.d.W., Tel.: 063 21 8 03 77; Fax: 0 63 21 8 62 17; E-mail: vpp.nw@t-online.de<br />
Manuskripte und Beiträge: Die in den einzelnen Beiträgen wiedergegebenen Gedanken entsprechen nicht in<br />
jedem Falle der Ansicht des <strong>GEW</strong>-Vorstandes oder der Redaktion. Für unverlangt eingesandte Manuskripte<br />
oder zugemailte Daten wird keine Gewähr übernommen.<br />
Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten; für Nichtmitglieder jährlich Euro 18,-- incl. Porto +<br />
MWSt. (Bestellungen nur beim Herausgeber.) Kündigung 3 Monate vor Ablauf des Kalenderjahres. Im<br />
anderen Falle erfolgt stillschweigend Verlängerung um ein weiteres Jahr.<br />
Anzeigenpreisliste Nr. 15 beim Verlag erhältlich. Redaktionsschluss: jeweils der 1. des Vormonats.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012<br />
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Sommerferiengeist<br />
Zu Hause ist es am schönsten!<br />
Es gibt viele Möglichkeiten, sich selbst zu quälen. Verreisen<br />
ist eine davon. Mein Bruder z.B. verreist gar nicht<br />
mehr. Ihm genügt es, in seinem Garten zu sitzen und<br />
ins Gebüsch zu starren. Er will nicht am Flughafen die<br />
Koffer vom drängelnden Hintermann in die Hacken<br />
bekommen. Er will nicht in Helsinki zwölf Stunden auf<br />
den Anschlussflug nach Madrid warten. Er will nicht in<br />
engen Sitzreihen auf andere Kontinente fliegen, in Tuchfühlung<br />
mit übergewichtigen Nachbarn. Er will nicht drei<br />
Tage lang auf seinen Koffer warten, der unterdessen in<br />
Irkutsk gelandet ist.<br />
Er will nicht bei 35 Grad im Intercity schmoren, weil<br />
in Kassel ein Umspannwerk ausgefallen ist. Bei 35 Grad<br />
will er auch nicht an einem spanischen Strand im Wüs-<br />
tenwind leiden. Er will in keinem brasilianischen Hotel<br />
Samba tanzen oder eine schwere Diarrhöe auskurieren.<br />
Auf Kreuzfahrtschiffe mit 5000 fröhlichen Touristen<br />
bringen ihn keine zehn Pferde. Apropos Pferde: Reiturlaub<br />
in Masuren oder Marokko kommt schon gar nicht<br />
in Frage. Wenn mein Bruder sich richtig gruseln möchte,<br />
sieht er sich den Prospekt der Busfirma an, die für wenig<br />
Geld rund um die Welt fährt, den dreistöckigen Sardinenschlafanhänger<br />
gleich hinten dran.<br />
Mein armer Bruder! Reisen bildet und formt den Charakter.<br />
Wer nicht reist, erlebt nichts.<br />
„Reisen zerstört Kulturen und schadet der Umwelt“,<br />
erwidert er, „es löst persönliche Krisen aus. So manche<br />
Beziehung ist nach dem Urlaub in die Brüche gegangen!“<br />
Nachdenklich gehe ich heim. In diesem Sommer darf<br />
nämlich mein Partner bestimmen, wohin die Reise geht.<br />
Voriges Jahr hat er sich auf dem Opferaltar der Liebe<br />
mit mir nach Florida begeben, obwohl er die USA nicht<br />
mag, es in Florida viel zu heiß ist, überall Alligatoren und<br />
giftige Rochen rumliegen und das Essen eine Zumutung<br />
ist. Alkoholische Getränke muss man in braunen Papiertüten<br />
verstecken, und beim Umziehen am Strand darf auf<br />
keinen Fall eine Pobacke zu sehen sein! Aber dafür ist das<br />
Benzin sehr billig …<br />
In diesem Jahr muss ich in den sauren Apfel beißen und<br />
meinem Partner in seinen Traumurlaub folgen. Er war<br />
leidenschaftlicher Pfadfinder und schwärmt heute noch<br />
vom Grubenausheben und Wacheschieben in einsamen<br />
Wäldern. Er hat in Kreta am Strand übernachtet, sich in<br />
Springbrunnen gewaschen und in Hainen Obst geklaut,<br />
was bei den Einheimischen Begeisterungsstürme auslöste.<br />
Er hat mit mehreren Tausend Mücken am Baikalsee biwakiert.<br />
Er ist durch Tansania und Algerien getrampt, Geld<br />
und Papiere mit Teppichklebband am Brustbein gesichert.<br />
Er ist in den Alpen von Berghütte zu Berghütte gewandert,<br />
hat abends sein T-Shirt vor die Tür gestellt und sich<br />
eine Lagerstatt zwischen Schnarchern und alten Socken<br />
gesucht. Er ist mit Marschgepäck und Kleinkindern im<br />
Schlepptau durch sämtliche deutsche Flusstäler geradelt,<br />
auch bei Hagel und Sturm. Wenn der Radweg unerwartet<br />
aufhörte, streckenweise auch auf Autoschnellstraßen.<br />
Mein Partner hat mir für die Ferien drei faszinierende<br />
Vorschläge unterbreitet: auf dem Rücksitz seines Motorrades<br />
an den Bodensee, auf einem Esel durch die Lausitz<br />
oder mit dem Fahrrad in ein Nudistencamp auf Usedom.<br />
Nicht nur diesem Kollegen wünscht die <strong>GEW</strong> erholsame<br />
Sommerferien und einen guten Start.<br />
Vielleicht kann ich ihm ja einen Deal anbieten: Er reitet<br />
mit dem Esel ins Nudistencamp, und ich renoviere in der<br />
Zeit Küche und Bad, räume den Keller auf und lege im<br />
Garten einen Froschteich an.<br />
Gabriele Frydrych<br />
32 Beilage zur E&W: <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 7-8 / 2012